Winfried G. Sebald

Winfried G. Sebald

W. G. (Winfried Georg) Sebald (* 18. Mai 1944 in Wertach, Allgäu; † 14. Dezember 2001 in Norfolk, England) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sebalds Vater Georg stammt aus dem Bayerischen Wald aus einer Glasbläserfamilie, lernte Schlosser und trat 1929 in die Reichswehr ein. Er blieb auch in der Wehrmacht Soldat und stieg auf bis zum Hauptmann. Seine Frau Rosi Egelhofer, die Mutter Sebalds, lernte er in Wertach kennen und heiratete sie dort 1936. W. G. Sebald wuchs mit einer älteren Schwester in Wertach auf, wo sein Großvater mütterlicherseits, in dessen Haus er geboren wurde, 40 Jahre lang Dorfgendarm gewesen war (er habe, so Sebald, seinen Großvater über alles geliebt). 1943 hatte Sebalds Mutter aus Bamberg vor dem Luftkrieg Zuflucht im Elternhaus gesucht. Der Vater kehrte erst 1947 aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück (Es war nicht mein Vater, der mich erzogen hat... in der Nachbarstadt fand er Arbeit, in den darauffolgenden drei Jahren kam er nur an den Wochenenden nach Hause). 1948 bis 1963 lebt Sebald in Sonthofen/Oberallgäu. Mitte der fünfziger Jahre trat sein Vater in die Bundeswehr ein, er wurde 1971 als Oberstleutnant mit sechzig Jahren pensioniert. Ab 1954 besucht W. G. Sebald das Realgymnasium „Maria Stern“ in Immenstadt, dann die Oberrealschule in Oberstdorf, und legte dort auch im Jahr 1963 das Abitur ab. Wegen eines Herzfehlers vom Wehrdienst befreit, schaffte er schon nach zwei Jahren Studium der Literaturwissenschaft 1966 in Fribourg in der französischsprachigen Schweiz den Studienabschluss mit der „Licence ès (en les) Lettres“.

Im selben Jahr emigrierte er nach England, heiratete 1967 eine Österreicherin. Im Jahr darauf reichte er 1968 erfolgreich seine Magister-Arbeit über Carl Sternheim ein (Thea Sternheim: ... das mit Eifer und Geifer zusammengetragene Elaborat eines 25-jährigen Bayern ...). Er hatte eine Kontroverse mit Karasek und Adorno), war bis 1969 Lektor an der Universität Manchester. Dazwischen wirkte er ein Jahr (ab Sommer) als Privatschullehrer am Internat Institut auf dem Rosenberg in St. Gallen. Dann lehrte er seit 1970 an der University of East Anglia in Norwich, 1973 promovierte er über Döblin. 1986 habilitierte sich Sebald an der Universität Hamburg mit „Die Beschreibung des Unglücks“. 1988 wurde er Ordinarius für Neuere Deutsche Literatur an der University of East Anglia. Dort wurde 1989 das British Centre for Literary Translation gegründet.

Sebald bezog in den 1970er Jahren mit Frau und Tochter ein viktorianisches Pfarrhaus („Rectory“, „Old Vic“ in Poringland) und trotzte der gestrüppartigen Wildnis eine weitläufige Gartenanlage ab; es entstand ein musterhaft schöner ostenglischer Blumengarten.

Seine Vornamen Winfried und Georg hasste er. Winfried war für ihn ein „richtiger Nazi-Name“, und er nannte sich selbst „Bill“ oder „Max“. Da sein Vater seine Mutter während der Vorbereitungen für den Angriff auf Polen 1939 kennenlernte, könne man ihn, so Sebald, für „ein Produkt des Faschismus“ halten. Während seiner Jugend war er empört über das Schweigen der Generation seines Vaters über die Ereignisse während des Krieges. Seine Empörung richtete sich gleichermaßen gegen das Schweigen, mit dem die deutsche Literatur und die deutsche Gesellschaft die Zerstörung der deutschen Städte durch die alliierten Bombardements übergangen hatte.

Rezeption

Neben seiner Universitätslaufbahn entstand seit Ende der 1980er Jahre sein literarisches Werk, das anfangs vor allem in Großbritannien, den USA, wo sich besonders Susan Sontag für ihn einsetzte - in beiden Ländern besitzt Sebald inzwischen Kultstatus - und Frankreich große Aufmerksamkeit fand. Dort wurde Sebald zuletzt sogar als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt. Ab Mitte der 1990er Jahre wurde auch die deutsche Literaturkritik auf ihn aufmerksam. Er hat ein schmales, höchst eigentümliches, ganz und gar originelles Oeuvre hinterlassen.

W.G. Sebald ist einer der meistdiskutierten Autoren in der Germanistik. Sein Werk spricht zentrale Themen gegenwärtiger kultureller Debatten an und verarbeitet sie in innovativer Weise, unter anderem die Frage nach der Funktion von Erinnerung und Gedächtnis, der Bedeutung visueller Diskurse – insbesondere von Fotografien – für Geschichte, Gedächtnis und Erinnerung. In seinen Werken widmet sich Sebald Außenseitern, den Ausgewanderten, die, wie er, ihr Heimatland verlassen haben und in der Fremde versuchen, sich neu zu orientieren. Besonderes Gewicht hat dabei, auch in seinen Aufsätzen über Literatur, die Auseinandersetzung mit dem deutsch-jüdischen Vermächtnis.

Bekannt durch den so genannten unverwechselbaren „Sebald-Sound“, der die Grenze zwischen Literatur und Wissenschaft verwischt, behandelt er in weit ausholender, rhythmisch schwingender Prosa kontroverse Themen, Katastrophen im Kleinen und im Großen. Er streut mitunter Schwarz-Weiß-Fotos ein und gibt seinen Werken, über denen allen eine tiefe Melancholie liegt, teilweise seltsame Gattungsnamen; sie sind schwer einzuordnen.

Nicht unumstritten sind Literaturbegriff und Argumentationsverfahren des Essayisten und Kritikers W. G. Sebald. Seine Provokationen funktionieren über Thema und Methode. Er praktiziert explizit biographische Begründungen, während in der Germanistik Debatten über Biographismus, Historisierung und Aktualisierung laufen. Am Fall der von W. G. Sebald im Jahre 1993 angestoßene Kontroverse um die moralische Integrität des Schriftstellers Alfred Andersch während des "Dritten Reiches" wird seine Position am deutlichsten. Könnte sich die Argumentation nicht gegen den Autor als Schriftsteller selbst wenden? Wenn etwa in „Austerlitz“ Sebald zwar präsent, aber nicht greifbar ist? Das wirft die Frage auf, was eine enge Kopplung von Interpretation und Biografie für die Sebald-Forschung selbst bringen könnte.

Bis zuletzt setzte sich Sebald stark für die Auslands-Germanistik in Großbritannien und für die Vermittlung deutschsprachiger Literatur im englischsprachigen Raum ein. Sebald unternahm Reisen vor allem in den Süden Europas. Er starb 2001 bei einem Autounfall in England.[1]

Sebald war eng mit Michael Hamburger befreundet, der in seiner Nachbarschaft (Middleton) lebte und dem er in seiner englischen Wallfahrt "Die Ringe des Saturn" (S. 208ff.) ein Denkmal setzte; Hamburger übertrug Sebald mehrfach ins Englische.

Werke

Literarische Werke

  • Nach der Natur. Ein Elementargedicht, 1988, ISBN 3-596-12055-1
  • Schwindel. Gefühle, 1990, ISBN 3-596-12054-3
  • Die Ausgewanderten. Vier lange Erzählungen, 1992, ISBN 3-596-12056-X
  • Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt, 1995, ISBN 3-596-13655-5
  • For years now (Gedichte in englischer Sprache), 2001
  • Austerlitz, 2001
  • Unerzählt, 33 Texte, 2003
  • Campo Santo, Prosa, Essays, hrsg. von Sven Meyer, 2003, ISBN 3-446-20356-7
  • Über das Land und das Wasser. Ausgewählte Gedichte 1964-2001, hrsg. von Sven Meyer, 2008[2]

Das „Elementargedicht Nach der Natur“ ist nicht für Leser, die sich mit einfachen Texten unterhalten lassen wollen. Sätze mit mehreren Gliedsätzen und Einschüben sind die Regel, das letzte Drittel spielt in Wertach, die ersten Teile handeln von Matthias Grünewald und dem deutschen Arzt und Naturwissenschaftler Georg Wilhelm Steller aus Windsheim, Teilnehmer der Forschungs- und Entdeckungsreise mit Bering zur Erforschung Sibiriens und der Seewege nach Nordamerika und Japan (Zweite Kamtschatka-Expedition), aber all dies nur vordergründig. Im Hintergrund stehen existenzielle Fragen der Menschheit und der Biografie des Autors.

In „Schwindel. Gefühle“ offenbart Sebald den offenen Konflikt mit seinem Vater. Er beginnt mit zwei biografischen Skizzen zu Stendhal und Kafka, auch sie mit schwierigen Vater-Sohn-Beziehungen. Er kehrt in das für mehr als 30 Jahre gemiedene Wertach zurück... Und hier das entlarvende Zitat zum Soldatenvater: Vor nichts fürchtete ich mich mehr, als wenn der Köpf, bei dem ich mir, seit der Vater wieder zu Haus war, jeden Monat einmal die Haare schneiden lassen mußte, mir mit diesem an dem Lederriemen frisch abgezogenen Messer den Nacken ausrasierte. Derart tief hat diese Furcht in mich sich eingegraben, daß mir viele Jahre später, als ich zum erstenmal eine Darstellung der Szene sah, in welcher Salome das abgeschnittene Haupt des Johannes auf einer silbernen Platte hereinträgt, sogleich der Köpf in Erinnerung gekommen ist.

Die Ausgewanderten“, vier lange Erzählungen, sind (authentische?) Lebensberichte von vier Personen, die Sebalds Lebensweg kreuzten. Etwa Paul Bereyter, sein Grundschullehrer in Sonthofen (er hieß Armin Müller). Sebalds Recherchen hatten ergeben, dass Müller Jude war und ihm während der NS-Zeit untersagt war, deutsche Kinder zu unterrichten. Das ließ den alten Groll gegen Eltern und die anderen Sonthofener wieder aufleben, die seinerzeit von den Schikanen gegen den Lehrer gewusst, es den Kindern aber verschwiegen hatten. Das Vertuschen erschien ihm als typische Reaktion der Adenauer-Zeit auf die Nazizeit - auch in seiner eigenen Familie. Aus seinem (fiktiven) Großonkel Ambros Adelwarth macht Sebald den Butler eines reichen amerikanischen Juden, der in geistiger Umnachtung stirbt, heimgesucht von Visionen von Schlächtereien im Ersten Weltkrieg. Und in Dr. Henry Selwyns (Protagonist der ersten Erzählung) Freund Johannes Naegeli ist unschwer eine Hommage an seinen Großvater Egelhofer und dessen zurückhaltendes, sanftmütiges Wesen zu erkennen. Auch zur Luisa-Lanzberg-Geschichte im letzten Teil der "Ausgewanderten" gibt es einen biografischen Prätext - es handelt sich um die unveröffentlichten Erinnerungen der Thea Frank-G.

Die Ringe des Saturn“ ist ein Reisebericht. Der Ich-Erzähler wallfahrtet durch die englische Grafschaft Suffolk und berichtet, was er sieht, mit den Augen der Melancholie: Den Arzt und Gelehrten Thomas Browne, Rembrandts Gemälde von einer anatomischen Vorlesung in Amsterdam, Roger Casement, Joseph Conrad (Fluchtpunkt für beide Belgisch-Kongo) usw. usw. Die eigenen Texte der Skizzierten rücken sie einerseits nahe, das Ich und Sebalds Sprache, beide klingen seltsam zeitlos. Zitat (Beschreibung eines Massenselbstmords): Auf jede nur denkbare Weise rotteten sie sich selber aus mit dem Schwert und dem Messer, mit dem Feuer und mit dem Strick und indem sie sich hinabstürzten von den Zinnen und von den Dächern der Häuser. Viele sollen sich sogar begraben haben bei lebendigem Leib.

For Years Now“, eine Ansammlung kurzer Gedichte, von denen jedes in ein Geheimnis blickt: It is said Napoleon was colourblind & could not tell red from green.

Luftkrieg und Literatur“ macht der Nachkriegsliteratur, vor allem der Gruppe 47, den Vorwurf, sie habe vor der Darstellung bzw. Verarbeitung des Luftkriegs moralisch wie ästhetisch versagt. Enthalten sind Auszüge von heftigen Gegenreaktionen sowie eine gnadenlose Abrechnung mit dem Schriftsteller Alfred Andersch.

Austerlitz“, das als Sebalds „Meisterwerk“ gilt, hat heftige Diskussionen ausgelöst, ob Sebald sich aus der Biografie der Susi Bechhöfer bedienen durfte, um sie literarisch zu verarbeiten, wie er es ohne ihre Erlaubnis getan hat. Darf ein Autor fiktive Namen verwenden und wirkliche Biographien nachzeichnen? Soll er auf die reale Person hinweisen (was er nicht tut)?

Campo Santo“ enthält Prosafragmente, Essays und Reden aus dem Nachlass. Es handelt sich u.a. um teils publizierte Teile eines älteren, schon 1996 aufgegebenen Projekts eines Buches über Korsika.

Unerzählt“: Sebald war ein Bewunderer des hyperrealistischen Malers und Radierers Jan Peter Tripp, über dessen Arbeiten er mehrere Essays geschrieben hat. Dieses gemeinsam geplante Buch stellt eine Art Vermächtnis einer langen Künstlerfreundschaft dar: 33 Augenpaare und 33 kurze Prosa-Miniaturen von W. G. Sebald, eine Wahlverwandtschaft im Zeichen der Schwermut. Man müsste sich schon an einen Mast ketten lassen, um vor der Sirenenkraft solcher Sätze gefeit zu sein (Bartmann). Sebalds Texte enthalten viele Querverbindungen zur eigenen Biografie.

Hinter allen diesen Werken steht die Frage nach der Echtheit. Denn Sebald vermischt in ihnen Reisebericht mit Recherche, Reflexion mit Fiktion. Überall streut er literarische Textanleihen ein, montiert Dokumente (Handschriften, Fotos usw. - echt?), bringt reale und erfundene Lebensläufe. Seine Ich-Erzähler haben unendlich viele freimütig preisgegebene Ähnlichkeiten mit dem Verfasser. Diese Irritationen und sein rätselhaftes Erzählen sind Charakteristika sebaldschen Stils. Die faszinierende Poetik der Überschneidung von Geschichte und Literatur hat Sebald in England und den USA, besonders nach seinem Unfalltod, zu einem vielbeachteten Autor werden lassen.

Literaturwissenschaftliche Werke

  • Carl Sternheim: Kritiker und Opfer der Wilhelminischen Ära, Stuttgart: Kohlhammer, 1969
  • Der Mythus der Zerstörung im Werk Döblins, Stuttgart: Ernst Klett, 1980
  • Die Beschreibung des Unglücks. Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke, 1985
  • A radical stage: theatre in Germany in the 1970s and 1980s, ed. by W.G. Sebald, Oxford: Berg 1988
  • Unheimliche Heimat. Essays zur österreichischen Literatur, 1991
  • Logis in einem Landhaus (Autorenportraits über Gottfried Keller, Johann Peter Hebel, Robert Walser u.a.), 1998
  • Luftkrieg und Literatur: Mit einem Essay zu Alfred Andersch , 1999

Übersetzungen

Dänisch

  • De udvandrede, 1995
  • Austerlitz, 2003

Englisch

  • The emigrants, 1996
  • The rings of saturn, 1998
  • Vertigo, 1999
  • Austerlitz, 2001
  • After nature, 2002
  • On the natural history of destruction, 2003
  • Unrecounted, 2004
  • Campo Santo, 2005

Estnisch

  • Väljarändajad, 2002

Finnisch

  • Vieraalla maalla : neljä kertomusta, 2004

Französisch

  • Les émigrants : quatre récits illustrés, 1999
  • Les anneaux de saturne, 1999
  • Vertiges, 2001
  • Austerlitz, 2002
  • Les anneaux de Saturne, 2003
  • Vertiges, 2003

Griechisch

  • Οι ξεριζωμένοι (Die Ausgewanderten), Verlaghaus AGRA, 2006
  • Άουστερλιτς (Austerlitz), Verlaghaus AGRA, 2006

Hebräisch

  • ham- Mehaggerîm, 2002

Italienisch

  • Gli anelli di Saturno : un pellegrinaggio in Inghilterra, 1998
  • Gli emigrati, 2000
  • Austerlitz, 2002
  • Vertigini, 2003
  • Storia naturale della distruzione, 2004
  • Il passeggiatore solitario, 2006
  • Gli emigrati, 2007

Katalanisch

  • Els emigrats, 2001
  • Austerlitz, 2003

Lettisch

  • Austerlics, 2007

Niederländisch

  • Melancholische dwaalwegen, 1992
  • De emigrés : vier geïllustreerde verhalen, 1993
  • De ringen van Saturnus : een Engelse pelgrimage, 1996
  • Austerlitz, 2003
  • De natuurlijke historie van de verwoesting, 2004

Norwegisch

  • De utvandrede : fire lange fortellinger, 2001
  • Saturns ringer : en engelsk valfart, 2002

Polnisch

  • Czuję. Zawrót głowy, 1997
  • Wyjechali, 2005
  • Austerlitz, 2007
  • Pierścienie Saturna, 2008

Schwedisch

  • Utvandrade : fyra berättelser, 2002
  • Austerlitz, 2003
  • Saturnus ringar : en engelsk vallfart, 2007

Slowenisch

  • Izseljeni, 2001

Spanisch

  • Los emigrados, 1996
  • Los anillos de Saturno : una peregrinación inglesa, 2000
  • Vértigo, 2001
  • Austerlitz, 2002
  • Sobre la historia natural de la destrucción, 2003
  • Del natural : poema rudimentario, 2004

Tschechisch

  • Vystěhovalci, 2006
  • Austerlitz, 2009

Türkisch

  • Göçmenler, 1999
  • Satürn'ün Halkaları, İngiltere'de Bir Hac Yolculuğu, 2006
  • Austerlitz, 2008

Ungarisch

  • Kivándoroltak, 2005
  • Austerlitz, 2007

Auszeichnungen

Gedenkstätten

Sebald-Weg

Zur Erinnerung hat die Gemeinde Wertach den Weg von Oberjoch bis zum Geburtshaus W. G. Sebalds von ca. 11 km als „Sebald-Weg“ bezeichnet und gestaltet. In „Il ritorno in Patria“ (Kapitel in Schwindel.Gefühle) schildert er das Wegstück: Auf sechs Stelen finden sich Textstücke, bezogen auf den jeweiligen topographischen Ort - Leser aus aller Welt suchen in der Region Spuren des Schriftstellers.

Sebald Copse

Auf dem Gelände der University of East Anglia in Norwich umgibt eine kreisförmige Sitzbank eine Blutbuche, gepflanzt 2003 von der Familie W. G. Sebalds, zur Erinnerung an den Schriftsteller. Zusammen mit weiteren Bäumen, gespendet von des Schriftstellers früheren Studenten, wird der Platz liebevoll 'Sebald Copse' genannt. Die Bank, deren Form an die Ringe des Saturn erinnert, trägt das Zitat aus Unerzählt (auf Deutsch): „Unerzählt bleibt die Geschichte der abgewandten Gesichter

Rezeption

Scott Denham

Sebald ist eben ein Deutscher geworden, den die Amerikaner lieben können. Seine Ironie ... bewahrt ihn vor dem gewöhnlichen Schicksal eines intellektuellen Deutschen im gebildeten Ausland, bei dem besserwisserische Klischees vorherrschen, und - was den Zweiten Weltkrieg betrifft - entweder das Händeringen, das Sich-schuldig-Bekennen und das Sich-aktivistisch-gegen-die-Nazis-Stellen oder aber das Moralisch-Relativierende (wie etwa im Fall des Historikers Ernst Nolte) wahrgenommen wird. Mit seiner sachten Ironie und seiner leisen Komik, die mich an Kafkas Komik erinnert, erreicht Sebald viel mehr als mit seinen Themen allein. Es ist dieses Mehr, die Kunst in seinen Büchern, die Susan Sontag und andere sofort erkannt haben. Jede Lektüre wird sie bestätigen. (Aus: Denham, in Niehaus und Öhlschläger, hrsg. (oben) [1]

Richard Eder

Sebald stands with Primo Levi as the prime Speaker of the Holocaust and, with him, the prime contradiction of Adorno's dictum that after it, there can be no art. (Richard Eder, Excavating a Life [Rezension zu 'Austerlitz'], The New York Times, 28. Oktober 2001)

Literatur

  • Elena Agazzi: La grammatica del silenzio di W.G. Sebald, Roma, Artemide, 2007 ISBN 978-88-7575-046-6
  • Marcel Atze, Franz Loquai (Hg.): Sebald. Lektüren. Eggingen. Edition Isele 2005. ISBN 3-86142-363-4
  • Heinz L. Arnold (Hg.): Text + Kritik, Heft 158, W. G. Sebald. 2003. ISBN 3-88377-728-5
  • Klaus Bonn: Homoerotik, Hasard, Hysterie unter anderem. Zur Figuration der Männlichkeit bei W.G. Sebald. In: Forum Homosexualität und Literatur 49 (2007).
  • Theo Breuer, »Einer der Besten: W. G. Sebald«, in: T.B., Kiesel & Kastanie. Von neuen Gedichten und Geschichten, Monographie zur zeitgenössischen Lyrik und Prosa nach 2000, Edition YE, Sistig/Eifel 2008. ISBN 978-3-87512-347-0.
  • Walter Busch (Hg.): Cultura tedesca, Heft 29, W.G. Sebald. Storia della distruzione e memoria letteraria. 2005. ISBN 88-430-3661-0
  • Raul Calzoni, Walter Kempowski, W.G. Sebald e i tabù della memoria collettiva tedesca, Pasian di Prato (UD), Campanotto, 2005 ISBN 88-456-0708-9
  • Scott Denham, Mark McCulloh: W. G. Sebald. De Gruyter Verlag, 2006, ISBN 3-11-018274-2.
  • Anne Fuchs: „Die Schmerzensspuren der Geschichte“ Zur Poetik der Erinnerung in W.G. Sebalds Prosa. Böhlau Verlag, 2004, ISBN 3-412-08104-3.
  • Robert M. Gillett: Terrorangriff und Terminologie. W. G. Sebald - Volker Hage - Hubert Fichte. In: Kultur & Gespenster 1 (2006).
  • Rüdiger Görner (Hg.): The Anatomist of Melancholy: Essays in Memory of W.G. Sebald. Iudicium, 2003, ISBN 3-89129-774-2.
  • Rüdiger Görner: Bogen 48. W. G. Sebald. Gespräch mit Lebenden und Toten. Carl Hanser Verlag, München 2001.
  • Franz Loquai: W. G. Sebald. Edition Isele, 1997. ISBN 3-86142-103-8
  • Gerhard Köpf (Hg.): Mitteilungen über Max : Marginalien zu W. G. Sebald. Laufen Verlag, 1998. ISBN 3-87468-142-4.
  • Michael Krüger (Hg.): Akzente. Zeitschrift für Literatur. W. G. Sebald zum Gedächtnis. Heft 1/Februar 2003.
  • Sigurd Martin, Ingo Wintermeyer (Hg.): Verschiebebahnhöfe der Erinnerung. Zum Werk W. G. Sebalds. Würzburg. Königshausen & Neumann 2007. ISBN 978-3-8260-3384-1.
  • Mark McCulloh: Understanding W.G. Sebald. Columbia, SC: Univ. of South Carolina Press 2003. ISBN 1-57003-506-7.
  • Michael Niehaus und Claudia Öhlschläger (Hg.): W. G. Sebald. Politische Archäologie und melancholische Bastelei. Erich Schmidt Verlag 2006. ISBN 3-503-07966-1.
  • Susanne Schedel: „Wer weiß, wie es vor Zeiten wirklich gewesen ist?“: Textbeziehungen als Mittel der Geschichtsdarstellung bei W.G. Sebald. 2004, ISBN 3-82602-728-0.
  • Wandernde Schatten: W. G. Sebalds Unterwelt. Herausgegeben von Ulrich von Bülow u.a. (Marbacher Kataloge Nr. 62), Marbach am Neckar (Deutsche Schillergesellschaft) 2008.

Einzelnachweise

  1. Reinhold Mann: W.G. Sebald und der Luftkrieg - eine Ausstellung in Marbach und neue Bücher zum Thema. Erzählen, Erfinden, Erinnern. In: Schwäbische Zeitung vom 25. November 2008
  2. Deutschlandradio Kultur vom 30. Januar 2009: Rezension "Prosa, die klingt wie Musik"

Weblinks


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