Walter Vetter Karosserie- und Fahrzeugbau

Walter Vetter Karosserie- und Fahrzeugbau
Anderthalbdecker der Firma Franz Brozincevic & Cie., Wetzikon mit Vetter-Aufbau, Baujahr 1966
Mercedes-Benz-Anderthalbdecker mit Vetter-Aufbau und Unterflurmotor Baujahr um 1980
Einer der vier Gelenk-Obusse vom Typ VE 16 SO (Basis Standard-Bus Mercedes-Benz O 305 G) Baujahr 1982/86

Die Walter Vetter Karosserie- und Fahrzeugbau GmbH wurde im Jahre 1922 von Walter Vetter sen. in Cannstatt gegründet. Das Unternehmen zählte vor allem in den 1960er-Jahren zu den großen Omnibusherstellern in Deutschland und beschäftigt sich seit den frühen 1980er-Jahren hauptsächlich mit der Reparatur und Innenausstattung von Omnibussen sowie dem Bau von Sonderfahrzeugen auch auf Omnibus-Basis.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Anfänge

Ab 1922 beschäftigte sich Walter Vetter sen. nach Gründung seiner Firma Walter Vetter Karosserie- und Fahrzeugbau im damals noch selbständigen Cannstatt (seit 1933 ein Vorort von Stuttgart) zunächst mit der Herstellung von PKW-Karosserien unter anderem auf Basis von Daimler- und Benz-Fahrgestellen. Nach der Fusion der beiden Unternehmen im Juli 1926 zu Daimler-Benz baute er PKW entsprechend auf Mercedes-Benz-Basis.

1930er-Jahre

In den 1930er-Jahren zog das Unternehmen nach Fellbach um, wobei der Nachfrage entsprechend zunehmend auch Omnibusaufbauten hergestellt wurden. Von Paul Jaray wurde eine Lizenz für den Bau von Omnibussen in Stromlinienform erworben. Vetter baute 1932 auch die Karosserie eines Rennwagens auf Basis des Mercedes-Benz SSK (wegen seiner Form scherzhaft »Gurke« genannt), der das Internationale AVUS-Rennen in jenem Jahr gewinnen konnte.

In den Jahren 1938/39 baute Vetter im Auftrag des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren (FKFS) in Stuttgart unter der Leitung von Professor Wunibald Kamm den von ihm entworfenen, aerodynamisch nahezu optimalen Versuchswagen BMW K1; Basis dieser viertürigen Limousine war ein Vorserien-Chassis des BMW 335.

Zweiter Weltkrieg

Während dem Zweiten Weltkrieg von Herbst 1939 bis Mai 1945 stellte Vetter praktisch keine eigenen Fahrzeuge her, sondern reparierte vor allem beschädigte Omnibusse der Wehrmacht und der Reichspost (Kraftpost), im Falle der Wehrmachtsfahrzeuge auch diverse Beutefahrzeuge von Herstellern aus verschiedenen Ländern.

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende gab das Unternehmen den Pkw-Karosseriebau endgültig auf und setzte in der zweiten Hälfte der 1940er-Jahre vorwiegend beschädigte Busse für Verkehrsbetriebe instand. Dabei konzentrierte sich Vetter ab den 1950er-Jahren auf die Reparatur und den Bau von Omnibussen, wobei Fahrgestelle von Mercedes-Benz, Büssing, MAN, Magirus-Deutz und auch anderer zum Teil ausländischer Hersteller verwendet wurden.

Vetter fertigte ab den 1960er-Jahren ebenfalls besondere Überlandbusse (spezielle Aufbauten auf Mercedes-Benz-Standard-Überlandbus), Anderthalbdecker (als Fortsetzung einer Ludewig-Konstruktion mit Unterflurmotor − zuletzt auf Basis des Standard-Busses), Doppeldeckerbusse, Clubbusse, Spezialbusse für Stadtrundfahrten mit zum Teil offenem Fahrgastraum und insbesondere Gelenkbusse für den Linien- sowie auch den Reiseverkehr.

Um ebenfalls einen mittelflurigen Schubgelenkbus mit Heckmotor ohne die von FFG in Hamburg entwickelte Knickwinkelsteuerung des Gelenkes anbieten zu können, konstruierte Vetter in den 1970er-Jahren einen dreiachsigen Gelenkbus mit einem einachsigen Vorderwagen und einem zweiachsigen „Schubwagen“ mit erster Antriebsachse und führender zweiter Lenkachse (auf Komponenten des Mercedes-Benz O 305). Diese an sich interssante Entwicklung stieß jedoch nicht auf das erhoffte Interesse auf dem Markt.

Darüber hinaus wurden seit den 1960er-Jahren auch Oberleitungsbusse hergestellt, so beispielsweise 1963/1964 drei Gelenkwagen Büssing/Vetter/Kiepe Senator für den Oberleitungsbus Offenbach auf Basis Büssing Senator 13 R, zwei Gelenkwagen SG 192 auf Basis MAN 890 SG für den Oberleitungsbus Kaiserslautern, vier VE 16 SO auf Basis Mercedes-Benz O 305 G für den Oberleitungsbus Esslingen am Neckar sowie sechs Gelenkwagen (SHO 18) und drei Solowagen (SHO 11) für den Oberleitungsbus Lugano in der Schweiz. Die elektrische Ausrüstung wurde von Kiepe Elektrik beziehungsweise bei den Wagen für Lugano von BBC zugeliefert.

Weil Daimler-Benz und andere Hersteller von Busfahrgestellen Ende der 1970er-Jahre zunehmend selbst im Gelenkbusgeschäft aktiv wurden, ohne das Aufbauhersteller benötigt wurden, kam es 1980 zu einer Zusammenarbeit mit Scania, die jedoch nicht sehr erfolgreich verlief. Auch der Markt für Reisebusse war in den 1970er- und 1980er-Jahren in zunehmendem Maße umkämpft, was zu fallenden Preisen und zurückgehenden Gewinnen führte.

1980er-Jahre bis heute

Nach erheblichen Verlusten musste im Jahre 1983 Vergleich angemeldet werden. Damit endete kurz nach dem 1982 wegen jahrelanger Unrentabilität erfolgten Ausscheiden von Magirus-Deutz aus dem Omnibusmarkt die Serienproduktion eines weiteren traditionsreichen deutschen Omnibusherstellers.

Das damalige Reparaturwerk wurde in den 1980er-Jahren aus der Insolvenzmasse heraus gelöst und überlebte. Es stellt heute mit 40 Mitarbeitern Sonderfahrzeuge (darunter auch Büchereibusse oder Elektrobusse) her und beschäftigt sich auch mit der Reparatur und Innenausstattung von Omnibussen.

Literatur

  • Wolfgang H. Gebhardt: Deutsche Omnibusse seit 1895. S. 548−556, Motorbuch-Verlag, Stuttgart, ISBN 3-613-01555-2

Siehe auch

Weblinks


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