Vx

Vx
Strukturformel
Struktur von VX
Allgemeines
Name VX
Andere Namen

O-Ethyl-S-2-diisopropylamino- ethylmethylphosphonothioat

Summenformel C11H26NO2PS
CAS-Nummer 50782-69-9
PubChem 39793
Eigenschaften
Molare Masse 267,37 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,01 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

ca. −39 °C[1]

Siedepunkt

298 °C[1]

Dampfdruck

14 mPa (20 °C)[1]

Löslichkeit

schlecht löslich in Wasser, gut lipid-löslich[1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [2]
Sehr giftig Umweltgefährlich
Sehr giftig Umwelt-
gefährlich
(T+) (N)
R- und S-Sätze R: 26/27/28
S: 13-45
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Die Substanz VX (O-Ethyl-S-2-diisopropylaminoethylmethylphosphonothioat) ist der verbreitetste Vertreter der V-Klasse chemischer Kampfstoffe. Es handelt sich um eine leicht gelbliche geruchslose Flüssigkeit. Das Gift dringt über die Haut, die Augen und die Atemwege in den Körper ein und verursacht zuerst Husten und Übelkeit. Dann lähmt es die Atemmuskulatur und führt innerhalb weniger Minuten unter starken Krämpfen und Schmerzen zum Tod. Die LD50 für einen durchschnittlichen Erwachsenen liegt bei etwa 1 mg bei respiratorischer Aufnahme (über die Atemwege), beziehungsweise 10 mg bei Aufnahme über die Haut.

Einen großen Bekanntheitsgrad erlangte VX durch den Action-Film The Rock – Fels der Entscheidung mit Nicolas Cage und Sean Connery, in dem allerdings viele falsche oder ungenaue Darstellungen hinsichtlich der Substanz enthalten sind.

Inhaltsverzeichnis

Wirkprinzip

Die Aufnahme von VX findet überwiegend über die Haut statt, da VX wegen seines äußerst geringen Dampfdruckes als sesshafter Kampfstoff gilt; nur im Falle der Ausbringung als Aerosol besteht eine relevante Gefährdung durch Aufnahme über die Atemwege. Die Kontamination kann nur durch einen adäquaten Individualschutz verhindert werden. Einmal in den Körper aufgenommen, blockiert VX die Acetylcholinesterase in den Synapsen des parasympathischen vegetativen Nervensystems, den acetylcholinvermittelten Synapsen des sympathischen Anteils des vegetativen Nervensystems (Sympathikus) und an der neuromuskulären Endplatte (Motorische Endplatte). Es kommt dadurch zu einem Anstieg des Neurotransmitters Acetylcholin (ACh) in der Synapse und damit zu einer Dauerreizung der betroffenen Nerven.

In der Folge treten, abhängig von der Höhe der Vergiftung, die folgenden Symptome auf: Nasenlaufen, Sehstörungen, Pupillenverengung, Augenschmerzen, Atemnot, Speichelfluss, Muskelzucken und Krämpfe, Schweißausbrüche, Erbrechen, unkontrollierbarer Stuhlabgang, Bewusstlosigkeit, zentrale und periphere Atemlähmung und letztendlich Tod. Die Wirkung am Auge tritt bereits bei geringeren Konzentrationen ein als die Wirkung im Atemtrakt. Daher treten Akkommodationsstörungen und eine Miosis bereits bei Konzentrationen und Expositionszeiten auf, bei denen andere Vergiftungszeichen noch nicht zu beobachten sind.

Die Wirkung ähnelt der anderer phosphororganischer Verbindungen wie Tabun, Soman und Sarin, aber auch verschiedener Insektizide wie Parathion (E605).

Atropin ist eine Möglichkeit, bei einer Vergiftung die Wirkung an den muskarinergen ACh-Rezeptoren kompetitiv zu unterbrechen. Es muss ca. alle zehn Minuten in einer Dosis von 2–5 mg gegeben werden. Zusätzlich muss Obidoximchlorid gegeben werden, um die Acetylcholinesterase zu reaktivieren.

Während Nervenkampfstoffe der G-Reihe (G für Germany) wie Tabun (GA), Sarin (GB) binnen Stunden vollständig verfliegen, kann VX (V-Reihe) unter geeigneten Bedingungen Wochen am Einsatzort verbleiben. VX ist wesentlich giftiger als Sarin, Soman oder Tabun und damit der chemische Kampfstoff mit der höchsten Toxizität. Lediglich einige Toxine sind deutlich giftiger; diese zählen jedoch als ABO (Agents of Biological Origin) definitionsgemäß nicht zu den C- sondern den B-Kampfstoffen, auch wenn sie in der Chemical Weapons Convention reguliert werden.

Viele im Haushalt eingesetzte Pestizide beruhen auf demselben Wirkprinzip, wirken aber auf Insekten um Größenordnungen stärker als auf Menschen. Beispiele hierfür sind Malathion, Disulfoton und ähnliche Substanzen.

Entdeckung und Verbreitung

Die Basis aller Kampfstoffe der V-Reihe ist Phosphonsäurethiocholinester, welches zeitgleich 1950 von dem Schweden L. E. Tammelin und dem Amerikaner Ranaji Goshem entdeckt wurde. Kurz darauf begannen die USA mit der systematischen Erforschung der neuen Kampfstoffart.

1955 wurde der erste „V-Kampfstoff“ VG (Amiton) hergestellt. Später wurden noch weit giftigere Substanzen in dieser Gruppe entwickelt. Darunter der bekannteste Vertreter VX, das auch als erstes aus dieser Gruppe militärisch eingesetzt wurde. Weitere V-Kampfstoffe sind VM, VE und VS.

Es ist umstritten, ob Saddam Hussein 1988 beim Giftgasangriff auf Halabdscha im Nordirak VX gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt hat. Bei dem Angriff wurden etwa 5000 Menschen, meist Kinder, Frauen und alte Männer qualvoll getötet. Viele tausend weitere starben danach oder erlitten dauerhafte Gesundheitsschäden.

VX wurde bis zur Unterzeichnung der Chemiewaffenkonvention 1997, in der die Zerstörung aller Vorräte verlangt wird, auch von den USA produziert. Die ehemalige Sowjetunion verfügte über eine chemisch sehr nahe verwandte Substanz (RVX – oder auch „russisches“ VX).

Formel

Die Reaktion des Binärkampfstoffes zum fertigen VX:

O-Ethyl-O-2-diisopropylaminoethylmethyl-phosphonit (CAS: 57856-11-8) und Schwefel reagieren zu VX

Siehe auch

Quellen

  1. a b c d e VX in: Roempp Chemie Lexikon, Thieme Verlag, 2007.
  2. Günter Hommel: Handbuch der gefährlichen Güter. Transport - Gefahrenklassen, Merkblatt 2286, 2002, Springer-Verlag, ISBN 3540203486

Weblinks

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