Werkbundsiedlung Breslau

Werkbundsiedlung Breslau
Ledigenheim von Hans Scharoun, (H31) jetzt "Park Hotel Scharoun"

Die Werkbundsiedlung Breslau wurde 1929, im Rahmen der Werkbundausstellung Wohnung und Werkraum (WuWa), als Versuchssiedlung errichtet. Letztere hatte in der Siedlung ihren Schwerpunkt, wurde aber ergänzt durch weitere Präsentationen im nahegelegenen Ausstellungsgelände rund um die Jahrhunderthalle und den Scheitniger Park. Die Organisation oblag der schlesischen Abteilung des Deutschen Werkbundes.

Die im Breslauer Stadtteil Grüneich errichtete Siedlung ist Teil einer Reihe von Werkbundsiedlungen und ist in Zusammenhang mit ihrem direkten Vorgänger, der Werkbundsiedlung Stuttgart, zu sehen. Entgegen dieser, sind in Breslau ausschließlich Gebäude deutscher, bzw. ortsansässiger Architekten entstanden.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Anders als an der Ausstellung in Stuttgart wurden in Breslau sowohl fortschrittliche als auch eher konservative Architekten tätig. Es waren jedoch nur Mitglieder der schlesischen Abteilung beteiligt. Die treibende Kraft hinter der Ausstellung war Heinrich Lauterbach. Er trieb die Gründung eines Schlesischen Landesverbandes des Werkbundes voran und übernahm mit Adolf Rading die künstlerische Leitung.

Die Ausstellung umfasste 37 Wohngebäude: freistehende Einfamilienhäuser, Doppel- und Reihenhäuser, verschiedene Typen von Mehrfamilienhäusern, darüber hinaus später wieder abgebaute 1:1-Modelle eines Bürohauses und eines Bauerngutshofes. Adolf Rading entwarf ein modernes Hochhaus, dessen Realisierung wegen Bedenken des Bauamtes nur unproportioniert viergeschossig erfolgte. Besonders interessant ist das als Einküchenhaus konzipierte Ledigenheim von Hans Scharoun, das zu den ersten Split-level-Wohnbauten weltweit gehört. Auch die Innenräume der Gebäude wurden mit Gegenständen ausgestattet, die von Werkbund-Mitgliedern, wie z.B. Anna Rading, Josef Vinecky und Li Vinecky-Thorn, entworfen worden waren. Die Gestaltung der Ausstellung hatte Johannes Molzahn übernommen.

Im Gegensatz zur Weißenhofsiedlung wurden bei der Planung Freizeitgrünanlagen berücksichtigt und sogar eine Kindertagesstätte gebaut. Die Gesamtanlage scheint jedoch chaotisch und willkürlich zu sein, die Anordnung der einzelnen Gebäude zufällig und die Bautechnik- und Planungsfehler beachtlich.


Beteiligte Architekten

Name Werke
Theo Effenberger (1882–1968) Häuser 10−22 (Reihenhauszeile), Haus 26/27 (Doppelwohnhaus)
Moritz Hadda (1888–1942) Häuser 10−22 (Reihenhauszeile), Haus 35/36 (Einfamilienhäuser)
Paul Häusler (unbekannt) Häuser 10−22 (Reihenhauszeile), Haus 29/30 (Doppelwohnhaus)
Paul Heim (1879–1963) Haus 1 (Laubenganghaus), Haus 2 (Kindergarten)
Albert Kempter (1863–1941) Haus 1 (Laubenganghaus), Haus 2 (Kindergarten)
Emil Lange (1884–1964) Haus 9 (Vierspänner-Mietshaus), Haus 28 (Einfamilienhaus)
Heinrich Lauterbach (1893–1976) Häuser 10−22 (Reihenhauszeile), Haus 35/36 (Einfamilienhäuser)
Ludwig Moshamer (1885–1942) Häuser 10−22 (Reihenhauszeile), Haus 37 (Einfamilienhaus)
Adolf Rading (1888–1957) Haus 7 (Kollektivhaus)
Hans Scharoun (1893–1972) Haus 31 (Ledigenwohnheim)
Gustav Wolf (1887–1963) Häuser 3−6 (Achtfamilienhaus), Haus 32/33 (Doppelwohnhaus)

Weiternutzung

Kindergarten (H2), wenige Monate vor der Zerstörung

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Einfamilienhäuser und kleinere Mehrfamilienbauten an Privatleute für einen Zeitraum von 99 Jahren verpachtet. Durch sie wurden die Gebäude teilweise umgestaltetet. Ein Haus wurde abgerissen, um an seiner Stelle ein Fußballfeld anlegen zu können. Diese Fläche wurde in der Folge jedoch zum Parkplatz umgestaltet. Die beiden großen Mehrfamilienbauten wurden zu Beginn des 21. Jahrhunderts renoviert und zu einem Hotel bzw. einem Studentenheim umgenutzt.

Im Juli 2006 brannte der aus Holz erbaute und mehrere Jahre ungenutzte Kindergarten unter ungeklärten Umständen nieder. Einige Tage davor ging ein Gesuch auf einen Bauvorbescheid zum Bau dreier Reihenhäuser auf demselben Grundstück bei der zuständigen Stadtverwaltung ein. Dieses wurde allerdings nicht vom Grundstückseigentümer gestellt. In Folge dessen wurde ein Verfahren zur Eintragung in die Baudenkmalliste eingeleitet. Da die Eintragung ungeachtet des Brandes rechtskräftig wurde, verpflichtete die Stadtverwaltung den Eigentümer zum Wiederaufbau.

Weiterführende Informationen

Siehe auch

Literatur

  • Alena Janatková und Hanna Kozinska-Witt (Hrsg.): Wohnen in der Großstadt 1900−1939. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08345-6
  • Bundesinstitut für Ostdeutsche Kultur und Geschichte (Hrsg.): Jahrbuch des Bundesinstituts für Ostdeutsche Kultur und Geschichte − Band 3. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1995, ISBN 3-486-56102-2
  • Institut für Auslandsbeziehungen (Hrsg.): Auf dem Weg zum Neuen Wohnen − Die Werkbundsiedlung Breslau 1929. Birkhäuser Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7643-5420-8

Weblinks

 Commons: Werkbundsiedlung Breslau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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