Wetzrille

Wetzrille

Eine Wetzrille, auch Wetzmarke, Schleifrille oder Teufelskralle, ist eine durch menschliche Aktivität entstandene Einkerbung in Stein.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Sie ist anfänglich eine Erscheinung im ruralen Raum. Man findet die Einkerbungen an erratischen Blöcken und Menhiren, und kleineren Steinen später auch an profanen und sakralen Gebäuden (ägyptischen Tempeln). Auch mittelalterliche Gebäude, Steinkreuze und Wegsteine weisen derartige Spuren auf. Es handelt sich um einzelne oder parallel verlaufende Rillen, die in drei Formen auftreten:

  • Kahn
  • Löffel
  • Schnitt

Daneben gibt es auch runde und schalenartige, näpfchenförmige Einkerbungen. Steine ausschließlich mit Näpfchen werden Schalensteine genannt.

Steinzeit

Vereinzelt treten die Rillen im Kontext mit vorgeschichtlichen Denkmälern (Menhiren) auf. Die kahn- und löffelförmigen entstanden möglicherweise durch das Schleifen von Steinäxten. Bisweilen treten sie vergesellschaftet mit so genannten Näpfchen auf, etwa vier bis sechs cm großen, flachen, kreisartigen Gebilden. Der Verwitterungsgrad der ausgearbeiteten Flächen lässt auf ein Alter zwischen 1000 und 3000 Jahren schließen.

Eisenzeit

Wetzrillen von Aufferville Frankreich

Wenige Zentimeter große meist hutförmige Steine mit einer glatten Fläche, die gelegentlich mit umlaufenden, eingeschliffenen Rillen versehen sind, kommen vereinzelt als Grabbeigaben auf eisenzeitlichen Urnenfriedhöfen in Niedersachsen und Westfalen vor. Häufiger sind sie an Hase und Hunte in Niedersachsen. Sie wurden zunächst als Glatt- oder Schleifsteine gedeutet. Neuerdings hält man sie, mit Blick die auf die monumentalen Rillensteine, die sich im nördlichen Niedersachsen und in Ostfriesland finden, eine kultische Bedeutung für möglich. Über ihre Zeitstellung lässt sich sagen, dass sie in Westfalen mehrfach mit Rasiermessern der Eisenzeit vergesellschaftet gefunden worden sind.

Ägyptische Geschichte

In Ägypten gibt es derartige Rillen z. B. an den Tempeln in Edfu, Luxor, Karnak und Assuan. Die Übereinstimmung der Typen und Formen und ihre Lage (sie sind fast ausschließlich senkrecht angeordnet) in Bezug auf die Gebäude sind in Ägypten, Deutschland und Österreich vergleichbar. Die Gemeinsamkeiten zwischen europäischen und ägyptischen Schleifrillen lassen vermuten, dass die Anbringung auf die gleiche oder eine ähnliche Intention zurückzuführen ist.

Wetzrillen in der Propsteikirche Brilon

Mittelalter

Die jüngeren Rillen findet man im europäischen Bereich an mittelalterlichen Friedhofsmauern, Kirchen, (Old Lady Kirk auf Sanday) Kreuzen oder Rechtsaltertümern (Gerichtsgebäude, Grenzstein, Pranger) zumeist im Außenbereich und in Bodennähe. Sie sind vermutlich durch das Wetzen und Schärfen von Waffen und Werkzeugen entstanden. Zudem könnte es auch ein rituelles Entschärfen gegeben haben. Möglicherweise schrieb man dem Pulver aus Steinen von geweihten Gebäuden auch heilende Wirkung zu. Bereits im Alten Testament (1. Mose 28, 18) gibt es Hinweise auf heilige Steine und Opfer.

Siehe auch

Pestrille

Beispiele

Literatur

  • Hans Cappel: „Wetzrillen“ und andere rätselhafte Spuren unter besonderer Berücksichtigung saarpfälzischer Betreffe. In: Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde 2007/3, S. 40 ff
  • Udo Liessem: Zur Frage der Wetzrillen an Sakral- und Profanbauten. In: Pfälzer Heimat, Jg. 29, Heft 2, 1978
  • Karl Kohlstock: Wetzzeichen an Kirchen. Grabsteinen, Kreuzen und Profanbauten in Thüringen. In: Das Werraland, Heft 1, 1955, 7. Jg., S. 13 ff. (online)
  • Willi Wegewitz: Der Rillenstein vom Forsthaus Hollenbeck Kreis Stade. In: Stader Jahrbuch 1892
  • Rudolf Wilms: Wetzrillen an Kirchen der Zweibrücker Umgebung. In: Pfälzer Heimat, Jg. 28, Heft 3, 1977

Weblinks


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