Wing Chun

Wing Chun

Wing Chun (chinesisch 詠春 / 咏春 yǒng chūn, kant. wing chun ‚Ode an den Frühling‘, bisweilen auch als schöner Frühling übersetzt) ist ein vermutlich im frühen neunzehnten Jahrhundert entstandener (süd-) chinesischer Kampfkunststil (im Westen oft als Kung Fu bezeichnet).

Der Name der Kampfkunst stammt aus dem Kantonesischen, deswegen gibt es keine eindeutige Romanisierung des Begriffes. Aus markenrechtlichen Gründen und um sich von anderen Schulen und Verbänden abzugrenzen (siehe weiter unten), sind zahlreiche Schreibweisen gebräuchlich, so z. B. Wing Tsun (W.T.), Wyng Tjun, Ving Tsun (V.T.), Wing Tzun, Wing Chung, Wing Shun, Wing Tsung, Wing Tsjun, Wing Tjuen, Ving Chun (VC), aber auch gänzlich andere Namen, wie z. B. Taonamics. In Pinyin, dem offiziell verwendeten Romanisierungssystem des Hochchinesischen (Mandarin), werden die Schriftzeichen als Yǒngchūn transkribiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Zur Entstehungsgeschichte des Wing Chun existieren verschiedene Überlieferungen. In wie weit diese den Tatsachen entsprechen, kann aufgrund fehlender wissenschaftlicher Belege nicht mehr überprüft werden. Entwickelt wurde es über Hunderte von Jahren und hat angeblich seine Wurzeln im berühmten Shaolin-Kloster. Dabei wird von einem südlichen Shaolin-Kloster berichtet, welches im Gegensatz zum nördlichen Shaolin-Kloster heute nicht mehr besteht.

In einer weit verbreiteten Version der Entstehungsgeschichte wird beschrieben, dass die Nonne Ng Mui (chinesisch 吴梅 Wú Méi) versuchte, ein Kampfsystem für körperlich Unterlegene zu entwickeln, das mit der kraftvollen Shaolin-Kampfkunst der Mönche konkurrieren konnte. Ihr Wissen gab sie an ein Mädchen namens Yim Wing Chun (chinesisch 嚴詠春 / 严咏春 Yán Yǒngchūn) weiter, das sich gegen einen lokal ansässigen Kämpfer zur Wehr setzen musste, der sie immer wieder bedrängte.

Die andere Version der Entstehungsgeschichte besagt, dass sich einige sehr gute Kämpfer im alten China in einem Kloster in der „Halle des immerwährenden Frühlings“ (Weng Chun Tong) trafen und dort zusammen diesen Stil entwickelten.

Unumstritten ist jedoch die Tatsache, dass sich alle Wing Chun- Stile in irgendeiner Form auf die rote Dschunke, eine Operntruppe, beziehen. So lernten viele historisch nachweisbare Personen, die in der Entwicklung des Wing Chun eine Rolle spielten wie zum Beispiel Leung Jan, von Schauspielern der roten Dschunke.

Die frühesten schriftlichen Aufzeichnungen datieren aus dem Jahr 1854 und werden durch Schriftforschungen des Foshan Museums und der Chin Woo Athletics Association of Foshan belegt.[1]

Das moderne/populäre Wing Chun, mit seinen charakteristischen sechs Formen [1] und der Chi Sao Übung der "rollenden Hände" Poon Sao, geht, allen aktuellen Erkenntnissen nach[2][3][4], auf die Studien des Lehrerkreises um Yuen Kay Shan und Yip Man zurück.

Ebenso wie das moderne Karate, ist Wing Chun, in seiner heutigen Ausprägung, somit streng genommen erst dem 20. Jahrhundert zuzuordnen.

Die in Deutschland häufig anzutreffende Altersangabe mit ca. 300 Jahren ist in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts in Hongkong entstanden und hatte eher politische Gründe, da eine chinesische Kampfkunst älter sein musste als eine japanische (hier war insbesondere das Karate gemeint).

Legende von der Shaolin-Nonne und ihrer Schülerin Yim Wing Chun

Gemäß mündlicher Überlieferung waren während der Qing-Dynastie (1644-1911) die Shaolinmönche aufgrund ihrer Kampfkunst derart berühmt, dass sich der damalige Kaiser Kangxi Sorgen um seinen Einfluss machte und beschloss, die Mönche zu töten und das (südliche) Shaolinkloster zu vernichten. Dies misslang, da die Mönche starken Widerstand leisteten. Der Beamte Chan Man Wai wollte sich einen Namen verschaffen und schmiedete einen Plan, für den er sich u. a. mit Ma Ning Yee verschwor, welcher das Kloster von innen heraus in Brand setzte. Dabei kamen die meisten Klosterbewohner ums Leben. Die buddhistische Meisterin Ng Mui, der Abt des Klosters Meister Chi Sin mit den meisten Schülern, Meister Pak Mei, Meister Fung To Tak und Meister Miu Hin konnten entkommen. Sie waren die Führer der fünf Shaolin-Stile und wurden die „Fünf Älteren“ genannt.

Die Authentizität dieser Überlieferung ist umstritten. Kangxi war eher ein Unterstützer zumindest des nördlichen Shaolinklosters, wie eine über dessen Eingang angebrachte Kalligraphie noch heute belegt.

Nach der Zerstörung des Klosters trennten sich die Überlebenden, um der Mandschu-Regierung leichter zu entkommen. Meister Chi Sim nahm eine Tarnidentität als Koch auf einer „Roten Dschunke“ an. So wurden Transportschiffe einer Operntruppe bezeichnet, die üblicherweise mit roter Farbe gestrichen und bunten Fahnen geschmückt waren. Die Nonne Ng Mui dagegen ließ sich im Weißer-Kranich-Tempel am Tai-Leung-Berg nieder, wo sie sich der Kampfkunst und dem Chan widmen konnte.

Am Marktplatz eines nahen Dorfes lernte Ng Mui ein junges Mädchen namens Yim Wing Chun und deren Vater Yim Yee kennen, welche dort Tofu verkauften. Die beiden waren aus ihrer Heimat in der Provinz Kwantung geflüchtet, da Yim Yee in eine Gerichtssache verwickelt war (man sagt, unschuldig), die ihn das Leben hätte kosten können. Als Schüler des Shaolin-Klosters hatte er einige Kampftechniken erlernt und sorgte in seiner Gegend für Gerechtigkeit. Die resultierenden Schwierigkeiten zwangen ihn, seine Heimat zu verlassen und sich am Tai-Leung-Berg niederzulassen. Der Legende nach hat die Kampfkunst dem Mädchen Yim Wing Chun seinen Namen zu verdanken.

Die heranwachsende Yim Wing Chun zog den im Ort als einen notorischen Schläger bekannten Wong derart an, dass er um ihre Hand anhielt. Doch sie war schon als kleines Kind Leung Bok Chau, einem Salzkaufmann aus Fujian, versprochen worden. Wong schickte einen Boten, setzte Yim Wing Chun eine Frist und drohte, Gewalt anzuwenden, falls sie sich ihm verweigerte. Vater und Tochter lebten von nun an in großer Sorge, da niemand im Dorf Wong, dem Kampfkünstler und Mitglied einer Geheimgesellschaft, gewachsen war.

Ng Mui erkannte als regelmäßige Kundin Yim Yees, dass die beiden von Sorgen gequält wurden. Schließlich erzählte Yim Yee von Wong. Ng Mui beschloss, Yim Wing Chun zu helfen, wollte den Bösewicht aber nicht selbst bestrafen, da sie ihre Tarnidentität nicht aufgeben wollte und ein Kampf zwischen ihr, der Meisterin aus dem Shaolin-Kloster, und einem Dorfschläger unfair und ruhmlos gewesen wäre. Deshalb brachte sie Yim Wing Chun ihre neue Kampfkunst bei. Nach nur drei Jahren Privatunterricht hatte diese das neue Kampfsystem gemeistert. Ng Mui schickte sie nach der Ausbildung im Weißer-Kranich-Tempel zurück zu ihrem Vater. Sofort wurde Yim Wing Chun wieder von Wong bedrängt, doch dieses Mal forderte sie ihn zum Kampf auf. Der Rowdy war sich seines Sieges sicher, sollte sich aber getäuscht haben, denn Yim Wing Chun schlug ihn zu Boden.

Nachdem Yim Wing Chun den Schläger besiegt hatte, setzte sie ihr Training fort. Als Ng Mui beschloss, weiterzureisen, ermahnte sie Yim Wing Chun, einen würdigen Nachfolger zu finden und nur die richtigen Schüler zu unterweisen. Diese Mahnung wurde auch von den folgenden Generationen befolgt.

Neuere Geschichte

Die meisten heute in Deutschland bekannten Varianten des Wing Chun gehen auf den Kampfkünstler Yip Man (1893–1972) zurück. Er hatte im Laufe seines Lebens in Hongkong zahlreiche Schüler (u. a. Bruce Lee). Einen direkten Nachfolger ernannte Yip Man nicht, da er sich selbst nicht als Stilerbe sehen konnte. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass ein ungenau formulierter Zeitungsartikel Leung Ting zum Oberhaupt der Yip Man Familie ernannte. Die heftigen Reaktionen älterer Yip Man Schüler wurden, obwohl Leung Ting umgehend auf die Richtigstellung dieser Falschmeldung drängte, später im allgemeinen als Nachfolger-Streit bezeichnet.

Yip Man erlernte die bis dahin kaum bekannte Kampfkunst Wing Chun von Chan Wah Shun (chinesisch 陳華順 / 陈华顺 Chén Huáshùn) in der Stadt Lin Fa Dei. Spätere Lehrer Yip Mans waren Chans Schüler Ng Jung Su (chinesisch 吳仲素 / 吴仲素 Wú Zhòngsù) und ein Sohn von Chans Lehrer mit Namen Leung Bik (chinesisch 梁壁 Liáng Bì). Die Person des Leung Bik ist jedoch umstritten. Einige Quellen geben Leung Bik als eine Erfindung des Yip Man Schülers und zeitweilig als Reporter tätigen Lee Man an.

Stilrichtungen

Die bekanntesten Wing Chun Stilrichtungen sind:

  1. Yip Man Stil
  2. Yuen Kay Shan Stil
  3. Yiu Choi/Yiu Kay Stil
  4. Pan Nam Stil

Zu den weniger bekannten Stilen sind zu zählen:

  1. Pao Fa Lien Stil
  2. Yuen Chai Wan (Nguyen Te-Cong) Stil
  3. Yip Kin Stil

Des Weiteren gibt es noch verschiedene Unter- oder Hybridstile dieser Stilrichtungen. Die umfangreichsten Dokumentation liegen derzeit zum Ip Man Stil und dem Pan Nam Stil vor.

Prinzip und Technik

Prinzipien

Die hier aufgeführten Prinzipien (Kuen Kuits) stellen eine kleine, beispielhafte Auswahl dar, wie sie in unterschiedlichen Wing-Chun-Stilen vorkommen können. Die Prinzipien variieren von Stil zu Stil mitunter sehr stark. Aus dem WingTsun beispielsweise sind folgende Prinzipien bekannt.

Die Prinzipien: Die 4 Kampfprinzipien : 1. Ist der Weg frei, stoße vor. 2. Ist der Weg versperrt, bleibe kleben. 3. Ist der Gegner zu stark, gib nach. 4. Zieht sich der Gegner zurück, folge ihm.

die 4 Kraftprinzipien 1. Mach dich frei von deiner eigenen Kraft. 2. Mach dich frei von der Kraft deines Gegners. 3. Nutze die Kraft des Gegners. 4. Füge deine eigene Kraft hinzu.

Techniken

Ein typisches Element einiger Wing-Chun-Stile ist der Kettenfauststoß. Ein geübter Wing-Chun-Kämpfer kann mehrere Schläge pro Sekunde ausführen. Im Wing Chun wird besonders auf die saubere Struktur des Schlages geachtet, um auch bei geringer Körperkraft wuchtvoll angreifen zu können. Je nach angegriffenem Körperteil und Intention des Kämpfers werden Fauststöße, Fingerstiche oder Handkantenschläge bei Schlägen eingesetzt. Effektives Wing Chun erreicht seine Stärke jedoch nur durch fließende und gesamtheitliche Durchführung des Kampfstils, womit daher einzelne Schläge oder Schlagtechniken nicht von übergeordneter Bedeutung sind.

Die Kraft des Gegners wird durch Schritttechniken, wie Wendungen, neutralisiert und gegen ihn verwendet (Gleichzeitigkeit von Angriff und Abwehr): Der Angriff ist die Verteidigung. Ein Schlag des Gegners wird so beispielsweise durch einen konternden Gegenschlag abgewehrt.

Der Stil ist weiterhin durch seine Trittarbeit charakterisiert, die nur sehr wenige Grundtritte umfasst und mit der im allgemeinen nur niedrige Ziele bis etwa zur Höhe der Hüfte angegriffen werden. Ziele dieser Tritte sind insbesondere Kniegelenk, Oberschenkelansatz und Unterleib des Gegners.

Waffen

Wing Chun war der Legende nach ursprünglich eine Kampfkunst ohne Waffen. Im späten 17. Jahrhundert erweiterten Wong Wah Bo (Schüler von Leung Bok Chow, dem Ehemann der Stilgründerin Yim Wing Chun) und Leung Yee Tai (Schüler des auf der roten Dschunke untergetauchten Shaolin- Mönchs Chi Sim) den Kung-Fu-Stil um zwei Waffenformen:

  • Langstock (Luk Dim Boon Kwun)
  • Kurzschwerter (Baat Jam Do / Dao)

Die Übungen und Formen wurden den Prinzipien des Wing Chun angepasst.

Historische Dokumente hierzu sind nicht überliefert. Wong Wah Bo wird in vielen anderen Entstehungslegenden anderer Stile (z.B. Hung Kuen) erwähnt. Seine Existenz ist weder belegt noch widerlegt. Er spielt in nahezu allen Wing Chun- Legenden eine Schlüsselrolle.

Formen

Die ersten Grundlagen des Wing Chun werden zumeist in kurzen (San Sao) oder langen Formen erlernt und geübt. Formen sind festgelegte Abfolgen von Techniken, die jeder Schüler alleine durchführt. Die Formen im Wing Chun entsprechen nicht den aus den japanischen Kampfkünsten bekannten Kata, da es sich nicht um einen imaginären Kampf gegen einen Gegner handelt. Die Formen des Wing Chun sind eher als "Notizbbuch" zur Vermittlung von Theorien und Techniken zu verstehen. Reihenfolge, Anzahl und Art der Formen ist in den verschiedenen Wing Chun Familien oftmals sehr unterschiedlich. In einigen Wing Chun Familien werden weniger als die nachstehend aufgeführten sechs bekanntesten Formen praktiziert, in anderen werden mehr oder gänzlich andere Formen unterrichtet.

Die bekanntesten Formen sind:

  1. Siu Nim Tao / Siu Lim Tao (die „Kleine Idee“): Es werden die grundlegenden Armtechniken isoliert für sich oder in einfachen Kombinationen geübt. Beintechniken (IRAS) kommen hier in Form des stabilen Standes vor. Ein wichtiger Aspekt dieser Form ist die Haltung und das Verhältnis von Spannung und Entspannung. So enthält diese Form acht Sätze.
  2. Chum Kiu / Cham Kiu („Suchende Arme“ / „eine Brücke bauen“): Basistechniken mit ersten Fußtechniken. Hier werden verschiedene Techniken in Kombinationen geübt, insbesondere das Zusammenspiel von beiden Armen, Beintechniken und Schritttechniken.
  3. Bju Tse / Biu Tze („Stoßende Finger“): Bisweilen als Notfall-Form bezeichnet, in der Techniken erlernt werden, um aus ungünstigen Kampfpositionen in aussichtsreiche zurückzugelangen.
  4. Mok Jan Chong / Muk Yan Jong („Holzpuppe“): Dient als Ersatz für einen Trainingspartner und zum intensitätsorientierten Training. Bewegungen werden hier einstudiert und Fehler beseitigt.
  5. Luk Dim Bun Guan / Luk Dim Ban Kwun („Langstock“)
  6. Pa Cham Dao / Bart Cham Dao („Doppelkurzschwerter“, „Doppelmesser“ oder „Schmetterlingsmesser“)

Chi Sao

Ein wesentlicher Bestandteil der meisten Wing Chun Stile ist das Chi Sao, welches auf die unterschiedlichsten Arten praktiziert werden kann.

Organisationsstruktur

Familiäre Struktur im Südchina der Vergangenheit

Im alten China wurde das Wing Chun in einem „familiären“ Charakter jeweils von Lehrer zu Schüler weitergegeben. Der Lehrer, der die persönliche Verantwortung für die gesamte Ausbildung der Schüler hatte, wurde als „Vater-Lehrer“ (Sifu) angesehen. Der Unterricht fand gegen Bezahlung oft im Wohnhaus des Lehrers statt, eine persönliche Bindung zwischen Lehrer und Schüler, mit bestimmten gegenseitigen Verpflichtungen, war die Regel. In Hongkong wurden die ersten öffentlichen Schulen gegründet. Seitdem nahm der Unterricht im Wing Chun stärker einen kommerziellen und „modernen“ Charakter an. In einigen Schulen wurde das familiäre System jedoch gewahrt. Lo Man Kam der Neffe Yip Mans unterrichtet noch heute seine Schüler in seinem Wohnhaus in Taipeh / Taiwan. Langjährige Schüler werden dort heute noch durch den Sifu in der traditionellen Weise durch eine Teezeremonie (Bai Si Lai) in den inneren Kreis der Wing Chun Familie aufgenommen. Diese Zeremonie unterstreicht die tiefe persönliche Bindung, die durch das lange Training zwischen Meister und Schüler entstanden ist.

Verbandsstruktur im heutigen Europa

Es gibt in Europa keinen einheitlichen Dachverband, unter dem die Wing-Chun-Praktizierenden zusammengefasst sind, sondern zahlreiche, zum Teil miteinander konkurrierende und zerstrittene Verbände, Schulen und Einzellehrer. Die meisten Verbände treten dabei nicht in der Rechtsform der Vereine auf, die sich freiwillig zu einem Verband zusammengeschlossen haben, sondern als kommerzielle Organisationen, in denen assoziierte Schulen eingegliedert sind, welche vom Verband autorisiert und zertifiziert werden. Manche der Verbände sind in einem Franchise-System organisiert.

In einigen Verbänden werden in Anlehnung an das früher übliche Familiensystem Gehorsam und Verpflichtungen gegenüber dem Lehrer (Sifu) und dessen Lehrern (Si-Gung, Si-Jo) betont, obwohl diese nur noch selten direkt an der Ausbildung ihrer Schüler beteiligt sind.

Der Konflikt um die Schreibweise

Da es für die kantonesische Sprache bislang keine einheitlichen, überall anerkannten Transkriptionsregeln zur Übertragung in die lateinische Schrift gibt, existieren zahlreiche Schreibweisen für die Kampfkunst Wing Chun, die sich aber in der Regel phonetisch sehr ähnlich sind. Dieses Problem wurde vor allem in jüngster Zeit noch dadurch verstärkt, dass Wing Chun durch zunehmende Popularität immer intensiver kommerziell verwertet wurde und einige Schreibweisen in manchen Ländern als Warenzeichen angemeldet wurden.

Die Schreibweise Ving Tsun wird international häufig als übergreifende Bezeichnung aller auf Großmeister Yip Man zurückgehenden Stile benutzt. In Europa hat sich allerdings Wing Chun als übergreifende Bezeichnung weitgehend durchgesetzt. In Deutschland werden heutzutage zahlreiche Namensvarianten verwendet, wie sie auch am Anfang des Artikels zu finden sind.

Im direkten Umfeld Yip Mans wurden die folgenden Schreibweisen geprägt:

  • Ving Tsun (VT) wurde von Yip Man selbst verwendet. Hintergrund für diese Namenswahl war vermutlich das „V“ von Victory (engl. „Sieg“). Wong Shun Leung und Moy Yat übernahmen diese Schreibweise.
  • Wing Chun wird von Yip Mans Söhnen Yip Ching und Yip Chun und den direkten Schülern Lo Man Kam und Lok Yiu verwendet. In Europa wird Wing Chun meist als übergreifende Bezeichnung benutzt.
  • Wing Tsun (WT) steht für den Stil von Leung Ting.

Graduierungen

In Südchina wie auch in der ehemaligen Kronkolonie Hongkong wurde Wing Chun traditionell ohne ein Graduierungssystem gelehrt. Der Unterricht erfolgte ohne feste Lehrpläne. Sogenannte Lehrergrade wurden erst in Hongkong eingeführt, Schülergrade in Europa. In dieser Zeit wurden auch feste Lehrpläne eingeführt. Über Sinn und Zweck der Graduierungen bestehen unterschiedliche Ansichten, sie existieren nicht in allen Verbänden und Vereinen.

Das bekannteste Graduierungssystem in Europa ist das der EWTO. Es umfasst 12 Schülergrade, 4 Techniker-, 4 Praktiker- und 4 Großmeistergrade. Der 4. Großmeistergrad stellt ein unerreichbares Ideal dar, er kann unter bestimmten Bedingungen posthum verliehen werden.

Die International Wushu Federation hat ein Graduierungssystem eingeführt, welches verbands- und länderübergreifend auch für Wing Chun gelten soll. Dieses wird von der Swiss Wushu Federation in der Schweiz eingeführt, die damit als erstes europäisches Land das System übernimmt.

Literatur

  • Robert Chu, Rene Ritchie u.a.: Complete Wing Chun: The Definitive Guide to WIng Chun's History and Traditions. Tuttle Publishing, Boston 1998, ISBN 0-8048-3141-6.
  • Marc Debus: Das Lo Man Kam Wing Chun System – Geschichte, Berichte und Techniken. Monsenstein und Vannerdat, 2005, ISBN 3-86582-177-4. Auch auf englisch unter ISBN 978-3-86582-470-7.
  • Birol Özden: VC-Ving Chun: Selbstschutz, Martial Arts, Kampfsport, Combat, Selbstverteidigung für Selbstsicherheit und Dynamic, Band 1: Lehrbuch für Einsteiger. Ving Chun Verlag, Köln 2001, ISBN 3-00-007489-9.
  • Leung Ting: Wing Tsun Kuen. Leung's Publications, Hong Kong 1978, ISBN 962-7284-01-7.
  • Alan Gibson: Wing Chun - Für Einsteiger und Fortgeschrittene. 1. Auflage. Weinmann, Berlin 2007 (übersetzt von Marcus Rosenstein), ISBN 387-8920-90-3.

Einzelnachweise

  1. http://www.wuyoutang.com/newsdisp.asp?id=59
  2. Hintelmann,Westliche Sinnfindung durch östliche Kampfkunst?,Iko-Verlag für Interkulturelle Kommunikation,2005
  3. Peterson,Look Beyond the Pointing Finger: The Combat Philosophy of Wong Shun Leung,2001
  4. Leung, Roots and Branches of Wing Tsun,2002

Weblinks

 Commons: Wing Chun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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