Wirtschaftswachstum

Wirtschaftswachstum
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Unter Wirtschaftswachstum wird die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Summe der Preise der in einer Volkswirtschaft produzierten ökonomischen Güter (Waren und Dienstleistungen), von einer Periode zur nächsten verstanden.

Inhaltsverzeichnis

Begriffe

Grundsätzlich wird zwischen nominalem und realem BIP-Wachstum unterschieden. Die beiden Methoden unterscheiden sich in der Bewertung der Wertschöpfung: Beim nominalen Wachstum wird die Wertschöpfung über die Marktpreise bewertet, so dass eventuelle Änderungen der Marktpreise durch Inflation und Deflation zu einem Anstieg bzw. Rückgang des Wachstums führen. Das reale Wachstum wird hingegen um die Preissteigerungen im Rahmen von Inflation/Deflation bereinigt – gemessen wird nach diesem Konzept also die eigentliche reale Leistungsentwicklung der Gesamtwirtschaft.

reales Wachstum der Welt und der OECD-Staaten nach Weltbank-Daten und OECD-Daten.

Bei extensivem Wachstum geht es um die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts, ohne zu betrachten, ob sich auch die Güterversorgung pro Kopf der Bevölkerung vergrößert hat.

Intensives Wirtschaftswachstum liegt nur vor, wenn das Pro-Kopf-Einkommen steigt. Das bedeutet, dass das Wachstum durch eine höhere Arbeitsproduktivität erlangt wird. Die Wachstumsrate des BIP übersteigt also die Wachstumsrate der Bevölkerung.[1]

Bei der Abgrenzung zwischen absolutem und relativem Wirtschaftswachstum wird das Wirtschaftswachstum in der Regel als prozentuale, also relative Veränderung zum Vorjahr angegeben. Damit wird das Wirtschaftswachstum als Exponentielles Wachstum verstanden. Mitte der Fünfziger Jahre betrug in Deutschland das bereinigte Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ca. 5000 Euro, bei (relativen) Wachstumsraten um die 10 %. Dies entspricht einem absoluten Wachstum von durchschnittlich ca. 500 Euro pro Person. Anfang der Neunziger Jahre lag das BIP pro Kopf bei ca. 25.000 Euro, bei einem relativen Wachstum von 2 %, was einem absoluten Wachstum von wiederum 500 Euro pro Kopf entspricht - demselben absoluten Wert wie in den Fünfzigern.

Unter qualitativem Wachstum versteht man die Erhöhung des Sozialprodukts, die gleichzeitig mit der Mehrung des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes entsteht. Man nennt dieses Wirtschaftswachstum auch umweltfreundlich, weil es versucht das Wachstum nicht durch Belastung der Umwelt zu erreichen.[2] Mit der verstärkten Nutzung erneuerbaren Ressourcen soll eine Wohlstandsverteilung mit geringerer Belastung der Umwelt und geringerem Verbrauch begrenzter Rohstoffe ermöglicht werden. Solch ein qualitatives Wirtschaftswachstum folgt damit dem Prinzip der Nachhaltigkeit.[3]

Quantitatives Wachstum ist die Erhöhung des Sozialprodukts ohne Rücksichtnahme auf die soziale und natürliche Umwelt.[2] Es erfolgt nur auf Grund einer erhöhten Nachfrage und nur aus diesem Grund regt es auch die Beschäftigung an.[2]

Wachstumstheorie

Die Wachstumstheorie ist der Zweig der Volkswirtschaftslehre, der sich mit der Erklärung der Ursachen von Wirtschaftswachstum befasst. Sie hat verschiedene Modelle hervorgebracht, anhand derer die Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens analysiert und erklärt wird.

Die bekanntesten sind:

Im Solow-Modell wird das BIP mit Hilfe der drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Technologie erzeugt. Zur Erklärung von Wirtschaftswachstum werden die Beiträge der Faktoren zum Gesamtwachstum untersucht [4].

Arbeit

Beschäftigungsvermehrung bedeutet mehr Arbeiter, die bereit sind, die wirtschaftlichen Güter und Dienstleistungen zu produzieren. Beschäftigungsvermehrung läuft jedoch in sehr engen Grenzen bzw. zunehmend langsamer ab. In vielen ärmeren Ländern in Afrika wächst die Bevölkerung jedes Jahr um 3 %. Eine so schnelle Bevölkerungsvermehrung bewirkt, dass es enorm schwer ist, dafür zu sorgen, dass alle Beschäftigten über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen um eine hohe, erforderliche Produktivität zu erreichen. Viele Länder in der Welt versuchen die Bevölkerungsvermehrung mit Gesetzen zu begrenzen und auf diese Weise ihre Lebensqualität zu sichern. In China beispielsweise darf ein Paar nur ein Kind haben und Familien, die gegen dieses Gesetz verstoßen, zahlen hohe Bußgelder.[5]

Kapital

Die gesellschaftliche Lebensqualität hängt von der Fähigkeit ab, die hierfür erforderlichen Güter und Dienstleistungen herzustellen. Die Länder, die in den Jahren 1960-1965 ein durchschnittlich höheres Niveau bei der Produktivität erreicht haben, hatten im Jahr 1990 auch das größte Pro-Kopf-Einkommen.[6] Anders formuliert waren die reichen Länder produktiver als die ärmeren, weil sie mehr Kapital je Beschäftigten hatten und diese zudem besser ausgebildet waren. Diesen Zusammenhang hat Robert Solow in seinem Wachstumsmodell erklärt.

Technologie

Der Wachstumsbeitrag, der nicht auf einer Zunahme des Einsatzes der Faktoren Arbeit und Kapital beruht, sondern auf technologische Innovationen, wird als Technischer Fortschritt bezeichnet. Hierbei kann es sich zum Beispiel um neue Produkte, verbesserte Produktionsverfahren, Erschließung neuer Rohstoff-Ressourcen oder neue Organisationsstrukturen handeln.
Die fünf reichsten Länder (USA, Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien) geben für Forschung und Entwicklung zwischen 2 % und 3 % ihres BIP aus. Auf die Weise erhöhen sie ihre Chance, neue, bessere Produkte zu entwickeln und dadurch ihren Gewinn zu steigern. Die Verwendung der neuen, hoch technologisch entwickelten Produkte erhöht wiederum die Produktivität der Beschäftigten.[7]

Wirtschaftswachstum in Zahlen

EU-27 2009/Prognose 2010
In Prozent zum Vorjahr
Land
Euro-16
2009
2010
Zypern RepublikRepublik Zypern Zypern -1,7 -0,4
GriechenlandGriechenland Griechenland −2,3 -3,0
MaltaMalta Malta −2,1 1,1
PolenPolen Polen   1,7 2,7
BulgarienBulgarien Bulgarien   −4,9 0,0
SlowakeiSlowakei Slowakei −4,7 2,7
TschechienTschechien Tschechien   −4,1 1,6
FrankreichFrankreich Frankreich –2,6 1,3
LuxemburgLuxemburg Luxemburg –3,7 2,0
SpanienSpanien Spanien –3,7 −0,4
DanemarkDänemark Dänemark   −4,7 1,6
SlowenienSlowenien Slowenien –8,1 1,1
BelgienBelgien Belgien –2,8 1,3
NiederlandeNiederlande Niederlande –3,9 1,3
PortugalPortugal Portugal –2,6 0,5
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich   −5,0 1,2
OsterreichÖsterreich Österreich –3,9 1,3
Europa (EU-27)   –4,2 1,0
Eurozone Eurozone (Euro-16) –4,1 0,9
RumänienRumänien Rumänien   –7,1 0,8
SchwedenSchweden Schweden   –5,1 1,8
ItalienItalien Italien –5,0 0,8
FinnlandFinnland Finnland –8,0 1,4
DeutschlandDeutschland Deutschland –4,7 1,2
UngarnUngarn Ungarn   −6,7 0,0
IrlandIrland Irland –7,6 −0,9
EstlandEstland Estland   −13,9 0,9
LitauenLitauen Litauen   −14,7 −0,6
LettlandLettland Lettland   −18,0 −3,5
Quelle: Eurostat, Oktober 2010[8]
Ende August 2009 gab die OECD das Minus des Wirtschaftswachstums für die G-7 mit 3,7 % (statt 4,1 % im Juli), für die Eurozone mit 3,9 % (statt 4,8 % – die EZB gab gleichzeitig 4,1 % statt zuletzt 4,6 %[9]), für die USA unverändert 2,8 %.[10]
Ländervergleich 2000/1970 I
Ländervergleich 2000/1970 II

Wirtschaftswachstum als Ziel der Wirtschaftspolitik

Wirtschaftliches Wachstum ist in vielen Volkswirtschaften eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. In Deutschland ist ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum neben einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht, niedriger Arbeitslosigkeit und niedriger Inflation als Eckpunkt des „magischen Vierecks“ im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 als Ziel der Wirtschaftspolitik verankert. „Stetiges“ Wirtschaftswachstum bedeutet, dass die kurzfristigen Konjunkturschwankungen um den langfristigen Wachstumspfad so weit wie möglich vermieden werden sollen. Rezessionen sollen durch staatliche Intervention abgeschwächt und Boomphasen durch Haushaltskonsolidierung eingeschränkt werden. Diese sogenannte antizyklische Wirtschaftspolitik wurde durch den Keynesianismus geprägt.

Bedeutung von Wirtschaftswachstum

Wirtschaftswachstum und Beschäftigungssicherung

Ein Wirtschaftswachstum wird von den meisten Ökonomen als notwendig angesehen, um eine Erhöhung der Arbeitslosenquote zu vermeiden oder diese zu verringern. Dies wird vor allem im Zusammenhang mit der sogenannten Beschäftigungsschwelle diskutiert. Diese versucht anzugeben, ab welchem Wirtschaftswachstum neue Stellen entstehen. Ursache für die Beschäftigungsschwelle sind Rationalisierungen, durch die Arbeitskräfte freigesetzt werden. Um diesen Abbau auszugleichen muss (bei gleich bleibendem Arbeitsangebot) die Wirtschaft wachsen. Diese Annahmen beruhen auf dem Okunschen Gesetz. Arthur Melvin Okun untersuchte empirisch den Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit. Über die Phillips-Kurve können diese Werte unter bestimmten Voraussetzungen mit der Inflation verbunden werden. Die Beschäftigungsschwelle lag in Deutschland längere Zeit bei einem Wirtschaftswachstum von etwa 2 %. In den letzten Jahren sank sie auf 1 % im Jahre 2005. Das liegt immer noch über dem Durchschnitt der EU mit einem Produktivitätswachstum von 0,5 % im Jahr 2005. Durch die sogenannten Hartz-Reformen wird von den meisten Ökonomen ein Absinken der Beschäftigungsschwelle erwartet. Als Grund dafür wird angenommen, dass durch die Reform auch entstehende unattraktivere Stellen angenommen werden.

Wirtschaftliche Erholungsphasen führten zu einem in den 1990er Jahren als jobless recovery oder jobless growth genannten Effekt: Erholung und Wachstum ohne Schaffung neuer Arbeitsplätze. Erklärungsversuche beziehen Faktoren ein wie Automatisierung, Steigerung der Produktivität der Arbeitnehmer und Verlängerungen der tatsächlichen Arbeitszeiten. Bei der Interpretation der Verringerung von Arbeitslosenzahlen in wachsenden Wirtschaften müssen die Definitionen von Arbeitslosigkeit und Veränderungen der Methoden, Menschen in Arbeit zu bringen, berücksichtigt werden.

Wirtschaftswachstum und Lebensqualität

Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf gilt als Indikator für den Wohlstand der Bevölkerung eines Landes.[11] Die Rangkorrelation zwischen BIP und dem Human Development Index (HDI), der zusätzlich zum Einkommen Indikatoren der Lebenserwartung und der Bildung erfasst, ist sehr hoch. Zwischen den im HDI festgehaltenen Indikatoren der Lebenserwartung und der Bildung besteht jeweils eine Korrelation um 0,8 mit der realen Kaufkraft je Einwohner.

Dass sich das Wirtschaftswachstum und seine Messung im Bruttoinlandsprodukt tatsächlich eignet, den Lebensstandard oder gar die Lebensqualität der Bevölkerung eines Landes abzubilden, wird jedoch vielfach bezweifelt. Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung zeigte, dass das Wirtschaftswachstum (ebenso wie das BIP) sich nicht als Wohlfahrtsindikator eignet, denn es misst weder die Einkommensverteilung in einem Land (wenn wenige Reiche reicher würden und viele Armen arm blieben, könnte dennoch die Wirtschaft ein Wachstum verzeichnen) noch die Gewichtung des privaten Verbrauchs, die Hausarbeit, ehrenamtliche Tätigkeiten, noch die Zugangsmöglichkeiten und Qualität des Gesundheits- und des Bildungswesens, die Kriminalitätsrate, Suchterkrankungen, Umweltbelastungen und deren mögliche Folgekosten.[12]

Umfragen zeigen, dass ab einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von etwa 20.000 US-Dollar weiteres Wirtschaftswachstum seinen positiven Effekt auf das Glücksempfinden von Nationen verliert. Unter diesem Wert lässt sich noch eine relativ starke Korrelation zwischen der Zufriedenheit der Bevölkerung verschiedener Länder und ihrem durchschnittlichen Einkommen feststellen.[13] Tibor Scitovsky verband im Jahr 1976 die Entwicklung eines steigenden Konsums ohne eine entsprechend zunehmende Zufriedenheit der Menschen in Wohlstandsgesellschaften mit dem Begriff joyless economy (freudlose Wirtschaft). So zeigten auch die Ergebnisse der Studie Happy Planet Index von 2009, welche unter anderem die subjektive Lebenszufriedenheit in 143 Ländern abfragte, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum eines Landes und der von der Bevölkerung empfundenen Lebensqualität zu geben scheint.[14]

Wolfers und Stevenson veröffentlichten 2008 eine Arbeit, in der sie das Easterlin-Paradox hinterfragen. Sie analysierten alle Daten zu Glück und Einkommen in Vergleichen zwischen reich und arm innerhalb einer Gesellschaft, in Vergleichen zwischen armen und reichen Ländern und in intertemporalen Vergleichen. Dabei zeigte sich, dass der Zusammenhang zwischen subjektivem Glück und Einkommen für intranationale, internationale und intertemporale Vergleiche sehr ähnlich ist. Diese Ergebnisse widersprechen denen Easterlins, dessen Paradox auf der Annahme beruht, intranationale Vergleiche würden stärkere Glücksunterschiede bedeuten als internationale bzw. relatives Einkommen sei wichtiger für Zufriedenheit als absolutes Einkommen. In Ländern wie Japan oder Europa wuchs die subjektive Zufriedenheit zusammen mit dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen. Auch war der Zuwachs von Glück größer, wenn das Einkommenswachstum größer war.[15]

Wirtschaftswachstum als Wunschvorstellung

Niklas Luhmann sieht im Wirtschaftswachstum eine Wunschvorstellung, die die „unsichtbare Hand“ bereits im 18. Jahrhundert als Fortschrittsgarantie zur „Invisibilisierung“ des Knappheitsparadoxons ersetzte. Nach Luhmann wird Mengenwachstum „durch die Art der Allokation produziert“. Die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums als Bedingung gesellschaftlicher Stabilität betrachtet Luhmann als eine Suggestion an Politiker und die Öffentlichkeit. Die Suggestion funktioniere, da hier mit „zeitlicher Asymmetrie“ spekuliert werde. Das ist eine Anspielung Luhmans auf die Nutzung von Ressourcen in der Gegenwart, für die kommende Generationen erst in der Zukunft zahlen müssen. Wenn das nicht mehr möglich sei, dann müsse man sich mit den externen Kosten und ökologischen Folgen auseinandersetzen. Wirtschaftswachstum, das absehbar nur kurzfristig stattfinde und die Lebensressourcen der nachfolgenden Generationen übermäßig verknappe, könne die gesellschaftliche Stabilität durchaus beeinträchtigen. Dies könne bereits in der Gegenwart zu größeren Generationenkonflikten führen, in der Zukunft könne es die Gesellschaft vor existentielle Probleme stellen.[16]

Moralische Wirkungen des Wirtschaftswachstums

Benjamin M. Friedman betont die weitreichende Bedeutung des Wirtschaftswachstums. Er argumentiert, dass Wirtschaftswachstum insbesondere in Entwicklungsländern neben der Anhebung des Lebensstandards politische und soziale Reformen fördert, wirtschaftliche Mobilität, Fairness und Toleranz ermöglicht, und die Substanz der Demokratie bildet. Beispielsweise seien in den USA in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder Schrumpfung (1880er, 1890er, 1920er Jahre und nach der Ölkrise) vermehrt negative Einstellungen bezüglich Immigration sowie verstärkte rassistische und religiöse Vorurteile aufgetreten, während die Großzügigkeit gegenüber den Armen und die Stärke der Demokratie in diesen Zeiten abgenommen hätten. Friedman hält es für unzutreffend, zwischen moralischem und materiellem Fortschritt einen Zielkonflikt zu sehen.[17]

Grenzen des Wachstums

Seit dem Bericht von Dennis Meadows über die Grenzen des Wachstums wird u.a. vom Club of Rome diskutiert, ob ein unbegrenztes Wirtschaftswachstum möglich ist.

Im Wesentlichen gibt es hier zwei Positionen. Die eine Position - vertreten unter anderem von Herman Daly - behauptet prinzipielle Grenzen des Wachstums, da die physikalischen Grenzen des Verbrauchs von nicht-erneuerbaren Ressourcen (Rohstoffe und Energiequellen) auch für die Wirtschaft gelten, was langfristig eine Verringerung des Wachstums oder sogar Wachstumsrücknahme zur Folge haben müsse.[18]

Die andere Position glaubt, dass es für Wachstum neue Möglichkeiten geben werde. Eine Vertreterin letzterer Position ist beispielsweise die Ökonomin Diane Coyle[19]. Als Möglichkeiten zur Überwindung der Grenzen des Wachstums werden zum Beispiel gesehen:

  • Immaterielles Wachstum durch eine Verlagerung des Wachstums vom industriellen Sektor in den Dienstleistungs- und Informationsbereich.
  • Qualitatives Wachstum, das aber nicht einheitlich definiert und schwer exakt quantifizierbar/messbar ist. Zum einen ist damit ein nachhaltiger Verbrauch von Ressourcen gemeint. Erschöpfliche Rohstoffe und Energieträger wie Erdöl müssten ersetzt werden durch unerschöpfliche wie Sonnenenergie[20]. Aber auch durch umweltorientierten technischen Fortschritt, z. B. durch Recycling, Miniaturisierung oder innovative neue Produkte, könne es „zu einer Entkopplung von Wachstum und der Nutzung natürlichen Kapitals bzw. der Natur als Senke kommen“ [21].

Julian L. Simon war ein wichtiger Vertreter der optimistischen Sicht. Der Verbrauch von nicht-erneuerbaren Ressourcen stelle keine ernsthafte Gefahr für das Wirtschaftswachstum dar, da die menschliche Kreativität (die ultimative Ressource) bei ausreichender Knappheit für Substitute sorgen würde.

Am 17. Januar 2011 nahm die Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft des Bundestages die Arbeit auf. Diese soll bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013 Vorschläge für eine neue Messgröße für Wohlstand und Lebensqualität erarbeiten.

Literatur

  • Douglas E. Booth: Hooked on Growth. 2004, ISBN 0-7425-2718-2.
  • Herman E. Daly: Beyond Growth - The Economics of Sustainable Development. 1997, ISBN 0-8070-4709-0.
  • Elhanan Helpman: The Mystery of Economic Growth. 2004, ISBN 0-674-01572-X.
  • Mats Larsson: The Limits of Business Development and Economic Growth. 2005, ISBN 978-1-4039-4239-5.
  • Mancur Olson: Aufstieg und Niedergang von Nationen: ökonomisches Wachstum, Stagflation und soziale Starrheit. (engl. Originaltitel: The Rise and Decline of Nations. 1982). Mohr, Tübingen 1985, ISBN 3-16-944810-2.
  • Barro, Robert J. 1997. Determinants of Economic Growth: A Cross-Country Empirical Study. MIT Press: Cambridge, MA.
  • Robert J. Barro and Xavier Sala-i-Martin: Economic Growth, 2. Auflage. 2003.
  • Erber, Georg, and Harald Hagemann, Growth, Structural Change, and Employment, in: Frontiers of Economics, Ed. Klaus F. Zimmermann, Springer-Verlag, Berlin – Heidelberg – New York, 2002, 269–310.
  • Foley, Duncan K. 1999. Growth and Distribution. Harvard University Press: Cambridge, MA.
  • Galor, Oded. 2005. From Stagnation to Growth: Unified Growth Theory. Handbook of Economic Growth, Elsevier.
  • Garrison, Roger. 1998 Time and Money
  • Hamilton, Clive 2002. Growth Fetish.
  • Jones, Charles I. 2002. Introduction to Economic Growth. 2nd ed. W. W. Norton & Company: New York, N.Y.
  • Kirzner, Israel. 1973. Competition and Entrepreneurship
  • Lucas, Robert E., Jr., "The Industrial Revolution: Past and Future," Federal Reserve Bank of Minneapolis, Annual Report (2003) online edition
  • Mises, Ludwig E. 1949 Human Action 1998 reprint by the Mises Institute
  • Schumpeter, Joseph A. 1912. The Theory of Economic Development 1982 reprint, Transaction Publishers
  • Schumpeter, Joseph A. 1942. Capitalism, Socialism, and Democracy Harper Perennial
  • Weil, David N. 2008. Economic Growth. 2nd ed. Addison Wesley.
  • Weber, Lars 2010: Demographic Change and Economic Growth - Simulation on Growth Models Physica. ISBN 978-3790825893

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Frenkel, Hans-Rimbert-Hemmer: Grundlagen der Wachstumstheorie. 1. Auflage, Vahlen-Verlag, München 1993, ISBN 3-8006-2396-X
  2. a b c Horst Seidel, Rudolf Temmen: Grundlagen der Volkswirtschaftslehre. 26. Auflage, Bildungsverlag EINS, 2008, ISBN 978-3-441-00194-2, S. 383
  3. Kay Bourcarde, Christian Tripp: Ausweg qualitatives Wachstum? In: Zeitschrift für Wachstumsstudien. Ausgabe 2, 2006, ISSN 1863-947X, S. 25–27 (PDF; 0,16 MB)
  4. http://www.inwent.org/E+Z/zeitschr/ez502-10.htm
  5. Gregory Mankiw: Principles of Macroeconomics. South Western Educ Pub, 2007, ISBN 0-324-37653-7, Kapitel 12
  6. Elahanan Helpman: The Mysthery of Economic Growth. Belknap Press, 2004, ISBN 0-674-01572-X, S. 24
  7. Blanchard, Illing: Makroökonomie - Handbuch für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler. 3. Auflage, Pearson Studium; 2004, ISBN 3-8273-7051-5, Kapitel 12
  8. http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/graph.do?tab=graph&plugin=1&pcode=tsieb020&language=de&toolbox=data Eurostat (Zugriff: 15. Oktober 2010)
  9. EZB hebt Prognose an und teilt mehr Geld zu. In: Salzburger Nachrichten. 4. September 2009, Börsen/Anzeigen, S. 13.
  10. OECD verbreitet Zuversicht. In: Salzburger Nachrichten. 4. September 2009, Börsen/Anzeigen, S. 13.
  11. Wolfgang Cezanne: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2005, ISBN 3-486-57770-0, S. 497f
  12. Hans Diefenbacher, Roland Zieschank: Wohlfahrtsmessung in Deutschland: Ein Vorschlag für einen neuen Wohlfahrtsindex. Heidelberg/Berlin 2008
  13. Richard Layard: Die glückliche Gesellschaft. Kurswechsel für Politik und Wirtschaft. Campus-Verlag, Frankfurt/New York 2005, ISBN 3-593-37663-6, S. 43 ff.
  14. Ergebnisse der Studie auf www.happyplanetindex.org
  15. Stevenson, B. & Wolfers, J. (2008): Economic Growth and Subjective Well-Being: Reassessing the Easterlin Paradox. Brookings Papers on Economic Activity, Spring 2008.
  16. Niklas Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 978-3-518-28752-1, Kapitel 3.IV (Wachstum, S.99ff), 5.V (Lebensressourcen, S.169) und 6 (Knappheit, S.177ff)
  17. Interview mit Friedman zu The Moral Consequences of Economic Growth, 27. Oktober 2005.
  18. Fred Luks: Bis zum bösen Ende?, Die Zeit 01/99
  19. Diane Coyle: The Weightless World: Thriving in the Digital Age, 1997
  20. Helge Majer: Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung. Oldenbourg 1998, ISBN 3-486-24557-0
  21. Michael von Hauff: Von der Sozialen zur Nachhaltigen Marktwirtschaft. In: Michael von Hauff (Hrsg.): Die Zukunftsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft. Metropolis-Verlag 2007, ISBN 3-89518-594-9, S. 353

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