Wolfgang Siebert

Wolfgang Siebert

Wolfgang Siebert (* 11. April 1905 in Meseritz; † 25. November 1959 in Heidelberg) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Professor. Er gehörte der im Nationalsozialismus bedeutsamen Kieler Schule an.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sieberts Vater Theodor Siebert war Landgerichtsdirektor. Nach dem Abitur in Danzig studierte er Rechtswissenschaften in München und Halle, legte die juristischen Staatsexamina ab, promovierte und habilitierte schließlich 1932 in Halle.

Siebert gehörte dem Stab der Reichsjugendführung an und hatte selbst den Rang eines Bannführers in der Hitler-Jugend inne. Im Mai 1933 trat er der NSDAP bei.

Er wurde 1935 außerordentlicher Professor für Privatrecht und Arbeitsrecht an der Universität Kiel und wurde stellvertretender Leiter des Jugendrechtsausschusses in der Akademie für Deutsches Recht. Er vertrat die Ansicht, dass gegenüber Entscheidungen Adolf Hitlers, die in Gesetzes- oder Verordnungsform gekleidet waren, kein richterliches Prüfungsrecht bestehen könne. Dasselbe gelte für das Programm der NSDAP : "Das nationalsozialistische Parteiprogramm ist die allgemeinverbindliche Rechtsgrundlage unseres gesamtvölkischen Lebens, und keine rechtliche Entscheidung darf sich zu einem seiner Punkte in Widerspruch setzen."[1] 1938 wurde er Inhaber eines ordentlichen Lehrstuhls an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. 1940 wurde er Leiter des Jugendrechtsausschusses der Akademie für Deutsches Recht und war ab 1941 mit Friedrich Schaffstein und Franz Wieacker Herausgeber der „Schriften zum Jugendrecht“.

Am 12. und 13. Oktober 1935 fand, unter ihrem Leiter Carl Schmitt, eine Tagung der „Reichsfachgruppe Hochschullehrer“ im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen (ab 1936: „Rechtswahrerbund“; auch genannt NS-Juristenbund) statt. Siebert und Ulrich Scheuner votierten, unterstützt von vielen anderen, für folgenden Beschluss gegen die Rechtsgleichheit: 1. Der Rechtsbegriff „Mensch“ im Sinne des § 1 BGB verdeckt und verfälscht die Verschiedenheit der Volksgenossen, Reichsbürger, Juden usw. 2. Das gleiche gilt von dem Begriff „natürliche Person“. Die Worte sollten durch völkisch definierte Begriffe ersetzt werden. Diese Forderung wurde kurz vor wesentlichen antijüdischen Gesetzen am 14. November 1935, der endgültigen Bestimmung des Begriffs „Jude“ gemäß Globkes Vorlagen sowie dem Verbot von „Mischehen“, erhoben. Dies waren Präzisierungen und Verschärfungen der sogenannten Nürnberger Gesetze.[2]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Siebert zunächst Repetitor. Nachdem er 1948 bei der Entnazifizierung entlastet wurde, erhielt er 1950 trotz seiner Vergangenheit einen Lehrauftrag an der Universität Göttingen. 1953 wurde er ebenda ordentlicher Professor und Doktorvater des nachmaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Ab 1957 nahm er einen Lehrstuhl an der Universität Heidelberg ein. Sein heutiger Bekanntsgrad liegt in der Mitherausgeberschaft des bekannten BGB-Kommentars Soergel in der Nachkriegszeit begründet. Unter seinem Einfluss wurde der Kommentar von zwei auf sechs Bände erweitert und firmierte für zwei Auflagen unter „Soergel/Siebert“. Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts war er mit Hans Galperin einer der ersten Kommentatoren des Betriebsverfassungsgesetzes. Siebert war Gesellschafter des Verlags „Recht und Wirtschaft“ in Heidelberg, der den Betriebs-Berater und andere Fachliteratur herausgibt.

Siebert gehört dem Historiker Norbert Götz zufolge zu den "furchtbaren Juristen", die trotz einer aktiven Rolle im Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Karriere machten.[3]

Literatur

  • Christoph Mies: Wolfgang Siebert: Arbeitsverhältnis und Jugendarbeitsschutz im Dritten Reich und in der frühen Bundesrepublik. Universität Köln, Dissertation 2007.
  • Hans-Peter Haferkamp, Wolfgang Siebert, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 24, Berlin 2010, S 325.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kommentar Sieberts zum Jugendschutzgesetz im Jahre 1938, zitiert in Der Spiegel, 26/1958, Man redet griechisch
  2. Deutsches Judentum unter dem Nationalsozialismus. Band 1: Dokumente zur Geschichte der Reichsvertretung der deutschen Juden 1933-1939. S. 591 sowie zur Tagung: Christoph Müller: Das Freund-Feind-Theorem Carl Schmitts. in: Gegen Barbarei. Essays Robert W. Kempner zu Ehren. Athenäum 1989, S. 168f.
  3. Götz, Norbert (2001): Ungleiche Geschwister. Die Konstruktion von nationalsozialistischer Volksgemeinschaft und schwedischem Volksheim. 1. Aufl. Baden-Baden: Nomos-Verlag, S. 281

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