Werner Maser

Werner Maser

Werner Maser (* 12. Juli 1922 in Paradeningken, Deutsches Reich; † 5. April 2007 in Speyer) war ein deutscher Historiker, Publizist und Hochschullehrer.

Inhaltsverzeichnis

Familie und Ausbildung

Nach dem Abitur an der Oberrealschule Königsberg diente der Sohn eines ostpreußischen Landwirts und Pferdezüchters als Infanterie-Offizier im Zweiten Weltkrieg und war nach dem Krieg im Speziallager Sachsenhausen interniert.[1] Er studierte in Berlin, München und Erlangen Theologie, Philosophie, Politikwissenschaft, Pädagogik und Germanistik. 1951 legte er in Berlin das Staatsexamen ab. 1954 wurde Maser mit der Arbeit Die Organisierung der Führer-Legende zum Dr. phil. promoviert. Zwischenzeitlich war Maser wissenschaftlicher Assistent bei Ernst Niekisch an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin.

Maser lebte zuletzt mit seiner zweiten Frau Inge in Speyer, wo er am frühen Morgen des 5. April 2007 in einem Krankenhaus verstarb. Das Paar hat drei Kinder.[2]

Berufliche Tätigkeiten

1955 bis 1957 war Maser als Lexikon-Redakteur in Frankfurt am Main tätig, von 1957 bis 1960 als Chefredakteur und Schriftleiter in Bochum, Leverkusen und Mannheim. Später wurde er Lehrbeauftragter an der Hochschule für Politik an der Universität München und Professor für Geschichte und Völkerrecht; außerdem hatte er Gast-Professuren in den USA, in Japan und Finnland inne. Zuletzt lehrte er von 1991 bis zu seiner Emeritierung 1993 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Veröffentlichungen

Maser widmete seine Arbeit als Historiker vor allem der Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus und Adolf Hitler. Dazu schrieb er:[3]

„Als Hitler mir, dem knapp vierzehnjährigen Schüler, am 18. März 1936, staatsmännisch jovial riet, es mir doch noch zu überlegen, ob ich denn tatsächlich einmal über Geschichte – und vor allem über ihn – schreiben wolle, was ich ihm ehrfurchtsvoll stammelnd erklärt hatte, war das noch nicht so zwingend sicher.“

Hitler-Biografie

Maser war der erste Historiker, der das Hauptarchiv der NSDAP auswertete. In seinem Buch Adolf Hitler: Legende - Mythos - Wirklichkeit (1971) wandte er sich gegen „Legendenbildungen“ über Hitler und dessen Darstellung als Psychopath. Den Holocaust und andere Verbrechen des NS-Regimes erwähnte er kaum. Er vertrat seither die These, der französische Eisenbahnarbeiter Jean Loret sei ein leiblicher Sohn Hitlers. Dies wurde zunächst als Sensation breit diskutiert, dann jedoch von der Fachwissenschaft überwiegend zurückgewiesen.[4]

Masers Vorgehen, sich auf kleinere „Legenden“ zu konzentrieren, kritisierten manche Historiker als absichtliche oder unabsichtliche Wiederbelebung des Führermythos.[5] Emil L. Fackenheim warf Maser vor, sich mit Details des Nationalsozialismus und des Holocausts zu beschäftigen, um den „Horror des Ganzen“ zu mildern oder gar zu vermeiden.[6]

„Der Wortbruch“

In seinem Buch Der Wortbruch (1994), das die Verhältnisse und Entwicklungen zwischen Deutschland und der UdSSR vom Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt bis zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 behandelt, behauptet Maser, dass sowohl Hitler als auch Stalin Präventivkriege gegen den jeweils anderen planten und Hitler dabei Stalin lediglich zuvorkam. Dies gilt als Variante der Präventivkriegsthese, die seit Ende der 1990er Jahre wissenschaftlich widerlegt ist.

Buch zum Nürnberger Prozess

Maser behauptete in seinem Buch Nuremberg. Trial of a Nation, Albert Speer habe ein „geheimes Abkommen“ mit dem amerikanischen Hauptanklagevertreter beim Internationalen Militärtribunal Justice, Robert H. Jackson, geschlossen; die entsprechenden Beweise fänden sich in Jacksons Unterlagen. Laut Gitta Sereny, die dazu Albert Speer befragte, entspricht dies nicht der Wahrheit. Jacksons Sohn, den Speer um Auskunft gebeten hatte, versicherte diesem, dass es keine Unterlagen gebe, die die Schlussfolgerung Masers veranlasst haben könnten, der die Unterlagen selbst nicht eingesehen habe.[7] Bereits Eugene Davidson wies Maser im gleichen Buch Fehler in seiner Darstellung des Massakers von Katyn nach, wonach der Befehl Stalins zur Evakuierung des Lagers vom Kommandanten fehlinterpretiert worden sei. Des Weiteren bemängelt er, dass Maser Joachim von Ribbentrops Rolle falsch wiedergebe.[8]

Biografie von Helmut Kohl

Masers Kohlbiografie wurde von Rezensenten als undistanziertes Gefälligkeitswerk kritisiert, das nur auf Aussagen aus dem Anhängerkreis Kohls selber beruhe.[9] Heiner Geißler wies Masers Darstellung der Kohlkritiker in der CDU in einer sozialdemokratischen Zeitschrift zurück und deutete Kohls letzte Kanzlerjahre als „Selbstdemütigung der Partei“.[10]

Bemühung um Urheberrecht für Hitlers Mein Kampf

Maser bemühte sich in seinen letzten Lebensjahren darum, die Urheberrechte des Freistaat Bayern an Hitlers Buch Mein Kampf anzufechten.[11]

2003 schrieb er:

Das bayerische Finanzministerium, das sich auf eine Entscheidung der Spruchkammer des Landgerichts München I vom 15. Oktober 1948 beruft, ging (und geht) davon aus, daß eine Neuveröffentlichung von "Mein Kampf" das Ansehen der Bundesrepublik im Ausland schädigen und ihr den Vorwurf eintragen könnte, eine "Weiterverarbeitung nationalsozialistischen Gedankengutes" zu dulden, was verständlicherweise weder in Deutschland noch im Ausland auf einhellige Zustimmung stieß. So schrieb beispielsweise der jüdische Autor C. C. Aronsfeld 1972 in der Zeitschrift "Prejudice" des Institute of Jewish Affairs: "Die deutschen Behörden widersetzen sich der Wiederveröffentlichung dieses Buches in dem Glauben, daß es für eine Freundschaft und Verständigung schädlich sein könnte. Diese Zweifel können wir verstehen, aber nicht teilen. Der Ursprung Hitlers ist fast irrelevant. Was wichtig ist, ist die Tatsache, daß er existierte, daß er seinem Volk und der Welt Unheil brachte und daß es immer noch Anhänger in vielen Teilen der Welt gibt. ,Mein Kampf' ist ein Handbuch ihrer Vorurteile und ihrer Unwissenheit, ob sie nun der deutschen, britischen oder irgendeiner anderen Nation angehören. Es ist deshalb notwendig, daß Hitler ... verstanden werden sollte. ,Mein Kampf' ist eine Einführung in seinen Geist und seine Methoden und sollte als solches zum Studium verfügbar sein." Und Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, schlug mir 1959 vor, "Mein Kampf" zu kommentieren und herauszugeben. "Ein besseres Mittel gegen eine Renaissance Hitlerischer Vorstellungen als ,Mein Kampf'", so meinte Heuss, könne es kaum geben.[11]

Er versuchte auch, überlebende Familienangehörige Hitlers dazu zu bringen, die Urheberrechte wieder für sich zu erstreiten.[12]

Maser gab die erste deutschsprachige Ausgabe kommentierter Auszüge aus "Mein Kampf" heraus.

Auch sein Umgang mit den Werken anderer Autoren wurde kritisiert.[13]

Werke

  • Genossen beten nicht - Kirchenkampf des Kommunismus. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1963.
  • Die Frühgeschichte der NSDAP. Hitlers Weg bis 1924. Athenäum, Bonn 1965
  • Adolf Hitler: Legende - Mythos - Wirklichkeit; Naumann & Göbel, Köln 1971 (München, Esslingen: Bechtle, 200118); ISBN 3-762805-21-0
  • Nürnberg. Tribunal der Sieger. Econ, Düsseldorf 1977, Edition Antaios, Schnellroda 2005, ISBN 3-935063-37-7 (englisch: Trial of A Nation)
  • Der Sturm auf die Republik. Frühgeschichte der NSDAP. Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-34041-5
  • Adolf Hitler. Das Ende der Führerlegende. Moewig, München 1982, ISBN 3-8118-4325-7
  • Armer Schubert! Fälschungen und Manipulationen. Marginalien zu Franz Schuberts Sinfonie von 1825. Goldoni, 1. Auflage, Stuttgart 1985
  • Das Regime. Alltag in Deutschland 1933-1945; Dietz, Berlin 1990, ISBN 3-320-01732-2
  • Adolf Hitler. Mein Kampf. Geschichte. Auszüge. Kommentare. Bechtle, Esslingen 2001, ISBN 3-7628-0409-5
  • Hitlers Briefe und Notizen. Sein Weltbild in handschriftlichen Dokumenten; Leopold Stocker Verlag, Graz 2002, ISBN 3-7020-0950-7
  • Fälschung, Dichtung und Wahrheit über Hitler und Stalin; Olzog, München 2004, ISBN 3-7892-8134-4
  • Der Wortbruch. Hitler, Stalin und der Zweite Weltkrieg; Selent: Pour le Mérite Verlag, 2007; ISBN 978-3-932381-06-5
  • Reichspräsident Friedrich Ebert. Sozialdemokrat und Patriot. Eine politische Biographie; Inning a. Ammersee: Druffel & Vowinckel, 2007
  • Als Herausgeber: Wilhelm Keitel. Mein Leben – Pflichterfüllung bis zum Untergang. Hitlers Generalfeldmarschall und Chef des Oberkommandos der Wehrmacht in Selbstzeugnissen; Berlin: edition q im Quintessenz Verlag, 1998; ISBN 3-86124-353-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Werner K. Lahmann: Warten ohne Wiedersehen Überlingen: BVT, 2001.
  2. Hitler-Forscher und Historiker Werner Maser gestorben. In: Main-Post, 7. April 2007.
  3. Werner Maser, Fälschung, Dichtung und Wahrheit über Hitler und Stalin, Olzog 2004 ISBN 3789281344.
  4. Anton Joachimsthaler: Korrektur einer Biographie. Adolf Hitler, 1908-1920. München 1989, S. 162ff.; Ian Kershaw: Hitler, 1889-1936. Deutsche Verlags-Anstalt, 4. Auflage 1998, ISBN 3763248811, Fußnote 116 zu Kapitel 3.
  5. Hans W. Gatzke in: The American Historical Review, Band 79, Nr. 4, (Oct., 1974), S. 1205f.
  6. Emil L. Fackenheim: The Nazi Holocaust as a Persistent Trauma for the Non-Jewish Mind. In: Journal of the History of Ideas. Band 36, Nr. 2 (Apr.–Jun., 1975), S. 369–376.
  7. Gitta Sereny: Albert Speer. His Battle with Truth. Picador, London 1995, ISBN 0-330-34697-0, S. 583.
  8. Eugene Davidson in The Review of Politics Band 42, Nr. 1 (Jan., 1980), S. 109.
  9. Dieter Buhl (Die Zeit, 7. Dezember 1990): Geschichte als Gefälligkeit
  10. Neue Gesellschaft – Frankfurter Hefte 04/00: Interview mit Heiner Geißler; zitiert u.a. bei Michael Schlieben: Politische Führung in der Opposition: Die CDU nach dem Machtverlust 1998. Mit einer parteihistorischen Einleitung von Franz Walter. Vs Verlag, 2007, ISBN 9783531154541, S. 51 (Buchauszug online)
  11. a b Werner Maser: "Hitlers Geld und seine Erben", in: Ostpreußenblatt, 11. Januar 2003
  12. Torsten Hampel: Was erbt Hitlers Familie?; in: Der Tagesspiegel vom 3. August 2003.
  13. Robert G. L. Waite in: The American Historical Review, Band 86, Nr. 4, (Oct., 1981), S. 875f.

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