Wirbelsäule

Wirbelsäule
Wirbelsäule des Menschen (von links gesehen)
Farblegende:

Die Wirbelsäule (lat.: Columna vertebralis, griech. rhachis) ist in ihrer Gesamtheit das zentrale tragende Konstruktionselement der Wirbeltiere. Sie bildet nicht nur die knöcherne Mitte des Körpers, sie verbindet auch alle anderen Teile des Skelettes miteinander. Darüber hinaus umhüllt die Wirbelsäule das im Wirbelkanal liegende Rückenmark.

Inhaltsverzeichnis

Form

Betrachtet man die Wirbelsäule eines Menschen von der Seite (Sagittalebene), so fällt auf, dass die einzelnen Wirbelsäulenabschnitte unterschiedlich geformt sind. Die Halswirbelsäule weist eine Biegung nach vorne (ventral) auf (konkav), die Brustwirbelsäule wölbt sich nach hinten (konvex), die Lendenwirbelsäule wieder nach vorne und Kreuz- und Steißbein als Einheit wiederum nach hinten (dorsal). So ergibt sich der Eindruck einer doppelt S-förmigen Krümmung (Lordose, Kyphose). Diese spezielle Form der menschlichen Wirbelsäule erfüllt den Zweck, als federnder Stab vor allem dem aufrecht gehenden Menschen zu einem elastischen Gangbild zu verhelfen, indem sie Erschütterungen, die bei aufrechtem Gang naturgemäß auftreten, möglichst gering hält und besser verteilt. Auf diese Weise wird auch das empfindliche Gehirn vor größeren Erschütterungen, z. B. beim Laufen, bewahrt.

Von hinten oder vorn betrachtet bildet die Wirbelsäule eine annähernd gerade Linie.

Abschnitte

MRT der Wirbelsäule

Von Oben nach Unten wird die Wirbelsäule in fünf einzelne Abschnitte unterteilt, die sich jeweils aus einzelnen Wirbeln (lat. Vertebrae) zusammensetzen. Beim Menschen sind dies die Halswirbelsäule (Pars cervicalis) mit sieben Wirbeln, die Brustwirbelsäule (Pars thoracalis) mit zwölf Wirbeln, die Lendenwirbelsäule (Pars lumbalis) mit fünf Wirbeln, das Kreuzbein (Os sacrum) mit fünf synostotisch verschmolzenen Wirbeln und das Steißbein (Os coccygis) mit vier bis fünf verschmolzenen Wirbelrudimenten (individuell verschieden). Die menschliche Wirbelsäule besteht demnach aus insgesamt 33 bis 34 Wirbeln. Da die fünf Wirbel, die das Kreuzbein bilden, ebenso wie die Wirbelrudimente des Steißbeine miteinander verwachsen (verschmolzen) sind, spricht man auch oft davon, dass die Wirbelsäule sich aus 24 freien (präsakralen) Wirbeln (Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule) sowie dem Kreuzbein und dem Steißbein zusammensetzt.

Die prinzipielle Gliederung ist für alle Säugetiere typisch, die Zahl der Wirbel ist jedoch für jeden Abschnitt tierartlich verschieden. Schwanztragende Wirbeltiere besitzen eine unterschiedlich große Anzahl Schwanzwirbel.

Aufbau der Wirbel

Hauptartikel: Wirbel (Anatomie)

Wirbelkörper und Wirbelkanal

Auch wenn sich die einzelnen Wirbel in den verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten in ihrer äußeren Form etwas voneinander unterscheiden, so ist der allgemeine Aufbau doch in allen Abschnitten gleich.

Jeder Wirbel besteht aus einem kompakten Wirbelkörper, an den sich der knöcherne Wirbelbogen anschließt. Die einzige Ausnahme ist der erste Halswirbel (Atlas), der keinen kompakten Wirbelkörper besitzt. Die Wirbelbögen bilden ein Loch (Foramen vertebrale), die Übereinanderreihung dieser Löcher bildet den Wirbelkanal, der Teile des Nervensystems, insbesondere das Rückenmark und seine Häute umschließt. Das Rückenmark reicht vom Abgang des ersten Halsnervs bis zum so genannten Conus medullaris, der beim Erwachsenen in Höhe des ersten Lendenwirbels endet. Die Wirbelbögen zweier benachbarter Wirbel lassen als Zwischenraum auf jeder Seite das Zwischenwirbelloch frei, durch das auf jeder Etage ein Rückenmarksnerv (Spinalnerv) aus dem Wirbelkanal austritt.

Querfortsatz und Dornfortsatz

Auf jeder Seite des Wirbelbogens entspringt ein so genannter Querfortsatz, welcher im Brustbereich eine Gelenkfläche besitzt, an die die Rippen ansetzen. Auf der Rückseite befindet sich der Dornfortsatz. Diese knöchernen Vorsprünge dienen Bändern und Muskeln als Ansatzstellen. Um einen stabilen Kontakt jedes einzelnen Wirbels zu seinen Nachbarwirbeln herzustellen, sind sie miteinander über die kleinen Wirbelgelenke verbunden. Auch diese Wirbelgelenke haben ihren Ursprung an den Wirbelbögen.

Die Wirbelkörper nehmen über die rein stabilisierende Wirkung hinaus noch eine weitere wichtige Aufgabe wahr. Wie viele andere größere Knochen bilden sie in dem in ihrem Inneren gelegenen Knochenmark die Zellen des Blutes.

Wirbelgelenke

Mit Ausnahme des ersten und zweiten Halswirbels und der miteinander verschmolzenen Kreuz- und Steißbeinwirbel sind zwei benachbarte Wirbel bei Säugetieren immer durch eine Bandscheibe (Discus intervertebralis) miteinander verbunden. Diese liegt jeweils zwischen den beiden Wirbelkörpern und besteht aus Faserknorpel mit einem relativ festen äußeren Ring aus Bindegewebe und einem weichen inneren Kern. Aufgaben der Bandscheiben sind das Abdämpfen von Stößen und Erschütterungen und die bewegliche Verbindung der einzelnen Wirbel miteinander. Die Bandscheiben bilden unechte Gelenke in Form von Symphysen.

Außer den Bandscheiben gibt es noch echte Gelenke zwischen den einzelnen Wirbeln, die Wirbelbogengelenke. Es handelt sich um so genannte ebene Gelenke oder Facettengelenke, die auf den beiden unteren (bei Tieren hinteren) und den beiden oberen (vorderen) Gelenkfortsätzen aufeinanderfolgender Wirbel liegen. Die Wirbelbogengelenke bestimmen die Bewegungsrichtung, während Bandscheiben und Wirbelsäulenbänder den Bewegungsumfang begrenzen.

Bewegungssegment

Die kleinste funktionelle Einheit der Wirbelsäule wird auch als Junghanssches Bewegungssegment oder Functional Spinal Unit (FSU) bezeichnet. Es besteht aus zwei Wirbelkörpern, der dazwischen liegenden Bandscheibe, den dazugehörenden Wirbelbogengelenken sowie den umliegenden Bändern, Muskeln und Nerven.

Bänder

Bänder erstrecken sich über die gesamte Länge der Wirbelsäule und stabilisieren sie:

  • Das vordere Längsband (Ligamentum longitudinale anterius) zieht über die Vorderseiten der Wirbelkörper. Es stellt eine stabilisierende Grenze der Wirbelsäule in Richtung Hals, Brust-, Bauch- und Beckenraum dar.
  • Das hintere Längsband (Ligamentum longitudinale posterius) verläuft über alle hinteren Flächen der Wirbelkörper. Es kleidet den Wirbelkanal in seinem vorderen Bereich aus.
  • Den Raum zwischen den einzelnen Wirbelbögen nehmen die gelben Bänder (Ligamenta flava) ein.
  • Die Zwischenquerfortsatzbänder (Ligamenta intertransversaria) bilden ein System von kräftigen Bändern, das die Querfortsätze der einzelnen Wirbel miteinander verbindet.
  • Die Zwischendornfortsatzbänder (Ligamenta interspinalia) bilden ein weiteres Bandsystem. Sie ziehen von Dornfortsatz zu Dornfortsatz und verbinden die Rückseiten der einzelnen Wirbel miteinander.
  • Ein über alle Dornfortsätze ziehendes Band, das Überdornfortsatzband (Ligamentum supraspinale), stellt das am weitesten hinten gelegene stabilisierende Band der Wirbelsäule dar.

Diese sechs Bänder bzw. Bandsysteme sind für die Stabilität der Wirbelsäule von großer Bedeutung. Unterstützt werden sie von den zahlreichen Rückenmuskeln. Bänder geben der Wirbelsäule Halt und Beweglichkeit. Die stabilisierenden und elastischen Strukturen der Wirbelsäule ermöglichen zahlreiche Bewegungen.

Bewegungen

Erkrankungen

Frakturen der Wirbelsäule können u.a. zur Kyphose führen. Wird dabei das Rückenmark geschädigt, führt das zur Querschnittlähmung.

Die häufigsten Erkrankungen sind: Degenerative Veränderungen der Funktionsgruppe aus Bandscheibe (→ Bandscheibenvorfall) und den beiden angrenzenden Wirbeln (Osteochondrosis intervertebralis), Instabilitäten bis zum Wirbelgleiten (Spondylolisthesis), dem rheumatischen Formenkreis zugehörige entzündliche Erkrankungen (etwa Morbus Bechterew) sowie Deformationen wie die Skoliose. Die häufigste Wachstumsstörung der Wirbelsäule ist die Scheuermann-Krankheit.

Chordome sind Geschwülste an der Wirbelsäule. Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten können sich auch an der Wirbelsäule manifestieren.

Das Cervicobrachialsyndrom ist ein Schmerzzustand, der von der Halswirbelsäule ausgeht und in den Arm einstrahlt.

Literatur

Weblinks

 Commons: Wirbelsäule – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Wirbelsäule – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Referenzen


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wirbelsäule — Wirbelsäule …   Deutsch Wörterbuch

  • Wirbelsäule — (Rückgrat, Columna vertebralis, auch Spina dorsalis), die beim Menschen senkrecht stehende, leicht S förmig gekrümmte, bei den übrigen Wirbeltieren mehr oder weniger geneigte oder horizontale Knochensäule, die den Schädel trägt. Sie dient dem… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wirbelsäule — Wirbelsäule, Rückgrat (Spina dorsi), beim Menschen senkrecht gelagerte, leicht S förmig gebogene Knochensäule, welche die Grundlage des Rumpfes bildet, den Kopf trägt, sich auf das Becken stützt und aus 24 Wirbeln (Vertebrae, 7 Hals , 12 Brust ,… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Wirbelsäule — od. Rückgrath, heißt im menschlichen Körper die schlangenförmig gebogene knöcherne Säule, die aus 26 unpaarigen Knochen (Wirbeln) gebildet wird und die knöcherne Grundlage des Rumpfes bildet. Nach den Körpertheilen, zu denen die Wirbel gehören,… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Wirbelsäule — Wirbelsäule, dorsal des Darms liegende, aus segmental angeordneten ⇒ Wirbeln aufgebaute Längsachse des Innenskeletts der Wirbeltiere; stellt das höchste Entwicklungsstadium des ⇒ Achsenskeletts dar. Die W. entwickelt sich aus der Chorda dorsalis… …   Deutsch wörterbuch der biologie

  • Wirbelsäule — Rücken; Rückgrat * * * Wir|bel|säu|le [ vɪrbl̩zɔy̮lə], die; , n: aus miteinander verbundenen Wirbeln (2) und dazwischenliegenden Bandscheiben gebildete Achse des Skeletts bei Menschen und höher entwickelten Tieren: dieser Stuhl unterstützt die… …   Universal-Lexikon

  • Wirbelsäule — die Wirbelsäule, n (Mittelstufe) miteinander verbundene Knochen auf der Rückseite des Körpers, Rückgrat Beispiele: Beim Sprung ins Wasser hat er sich die Wirbelsäule gebrochen. Sie hat eine Verbiegung der Wirbelsäule …   Extremes Deutsch

  • Wirbelsäule — Rückgrat. * * * Wirbelsäule,die:⇨Rückgrat(1) WirbelsäuleRückgrat …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Wirbelsäule — stuburas statusas T sritis Kūno kultūra ir sportas apibrėžtis Kaulinė kūno ašis, susidedanti iš 33–34 dalmenų – slankstelių, kuriuos į tamprų stiebą jungia sąnariai ir raiščiai. Suaugusio žmogaus stuburo ilgis apie 70–75 cm (45% kūno ilgio).… …   Sporto terminų žodynas

  • Wirbelsäule und Rückenmuskulatur —   Die Wirbelsäule ist die Stütze des Rumpfs. Sie besteht aus 24 Wirbeln, dem Kreuzbein und dem Steißbein, die sich aus verwachsenen Wirbeln zusammensetzen. Zwischen den Wirbelkörpern liegen die Bandscheiben, Scheiben aus Bindegewebe mit einem… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”