Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew

Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew
Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew

Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew (russisch Владимир Клавдиевич Арсеньев, * 29. Augustjul./ 10. September 1872greg. in Sankt Petersburg; † 4. September 1930 in Wladiwostok) war ein russischer Forschungsreisender und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der aus dem äußersten Westen Russlands stammende Arsenjew begeisterte sich von frühester Jugend auf für den Fernen Osten des Landes. Er besuchte die Infanterie-Kadettenschule in St. Petersburg, die er 1896 abschloss und musste sich zunächst damit zufriedengeben, im Westen Russlands und in Polen erste wissenschaftliche Studien zu beginnen. Unter dem Einfluss des Mittelasienforschers M. E. Grum-Grzimajlo entwickelte sich sein besonderes Interesse für die Geographie Asiens. Schließlich gelang es ihm ab 1899 nach Wladiwostok versetzt zu werden.

Der in Chabarowsk ansässige Arsenjew unternahm nun ab 1902 in den nächsten 30 Jahren zwölf große Expeditionen in das damals noch weitgehend unerforschte Gebiet zwischen der Küste des Pazifischen Ozeans und dem Fluss Ussuri. Dort trieb er naturwissenschaftliche Studien und beschrieb die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Geologie und Topographie des unbekannten Landes, vor allem aber interessierten ihn die dort ansässigen Völkerstämme der Golden (Nanaier), Udehe und Orotschen, deren Bräuche und Sprachen er erforschte. Der Golde Dersu Uzala führte und begleitete zwei große Expeditionen Arsenjews 1906 und 1908, ehe er auf tragische Weise ums Leben kam (siehe dazu Uzala, der Kirgise).

Arsenjew lebte seinen Forschungen, unbeschadet der wechselnden politischen Regime im Zuge des russisch-japanischen Krieges, als zaristischer Offizier im alten Russland und später in der Sowjetunion. 1917 bis 1927 war er Direktor der Naturkundemuseen von Wladiwostok und Chabarowsk. Er arbeitete in verschiedenen Organisationen, wie der Kommission für die Belange der kleinen Völkerschaften des Fernen Ostens, der fernöstlichen Übersiedlungsverwaltung u.a. Am Pädagogischen Institut und an der Staatlichen Universität des Fernen Ostens hielt er Vorlesungen. Arsenjew bereiste auch weitere Gebiete, wie die Küstengebiete des Ochotskischen Meeres, die Halbinsel Kamtschatka und die Kommandeurinseln. 1930 erkrankte Arsenjew in der Taiga an einer schweren Lungenentzündung und starb am 4. September. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Seine Frau wurde 1938 während des Großen Terrors unter Stalin als angebliche japanische Spionin erschossen.

Werk

Arsenjew verfasste über 60 Werke, die die vielfältigen Ergebnisse seiner Forschungen enthielten. Ohne eigentlich wirklich Fachmann für eine der von ihm betriebenen Wissenschaften zu sein, sind die Fakten, die er unermüdlich zusammengetragen hat, von großem Wert. Die Welt, die Arsenjew beschrieben hat, war alsbald dem Untergang geweiht und ist so heute nicht mehr vorhanden. Sein berühmtestes Buch wurde der Reisebericht Dersu Usala der Taigajäger, das Anfang der zwanziger Jahre in Wladiwostok erschien. Durch die ausgezeichneten Naturschilderungen einerseits und die treffliche Charakterisierung des einheimischen Jägers Dersu Usala andererseits, gelang ihm damit eines der großen Werke der Reiseliteratur. Die Autoren Michail Prischwin und Maxim Gorki lobten das Buch noch in den zwanziger Jahren. Nachdem Arsenjew in den dreißiger Jahren politisch unliebsam war und damals auch seine Archive geplündert wurden, erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg seine Rehabilitierung. 1949 erschien Dersu Usala wieder in Russland und erfreut sich seither im In- und Ausland großer Beliebtheit.

  • Im Ussuri-Gebiet (russ. Po Ussuijskomu kraju), 1921 (dt. Durch die Urwälder des Fernen Ostens, DDR 1951), Reisebericht
  • Dersu Usala (russ. Dersu Uzala), 1923 (dt. Dersu Usala, der Taigajäger, DDR 1967), Reisebericht
  • In den Bergen des Sichote Alin (russ. V gorach Sichote-Alinja), 1937 (dt. DDR 1952), Reisebericht
  • Vstreci v tajge, 1956, Erzählungen (russ.)
  • Gesammelte Werke, 6 Bände, 1947-49 (russ.)

Bewertung

Arsenjew ist, wie fast alle Forschungsreisenden in früheren Zeiten, eine zwiespältige Figur. Einerseits nahm er die Schönheit und den Wert der unberührten Gebiete wahr und erweiterte unser Wissen darüber, andererseits musste ihm klar sein, dass man ihn nicht der Schönheit der Natur wegen in den Fernen Osten geschickt hatte, sondern dass seine Forschungen ganz handfesten militärischen und ökonomischen Zwecken dienen sollten, womit auch die Zerstörung oder wenigstens Veränderung der dortigen Natur und der Lebensgewohnheiten der einheimischen Völkerschaften in Kauf genommen werden mussten. Nützlich war er offenbar sowohl für den Zaren als auch für die Sowjets. Andererseits darf man seine Person nicht allzu kritisch sehen, ohne auch die damalige Zeit und den Zeitgeist zu berücksichtigen, von dem losgelöst eine Beurteilung Arsenjew seriöserweise nicht möglich ist.

Nachleben

An Arsenjew erinnern mehrere geographische Bezeichnungen. Die Stadt Arsenjew befindet sich dort, wo der Forscher zum ersten Mal mit Dersu Usala zusammentraf; der Ort hieß ursprünglich Semjonowka. Auf der Halbinsel Kamtschatka befindet sich am Nordhang des Vulkans Awatschinskaja Sopka der Arsenjew-Gletscher, und auf den Kurilen liegt der Arsenjew-Vulkan. Als Arsenjew-Linie wird schließlich die gedachte Grenzlinie zwischen südlicher, mandschurischer Flora und nördlicher, ochotskischer Flora im Sichote-Alin bezeichnet, jener Gegend, die Arsenjew am eingehendsten und schönsten beschrieben hat.

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