WinCC

WinCC

WinCC (Windows Control Center) ist ein PC-basiertes Prozessvisualisierungssystem der Firma Siemens. Es wird als eigenständiges SCADA-System oder als Mensch-Maschine-Schnittstelle für Prozessleitsysteme wie SIMATIC PCS7 oder Spectrum PowerCC eingesetzt. Die Software wurde 1996 in der Version 1.1 erstmals im deutschsprachigen Raum breit vermarktet.

Inhaltsverzeichnis

Produktmerkmale

Das Visualisierungssystem ist modular aufgebaut und ermöglicht die Überwachung und Steuerung technischer Prozesse von Maschinen und Anlagen. WinCC ist als Client-Server-System ausgeführt, das auf verschiedenen Versionen des Betriebssystems Microsoft Windows läuft. Mit WinCC sind sowohl einfache Einplatzanwendungen als auch komplexe Mehrplatzlösungen mit verteilten Clients und Servern realisierbar.

Wesentliche Produktmerkmale sind die frei projektierbare Bedienoberfläche zur Visualisierung und Bedienung von Maschinen und Anlagen, die Erfassung und Langzeitdatenhaltung von Messwerten, die Erfassung, Speicherung und Visualisierung von Alarmen und Meldungen sowie das Bereitstellen von Datenschnittstellen zu externen Systemen.

Die Basissoftware ist grundsätzlich branchenneutral konzipiert und wird für verschiedene Industrieanwendungen als SCADA-System eingesetzt. Typische Einsatzbereiche sind die Fertigungstechnik im Maschinenbau, die Automatisierung von verfahrenstechnischen Prozessen und die Steuerung und Visualisierung von Prozessen in Logistik-Systemen. Durch offene Schnittstellen, verfügbare Software-Optionen und projektspezifische Implementierung kann die Software an branchenspezifische Anforderungen angepasst werden. Typische Einsatzbereiche in Branchen sind:

  • Produktionsanlagen in der chemischen, pharmazeutischen oder in der Nahrungsmittelindustrie sowohl für kontinuierliche Prozesse als auch für Batch-Verfahren
  • Prozessvisualisierung und Steuerung in Kraftwerksanlagen, Öl- und Gasanlagen, für die Wasseraufbereitung und in Kläranlagen
  • diskrete MMS-Einheiten in Fertigungsanlagen wie im Maschinenbau und in der Automobil- oder Automobilzulieferindustrie.
  • Verkehrsleittechnik als Informationssystem bei der Überwachung von Autobahnen und Tunnelsystemen
  • Fördertechnik als Visualisierungskomponente des Materialflusssystems z. B. bei der Überwachung und Steuerung von Postsortieranlagen oder Gepäckförderanlagen in Flughäfen.

Bedienoberfläche

Zur Prozessführung werden für den Einsatzzweck individuell projektierbare Bedienoberflächen eingesetzt. Die Software stellt hierfür einen Grafikeditor und eine Auswahl von Standardobjekten zur Verfügung (z. B. Grafikobjekte, Buttons, Check- und Radio-Boxes und Slider, Eingabe- und Ausgabefeld, Textlisten oder konfigurierbare ActiveX Controls für Alarme, Kurven und Tabellen). Diese Standardobjekte können um anwenderspezifische Objekte oder ActiveX Controls erweitert werden.[1]

Objekte werden im Grafikeditor mit Prozesswerten und Befehlen verknüpft. Es werden z. B. Messwerte visualisiert oder Zustandsmeldungen von Ventilen angezeigt. Gleichzeitig ist es möglich, durch Benutzereingaben per Maus oder Tastatur diese Objekte zu steuern. Für die Zuweisung von Prozesswerten und Befehlen stellt die Software verschiedene Mechanismen zur Verfügung. Die einfachste Variante ist das direkte Verschalten von Prozessvariablen an ein Objekt zur Anzeige eines Wertes oder einer Statusinformation. Weitere Möglichkeiten sind das dialoggeführte Verschalten von Variablen über sogenannte „Wizards“ bis hin zur komplexen Szenarien, die über die integrierten Script-Sprachen C-Script und Visual Basic Scripting realisierbar sind. Vom Betriebssystem zur Verfügung gestellte oder andere externe Funktionen können dabei verwendet werden (Windows API). Über „globale“ Scripte und Aktionen können kontextunabhängige Funktionen wie zyklische Abfragen, getriggerte Ereignisse bis hin zu Script Libraries realisiert werden.[2]

Texte in der Bedienoberfläche können mehrsprachig und zur Laufzeit umschaltbar ausgeführt werden. Es werden bis zu 34 verschiedene Sprachen in einer Visualisierungslösung unterstützt.[2]

Benutzerverwaltung

WinCC realisiert eine integrierte Benutzerverwaltung, mit der Zugriffsrechte sowohl bei der Projektierung als auch zur Laufzeit (z. B in der so genannten Runtime-Bedienoberfläche) kontrolliert werden können. Es können 128 Benutzergruppen mit je bis zu 128 einzelnen Benutzern angelegt und verwaltet werden. Dabei können 999 verschiedene Berechtigungsstufen definiert werden, die wiederum den Benutzern und/oder Benutzergruppen zuzuweisen sind.[1]

Meldesystem

Die Software erfasst und speichert Prozessmeldungen und lokale Ereignisse in Archiven und stellt diese bei Bedarf gefiltert und sortiert zur Verfügung. Meldungen können direkt aus binären Informationen oder als Resultat einer Grenzwertüberschreitung bei Analogwerten gebildet werden. Die Archivierung, Protokollierung und die Meldestruktur sind frei parametrierbar.[1]

Archivierungssystem

Werteverläufe können in Prozesswertarchiven gespeichert werden. Diese Archivierung wird in einer Microsoft SQL Server-Datenbank realisiert. Die Werte werden verlustfrei komprimiert in der Datenbank gespeichert. Die Darstellung in der Bedienoberfläche kann über integrierte Objekte wie das Trend Control realisiert werden. Der direkte Zugriff auf diese Daten über optionale Schnittstellen durch externe Anwendungen ist möglich.[1]

Berichts- und Protokollsystem

Das Protokollsystem ermöglicht den layoutgesteuerten Ausdruck der erfassten Daten. Es umfasst verschiedene Protokolltypen wie z. B. Alarmprotokolle, Bedienprotokolle oder Anwenderberichte. Die Berichte können als Datei abgelegt und über eine Vorschau am Bildschirm angezeigt werden.[1]

Verbreitung

WinCC wurde in den Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Chinesisch, Koreanisch und Japanisch veröffentlicht. Die Hauptabsatzmärkte der Software sind in Europa und Asien. Siemens nennt sich selbst in verschiedenen Druckschriften und Presseveröffentlichungen mit WinCC als Marktführer in Europa und weltweit als zweithäufigst eingesetztes MMI-System.[3]

WinCC wird von Siemens im Prozessleitsystem SIMATIC PCS7 als Basis eingesetzt. SIMATIC PCS7 ist ein System mit skalierbarer Architektur für mittlere bis große Anlagen (bis zu 100.000 Ein- bzw. Ausgabe-Datenpunkte), welches Engineering Tools, Massendatenverarbeitung, Alarm Management und Asset Management integriert.[4]

Versionen

WinCC wird seit 1995 kontinuierlich weiterentwickelt. Die nachfolgende Tabelle bietet einen Überblick über veröffentlichte Versionen mit ihren jeweiligen Hautpmerkmalen. Dabei wurden Patches und Hotfixes nicht berücksichtigt. Im Jahr 2008 hat Siemens WinCC-Version 7.0 veröffentlicht.

Stuxnet-Wurm

Hauptartikel: Stuxnet

Im Juli 2010 wurde ein Computerwurm mit dem Namen Stuxnet entdeckt, der für Angriffe auf WinCC- und PCS7-Systeme spezialisiert ist. Nach Angaben der Computersicherheitsfirma Symantec handelt es sich dabei um den ersten Wurm, der Industriesysteme nicht nur ausspionieren, sondern auch deren Funktionsweise manipulieren kann. Der Wurm nutzt dazu die in WinCC fest einprogrammierten Zugangsdaten für den Microsoft SQL Server und vier verschiedene, ungepatchte Sicherheitslücken in Windows aus.[5][6]

Im September 2010 erklärte der iranische Kommunikationsminister Resa Taghipur, dass im Iran rund 30.000 Computer von Stuxnet befallen seien, darunter auch Rechner des Kernkraftwerks Buschehr.[7]

Da dieser Wurm nur unter großem Aufwand zu programmieren war, wird von Fachleuten wie Jewgeni Kasperski und anderen angenommen, dass er nicht von Privatpersonen, sondern von staatlichen Organisationen stammt.[8][9]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Siemens WinCC Portal: WinCC Basisfunktionalität
  2. a b Siemens WinCC Portal: WinCC Projektierung
  3. Human Machine Interface: An extremely attractive and growing market: Pressekonferenz, Timothy Shepherd, September 2003, Chemnitz.
  4. SIMATIC PCS7: Produktübersicht
  5. Robert McMillan: Siemens: Stuxnet worm hit industrial systems. In: Computerworld. 14. September 2010, abgerufen am 16. September 2010.
  6. Stuxnet-Wurm kann Industrieanlagen steuern. In: Heise Online. 16. September 2010, abgerufen am 16. September 2010.
  7. Iran bestätigt Cyber-Angriff durch Stuxnet. In: Heise online. 26. September 2010, abgerufen am 26. September 2010.
  8. Der „Hack des Jahrhunderts“ auf ORF vom 25. September 2010 abgerufen am 26. September 2010
  9. Trojaner „stuxnet“ – Der digitale Erstschlag ist erfolgt Frank Rieger in FAZ.NET vom 22. September 2010 abgerufen am 27. September 2010

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