Volkmarsdorf (Leipzig)

Volkmarsdorf (Leipzig)

Volkmarsdorf war bis zu seiner Eingemeindung im Jahr 1890 eine selbständige Gebietskörperschaft im Osten Leipzigs, die das Rittergut Volkmarsdorf sowie das Dorf umfasste.

Heute bezeichnet Volkmarsdorf einen Ortsteil des Leipziger Stadtbezirks Ost (amtliche Ortsteilnummer: 21; Postleitzahl: 04315). Auf einer Fläche von 1,20 km² lebten am 31. März 2006 8316 Personen, was einer Bevölkerungsdichte von 6930 Einwohner/km² entspricht.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Der Ortsteil Volkmarsdorf grenzt im Norden an Schönefeld, im Osten an Sellerhausen, im Süden an Anger-Crottendorf und im Westen an Neuschönefeld sowie Neustadt. Er umfasst das Gebiet östlich der Hermann-Liebmann-Straße und südlich der Eisenbahnstrecke Leipzig–Dresden. Im Osten erstreckt sich Volkmarsdorf bis zur Bennigsenstraße. Die Grenze zu Sellerhausen bildeten im Südosten die Torgauer und die Wurzner Straße. Das Zentrum des früheren Dorfes, das Rittergut Volkmarsdorf, befand sich am Schnittpunkt der heutigen Bergstraße mit der Hermann-Liebmann-Straße. Dieses Gebiet erinnert noch an den früheren Dorfanger, an dessen nördlicher Seite der Eingang zum Rittergut lag.

Geschichte

Volkmarsdorf auf einem Plan um 1810
Volkmarsdorf (Bildmitte) auf einem Plan von frühestens 1859
Volkmarsdorf auf einem Plan von 1860
Volkmarsdorf auf einem Plan von 1864
Volkmarsdorf auf einem Plan von 1870
Volkmarsdorf auf einem Plan von 1891
Die 16. Schule in Volkmarsdorf (2005)
Südostseite der Lukaskirche (2005)
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Mittelalter

  • 1270: Erstmals wird ein Ort namens Volcwartisdorff urkundlich erwähnt, nachdem er in das Eigentum des Erzbischofs von Merseburg übergangen war. Der Markgraf Dietrich von Landsberg erhebt Anspruch auf ihn.
  • 1349: Volkmarsdorf ist ein Vorwerk des Ritters Otto Pflugk. Es gehört zu den umfangreichen Besitzungen der Familie Pflugk in der Umgebung von Leipzig.
  • 1438: Das Rittergut gehört wie der Ort zum Besitz von Johannes Pudernaße, 1452 Benedikt Pudernaße. 1476 wird der letzte des Geschlechtes der Pudernaße mit Volkmarsdorfer Grundstücken belehnt.


17. Jahrhundert

  • vor 1682: Das erste Straßenhaus an der Wurzener Landstraße (1945-1991 Erich-Ferl-Straße, heute: Wurzner Straße) wird errichtet. Um 1700 folgen weitere. 1701 erhält der Kammerherr Georg Heinrich von Thümmel das ius patronandum über die Kirche Schönefeld und die Gerichtsbarkeit über Volkmarsdorf, das bis dahin dem Amt Leipzig unterstellt war.

18. Jahrhundert

  • 1705: Der Bruder Georg Heinrich von Thümmels, der Oberwachtmeister August Adolph von Tümmel, wird Erb-, Lehns- und Gerichtsherr von Schönefeld und Volkmarsdorf.
  • Anfang des 18. Jh.: Die Rittergutsbesitzer aus der Familie Thümmel gestatten den Anhängern der reformierten Kirche, auf ihrem Schloss in Volkmarsdorf Gottesdienste abzuhalten.
  • 1730: Vermutlich wird in diesem Jahr die erste Schulstelle gegründet.
  • 1756: Volkmarsdorf hat 100 Häuser.
  • 1762: Die Frau des Obersten Carl Wilhelm von Kleist, Eva, geborene von Schlomach, erwirbt das Rittergut Volkmarsdorf.
  • 1783: Seit diesem Jahr werden nachweislich Schulungen durchgeführt, und zwar zunächst in dem sogenannten roten Herrenhause, dann in einem der Straßenhäuser.

19. Jahrhundert

  • 1802: Das Rittergut Volkmarsdof ist im Besitz der Obristin von Kleist.
  • 1825: In Volkmarsdorf werden 180 Häuser und 900 Einwohner gezählt. Auf den Feldern rund um das Rittergut wird vor allem Gemüse und Getreide für das naheliegende Leipzig angebaut. Backwaren und Gemüse werden über den Kohlweg, dessen Namen sich auf diese Weise herleitet, nach Leipzig geliefert.
  • 1829: Die Schule in Volkmarsdorf wird auch von den Kindern der nahegelegenen Neusellerhäuser Straßenhäuser besucht. Danach gehen diese Kindern in Sellerhausen zur Schule.
  • 1835/36: Baubeginn der Bahnstrecke Leipzig-Dresden durch Aufschüttung eines Eisenbahndamms.
  • 1835, 27. November: Grundsteinlegung zu einem neuen Schulgebäude der Gemeinde Volkmarsdorf auf einem von Graf Wilhelm Bogislaff Kleist vom Loß geschenkten Grundstück in der Nähe des Rabets. Die Ausführung erfolgt durch den Zimmermeister Schlauersbach und den Maurermeister Lindner.
  • 1836, 5. Juli: Einweihung des neuen Schulgebäudes.
  • 1837, 24. April: Jungfernfahrt eines Dampfwagenzuges auf der Bahnstrecke LeipzigAlthen; zwei Jahre später verkehren Züge bis nach Dresden.
  • 1862: Gutsherr Graf Bogislaff Adolph Heinrich Kleist vom Loß (* 1824, † 1869), lässt den östlichen Teil von Volkmarsdorf erschließen. Das Bauen geht zunächst nur langsam voran.
  • 1866: Nach einer Choleraepedimie erfolgt die Regulierung der Rietzschke zwischen der Brücke an der Dresdner Chaussee bis zu ihrer Einmündung in die Parthe.
  • seit 1867, insb. ab 1870: Zunahme der Bautätigkeit in Volkmarsdorf.
  • 1869: Errichtung eines neuen Schulgebäudes in der Bogislawstraße, nachdem das alte Gebäude in der Schulstraße der hohen Schülerzahl nicht mehr gewachsen ist.
  • 1875, 17. Juli: Die zum Rittergut Volkmarsdorf gehörige große Scheune, die sich im Bereich der heutigen Bergstraße befand, brennt infolge Blitzschlags ab.
  • 1876: Bildung eines Kirchbaukomitees zum Bau einer Kirche für die künftig selbständige Kirchgemeinde Volkmarsdorf.
  • 1877: Das Berggut Volkmarsdorf hat noch immer die Rechte eines Rittergutes.
  • 1877: Errichtung des sog. Mädchenhauses auf dem Gelände der Schule in der Bogislawstraße.
  • 1877: Fertigstellung der Eisenbahnbrücke am Kirchweg (heute: Herrmann-Liebmann-Straße).
  • 1879: Der Eisenbahnverkehr wird von der Strecke entlang der heutigen Eisenbahnstraße auf die neue Trasse nördlich der Alleestraße verlegt.
  • 1880, 31. Mai: Grundsteinlegung zu einem Neubau der Kinderbewahranstalt.
  • 1880: Abbruch der zum Rittergut gehörenden Gebäude.
  • 1881: Abbruch des um 1700 errichteten Schlosses von Volkmarsdorf.
  • 1882: Graf Kleist verkauft seinen letzten Grundbesitz an der Bergstraße und 1899 auch das sog. Berggut.
  • 1884, 1. Juli: Gründung des „Schrebervereins der nordöstlichen Vorstadtdörfer“ (Volkmarsdorf, Neuschönefeld, Neustadt), dessen Spielplatz sich auf Volkmarsdorfer Flur befindet.
  • nach 1884: Pflasterung der bisher mit Kiesbelag versehenen Eisenbahnstraße.
  • 1885: Die Trottoirs an der Eisenbahnstraße sind mit Granitplatten belegt.
  • 1886, 14. Juni: Der Volkmarsdorfer Schulsaal wird zu kirchlichen Zwecken hergerichtet. Zu Pfingsten wird dort der erste Gottesdienst abgehalten. Das Gebänk stammt aus der alten abgebrochenen Peterskirche.
  • 1887: Teilweise Überwölbung der Rietzscke zwischen Bergstraße und Kirchstraße.
  • 1887: Die Trottoirs auf einem Teil des Kirchwegs sind mit Granitplatten belegt.
  • 1889: Der letzte Pächter des Rittergutes Volkmarsdorf (Klössner) stellt die landwirtschaftliche Nutzung ein.
  • 1889: Abbruch des sog. roten Herrenhauses.
  • 1889: Beschluss des Volkmarsdorfer Gemeinderates zum Bau einer neuen Schule. Sie soll nunmehr einer Bürgerschule entsprechen, da die Eingemeindung nach Leipzig bereits in Aussicht genommen ist. Die Bauleitung liegt in den Händen der Architekten Ludwig und Hülßner.
  • 1890, Januar: Volkmarsdorf wird nach Leipzig eingemeindet.
  • 1890: Fertigstellung der 16. Bürgerschule in der Konradstraße, die noch heute als 16. Schule (Mittelschule) genutzt wird.
  • 1890: Auf dem an der Eisenbahntrasse gelegenen nördlichen Teil der Volkmarsdorfer Flur befindet sich ein Produktenladeplatz. Auf diesem Gebiet soll eine von der Kirchstraße abzweigende Straße angelegt werden.
  • 1897, 15. Januar: Ein Parzellierungsplan zeigt, dass in Volkmarsdorf das Gebiet nördlich der Eisenbahnstraße etwa zu einem Drittel bebaut ist, und zwar an der EIsenbahn- und Kirchstraße dichter. Im Osten und Norden des Gebietes stehen jedoch keine Häuser.
  • 1897, 20. Oktober: Die Leipziger Elektrische Straßenbahn („die Rote“) fährt zum ersten Mal die Bergstraße entlang zur Kirchstraße. Ab 14. November fährt sie weiter die Kirchstraße entlang bis zur Schönefelder Brücke.

20. Jahrhundert

  • 1906, 11. Mai: Genehmigung des Ortsgesetzes über die Anlegung der Comeniusstraße, die das Rabet mit der Kohlgartenstraße verbindet.
  • 1908: Die Pachtverträge der Gartenvereine für Gärten auf den Parzellen der Königlich Sächsischen Staatsbahn laufen aus. Die Gärten müssen an andere Orte verlegt werden.
  • 1908: Die Gipsdielen in der Bezirksschule an der Bogislawstraße werden ersetzt, nachdem in einem Klassenzimmer die Decke eingestürzt ist.
  • 1915: Das Rundhaus der Königlich Sächsischen Staatsbahnen an der Kirchstraße wird in Betrieb genommen.
  • 1943, 4. Dezember: Das Gemeindehaus wird bei einem Bombenangriff stark beschädigt.
  • 1977, 20. August: Ein neuer Bauleitplan sieht für Volkmarsdorf südlich der Ernst-Thälmann-Straße (Eisenbahnstraße) eine weitgehende Neubebauung unter Aufgabe des historischen Straßenrasters vor.
  • 1979: Renovierung von 740 Wohnungen zwischen Ida- und Bennigsen- sowie Torgauer und Hermann-Liebmann-Straße.
  • 1985/86: Renovierung von Einzelhandelsgeschäften auf der Ernst-Thälmann-Straße (Eisenbahnstraße).
  • 1986: Beginn der Erschließungsarbeiten zum Bau von 1291 Wohnungen und einer Kinderkombination zwischen Hermann-Liebmann-, Erich-Ferl- (Wurzner) und Konradstraße. Gebaut wird die WBS 70 in ihrer dritten Rationalisierungsstufe, erste Mieter ziehen 1988 in den gut geschnittenen und oft mit Balkonen versehen Wohnungen ein. Außerdem sollen 239 Wohnungen in den Gründerzeithäusern des Gebietes renoviert werden. Voraussichtlicher Bauschluss ist 1990.
  • 1990: Durch Verfügung eines Abrissstopps kann ein Teil des geplanten Flächenabrisses verhindert werden.

Die Volkmarsdorfer Lukaskirche

Hauptartikel: Lukaskirche (Leipzig)


Erläuterung ausgewählter Straßennamen

  • Bennigsenstraße: benannt nach General Graf Levin von Bennigsen, der in der Völkerschlacht das russische Ersatzheer anführte und durch sein Eingreifen den Sieg der Verbündeten sichern konnte
  • Bogislawstraße: benannt nach dem Volkmarsdorfer Gutsherrn Wilhelm Bogislaw, der den östlichen Teil des Dorfes zur Erschließung freigab
  • Elisabethstraße: benannt nach Elisabeth Gräfin von Medem (* 1807, † 1858), die am 1. Mai 1829 den Besitzer des Ritterguts Volkmarsdorf, Wilhelm Graf von Kleist vom Loß (* 1792, † 1860) heiratete
  • Hermann-Liebmann-Straße (ab 1. August 1945; bis 1933 Kirchstraße, seit 1933 Alfred-Kindler-Straße): benannt nach dem sächsischen Innenminister Hermann Liebmann (* 1882, † 1935)
  • Konradstraße (zuvor: Sophienstraße): benannt nach Konrad Ewald Graf von Kleist vom Loß, dem letzten Besitzer des Volkmarsdorfer Berggutes
  • Ludwigstraße: benannt nach dem Vater der Freifrau von Eberstein, Besitzerin des Ritterguts Schönefeld, Ludwig Schneider
  • Mariannenstraße: benannt nach der Besitzerin des Ritterguts Schönefeld, Marianne Freifrau von Eberstein (* 1792, † 1849)
  • Rabet (auf einer Flurkarte von 1879 zu Volkmarsdorf gehörig): eindeutige Herkunft unklar; entweder stammt die Bezeichnung vom slawischen „robot“ (Fron) als Kennzeichnung des Wohnsitzes slawischer Leibeigener oder vom lateinischen „rubetum“, dem Brombeergebüsch (in Anlehnung an die wild verwachsene Beschaffenheit der Flur). Der Rabet war ein verrufener Ort, „das Stelldichein der liederlichen Dirnen niederster Sorte“, wie es in einer zeitgenössischen Darstellung heißt.
  • Zollikoferstraße: benannt nach Georg Joachim Zollikofer, seit 1758 Pfarrer der reformierten Gemeinde Leipzigs

Volkmarsdorfer Impressionen

Literatur

  • Neuschönefeld, Neustadt, Volkmarsdorf. Eine historische und städtebauliche Studie, Pro Leipzig, 1999,

Weblinks

51.34583333333312.4055555555567Koordinaten: 51° 21′ N, 12° 24′ O


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