Vibrationssonde

Vibrationssonde

Unter einer Vibrationssonde (auch Vibrations-Füllstandsschalter) versteht man im Allgemeinen einen Füllstandgrenzschalter. Dieser kann entweder für Flüssigkeiten oder Schüttgüter eingesetzt werden. Dabei bedient sich die Vibrationssonde des so genannten Stimmgabel-Prinzips oder auch Einstab-Prinzips (Vibrationsprinzip).

Erfunden wurde das Vibrationsprinzip von Endress+Hauser.

Inhaltsverzeichnis

Physikalisches Prinzip

Funktionsprinzip: oben geraderer Schwinger, unten die in der Anwendung übliche Bauform

Im Bereich der Füllstandmesstechnik stehen heute unterschiedliche physikalische Verfahren zur Verfügung. Dabei haben alle eines gemeinsam, die Erkennung und Signalisierung von Füllständen bzw. Grenzständen.

Dabei ist es wichtig, dass die Grenzstände zuverlässig erfasst werden können. Hierfür eignen sich insbesondere Systeme, welche die Beeinflussung mechanischer Schwingungen durch das Füllmedium ausnutzen. Für diese Füllstandgrenzschalter hat sich mittlerweile der Name „Vibrationssonde“ durchgesetzt. Grundsätzlich werden hierbei Vibrationssonden für Flüssigkeiten und Feststoffe unterschieden.

Das Prinzip der Vibrationssonde wurde 1967 von dem Unternehmen Endress+Hauser erfunden. Im Jahre 1968 wurde dann der erste Füllstand-Grenzschalter nach dem Vibrationsprinzip (Stimmgabel-Prinzip) eingeführt.

Die Physik einer Vibrationssonde ist recht einfach zu verstehen. Ein Pendel schwingt frei in der Luft, wobei ein mechanischer Ausschlag des Pendels (Amplitude) zu beobachten ist. Durch das Hin- und Herschwingen des Pendels kann über die gemessene Zeit die Frequenz bestimmt werden. Obschon die Luft, in der das Pendel schwingt, nicht sichtbar oder greifbar ist, zeigt die Erfahrung, dass die Schwingung des Pendels durch die umgebende Luft gedämpft wird und irgendwann ganz zum Erliegen kommt.

Schwingt das Pendel gar unter Wasser, so würde die Schwingamplitude noch schneller abklingen, denn die Dämpfung des Wassers ist höher als die der Luft. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass die Frequenz der Schwingung im Wasser niedriger ist als in Luft. Diese beiden physikalischen Effekte – Amplitudendämpfung und Frequenzänderung – nutzen Vibrationssonden zur Grenzstandermittlung. Natürlich werden in der industriellen Praxis keine Pendel, sondern Metallstäbe, in Schwingung versetzt – das physikalische Prinzip bleibt jedoch das gleiche.

Messverfahren

Oben das Piezoprinzip, unten Sensor mit Piezo- und Keramikscheibe verklebt, sowie der Schwinggabel

In Bezug auf die angewandten Messverfahren werden zwei verschiedene Antriebe unterschieden, der Biomorph-Antrieb und der Stapel-Antrieb, welche nachfolgend näher erläutert werden.

Vibrationssonden für Flüssigkeiten sind spezielle Grenzschalter für flüssige Materialien. Diese werten die Frequenzänderung aus, die durch eine Flüssigkeit am Sensor hervorgerufen wird. Zwei Metallstäbe, die symmetrisch auf einer 1 mm starken Metallmembran sitzen, werden piezoelektrisch auf ihrer Resonanzfrequenz in Schwingung versetzt.

Auf Grund der Form dieser Anordnung werden Vibrationssonden für Flüssigkeiten auch als Schwinggabelsonden bezeichnet. Beim piezoelektrischen Antrieb wird zwischen zwei verschiedenen Arten unterschieden. Der sogenannte Biomorph-Antrieb wird bei den Standardgeräten eingesetzt und zeichnet sich besonders durch seine mechanische Unempfindlichkeit aus. Der sogenannte Stapel-Antrieb wird z. B. bei kunststoffbeschichteten Geräten eingesetzt.

Das Prinzip des Biomorph-Antriebs erklärt sich auf Basis der nebenstehenden Grafik selbst. Zwei Scheiben (bi) – Piezo- und Keramikscheibe – sind miteinander verbunden. Beim Anlegen einer Spannung dehnt sich der Piezo aus (morph) und aufgrund der Steifigkeit der keramischen Scheibe kommt es zur Biegung. Daraus wurde die Bezeichnung Biomorph abgeleitet.

Des Weiteren existiert noch der Stapel-Antrieb. Hier werden mehrere Piezoscheiben auf einem Stehbolzen, der fest mit der Metallmembran verbunden ist, aufgereiht und mit einer zentralen Schraube fixiert. Die beiden unterschiedlichen Antriebsarten verhalten sich dabei in den Anwendungen identisch.

Alarmfunktion durch Frequenzauswertung

Der symmetrische Aufbau der Vibrationssonden sichert eine hohe Unempfindlichkeit der Sonde gegenüber Verschmutzung (Ansatzbildung) und Vibration von außen. Die Resonanzfrequenz der Schwinggabel (ca. 1.050 Hz) wird durch Eintauchen in Flüssigkeit um ca. 15 % reduziert. Bei dieser reduzierten Frequenz erfolgt der Schaltvorgang. Die Erhöhung der Resonanzfrequenz fa um +6,5 %, infolge beispielsweise einer Gabelkorrosion, hat eine Störmeldung zur Folge.

Die Vibrationssonden sind universell einsetzbar bei viskosen Medien, Ansatzbildung, Turbulenzen, Fremdvibrationen sowie Luftblasen, Gasbildung und Schaum. Dabei sind die Vibrationssonden ideal für den Einsatz in der pharmazeutischen Industrie, in hygienischen Bereichen wie Lebensmittel sowie in der Chemie- und Petrochemie-Branche.

Mechanischer Aufbau einer Vibrationssonde für Flüssigkeiten

Die Schwingstäbe der symmetrischen Gabel sind aus Edelstahl 1.4435 (316L) oder aus einem höherwertigen Werkstoff ausgeführt. Für aggressive Substanzen, in denen Edelstahl nicht beständig ist, stehen beschichtete Varianten zur Verfügung.

Auf dem nebenstehenden Bild erkennt man eindeutig ein paddelförmiges Ende der Stäbe. An diesem paddelförmig verbreiterten Enden markiert eine Kerbe den Schaltpunkt in Wasser bei senkrechtem Einbau von oben.

Die Schwinggabel ist dabei oftmals nach einem Baukastenprinzip mit unterschiedlichen Prozessanschlüssen, Gehäusen und Elektroniken kombinierbar. Dadurch ist eine flexible Anpassung an die Umgebungsbedingungen überhaupt erst möglich.

Der Sensor der Vibrationssonde kann über ein Verlängerungsrohr an die gewünschte Ansprechhöhe, dem Schaltpunkt, im Behälter angepasst werden. Für Fälle, in denen die Ansprechhöhe vorab nicht bekannt sein sollte, kann die Inbetriebnahme durch Verwendung einer so genannten Schiebemuffe erleichtert werden.

Typische Anwendungen

Die Einbaulage ist bei Vibrationssonden für Flüssigkeiten grundsätzlich beliebig. Der Schaltpunkt sollte dabei stets definierbar sein. In der Industrie typisch ist der Einbau von oben (Max-Melder/ Überfüllsicherung) oder von der Seite (Min-Melder). Bei hochviskosen Produkten steht die Gabel meist so, dass das Produkt abtropfen kann. Ideal ist daher der Einbau von oben, da dadurch ein Abtropfen ermöglicht wird. Bei einem seitlichen Einbau sollte die Stimmgabel ca. 20 Grad bei senkrecht stehenden Paddeln geneigt werden. Übereinander liegende Paddel sowie der Einbau von unten sind besonders bei auskristallisierenden Produkten nicht ratsam, da dann eine Ansatzbildung geradezu provoziert wird.

Vibrationssonden für Flüssigkeiten sollten für alle pumpbaren Flüssigkeiten geeignet sein. Eine Minimum- und Maximumdetektion, Zweipunktregelung, Pumpentrockenlaufschutz und die zertifizierte Überfüllsicherung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gehören zum Funktionsbereich einer Vibrationssonde für Flüssigkeiten.

Die Liste der zu messenden Medien reicht von Altöl über Lebensmittel z. B. Milch, Mineralwasser, Bier und Fruchtsaft bis hin zu Farben, Lacken, Lösungsmitteln und aggressiven Laugen oder Säuren, wie sie in der Chemie vorkommen.

Die Einbaumöglichkeiten sind entsprechend vielfältig. Zur Überwachung des maximalen Füllstandes empfiehlt sich beispielsweise ein Einbau von oben oder seitlich. Zur Überwachung des minimalen Füllstandes ist demgegenüber ein Einbau von unter oder seitlich ratsam. Um Kühl- und Schmierflüssigkeit überwachen zu können, wird ein direkter Einbau in das Pumpengehäuse praktiziert.

Literatur

  • Prozessautomatisierung - Vom Feldgerät zur Automatisierungslösung, Rüdiger Settelmeyer, 2007, ISBN 3865223052
  • Füllstandmeßtechnik. Grundlagen und Anwendungsbeispiele, Ellen Amberger, 1999, ISBN 3478930146
  • Prozessautomatisierung - Mess-, Steuer- und Automatisierungslösungen für Produktion und Logistik in der Prozessindustrie, Endress+Hauser, 2007
  • Füllstandmesstechnik - Vibrationsgrenzschalter für Flüssigkeiten, Endress+Hauser, 2004

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