Wiktor Zoi

Wiktor Zoi
Wiktor Zoi, russische Briefmarke

Wiktor Robertowitsch Zoi (russisch Виктор Робертович Цой, wiss. Transliteration Viktor Robertovič Coj; * 21. Juni 1962 in Leningrad; † 15. August 1990 bei Riga, Lettland) war ein russischer Rockmusiker, Poet und Schauspieler. Der Frontmann von Kino war ein Pionier des russischen Rocks. Seine punkige Musik und poetisch-regimekritischen Texte hatten in der Sowjetunion eine große Anhängerschaft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Anfänge

Er wurde als Sohn eines koreanischen Vaters und einer russischen Mutter geboren. 1974 gründete er mit Maxim Paschkow seine erste Musikgruppe Palata Nr. 6. 1979 begann er Rock-Songs zu schreiben. Zu jener Zeit galt Rock in der Sowjetunion offiziell als zweifelhafter Trend und beschränkte sich hauptsächlich auf Leningrad.

1980 wurde er wegen "schlechter Zensuren" von der Serow-Kunstakademie verwiesen. Er begann als Heizer in einem Mietshaus zu arbeiten und spielte Songs auf Partys. Bei einem Auftritt lernte er Boris Grebenschtschikow (russisch Борис Гребенщиков) von der bereits etablierten Rockgruppe Aquarium (russisch "Аквариум") kennen, der ihn unter seine Fittiche nahm.

Seinen ersten Bühnenauftritt hatte Zoi 1982 beim 1. Leningrader Rock-Club-Konzert. Es war ein Solo-Auftritt, der von Aquarium-Mitgliedern unterstützt wurde. Seine innovativen Texte und die ungewöhnliche Musik überzeugte die Zuhörer. Wenig später gründete er mit Alexej Rybin und Oleg Walinsky die Band Гарин и Гиперболоиды (Garin i giperboloidy)[1], die einige Monate später in Kino umbenannt wurde. In Zois Wohnung wurde ein Demoband aufgenommen, das bald eine weite Verbreitung über Leningrad hinaus fand.

Untergrundband

1982 brachten Kino ihr erstes Musikalbum heraus. Es trug den Titel 45. Die Band nahm sich verstärkt politischer Themen an. Der Song Электричка (Elektritschka) handelt von einem Mann, der in einem Zug festsitzt, der ihn in die falsche Richtung bringt. Das Lied war eine Metapher auf die Sowjetunion und Zoi wurde es verboten, das Lied bei öffentlichen Auftritten zu spielen. Bei der regimekritischen Jugend wurden Zoi und Kino dafür um so beliebter. Beim 2. Leningrader Rock-Club-Konzert wurde die Gruppe noch politischer und spielte Я объявляю свой дом... (Безъядерная зона) (dt. Ich erkläre mein Zuhause... (zur nuklearfreien Zone)). Der Song entsprach dem Anti-Kriegs-Gefühl der sowjetischen Jugend, die nicht im Afghanistan-Krieg kämpfen wollte und Kino gewann den ersten Preis des Konzerts.

Bis 1985 blieb Kino in der Außenseiterrolle. Das änderte sich mit Michail Gorbatschows Politik von Glasnost und Perestroika, die offene politische Diskussionen in den sowjetischen Medien erlaubte. 1986 nutzte Zoi die neue Offenheit und veröffentlichte den Song Хочу перемен (dt. Ich will Veränderungen).

Jugendidol

Grab Wiktor Zois, 2007

1987 kam für Kino der Durchbruch. Die Veröffentlichung ihres siebten Albums Группа крови (dt. Blutgruppe) löste eine regelrechte Kinomania aus. Blutgruppe war das bisher politischste Album von Kino und es präsentierte eine Musik, wie sie bisher in der UdSSR noch nicht zu hören gewesen war. Einige Lieder wandten sich direkt an die sowjetische Jugend, forderten sie auf, die Kontrolle zu übernehmen und Veränderungen im Staat einzuleiten. Andere Songs diskutierten soziale Probleme, die das Land verkrüppelten. Zoi wurde zum Helden der russischen Jugend und Kino zu populärsten Rockband.

Die folgenden Jahre trat Zoi in verschiedenen erfolgreichen Kinofilmen auf, reiste sogar in die USA, um seine Filme auf Festivals vorzustellen. Kino veröffentlichte weitere Alben, deren politische Texte die Popularität der Gruppe steigerten. Trotz des Erfolgs behielt Zoi seinen alten Beruf als Heizer. Er erklärte, er brauche das Geld, um Kino zu sponsern, deren Alben In der Sowjetunion vielfach kopiert herumgereicht wurden und der Band nur wenig Geld brachten.

Kinos größtes Konzert fand 1990 im Olympiastadion Luschniki in Moskau statt. 62.000 Fans kamen, um Russlands erfolgreichste Rockgruppe zu feiern. Am 14. August 1990 beendete Zoi in Lettland seine Arbeit am Gesang für ein neues Kino-Album. Er wollte nach Leningrad fahren, wo die anderen Bandmitglieder die Musik einspielen sollten.

Früher Tod

Am frühen Morgen des 15. August 1990 verlor er außerhalb von Riga die Kontrolle über sein Auto und rammte einen Bus. Zoi wurde dabei getötet, das Auto völlig demoliert. Einer der wenigen Gegenstände, die nach dem Unfall gefunden wurden, war das Band mit dem Gesang für das neue Album. Das Album wurde fertiggestellt und erschien unter dem Namen Чёрный альбом (dt. Schwarzes Album). Die verkaufte Auflage war gewaltig. Über 65 Jugendliche in der Sowjetunion nahmen sich nach dem Tod Zois das Leben, weil sie glaubten, es hätte ohne ihr Idol keine Bedeutung mehr.

Sein Grab auf dem Bogoslowskoje Friedhof in Sankt Petersburg ist bis heute ständig mit Blumen geschmückt. In Moskau und Minsk (Weißrussland) wurden ihm Gedenkmauern gewidmet.

Zoi war seit 1985 mit Marianna Zoi verheiratet und hatte einen Sohn, Sascha (* 1985).

Zitate

„Wir wollen weiter blicken als bis zum Fenster auf der anderen Straßenseite. Wir wollen leben, wir wollen unsere neun Leben haben. Und wir sind hier, um unsere Rechte zu beanspruchen, ja! Kannst Du das Rascheln unserer Mäntel hören - wir sind da! Von jetzt an werden wir handeln!“

Wiktor Zoi, "Von jetzt an werden wir handeln!"

„'Veränderungen!' ist die Forderung unserer Herzen. 'Veränderungen!' ist die Forderung unserer Augen. In unserem Lachen, in unseren Tränen und im Puls der Adern 'Veränderungen! Wir wollen Veränderungen!'“

Wiktor Zoi, "Ich will veränderungen!"

Werke

  • 45, Moros Records, 1982
  • 46, Moros Records, 1983
  • Natschalnik Kamtschatki (russisch "Начальник Камчатки"), Moros Records, 1984
  • Eto Ne Ljubow (russisch "Это не любовь"), Moros Records, 1985
  • Notsch (russisch "Ночь"), Moros Records, 1986
  • Gruppa Krowi (russisch "Группа крови"), Moros Records, 1988
  • Poslednij Geroj (russisch "Последний герой"), Moros Records, 1989
  • Swesda Po Imeni Solnze (russisch "Звезда по имени Солнце"), Moros Records, 1989
  • Tschernij Albom (russisch "Черный альбом"), Moros Records, 1990

Weblinks

Anmerkungen

  1. nach dem Roman von Alexei Nikolajewitsch Tolstoi "Гиперболоид инженера Гарина" (1927)

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