Yale-Studien

Yale-Studien

In den Yale-Studien untersuchte eine Forschergruppe um den Psychologen Carl I. Hovland in etwa 50 Laborexperimenten die Wirkungen von Massenmedien auf die persönlichen Einstellungen von Menschen.

Inhaltsverzeichnis

Ziel der Studien

Ziel war es, den Einfluss der Merkmale von medialen Aussagen und der Persönlichkeit der Probanden auf eventuelle Änderungen in ihren Einstellungen zu erforschen. Die Forschungsfrage lautete kurz gefasst: Wie können Menschen am besten von einer Medienaussage überzeugt werden?

Zu diesem Zweck wurden den Probanden Texte vorgelegt, die beispielsweise den gleichen Inhalt aber unterschiedlich glaubwürdige Quellen hatten. Auf diese Weise wollte die Hovland-Gruppe herausfinden, welchen Einfluss die Glaubwürdigkeit einer Quelle darauf hat, ob der Proband seine Einstellung zu dem im Text behandelten Problem ändert.

Obwohl die Künstlichkeit der Laborsituation die Aussagekraft der Ergebnisse der Yale-Studien einschränkt, konnte die Hovland-Gruppe einige bedeutsame Faktoren finden, welche die Wirkung von Medieninhalten beeinflussen.

Merkmale der Aussage

Die Hovland-Gruppe ging davon aus, dass die Wirksamkeit einer Medienaussage vom Inhalt und der Gestaltung dieser Aussage beeinflusst wird. Die Frage war, welche Merkmale eines kommunikativen Reizes unter welchen Bedingungen die Wirkung dieses Reizes verstärken. Die Ergebnisse lauten verallgemeinert:

Einseitige und zweiseitige Argumentation

  1. Rezipienten, die einer im Medium gemachten Aussage von vornherein zustimmen, sind einer einseitigen Argumentation für diese Position zugänglicher als einer Argumentation, die auch die Gegenseite berücksichtigt.
  2. Bei Rezipienten, die zu einer im Medium gemachten Aussage eine gegensätzliche Position vertreten, ist eine zweiseitige Argumentation dagegen wirksamer.
  3. Menschen mit höherer formaler Bildung (Schulbildung, Hochschule etc.) sind der zweiseitigen Argumentation zugänglicher als einer einseitigen Argumentation.
  4. Rezipienten mit niedriger formaler Bildung sind einer einseitigen Argumentation zugänglicher als einer zweiseitigen.
  5. Langfristig ist eine zweiseitige Argumentation erfolgreicher, insbesondere dann, wenn die betroffenen Menschen mit Gegenpropaganda konfrontiert werden.

Anordnung der Argumente

  1. Menschen, die an dem im Medium präsentierten Thema nicht interessiert sind und darüber nur wenig wissen, messen dem ersten Argument die höchste Bedeutung bei. Es bildet gleichsam den Interpretationsrahmen für die folgenden Aussagen. (primacy effect)
  2. Rezipienten, die stark an dem im Medium präsentierten Thema interessiert sind und viel über das Thema wissen, messen dem letzten Argument die höchste Bedeutung bei. (recency effect)
  3. Implizite Schlussfolgerungen sind dann wirksamer, wenn den Menschen das zur Diskussion stehende Thema vertraut ist, wenn es wenig komplex ist, persönliche Betroffenheit vorliegt und die Aussage von einem wenig glaubwürdigen Kommunikator gemacht wurde.
  4. Explizite Schlussfolgerungen sind dann wirksamer, wenn die eben genannten Umstände nicht gegeben sind.

Furchterregende Appelle

(Sind Medieninhalte, welche die ungünstigen Folgen beschreiben, die eintreten, wenn man den Schlussfolgerungen des Kommunikators nicht folgt.)

  1. Bei geringem Furchtanteil einer Aussage ist das Publikum nicht sonderlich interessiert und schenkt ihr kaum Aufmerksamkeit.
  2. Steigt der Furchtanteil an, wächst das Interesse und die Aufmerksamkeit des Publikums. Die Beeinflussbarkeit der Rezipienten steigt.
  3. Ein sehr hoher Furchtanteil einer Aussage vermindert das Interesse und die Aufmerksamkeit des Publikums. Es wehrt die bedrohlichen kommunikativen Reize ab und die Chance einer Beeinflussung schwindet.

Glaubwürdigkeit der Quelle

  1. Glaubwürdigkeit setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Sachkenntnis (expertness) und Vertrauenswürdigkeit (thrustworthiness).
  2. Sehr glaubwürdige Quellen erzielen in der Regel größere Einstellungsänderungen als weniger glaubwürdige.

Sleeper-effect

  1. Es gibt eine Entflechtung von Kommunikationsquelle und Kommunikationsinhalt. Das heißt, dass bereits nach wenigen Wochen die Skepsis der Rezipienten gegenüber Aussagen von unglaubwürdigen Quellen nachlässt. Sie schätzen diese Aussagen nach dieser Zeit positiver ein und erinnern sich eher an das, was ausgesagt wurde, aber nicht von wem.
  2. Wird die unglaubwürdige Quelle für diese Aussage allerdings wieder in Erinnerung gerufen, dann lehnen die Rezipienten die Aussage wieder eher ab.

Persönlichkeitsmerkmale der Rezipienten

Auch beim Rezipienten selbst suchte die Hovland-Gruppe nach persönlichkeitsspezifischen Faktoren, die dessen Beeinflussbarkeit (Suggestibilität) für Medieninhalte bestimmen.

Intelligenz

  1. Rezipienten mit hoher Intelligenz sind vor allem dann stärker beeinflussbar als weniger intelligente Menschen, wenn rational und logisch argumentiert wird.
  2. Menschen mit hoher Intelligenz werden durch unlogische und irrationale Argumentation weniger stark beeinflusst als weniger intelligente Rezipienten.

Motivfaktoren

  1. Eine niedrige Selbsteinschätzung des Rezipienten (u. a. Scheu, geringes Selbstvertrauen, wenige soziale Kontakte) fördert seine Beeinflussbarkeit für mediale Inhalte.
  2. Menschen, die regelmäßig aggressives Verhalten zeigen, sind relativ unbeeinflussbar durch „Überredungskommunikation".
  3. Menschen, die psychoneurotische Störungen zeigen (Angstschweiß, Schlaflosigkeit, Verfolgungsideen usw.), sind ebenfalls relativ unempfänglich für persuasive Kommunikation.

Die Aussagekraft der Ergebnisse der Yale-Studien ist aufgrund ihres Entstehens im Labor immer wieder kritisiert worden, ebenso wie die faktische Theorielosigkeit der Untersuchung, die lediglich Schlüsselvariablen im Persuasionsprozess offenlegte.

Siehe auch

Weiterführende Literatur

  • Schenk, Michael: Medienwirkungsforschung. Tübingen 2002, S. 77ff
  • Burkart, Roland: Kommunikationswissenschaft. Wien 2002, S. 198ff
  • Kunczik, Michael: Publizistik. Wien 2001, S. 294ff

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