Vereinigung Volkseigener Betriebe

Vereinigung Volkseigener Betriebe

Die VVB (Vereinigung Volkseigener Betriebe) war ein Konstrukt der sozialistischen Planwirtschaft in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR der Jahre 1948–1979 und als solche eine Vorstufe der späteren Bildung von Kombinaten in der DDR. Die VVB waren damit ein Element der vertikalen Aufbauorganisation der Planung zentral gesteuerter Industriebetriebe.[1]

Ziel war es, durch die „Vereinigung“ kleinerer mit größeren volkseigenen Betrieben ähnlicher Erzeugnisstruktur zum einen Leitungsstrukturen zu erhalten, mit denen man wirtschaftspolitisch wichtige Entschlüsse konsequent von oben nach unten durchsetzen konnte, zum anderen Rationalisierungseffekte zu erzielen, z. B. durch die Vermeidung unwirtschaftlicher Parallelentwicklungen ähnlicher Erzeugnisse und damit die Einsparung von Rohstoffen sowie die Reduzierung von Zulieferungen aus dem nichtsozialistischen Ausland.

Ein engerer Kreis von Regierungsmitgliedern entschied in der DDR über die volkswirtschaftliche Planung („Planträger“ der 1. Stufe). Dem Planträger 1. Stufe ist organisatorisch (das Ministerium für Planung (1949), die Staatliche Plankommission bzw. der Volkswirtschaftsrat zuzurechnen). Die Querschnittsorganisation der Industrieministerien (z.B. des Ministeriums für Leichtindustrie) bildeten den Planträger der 2. Stufe. Planträger der 3. Stufe waren die Hauptverwaltungen der einzelnen Industrieministerien. Unten diesen befanden sich die VVBs, die Industriezweigleitungen sowie die Kombinate als Planträger 4. Stufe.[2]

Die ersten landes- und branchenbezogenen VVBs wurden am 23. April 1948 gegründet. Rechtliche Grundlage dafür war der Befehl Nr. 76 der SMAD, und noch im selben Jahr entstanden insgesamt 75 Vereinigungen Volkseigener Betriebe (Zone) – VVB (Z). Diese wiederum wurden den "Hauptverwaltungen" der Wirtschaftskommission unterstellt und stärkten dadurch den Zentralismus des Staatsaufbaus. Einzelne VVB wurden später auch durch Erlasse des Staatsrates der DDR gebildet.

Durch das Verbot von kollektiven Leitungsformen der Unternehmen, es galt nur noch das "Einzelleitungsprinzip", wurden die Betriebsräte ebenso eingeengt wie die betriebliche Mitbestimmung. Eine neue Teilhabeform wurden bei den VVB-Direktoren gebildet, die "Verwaltungsräte" (Gewerkschaftsfunktionäre, Angestellte und Arbeiter aus den angeschlossenen Betrieben). Diese hatten das Recht mindestens einmal im Monat die

"produktionswirtschaftliche Tätigkeit" der VVB zu besprechen und der Direktion der Vereinigung Vorschläge zu machen. Mit bestimmen immerhin sollten sie bei der Besetzung der "leitenden Funktionen der Vereinigung".[3]

Am 20. März 1952 verfügte die Regierung der DDR die Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft[4].

Mit dem Neuen ökonomischen System von 1963 wurde dabei bewusst an das materielle Interesse der Betriebe und der Belegschaft angeknüpft. Die Vereinigungen Volkseigener Betriebe wurden seitdem als „sozialistische Konzerne“ von „Generaldirektoren“ geleitet, die einen Teil der Planung selbst übernehmen konnte, für den Absatz ihrer Betriebe verantwortlich wurden und „Gewinne“ zu erwirtschaften hatten. Diese „Gewinne“ beeinflussten Löhne und Prämien der Mitarbeiter sowie Sozialleistungen des Betriebes.

Bis 1979 wurden die Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) durch noch größere Einheiten, die Kombinate, abgelöst.

Liste von VVBs in der DDR

VVB gab es in allen wichtigen Industriezweigen, zum Beispiel

  • VVB Bauelemente und Vakuumtechnik, u.a. mit den folgenden Volkseigenen Betrieben:
  • Elektronische Bauelemente Teltow,
  • Funkwerk Erfurt (FWE),
  • Halbleiterwerk Frankfurt (Oder) (HFO),
  • Röhrenwerk Neuhaus am Rennweg (RWN),
  • Elektronikhandel Berlin, später VEB Applikationszentrum Elektronik Berlin,
  • Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik (ZMD) Dresden, zuvor Institut für Mikroelektronik Dresden (IMD) bzw. Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AMD),
  • Gleichrichterwerk Stahnsdorf,
  • Gleichrichterwerk Großräschen,
  • Werk für Fernsehelektronik Berlin (WFB),
  • Röhrenwerk Mühlhausen,
  • Uhrenwerke Ruhla,
  • Elektroglas Ilmenau,
  • Elektromat Dresden,
  • Hochvakuum Dresden,
  • Spurenmetalle Freiberg.
Aus der VVB BuV gingen 1978 die Kombinate Mikroelektronik Erfurt und Elektronische Bauelemente Teltow hervor.
Aus der VVB EBM ging 1951 das Kombinat Haushaltsgeräte Karl-Marx-Stadt hervor.
  • VVB Elektromaschinen- und Anlagenbau
  • VVB Flugzeugbau
  • VVB Lokomotiv- und Waggonbau (LOWA), seit 1954 als VVB Schienenfahrzeugbau
  • VVB Regelungstechnik, Gerätebau und Optik
  • VVB Sapotex (Seifen, Kosmetik, Bürochemie[6]), u.a. mit den folgenden Volkseigenen Betrieben:
  • Fettchemie- und Fewa-Werke Chemnitz
  • Persil-Werk Genthin (Hersteller der DDR-Variante des Waschmittels Persil)
  • Deutsche Hydrierwerke Rodleben (bei Rosslau)
  • Bürochemie Dresden [Ernst Rühle]
  • Döbelner Seifen- und Parfümeriefabrik
  • Haushalt-Chemie Wittenberg [Sidol-Werk]
  • Varia Chemische Fabrik Mügeln
  • VVB Schiffbau
  • VVB Schwermaschinenbau
  • VVB Steinkohle
  • VVB Variochem (Chemische Erzeugnisse, 1951 aufgelöst)
  • VVB Installation, Kabel und Apparate der Elektrotechnik (IKA), u.a. mit

Einzelnachweise

  1. Hellmut Heuer: (1958) Zur Organisation der Betriebsplanung in der volkseigenen Industrie des sowjetischen Besatzungsgebiets. Duncker & Humblot, Berlin, 1958. S. 66f.
  2. Hellmut Heuer: Zur Organisation der Betriebsplanung in der volkseigenen Industrie des sowjetischen Besatzungsgebiets. Duncker & Humblot, Berlin, 1958. S. 66-69.
  3. Dietrich Staritz. Die Gründung der DDR. 2. Aufl. 1987. S. 131. ISBN: 3-423-04524-8
  4. Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft vom 20. März 1952. In: Gesetzblatt der DDR, Nr. 38, 27. März 1952, S. 225 f.
  5. Deutrans. internationale Spedition. Pro Boden Wilm Schroer GmbH, abgerufen am 6. Dezember 2010 (html, deutsch).
  6. 30898 VVB (Z) Sapotex Chemnitz. 1948 - 1952. Abgerufen am 6. Dezember 2010.
  7. Sächsisches Industriemuseum chemnitz: Der Handel mit Werkzeugmaschinen und das Außenhandelsmonopol in der DDR. Abgerufen am 26. März 2011.

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