Vollkostenrechnung

Vollkostenrechnung

Die Vollkostenrechnung bezeichnet alle jene Systeme der Kostenrechnung, bei denen sämtliche Kosten auf den Kostenträger verrechnet werden. Sie befindet sich damit im Gegensatz zur Teilkostenrechnung.

Übersicht Vollkostenrechnung

Inhaltsverzeichnis

Ziele

Die Vollkostenrechnung hat zum Ziel, die effektiv oder planmäßig entstandenen Kosten eines Kostenträgers (Ware, Dienstleistung, Produkt) festzustellen. Daneben soll die Wirtschaftlichkeit des Entstehungsprozesses kontrolliert und eine Erfolgsrechnung ermöglicht werden.

Ablauf

Typischerweise wird bei der Vollkostenrechnung zunächst eine Differenzierung der Kostenarten in Einzelkosten und Gemeinkosten vorgenommen, um dann mit Hilfe der Kostenstellenrechnung die Gemeinkosten nach dem Durchschnittsprinzip über mehr oder weniger differenzierte Verrechnungssätze auf den Kostenträger (Produkt, Erzeugnis) zu verrechnen.

Kritik

Hauptkritikpunkt an der Vollkostenrechnung ist, dass bei diesem Verfahren die Kosten unabhängig von der Verursachung der Kosten (insbesondere der Ausbringungsmenge) auf die Kostenträger verrechnet werden (Fixkostenproportionalisierung). Beispielsweise werden die fixen Abschreibungskosten einem Produkt zugeschlüsselt, obwohl diese Kosten völlig unabhängig davon anfallen, ob das Produkt überhaupt, und wenn ja, in welcher Stückzahl produziert wird. Weiterhin wird argumentiert, dass eine verursachungsgerechte Verrechnung von Gemeinkosten nicht stattfindet. Als ein weiterer Kritikpunkt gilt, dass die Variabilität der fixen Kosten über den Zeitablauf nicht beachtet wird (Ist die Zeitkoordinate hoch genug werden alle Kosten variabel).

Als Instrument zur Vorbereitung kurzfristiger (operativer) Entscheidungen ist die Vollkostenrechnung nicht geeignet. Aufgrund der ausschließlichen Verwendung von vergangenheitsorientierten Istkosten sowie der Einbeziehung der operativ irrelevanten Fixkosten ist eine fundierte Planung von Kosten ausgeschlossen. Eine nachträgliche Analyse der Ursachen von Kostenabweichungen ist aufgrund nicht vorhandener Plankosten schlicht unmöglich.

Die Verfechter der Vollkostenrechnung hingegen argumentieren, dass eine Unternehmung, um überleben zu können, mittel- bis langfristig sämtliche Kosten durch seine Umsätze decken können muss und daher alle Kosten seinen Erzeugnissen zuordnen soll. Die Vollkostenrechnung wird meistens für abgeschlossene Geschäftsjahre angewendet, um einen genauen Überblick über den Deckungsbeitrag der Kostenträger zu bekommen.

Eine Rechnung nur auf Teilkostenbasis kann dazu verführen, dass man Kostenträger weiter anbietet, obwohl sie sich unter Berücksichtigung der Gesamtkosten nicht lohnen würden bzw. Produkte fördert, die weniger rentabel als andere sind.

Beispiel: Ein Unternehmen steht vor der Frage, welches seiner zwei Produkte zukünftig stärker gefördert werden soll. Die Zentrale (Verwaltung mit Logistikzentrum) kostet 100t€/Jahr. Produkt A verursacht 20% der Kosten, Produkt B 80%. Produkt A hat einen Deckungsbeitrag (DB) nach Abzug der Einzelkosten von 160t€, Produkt B von 200t€. Würde man nun die Kosten der Zentrale anteilsmäßig anrechnen (also Vollkostenrechnung), so hätte nun Produkt A einen DB von 140t€ (160t€-20t€) und Produkt B 120t€ (200t€-80t€). Nach der Vollkostenrechnung sollte man also Produkt A fördern. Berücksichtigt man die Fixkosten aber nicht, so sollte Produkt B gefördert werden.

Die Vollkostenrechnung ist daher (für langjährige Planungen) unerlässlich.

Praxisrelevanz

Trotz heftiger jahrzehntelanger Kritik an diesem Verfahren ist die Vollkostenrechnung in ihren verschiedenen Varianten auch heute noch das gebräuchlichste Kostenrechnungsverfahren. Nach IAS/IFRS sind Herstellungskosten, etwa in der Bewertung des Vorratsvermögens (IAS 2) oder des Sachanlagevermögens (IAS 16) nach der Methode der Vollkosten zu ermitteln. Das heißt, es werden alle der Produktion zurechenbaren Gemeinkosten mit einbezogen.

Siehe auch

Literatur

  • Schaltegger, S.; Burritt, R.: Contemporary Environmental Accounting. Issues, Concepts and Practice. Sheffield: Greenleaf Publ., 2000

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