Werner Köppen

Werner Köppen

Werner Koeppen (* 26. September 1910 in Leipzig; † 1994) war in der Zeit des Nationalsozialismus SA-Standartenführer sowie Adjutant und persönlicher Referent des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg. In der Nachkriegszeit wurde Koeppen aufgrund seiner Berichte bekannt, die er im Jahre 1941 in unmittelbarer Nähe zu Adolf Hitler im Führerhauptquartier (FHQ) für Rosenberg und dessen Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) verfasst hatte.

Inhaltsverzeichnis

Weimarer Republik

Studium und politisches Interesse

1917 wurde Koeppen in Leipzig eingeschult. Danach besuchte er Vor- und Oberrealschulen in Berlin, Stettin, Heilbronn und Nürnberg. Im Jahre 1926 wurde er Mitglied der Jugendorganisation der Deutschnationalen Volkspartei, dem Jungnationalen Bund. 1929 schloss er sein Abitur ab. Unmittelbar danach war er für rund drei Monate Offiziersanwärter in einer Ausbildungshundertschaft der Polizei Fürth, um dann im Winter 1929 ein Studium in den Fächern Geschichte, Deutsch und Erdkunde in der Universität Erlangen zu beginnen. Ein Semester absolvierte er in diesen Jahren auch in der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. Sonst studierte er ausschließlich in Erlangen.

NSDAP-Mitgliedschaft

Am 1. Mai 1931 wurde Werner Koeppen Mitglied der NSDAP. Kurze Zeit später schloss er sich dem NS-Studentenbund an, wo er im Amt des Rechnungsführers arbeitete. Noch im selben Jahr, im Sommer 1931, studiert er erneut ein Semester in der Berliner Universität, wo er sich der SA anschloss. Im Zuge seiner SA-Mitgliedschaft kehrte er zurück nach Nürnberg. Hier nahm er 1932 zunächst an demonstrativen Aufmärschen und an Führerkursen der SA teil, bis er im Juni 1933 zum Führer des Nürnberger SA-Sturms 14/15 ernannt wurde.

Nationalsozialismus

SA und Staatsexamen

1936 erhielt er bei der SA in Nürnberg den Rang eines Sturmbannführers und nahm an einer Sommerübung des Infanterieregiments in Erlangen teil. Im September 1933 besuchte er – wie auch in den folgenden beiden Jahren – den Reichsparteitag der NSDAP.

Im November promovierte er in der Universität Erlangen bei dem Ordinarius für Neuere Geschichte Otto Brandt. Der Titel seiner Dissertation lautet Anfänge fränkischer Arbeiter- und Gesellenbewegung in den Jahren 1830-1852. Martin Vogt schrieb über diese Dissertation: „Koeppen gelangte in seiner Arbeit zum politisch bestimmten und zeitgebundenen Ergebnis, die sozialen wie politischen Bestrebungen der 48er Revolution seien zwar gescheitert, aber ‚nicht umsonst gewesen. Was damals misslang, führte eine spätere Generation nach den schmerzlichen Erfahrungen langer Irrwege zu einem desto glücklicheren Ende‘.“[1]

Nachdem er im Mai 1935 sein Staatsexamen absolvierte, nahm er eine Referendariatsstelle am Realgymnasium in Nürnberg an. Er beantragte noch im Frühsommer des gleichen Jahres beim Bayerischen Ministerium für Unterricht und Kultus seine Entlassung, da „sich eine aussichtsreiche Lebensstellung“ geboten hätte.“[1] Zudem legte er eine Bescheinigung der Regensburger SA-Brigade 81 bei, der zufolge er als Brigadeadjutant in Aussicht genommen war. Noch im selben Jahr, 1935, wurde er Lehrer in der SA-Gruppenschule Thurnau. Daneben war er Stabschef der bayerischen SA-Gruppe 48/36.

Im Januar 1936 hielt er sich bei einer Tagung der „Alten Garde“ in Berlin auf. Kurze Zeit später erfolgte sein Kirchenaustritt. Fortan bezeichnete er sich als „gottgläubig“.[1] Im Sommer 1937 erhielt er den Rang eines Sturmbahnführers und wurde der Obersten SA-Führung zur Verfügung gestellt, für die er bereits seit April als Hilfsreferent gearbeitet hatte.

Referent von Rosenberg

Am 9. November 1937 wurde Werner Koeppen per Führerbefehl zum Reichsleiter Alfred Rosenberg gerufen. Koeppen erhielt zunächst den Posten eines Adjutanten von Rosenberg und wurde als Leiter der „Kanzlei Rosenberg“ eingesetzt.[2] Damit übte er eine Tätigkeit aus, für die zuvor Thilo von Trotha (1909–1938) zuständig gewesen war.[2] Am 1. März 1938 erfolgte Koeppens Eintritt in die Reichsleitung. Zwischen September 1939 und Herbst 1940 nahm er am Zweiten Weltkrieg teil. „Auf Grund einer UK-Stellung“ schied Koppen als Unteroffizier aus der Wehrmacht aus.[1] Im Januar 1941 wurde er SA-Standartenführer.

Am 16. Juli 1941 erfolgte im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ die offizielle Amtsverkündung von Alfred Rosenberg als Reichsminister für die besetzten Länder Osteuropas.[3] Während der Gespräche mit Hitler machte Rosenberg den Vorschlag, Werner Koeppen als seinen Verbindungsmann zu ihm einzusetzen. Normann protokollierte: „Rosenberg machte den Vorschlag, einen Verbindungsmann zum Führer abzustellen; diese Aufgabe solle sein Adjutant Koeppen übernehmen; der Führer ist damit einverstanden und erklärt, Koeppen solle die Parallel-Rolle zu Hewel übernehmen.“[1] Noch im selben Monat trat Koeppen seinen Dienst im FHQ an. Als Adjutant bei Rosenberg rückte an Koeppens Stelle der ein Jahr ältere SA-Standartenführer Joachim Marquardt (geb. 1909).[4] Martin Vogt beschrieb die Rolle Koeppens im FHQ so:

„Koeppen war allerdings nicht in der Lage, tatsächlich die ‚Parallel-Rolle‘ zu Hewel zu übernehmen; denn dieser war nicht allein der Vertreter des ‚Auswärtigen Amtes‘, sondern zwischen ihm und Hitler bestand die starke Bindung, die Hitler zu den ‚alten Kämpfern‘ der frühen Zeit besaß, im besonderen Maße. An solche persönliche Nähe und ähnlichen persönlichen Einfluss konnte Koeppen nicht denken. Er hatte im Gegensatz zu Hewel bestenfalls eine Bedeutung zweiten Ranges in der ‚Wolfsschanze‘. Allerdings beobachtete Koeppen mit Gründlichkeit, was in der ‚Wolfsschanze“ vor sich ging und war bemüht, Gespräche und Gerüchte zu erfassen, selbst wenn die Zahl der Gäste bei der ‚Mittags- oder Abendtafel‘ besonders groß war oder Staatsbesuche in der ‚Wolfsschanze“ stattfanden, so dass er zu denen gehörte, die in einem anderen Raum als Hitler ihren Platz zugeteilt erhielten.“[5]

Am 1. März 1943 beendete Koeppen seinen Dienst im FHQ. Bis dahin hatte er 18 Monate lang im FHQ gearbeitet.

Werner Koeppen übte verschiedene Tätigkeiten im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) aus.[6]

Wenige Monate vor Kriegsende, am 28. September 1944, erwog Rosenberg, seine Dienststelle auf einen „kleinen Arbeitsstab mit 15 Sachbearbeitern zu reduzieren.“ Werner Koeppen erledigte für ihn den diesbezüglichen Schriftverkehr.[7] Koeppens Arbeit bei Rosenberg endete erst mit dem endgültigen Zusammenbruch des Nationalsozialismus im Februar 1945. Er war einer der letzten Mitarbeiter von Rosenberg. Kurzzeitig wurde Koeppen noch einmal zur Wehrmacht eingezogen, geriet dann aber schnell in die Gefangenschaft der Alliierten.

Nachkriegszeit

Über Koeppens Lebensweg nach 1945 ist bislang wenig bekannt. Zunächst lebte er viele Jahre in München.

Noch 1977 verfasste Werner Koeppen apologetische „Gedanken zur Ostpolitik Alfred Rosenbergs“. Koeppen beklagte sich, dass in der Nachkriegszeit „die unsinnigen Behauptungen und Gerüchte über die Person des ehemaligen Reichsleiters und Reichsministers Alfred Rosenberg“ immer noch nicht verstummt seien. Diese ihm missfallenden Worte würden nicht „nur aus der Feder erklärter Feinde des Nationalsozialismus“ stammen. Gemäß der ehemaligen rassenideologischen Doktrin des RMfdbO formulierte er in dieser Schrift immer noch die Behauptung, dass sämtliche Slawen „Menschen zweiter Klasse“ seien, die ehemals „germanischer“ und nun „deutscher Führung“ bedürften.[8] Vogt merkte zu diesen Worten an, dass Koeppens spätere Aufzeichnungen „keine Einsicht in die grundsätzliche Gewalttätigkeit und den Vernichtungswillen der nationalsozialistischen Ideologie zu erkennen geben“.[8]

Familie

Werner Koeppen wurde als Kind aus Pommern stammender Eltern geboren. Sein Vater war Chemiker. Ab 1938 wohnte Koeppen in Berlin, wo er noch im selben Jahr heiratete. 1941 wurde sein erster Sohn, am 1. März 1943 sein zweiter Sohn geboren.

Literatur

  • Martin Vogt: Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, Koblenz 2002, ISBN 3-89192-113-6. (Dokumentation.)
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Martin Vogt: Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, Koblenz 2002, S. XVIII.
  2. a b Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, München 1970, S. 273.
  3. H.D Heilmann: Aus dem Kriegstagebuch des Diplomaten Otto Bräutigam. In: Götz Aly u.a. (Hrsg.): Biedermann und Schreibtischtäter. Materialien zur deutschen Täter-Biographie, Institut für Sozialforschung in Hamburg: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik 4, Berlin 1987, S. 136 f., ISBN 3-88022-953-8.
  4. Martin Vogt: Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, Koblenz 2002, S. XIX; von Vogts Angabe abweichend Bollmus, der schrieb, dass Amandus Langer, geb. 1908 und von Beruf Plakatmacher, an Koeppens Stelle getreten sei, Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, München 1970, S. 273. (Quellen: „BDC und Eidesstattl. Erkl. Dr. Koeppens NO-3822; Mitt. a.d. Verf. vom 12. Juni 1965.); Amandus Langer war Rosenbergs zweiter Adjutant, Findmittelinfo BArch 43 II /1159 b [1]
  5. Martin Vogt: Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, Koblenz 2002, S. XIX.
  6. Hinweis H.D Heilmann: Aus dem Kriegstagebuch des Diplomaten Otto Bräutigam. In: Götz Aly u.a. (Hrsg.): Biedermann und Schreibtischtäter. Materialien zur deutschen Täter-Biographie, Institut für Sozialforschung in Hamburg: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik 4, Berlin 1987, S. 172.
  7. Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Nördlingen 1995, S. 56, ISBN 3-423-04668-6. (Angegebene Quellen: BArch Potsdam, NS 8/227 Bl. 180-181; Antwortschreiben Stellrecht vom 20.9.44, Bl. 182-183.)
  8. a b Martin Vogt: Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, Koblenz 2002, S. XXI f.

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