Victor Franke

Victor Franke
Victor Franke (1907)

Victor Franke (* 21. Juli 1866 in Zuckmantel, Schlesien, Österreich, heute Zlaté Hory, Tschechien; † 7. September 1936 in Hamburg) war ein deutscher Offizier, zuletzt Generalmajor sowie letzter Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Victor Franke, Sohn eines Gutsbesitzers, begann nach seinem Abitur 1887 seine militärische Laufbahn mit dem Eintritt in das Schlesische Pionier-Bataillon Nr. 6 in Neisse. Am 20. Mai 1896 verließ er, inzwischen im Rang eines Oberleutnants, das Heer und trat am 26. Mai 1896 in die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika ein. Bereits einen Monat später nahm er seinen Dienst in Swakopmund auf. Zunächst diente er als Distriktchef von Otjimbingwe, dann von Omaruru. Von Ende 1897 bis März 1898 war er am Kampf gegen die Swartbooi beteiligt. 1899 übernahm er die Leitung des Distrikts Outjo, von wo aus er eine ausgedehnte Forschungsreise in das nördliche und zu dem Zeitpunkt fast unbekannte Ovamboland antrat. 1901 wurde er Distriktchef von Sesfontein, 1903 erfolgte seine Ernennung zum Hauptmann und er kehrte nach Omaruru zurück. Im Jahr 1904 war Franke an den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Schutztruppe und den aufständischen Bondelswart im Süden des Landes beteiligt. Nachdem ihn die Nachricht vom Aufstand der Herero um Okahandja erreichte, setzten er und seine Kompanie zu einem in der Geschichte der Schutztruppe einzigartigen Gewaltritt von knapp 400 km in viereinhalb Tagen an und vertrieben die Herero-Kämpfer nach schweren Kämpfen aus Okahandja und Omaruru. Auch an den entscheidenden Kämpfen am Waterberg war Franke nicht beteiligt.

Für seine militärischen Erfolge wurden ihm zahlreiche Orden verliehen. Unter anderem zeichnete ihn Wilhelm II. persönlich am 2. November 1905 mit der höchsten preußischen Tapferkeitsorden, dem Pour le Mérite aus.

Um die Strapazen zu überstehen, griff er nach eigenem Bekunden wiederholt zu Morphium. Franke war alkohol- und morphiumsüchtig.[1] Von seinen schwarzen Geliebten hatte er Kinder.[1]

Nach dem Hererokrieg übernahm Franke wieder das Kommando in Outjo, von wo aus er mehrere Reisen in das Ovamboland unternahm und mit fünf dort lebenden Stämmen Schutzverträge abschloss. 1910 wurde er schließlich zum Major befördert.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde in Angola im Fort Naulila der Deutsche Schulze-Jena ermordet, woraufhin Franke mit einer Strafexpedition am 18. Dezember 1914 das Fort erstürmte. Im November 1914 wurde Franke zum Oberstleutnant und zum Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika ernannt. Am 9. Juli 1915 kapitulierte Franke bei Khorab vor der Übermacht der von Südafrika vorrückenden Unionstruppen, um die deutschen Soldaten vor einer vernichtenden Niederlage zu bewahren (was ihm in späteren Jahren von einigen Seiten als unehrenhafte Handlung vorgeworfen wurde). Bis zum Ende des Krieges wurde Franke, wie die meisten männlichen Deutschen in Südwestafrika, interniert, und zwar auf der Farm Okawajo bei Karibib. Nach seiner Repatriierung 1919 wurde er 1920 durch Reichspräsident Friedrich Ebert in den Rang eines Generalmajors befördert.

Franke heiratete 1921 Maria Diekmann aus Hamburg und lebte als Landwirt von 1927 bis 1930 auf Groß-Schwaß bei Rostock. Franke, der seit seiner Ankunft in Deutsch-Südwestafrika unter chronisch auftretenden Tropenkrankheiten litt, zog 1930 wegen zunehmenden gesundheitlichen Problemen mit seiner Frau zunächst auf ein Landgut der Familie nach São Paulo in Brasilien und betrieb in Itajahy eine Mineralwasserfabrik. Später zog er nach Joinville, musste jedoch bereits 1936 wegen seines stetig schlechter werdenden Gesundheitszustandes nach Deutschland zurückkehren, wo er sich medizinische Hilfe vom Hamburger Tropenkrankenhaus versprach. Am 7. September 1936 starb er in Hamburg.

Nach seiner Einäscherung begann die Odyssee seiner Urne über Berlin und Brasilien, ein Begräbnis in Omaruru in Südwestafrika wurde seiner Witwe verweigert. Schließlich wurden Victor Frankes sterbliche Überreste am 2. September 1957 in Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.

Victor Franke heute

  • 1908 wurde Victor Franke durch die Gemeinde Omaruru durch die Errichtung eines Gedenkturms geehrt, den heute noch dort stehenden Franketurm.
  • Der Gewaltritt vom Süden Südwestafrikas bis nach Okahandja ist legendenumwobener Teil der deutschen Kolonialgeschichte geworden, der zu manchen Büchern und begeisterten Kampfesgeschichten Anlass bot.
  • Durch das Buch „Herero“ von Gerhard Seyfried ist die Figur des Victor Franke 2003 einer breiten literarischen Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Maßgebliche Quelle des Buches waren für den Autor Frankes ausführliche Tagebücher, die im Bundesarchiv Koblenz unter der Signatur BArch NL 30/1–16 verwahrt werden. Derzeit bearbeitet der Verlag Namibiana Buchdepot, der 2003 den ersten Band von Die Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke herausgab, die daran anschließenden Tagebücher Frankes in weiteren drei Bänden.

Auszeichnungen

Literatur

  • Die Tagebücher des Schutztruppenoffiziers Victor Franke. Band 1, Delmenhorst 2003 (ISBN 3-936858-00-4).
  • Gerhard Seyfried: Herero. Eichborn-Verlag, Berlin 2003 (ISBN 3-8218-0873-X).
  • Rittmeister a. D. Richard Hennig: Deutsch-Südwest im Weltkriege, Berlin (Verlag Süsseroth G. m. b. H.) 1920.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Vgl. Gisela Graichen; Horst Gründer: Deutsche Kolonien, Traum und Trauma, Ullstein Tb 2007, ISBN 3548369405, Seite 139
  2. a b c d e f g h i Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1914, Hrsg.: Kriegsministerium, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1914, S.1351

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