Wolfgang Wippermann

Wolfgang Wippermann
Wolfgang Wippermann. Aufnahme aus dem Jahr 2010

Wolfgang Wippermann (* 29. Januar 1945 in Wesermünde) ist ein deutscher Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wippermann wurde 1945 als Sohn eines Hauptsturmführers der Waffen-SS geboren[1]. Er studierte Geschichte, Germanistik und Politische Wissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen und Philipps-Universität Marburg. 1975 wurde er mit der Arbeit „Der Ordensstaat als Ideologie“ bei Ernst Nolte an der Freien Universität Berlin promoviert. 1978 habilitierte er sich mit der Schrift „Die Bonapartismustheorie von Marx und Engels“.

Er ist außerplanmäßiger Professor am Friedrich-Meinecke-Institut (Abteilung Neuere Geschichte) an der Freien Universität Berlin. Zudem hat er einen Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin. Er hatte Gastprofessuren in Innsbruck, Peking (Teachers College), Bloomington (Indiana University), Minneapolis (University of Minnesota) und Durham, North Carolina (Duke University).

Wippermanns Hauptforschungsgebiet ist die Ideologiegeschichte. Hierbei liegen seine Schwerpunkte auf dem Antiziganismus, den Faschismustheorien, der Geschichte des Kommunismus, Antisemitismus sowie auf der geschichtlichen Rolle des Teufelsglauben und den Verteufelungen von gesellschaftlichen Randgruppen bishin zu daraus resultierenden Verschwörungstheorien. Wippermann ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Wippermann ist leidenschaftlicher Hundehalter.[2] Zu seinen Interessen gehört daher auch die Geschichte der Hunde, zu der er ebenfalls publizierte.

Wippermann ist Mitglied im Corps Hildeso-Guestphalia Göttingen und im Corps Vandalia Rostock (KSCV).[3] [4]

Kontroversen

Wippermanns Thesen sorgten mehrfach für Kontroversen innerhalb der deutschen Historikerzunft. So sieht sich Wippermann selbst als einziger Historiker, der sich in der Goldhagen-Kontroverse auf die Seite Goldhagens schlug.[5] Wippermann kritisierte vornehmlich die Stoßrichtung und den Tonfall von Goldhagens Kritikern, wie etwa die Bezeichnung als „Scharfrichter“ durch den Journalisten Rudolf Augstein. Zudem warf Wippermann den Kritikern vor, Rufmord gegen Goldhagen zu betreiben.[6] Der Vorwurf des Rufmordes und der Unwissenschaftlichkeit führte zu heftigen Widerspruch seitens der Gegner Goldhagens, also der Mehrheit der deutschen Historiker.

Über das Schwarzbuch des Kommunismus urteilte Wippermann, dass es nur „eine ermüdende Reihung von Mordgeschichten“ biete, eine „Dämonisierung des Kommunismus“ betreibe und hinterfragt werden müsse, ob es sich „bei den Regimen in der Sowjetunion, China, Kambodscha etc. überhaupt um kommunistische bzw. sozialistische Systeme gehandelt habe“. Reinhard Mohr kritisierte darüber im Spiegel, dass „gar nicht mehr versucht wird, wissenschaftliche oder politische Kritik zu üben und dass es nur noch um das gekränkte intellektuelle Ich“ gehe.[7]

Ein weiteres kontroverses Thema ist Wippermanns engagiertes Auftreten gegen die Totalitarismus-These, die in seinem Verständnis besagt, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus und des Stalinismus oder des Kommunismus als ganzes vergleichbar oder gleichzusetzen seien. In diesem Zusammenhang übte Wippermann scharfe Kritik am Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin, dem er vorwarf, mittels der Totalitarismus-These „Vergleich und [...] Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus“ zu betreiben. Dabei hielt er seinen Kontrahenten zudem vor, sie benutzten „Materialien aus der Gauck-Behörde als politische Waffe“[8]. Mitarbeiter des Forschungsverbunds bezeichnete er als „Hobbyhistoriker“ oder „nekrophile Antikommunisten“.[9] Im Gegenzug wurde Wippermann vorgeworfen, er nutze „seinen akademischen Titel, um billige Agitation zu betreiben“.[10] Wolfgang Kraushaar urteilte in der Zeitung Die Zeit über Wippermanns Buch "Totalitarismustheorien", dass es dem Autor nicht gelungen sei, an die mehr als zwanzig Jahre zurückliegenden Rekonstruktionen dieser Theorien anzuknüpfen und kritisierte die im Buch vorkommenden Pauschalurteile, polemische Seitenhiebe und fehlende Distanz.[11] Ebenfalls kritisiert Frank-Lothar Kroll in der FAZ, dass sich (der von Kroll als „altlinker Geisterfahrer“ bezeichnete) Wippermann „hartnäckig gegen alle geschichtswissenschaftlichen Bemühungen um eine vergleichende Totalitarismusforschung wehrt“.[12]

Publikationen (Auswahl)

  • Der Ordensstaat als Ideologie. Berlin 1978.
  • Antifaschismus in der DDR: Wirklichkeit und Ideologie. Berlin 1980.
  • Der „deutsche Drang nach Osten“. Darmstadt 1981.
  • Die Berliner Gruppe Baum und der jüdische Widerstand. Berlin 1981.
  • Steinerne Zeugnisse: Stätten der Judenverfolgung in Berlin. Berlin 1982
  • Die Bonapartismustheorie von Marx und Engels. Stuttgart 1983.
  • Europäischer Faschismus im Vergleich. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983.
  • Jüdisches Leben im Raum Bremerhaven: eine Fallstudie zur Alltagsgeschichte der Juden vom 18. Jahrhundert bis zur NS-Zeit. Bremerhaven 1985.
  • Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit I-IV. Frankfurt am Main 1986.
  • Der konsequente Wahn: Ideologie und Politik Adolf Hitlers. München 1989.
  • The Racial State. Germany 1933-1945. Cambridge 1991 (mit Michael Burleigh).
  • Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen: Darstellungen und Dokumente. Berlin 1992.
  • „Wie die Zigeuner.“ Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich. Berlin 1997.
  • Wessen Schuld? Vom Historikerstreit zur Goldhagen-Kontroverse. Berlin 1997.
  • Faschismustheorien. 7. Auflage, Darmstadt 1997.
  • Totalitarismustheorien. Darmstadt 1997.
  • Jens Mecklenburg/Wolfgang Wippermann (Hrsg.): "Roter Holocaust"? Kritik des Schwarzbuchs des Kommunismus. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1998.
  • Umstrittene Vergangenheit. Fakten und Kontroversen zum Nationalsozialismus. Berlin 1998.
  • Konzentrationslager. Berlin 1999.
  • Die Deutschen und ihre Hunde: ein Sonderweg der deutschen Mentalitätsgeschichte. München 1999 (mit Detlef Berentzen).
  • „Auserwählte Opfer?“: Shoah und Porrajmos im Vergleich ; eine Kontroverse. Berlin 2005.
  • Agenten des Bösen: Verschwörungstheorien von Luther bis heute. be.bra verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89809-073-5
  • Autobahn zum Mutterkreuz. Historikerstreit der schweigenden Mehrheit, Rotbuch Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86789-032-8
  • Der Wiedergänger. Die vier Leben des Karl Marx, 2008, ISBN 978-3-218-00781-8
  • Dämonisierung durch Vergleich: DDR und Drittes Reich., Rotbuch Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86789-060-1
  • Faschismus : Eine Weltgeschichte vom 19. Jahrhundert bis heute., Primus, 2009, ISBN 978-3-89678-367-7
  • Denken statt Denkmalen.Gegen den Denkmalwahn der Deutschen. Rotbuch Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86789-115-8
  • Skandal im Jagdschloss Grunewald. Primus Verlag. Darmstadt 2010. ISBN 3-89678-810-8.

Einzelnachweise

  1. http://endstation-rechts.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=6334&Itemid=840
  2. Der Hund. 12/2011. S. 62
  3. http://www.die-corps.de/Das_aktive_Corps_ist_Mittelpun.788.0.html
  4. Jungle World: „Extreme Toleranzen - Der linke Historiker Wolfgang Wippermann
  5. Jochen Böhmer: „Hitlers willige Vollstrecker“ und die Goldhagen-Debatte in Deutschland. Shoa.de, abgerufen am 20. Februar 2011.
  6. http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/48/23a.htm
  7. Reinhard Mohr: Die Wirklichkeit ausgepfiffen. Der Spiegel, 29. Juni 1998, abgerufen am 20. Februar 2011.
  8. http://www.polwiss.fu-berlin.de/fsi/bernie/rrwippermann.htm
  9. Die Diktatur des Verdachts
  10. Die Politik der Ausgrenzung. Wippermann kontra Staadt - Mahler kontra Dutschke
  11. Wolfgang Kraushaar: Theorie oder Ideologie? Zur umstrittenen Renaissance des Totalitarismusbegriffs. Die Zeit, 19. Februar 1998, abgerufen am 20. Februar 2011.
  12. Frank-Lothar Kroll: Zweierlei Vergleich. FAZ, 21. Dezember 2009, abgerufen am 20. Februar 2011.

Weblinks


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