Zeche Zollern II/IV

Zeche Zollern II/IV
Förderturm Zeche Zollern II/IV
Maschinenhalle der Zeche Zollern II/IV
Eingang zur Maschinenhalle
Jugendstilfenster von innen
Restaurierter elektrischer Kompressormotor
Druckluftkompressor in der Maschinenhalle
Schalttafel aus Marmor in der Maschinenhalle
Blick vom Förderturm
Leseband
Kippeinrichtung für Loren
Lohnhalle
Werkstattgebäude


Die Zeche Zollern ist ein stillgelegtes Steinkohle-Bergwerk im Nordwesten der Stadt Dortmund, im Stadtteil Bövinghausen. Es besteht aus zwei Schachtanlagen, die „unter Tage“ zusammenhingen: Die Schachtanlage I/III (das heißt: die Schächte I und III) in Kirchlinde und die Schachtanlage II/IV in Bövinghausen.

Die Zeche Zollern II/IV ist heute einer von acht Museumsstandorten des dezentral angelegten Westfälischen Industriemuseums, das zugleich hier seinen Sitz hat. Die Zechenanlage ist ein Besucherzentrum der Route der Industriekultur im Ruhrgebiet und ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zollern 2/4 entstand zwischen 1898 und 1904 als Musterzeche der Vereinigten Stahlwerke, 1934 Umbenennung in Gelsenkirchener Bergwerks-AG (GBAG). Die Architektur und Technik des Bergwerkes sollte wirtschaftliche Potenz und Modernität zum Ausdruck bringen. 1899 stieß man bei einer Teufe von 139 m am Schacht 2 auf das Flöz Präsident. In der ersten Stufe wurde der Schacht bis zur 3. Sohle in 282 m Tiefe abgeteuft. In den Jahren 1921 und 1942 wurde der Schacht bis zu einer Endteufe von 490 m weiter ausgebaut. Der Schacht 4 wurde im Jahr 1900 bis zur 3. Sohle abgeteuft und diente als Wetterschacht. Es erfolgte ein Durchschlag zu den Schächten Zollern 1 und 3. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde hauptsächlich von der 3. Sohle gefördert; anschließend verlagerte sich die Förderung auf die 4. Sohle (366 m Teufe). Trotz der Modernität der Anlage zeigten sich Unzulänglichkeiten bei den Tagesanlagen. In der kurzen Schachthalle war kein Wagenumlauf möglich, mangelhafte Aufbereitungsanlagen für die Trennung und Aufbereitung der Kohlen. 1908 wurde unter Tage die Lokomotivförderung eingeführt. Die Zerstörung der Betriebsanlagen im Zweiten Weltkrieg auf der Schachtanlage 2/4 waren vergleichsweise gering.

Schon Ende den 1920er Jahren gab es Pläne bei den Vereinigten Stahlwerken die Förderungen der Schachtanlagen Zollern 1/3, Zollern 2/4, Germania 1/4 und Germania 2/3 zusammenzufassen. Mit der Ausrichtung der Förderung auf die 6. Sohle sollte eine zentrale Förderanlage errichtet werden. Allerdings wurde erst im Dezember 1939 die Bautätgkeiten auf dem Gelände der Anlage Germania 2/3 aufgenommen; die vorläufige Endteufe wurde am 17. März 1942 mit 649,5 m Tiefe erreicht. Der ursprüngliche Plan, eine Skipförderung einzurichten wurde bedingt durch die kriegsbedingte Mangelwirtschaft aufgegeben und es wurde ein Gestellförderung vorgesehen. Zum Anschluss der Grubenbaue an den zentralen Förderschacht mussten Bunker und Blindschächte angelegt werden. Ab 1958 wurde die 7. Sohle bei einer Teufe von -683 m NN aufgefahren.

Im Jahr 1951 wurde die Lampenstube auf Zollern 2/4 neu gebaut und ein Brausenraum an der Kaue errichtet. Die Kohlenförderung auf der Anlage wurde 1955 eingestellt. Ende der 1950er Jahre wurden schrittweise Anlagen abgebrochen (Seilbahn, Bergebrechanlage, Schachtgebäude) oder nur noch als Reservekapazitäten (Druckluftversorgung) zur Verfügung gehalten.

Im Jahr 1965 musste das Verbundbergwerk Germania/Zollern die Förderung zurücknehmen; der Vorstand der Dortmunder Bergbau AG beschloss, die Schachtanlage Zollern 2/4 stillzulegen und die Bergleute auf die anderen Teilanlagen zu verlegen. Die Schächte Zollern 2 und 4 wurden 1967 und 1966 verfüllt. Die Tagesanlagen blieben bis zur Übernahme durch die RAG bei der GBAG. Die Zentralschachtanlage Germania wurde bereits 1971 stillgelegt. Ursache der Stilllegung waren die ungünstigen Lagerstättenverhältnisse, die der Mechanisierung des Abbaus entgegen standen. Ferner waren die erschlossenen Kohlenvorräte des Bergwerkes gering und dies hätte einen hohen Ausrichtungsaufwand für die Erschließung weiterer Vorräte bedürft.

Im Jahr 1904 wurde eine Kokerei auf dem Zechengelände Zollern 2/4 errichtet, die allerdings nur bis 1918 in Betrieb war.

Bauten/Zechenanlage

Zollern gehört zu den architektonisch bemerkenswertesten Bergwerksanlagen des Ruhrgebietes. Hinter dem Zechentor erstreckt sich ein großer baumbestandener Platz. Der vordere Bereich der Tagesanlagen erinnert an eine dreiflügelige barocke Schlossanlage im Stil des Historismus der Jahrhundertwende. Die Architektur orientiert sich an dem Idealbild der norddeutschen Backsteingotik, das rote Ziegelmauerwerk wird durch Formsteine, Zierverbände und helle Putzfelder aufgelockert. Diese Gebäude entwarf der Architekt Paul Knobbe (1867–1956), der in jener Zeit einen großen Teil aller Neubauten der GBAG plante. Aufwändig ist auch das Innere der Lohnhalle gestaltet, das nach einer langen Zeit der Zweckentfremdung erst vor wenigen Jahren – wie alle Gebäude – sorgfältig restauriert wurde.

Tatsächlich war die Schachtanlage insgesamt jahrzehntelang ohne größere Veränderungen geblieben. Nur einzelne, verschlissene oder nicht mehr benötigte Teile der Anlage waren abgebrochen, verschrottet oder ersetzt worden. Darunter auch die originalen Fördergerüste, die jedoch in den Jahren von 1986 bis 1988 durch zwei baugleiche Gerüste anderer Zechen ersetzt wurden. So stammt das heute über dem Schacht Zollern II stehende Gerüst von der Zeche Wilhelmine-Viktoria in Gelsenkirchen, das über Schacht Zollern IV von Friedrich der Große in Herne.

Ende der 1960er Jahre, als nach der Stilllegung ein vollständiger Abriss der Anlage zu befürchten war, erregte dann endlich das spektakulärste Gebäude der ganzen Anlage die Aufmerksamkeit der frühen Industriedenkmalpflege: die Maschinenhalle.

Die Maschinenhalle

Die zentrale Maschinenhalle der Zeche war seinerzeit nicht mehr in massiver Bauweise (wie zunächst von Knobbe geplant) ausgeführt worden, sondern in der Hoffnung auf schnellere Fertigstellung als eine mit Backstein ausgefachte Eisenfachwerk-Konstruktion. Vorbild war die Ausstellungshalle der Gutehoffnungshütte auf der Rheinisch-Westfälischen Industrie- und Gewerbeausstellung Düsseldorf 1902, in der auch die elektrische Fördermaschine für den Schacht II (vor ihrer endgültigen Montage in Bövinghausen) ausgestellt wurde. Wie bei der Düsseldorfer Halle sorgte der Berliner Architekt Bruno Möhring (1863–1929) für die Ausschmückung der Maschinenhalle mit Details in Jugendstilformen, als deren Höhepunkt der Haupteingang mit farbiger Verglasung und einem geschwungenen Vordach (ähnlich den Pariser Metrostationen von Hector Guimard) gelten konnte. Das Vordach ist wohl schon in den 1930er Jahren nach einem Schaden abgebrochen worden, aber andere Einzelheiten ziehen noch heute den Betrachter in ihren Bann.

Wenn auch der Jugendstil für ein Industriebauwerk insgesamt eher ungewöhnlich war, so gab bzw. gibt es doch einige Beispiele für seine Verwendung im Zusammenhang mit Bauten der Elektrizität, z.B. das Wasserkraftwerk Heimbach in der Eifel, oder modernen Eisenkonstruktionen, z.B. bei der Berliner U-Bahn. Die Maschinenhalle erfüllt beide Kriterien: Sie war eine damals moderne Eisenkonstruktion, und sie beherbergte fortschrittliche Elektrotechnik, als auf anderen Zechen noch ohne Elektrizität gearbeitet wurde.

Die Technik

Neben dem architektonischen Wert der Anlage ist auch die technische Ausstattung hervorzuheben. In der Maschinenhalle sind die wichtigsten technischen Großgeräte wie Fördermaschinen, Kompressoren und Umformer weitgehend im Originalzustand erhalten. Von technikgeschichtlicher Bedeutung ist die Tatsache, dass auf Zollern erstmals alle wesentlichen Maschinen, also auch die Fördermaschinen, elektrisch betrieben wurden. Der Strom wurde ursprünglich in eigenen Generatoren erzeugt, die nicht mehr vorhanden sind.

Bei der Auslegung der technischen Anlagen wurde ebenfalls großer Wert auf Repräsentation gelegt. Augenscheinliche Beispiele sind die prächige marmorne Schalttafel mit ihrer Vielzahl von Originalinstrumenten oder die große Jugendstil-Uhr in der Maschinenhalle.

Kolonie Landwehr

Unmittelbar vor der Zeche wurde bis 1904 – ebenfalls von Paul Knobbe entworfen – die Kolonie Landwehr errichtet. Sie besteht aus einer Direktorenvilla, 8 Steiger- und 23 Arbeiterhäusern. Die Gebäude sind, wie der vordere Teil der Zechenanlage, in Stil des Historismus entworfen worden und unterstreichen den Ensemblecharakter des gesamten Komplexes.

Das Museum

Die Maschinenhalle wurde als erstes Industriebauwerk in Deutschland unter Denkmalschutz gestellt und wurde zunächst vom Deutschen Bergbaumuseum in Bochum betreut. 1981 integrierte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Zeche in das dezentrale Westfälische Industriemuseum. Nach und nach wurden die umliegenden Gebäude restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Neben den eindrucksvollen Bauwerken sind auch die Außenanlagen Teil des Museums. Die Kohleverladestation, der ehemalige Zechenbahnhof und ein begehbares Fördergerüst gehören zu den Attraktionen. Das Innere der Maschinenhalle ist wegen umfangreicher Sanierungsmaßnahmen bis 2010 nicht zu besichtigen.

1999 wurde die Dauerausstellung Musterzeche eröffnet. In dieser wird die Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrgebiets sowohl für Erwachsene als auch für Kinder anschaulich dargestellt. Die Ausstellung thematisiert das Ausbildungswesen des Ruhrbergbaus, die Entwicklung des betrieblichen Hygiene- und Gesundheitswesen sowie die Anstrengungen zur Reduzierung von Arbeitsunfällen.

Speziell für Kinder gibt es den museumspädagogischen Erlebnisraum Kinderkeller und es werden spezielle Kinderführungen über das Museumgelände angeboten. Ein 2006 fertiggestellter Kinderspielplatz rundet das Angebot für Kinder ab.

Die Räumlichkeiten des Museums werden zunehmend auch als Veranstaltungs- und Tagungsort genutzt und können gemietet werden. Unter anderem war die Maschinenhalle schon Spielort im Rahmen des Klavierfestivals Ruhr. Das Foyer des Verwaltungsgebäudes mit seinem ornamentreichen Treppenaufgang wird häufig für Trauungen genutzt.

Für das leibliche Wohl sorgt das Restaurant „Pferdestall“ auf dem Museumsgelände.

Veranstaltungen

Seit vielen Jahren wird die Zeche Zollern als Veranstaltungsort für Produktionen aus der Region genutzt. Zu den bekanntesten zählt der vom freien Theater Fletch Bizzel alljährlich organisierte Geierabend, eine Persiflage auf die parallel stattfindenden Prunksitzungen im rheinischen Karneval.

Sonstiges

Die Zeche als Briefmarkenmotiv

Am 6. November 1987 erschien im Rahmen der Briefmarkenserie Sehenswürdigkeiten eine Briefmarke mit dem Motiv der Zeche. Die Briefmarke hat einen Markenwert von 80 Pfennigen. Die Marke wurde sowohl bei der Deutschen Bundespost als auch von der Deutschen Bundespost Berlin ausgegeben.

Literatur

  • Hubertus Kaffanke und Alfred Franke, Zollern-Germania, die Entwicklung von vier Zechen im Dortmunder Westen zur Zentralschachtanlage 1850–1971, Landschaftsverband Westfalen Lippe Westfälischen Industriemuseum, Schriften Band 32, Klartext, 1, Aufl. 1999, ISBN 3-88474-809-2
  • Eberhard G. Neumann: Große Baudenkmäler Heft 299: Zeche Zollern 2/4 Dortmund. Deutscher Kunstverlag München, Berlin
  • Katrin Holthaus: Architekturführer Zeche Zollern 2/4. Essen 2004
  • Olge Dommer, Dagmar Kift: Keine Herrenjahre. Jugend im Ruhrbergbau 1898–1961. Das Beispiel Zeche Zollern II/IV. Essen 1998
  • Frank Günther et al.: Ein Schloß der Arbeit, Vorläufiger Führer über die Zeche Zollern II/IV. hrsg. v. Westfälischen Industriemuseum, Dortmund 1996, 2. Auflage 1997.
  • Dagmar Kift: Musterzeche Zollern II/IV. Museum für Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrbergbaus. Museumsführer. Essen 1999

Weblinks

51.5180555555567.33555555555557Koordinaten: 51° 31′ 5″ N, 7° 20′ 8″ O


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