Belting

Belting

Das Belting (aus dem Engl.: schmettern) ist eine Gesangstechnik, die bevorzugt im Bereich Musical, Popmusik und Soul, aber durchaus auch in anderen (vor allem Jazz-verwandten) musikalischen Genres eingesetzt wird. Durch eine gegenüber dem klassischen Gesang veränderte Vokalbildung und Registermischung wird ein „schmetternder“ und „durchdringender“ Klang erreicht. Ursprünglich war dies eine Bühnengesangstechnik und nicht für Mikrofon-Verstärkung gedacht. Berühmt wurde das Belting in den 1930er-Jahren durch den US-Vaudeville- und Musical-Star Ethel Merman. Mit dem aufkommenden Rock'n'Roll verbreitete es sich rasch. Spätestens seit den frühen 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ist das Belting die Standardtechnik in der Rock- und Popmusik, auf die sich fast alle Interpreten nahezu ausschließlich beschränken. Besonders eindrucksvolle Beispiele für die Perfektionierung dieser Gesangstechnik findet man u.a. bei Chris Cornell, Aretha Franklin, Patti LaBelle, Christina Aguilera, Mariah Carey, Whitney Houston oder auch Sarah Connor.

Inhaltsverzeichnis

Technik

Stimmtechnische Grundlagen

Während im klassischen Gesang das obertonreichere Gesangsregister dominiert, wird beim Belting angestrebt, den Anteil des wesentlich grundtönigeren Bruststimmenregisters möglichst durch den gesamten Stimmumfang zu erhöhen. Dies wird vor allem dadurch erreicht, dass bei der Vokalbildung überwiegend die natürlichen Sprechformanten benutzt werden, so dass die Vokale gegenüber dem klassischen Gesang sehr viel offener und weiter vorne im Mundraum (siehe auch: Vokaltrapez) gebildet werden, was gleichzeitig eine wesentlich „dunklere“ Vokalfärbung bedeutet.

Kritik: Das Kopfstimmregister ist in Wahrheit das grundtönigere. Das Bruststimmregister klingt durch seinen Reichtum an Obertönen metallischer, kräftiger und voluminöser. Das Kopfstimmregister ist hauchiger, obertonärmer (grundtöniger) und leiser.

Theoretisch kann man in jeder Stimmlage belten. Am ausgeprägtesten ist dieser Effekt jedoch in den tiefen und mittleren Frauenstimmenlagen, wo er auch überwiegend eingesetzt wird. Bei Männern ist der Unterschied weit weniger deutlich, da sie ohnehin mit größerem Bruststimmenanteil singen und die betreffenden Formanten benutzen. Da die Technik weitgehend auf der Vokalbildung beruht, ist Belting auch nicht für jede Sprache gleichermaßen geeignet; daher ist z. B. der Einsatz von Belting in deutscher Sprache aufgrund der zum Textverständnis notwendigen harten Konsonanten musikalisch oft nicht sinnvoll, wenn auch möglich.

Belting vs. klassischer Gesang

Entgegen vieler Meinungen und Vorurteile müssen sich Belting und klassischer Gesang nicht zwingend ausschließen. Es handelt sich in diesem Sinne weniger um eine andere Gesangstechnik als eher um ein anderes Klangideal oder eine andere Interpretation. Auch für das Belten gelten die Grundsätze der „klassischen“ Stimmbildung, besonders die der Atemtechnik; ein Belten ohne fundierte Ausbildung ist daher nicht möglich und auf Dauer sogar stimmschädigend.

Belting ist daher auch nicht vergleichbar mit dem „Crooning“, welches eher einen musikalischen Stil als eine Gesangstechnik darstellt. Während beim Crooning eine Verstärkung der Stimme unabdingbar ist, kann bei gekonnt ausgeführten Belting auch ohne Verstärkung eine Dynamik und Lautstärke wie beim klassisch orientierten Gesang der Oper erreicht werden.

Beispiele

Den Unterschied zwischen Belting und klassischer Stimmeinstellung kann man sehr gut und direkt mittels der beiden Lieder „One Moment in time“ von Whitney Houston und „Don’t cry for me argentina“ von Madonna vergleichen, da beide Songs einen sehr ähnlichen Tonumfang haben und beide für eine Frauenstimme eher eine tiefe bis mittlere Stimmlage darstellen. Während Whitney Houston fast durchgängig das Belting benutzt (und mit der deutlich dunkleren Vokalfärbung schon in mittleren Lagen ein außerordentliches Stimmvolumen erreicht), singt Madonna durchgehend (wenn auch etwas forciert) mit einer eher klassischen Stimmeinstellung. Deutlich wird das vor allem an den tieferen Stellen, wo das „fehlende“ Stimmvolumen durch Obertöne und Textdiktion (Konsonanten) kompensiert wird.

Dass man auch mit klassischer Stimmeinstellung, also ohne Belting, einen ähnlichen Effekt wie Whitney Houston erreichen kann, zeigen regelmäßig vor allem Jazz-Ensembles wie die Swingle Singers oder The Real Group, z. B. im Lied „You can drive my car“. Diese sind dabei allerdings auf eine deutlich höhere Stimmlage angewiesen.

Ein sehr gutes Beispiel für einen männlichen Belter ist Freddie Mercury. In „The show must go on“ ist (nach dem Gitarren-Solo, ab etwa 02:49) sehr gut zu hören, wie er innerhalb von nur wenigen Tönen von einer normalen Stimmeinstellung nahtlos ins Belting wechselt. Dieses Beispiel zeigt auch deutlich, dass ein fließender Übergang möglich ist. Etliche Sänger setzen den Bruch zwischen den Registern allerdings auch bewusst als Stilmittel ein.

Der Unterschied zwischen Crooning und Belting ist sehr gut nachvollziehbar in „My heart will go on“ von Céline Dion zu hören. Während der Anfang noch weitestgehend ohne stimmliche Substanz „gehaucht“ ist (Crooning), kann man spätestens ab ca. 03:24 von Belting sprechen.

Mariah Carey setzt das Belting ebenfalls häufig ein, z. B. bei „Stay The Night“, „It’s Like That“ oder „Fly Like A Bird“. Lieder, in denen Carey zwischen Belting, Crooning und Pfeifregister wechselt: „Fly Like A Bird“, „Stay The Night“ oder „Emotions“.

Geschichte

Inspiriert von afroamerikanischen Gesangstechniken (die Sängerin Sophie Tucker trat mit ihrer Art des Belting noch in Minstrel Shows auf) fand das Belting seit den 1910er-Jahren Eingang in Music Hall-, Vaudeville-Shows und Revuen. Es war populär und hatte einen vulgären Anstrich. In den Broadway-Musicals der 1930er- und noch der 1940er-Jahre wurden lyrische Passagen immer noch vorwiegend klassisch gesungen. Die zunehmende Abkehr vom Klang der älteren Operetten bevorzugte jedoch modernere Gesangsstile.

Das Belting stand zunächst im Zusammenhang mit komischen Frauenrollen, z. B. Molly Gray in Girl Crazy (1930) oder Luce in The Boys from Syracuse (1938). Die ernsten Figuren sangen klassisch. Die unzimperliche Heldin Annie Oakley in Annie Get Your Gun (1946), dargestellt von Ethel Merman, präsentierte das Belting dann als – scheinbar „weißen“ – volkstümlich-amerikanischen Gesangsstil. Berühmt-berüchtigt war vor allem der komisch-ordinäre Song „Doin’ What Comes Naturally“. Der Mikrofongesang der Folgezeit hat neue Varianten des Beltings ermöglicht, und es wirkt seither nicht mehr notwendig komisch.

Weitere bekannte Sänger

Folgende bekannte Sänger setzen regelmäßig Belting ein:

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