Zeit der Weimarer Republik

Zeit der Weimarer Republik
Deutsches Reich
Weimarer Republik
1919–1933
Flagge des Deutschen Reiches: Drei horizontal verlaufende Blockstreifen. Von oben Schwarz-Rot-Gold. Wappen des Deutschen Reiches
Flagge 1919–1933 Reichswappen 1919–1935
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Deutsches KaiserreichDeutsches Reich
Verfassung Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919
Amtssprache Deutsch
Hauptstadt Berlin
Regierungsform präsidentiell-parlamentarisch
Reichspräsidenten
- 1919 bis 1925
- 1925 bis 1934

Friedrich Ebert
Paul von Hindenburg
Reichskanzler
- 1919
- 1919 bis 1920
- 1920
- 1920 bis 1921
- 1921 bis 1922
- 1922 bis 1923
- 1923
- 1923 bis 1925
- 1925 bis 1926
- 1926 bis 1928
- 1928 bis 1930
- 1930 bis 1932
- 1932
- 1932 bis 1933

Philipp Scheidemann
Gustav Bauer
Hermann Müller
Constantin Fehrenbach
Joseph Wirth
Wilhelm Cuno
Gustav Stresemann
Wilhelm Marx
Hans Luther
Wilhelm Marx
Hermann Müller
Heinrich Brüning
Franz von Papen
Kurt von Schleicher
Fläche 468.787 km²
Einwohnerzahl
1925

62.411.000 Einw.
Bevölkerungsdichte
1925
1933

133 Einw./km²
139 Einw./km²
Proklamation des deutschen Nationalstaates 18. Januar 1871
Nationalhymne Deutschlandlied
Nationalfeiertag 11. August (Unterzeichnung der demokratischen Verfassung)
Währung 1 Reichsmark = 100 Reichspfennig
Zeitzone UTC+1 MEZ
Karte

Als Weimarer Republik bezeichnet man das Deutsche Reich in der Epoche zwischen dem 9. November 1918 (Novemberrevolution) und der am 29. Januar 1933 beginnenden Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Während dieser Zeit war das Reich ein demokratischer Bundesstaat, nach der Reichsverfassung vom 11. August 1919 eine Mischform aus präsidialem und parlamentarischem Regierungssystem. Die Bezeichnung erhielt die auf nationalstaatlicher Ebene erste deutsche Republik nach der thüringischen Stadt Weimar, dem Tagungsort der verfassunggebenden Nationalversammlung.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Zeit der Weimarer Republik 1919–1933 nimmt den größeren Teil der deutschen Zwischenkriegszeit ein. Ihre Gründung war nach der Märzrevolution von 1848 der zweite (und erste erfolgreiche) Versuch, eine liberale Demokratie in Deutschland zu etablieren. Sie scheiterte mit der Machtübernahme durch die NSDAP, die eine totalitäre Diktatur errichtete. Die schon unter Zeitgenossen verbreitete These, der Staat von Weimar sei eine „Demokratie ohne Demokraten“ gewesen, ist nur bedingt richtig, weist aber auf ein wesentliches Strukturproblem hin: Es gab keinen tragfähigen Verfassungskonsens, der alle Teile des politischen Spektrums von rechts bis links eingebunden hätte. Vom Kaiserreich übernommene Institutionen – Verwaltung, Justiz und vor allem das Militär – wurden nicht demokratisiert. Obwohl es auch demokratiefeindliche Bestrebungen von Seiten der politischen Linken gab, scheiterte die Weimarer Republik größtenteils an den antidemokratischen Kräften von rechts. Die Republik musste seit ihren Anfängen an zwei Fronten kämpfen. Am Ende verfügten die Parteien, die die parlamentarische Demokratie ablehnten – NSDAP und DNVP einerseits sowie die KPD andererseits – über die Negative Mehrheit im Reichstag.

Die meisten Parteien hatten von ihren unmittelbaren Vorgängern im Deutschen Kaiserreich die ideologische Ausrichtung übernommen und vertraten weitgehend die Interessen ihrer jeweiligen Klientel – auch wenn es abgesehen von SPD und Zentrum keine namentliche Kontinuität gab. Die Zersplitterung der Kräfte und Aufteilung nach Interessengruppen wie Arbeiterbewegung oder Katholiken wurde (negativ) Partikularismus genannt. Das parlamentarische Regierungssystem einerseits und das die Parteienzersplitterung begünstigende reine Verhältniswahlrecht andererseits erforderten aber die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und Kompromisse zu schließen. Die Parteien der Weimarer Koalition (SPD, Zentrum und DDP) – so genannt, weil sie die erste Regierungskoalition in der Weimarer Nationalversammlung bildeten – verloren die absolute Mehrheit bereits mit der ersten Reichstagswahl von 1920 und konnten sie nie wieder erlangen. In 14 Jahren gab es 20 Kabinettswechsel; elf Minderheitenkabinette regierten abhängig von der Duldung durch eine Mehrheit des Reichstags, am Ende sogar unter Ausschaltung des Reichstags nur durch die Gnade des Reichspräsidenten und mit Hilfe von Notverordnungen nach Artikel 48 Abs. 2 der Verfassung anstelle von Gesetzen. Meist war im Reichstag eine Vielzahl von bis zu 17 verschiedenen Parteien vertreten, selten waren es weniger als elf.

Die junge Demokratie trat ein schweres Erbe an:

  • Die Parteien und Politiker waren nicht auf die Regierungsübernahme vorbereitet. Im Kaiserreich hatte es keinen Zwang zur Koalitionsbildung gegeben, da die Regierung vom Parlament unabhängig war. Die Parteien hatten nicht gelernt, Kompromisse zu schließen und vertraten nur ihre Wähler. Die Parteien hatten auch keinen Rückhalt in der Bevölkerung, sie galten als notwendiges Übel, nicht vertrauenswürdig und nicht am Allgemeinwohl, sondern am eigenen interessiert. Alternativen zum Parteienparlamentarismus boten einerseits Ermächtigungsgesetze (hauptsächlich 1923 und schließlich 1933) und andererseits die Besetzung von Regierungsressorts und verantwortlichen Stellen mit parteilosen beziehungsweise „überparteilichen“ Fachleuten und Beamten.
  • Verwaltung und Justiz rekrutierten sich aus dem Personal der Kaiserzeit, auf eine grundlegende Demokratisierung des Beamtenapparats wurde verzichtet – nur das größte Land Preußen bildete zunehmend eine Ausnahme. Viele Richter urteilten politisch voreingenommen: Rechte Straftäter konnten mit wesentlich milderen Urteilen rechnen als linke – worauf bereits der zeitgenössische Statistiker Emil Julius Gumbel aufmerksam machte.
  • Im Ebert-Groener-Pakt unterstellte sich die Heeresführung der neuen Regierung und sicherte ihr gleichzeitig militärische Unterstützung gegen linksradikale Revolutionäre zu. Die spätere Reichswehr entzog sich jedoch unter dem Kommando des Generals Hans von Seeckt weitgehend der demokratischen Kontrolle und führte eine Parallelexistenz als „Staat im Staate“.
  • Die alten Herrscher hatten die Macht früh genug übergeben, um mit der Dolchstoßlegende die Kriegsniederlage und den Friedensvertrag, das so genannte „Versailler Diktat“ oder die Schande von Versailles, den neuen demokratischen Machthabern in die Schuhe schieben zu können.
Invalide aus dem Ersten Weltkrieg, Berlin 1923

Entwicklung der Weimarer Republik

Die Geschichte der Weimarer Republik lässt sich nach der Gründungsphase in drei Abschnitte gliedern:

  • In den Krisenjahren von 1919–1923 hatte die Republik mit den unmittelbaren Kriegsfolgen, einer Hyperinflation und zahlreichen Umsturzversuchen zu kämpfen
  • In den Goldenen Zwanzigern von 1924–1929 erreichte sie eine gewisse Stabilität, wirtschaftliche Erholung und die außenpolitische Anerkennung
  • Die Weltwirtschaftskrise und der Aufstieg der Nationalsozialisten zwischen 1929 und 1933 mündeten in Agonie und Untergang der Republik.

Gründung der Republik

Hauptartikel: Ausrufung der Republik in Deutschland

Ausrufung der Republik: Der SPD-Politiker Philipp Scheidemann spricht aus einem Fenster des Reichstagsgebäudes zum Volk, 9. November 1918

Die Weimarer Republik ging aus der Novemberrevolution am Ende des Ersten Weltkrieges hervor. Die republikanische Staatsform war als innenpolitischer Impuls das Ergebnis der politischen und militärischen Niederlage des Kaiserreiches. Der mit Kriegsbeginn eingetretene Burgfrieden, der die seit den Zeiten des Sozialistengesetzes ausgegrenzten Sozialdemokraten einschloss, stand seit der Gründung der USPD zunehmend in Frage. Mit abnehmender Siegeszuversicht und angesichts von Versorgungsnöten schwanden andererseits auch die gesellschaftliche Integrationskraft der Monarchie und das Prestige der militaristischen Herrschaftsordnung des Kaiserreiches.

Die letzte Regierung des Deutschen Kaiserreiches unter Prinz Max von Baden hatte mit den Oktoberreformen selbst noch die Parlamentarisierung der Reichsverfassung vorgenommen, um außenpolitisch die Siegermächte zu günstigen Friedensbedingungen zu bewegen. Die Reformen hin zu einer parlamentarischen Demokratie waren außerdem eine Vorbedingung für Friedensverhandlungen seitens der Alliierten, insbesondere des US-Präsidenten Woodrow Wilson. Er hatte in einer Antwortnote auf das deutsche Waffenstillstandsgesuch im Oktober 1918 deutlich gemacht, dass mit den militärischen Beherrschern und monarchistischen Autokraten nicht über Friedensbedingungen verhandelt würde. Andernfalls wäre der vollständige militärische Zusammenbruch des Kaiserreichs unvermeidlich gewesen. Die Entscheidung der kaiserlichen Marineleitung, nach Bekanntmachung des Waffenstillstandsgesetzes noch eine Schlacht mit der englischen Flotte zu suchen, löste den Matrosenaufstand von Kiel und die Novemberrevolution aus, die das Schicksal des kaiserlichen Regimes endgültig besiegelte.

Am 9. November 1918 gab Max von Baden gegen 12 Uhr eigenmächtig die Abdankung Kaiser Wilhelms II. bekannt und übergab dem Vorsitzenden der Mehrheitssozialdemokraten, Friedrich Ebert, eine Stunde später, verbunden mit seinem eigenen Rücktritt, das Reichskanzleramt. Am gleichen Tag gegen 14 Uhr rief Philipp Scheidemann eine demokratische Deutsche Republik aus. Ungefähr zeitgleich proklamierte der Sprecher des Spartakusbundes Karl Liebknecht im Berliner Tiergarten und etwa zwei Stunden später nochmals vom Berliner Stadtschloss aus die Freie Sozialistische Republik. Am Abend des Tages sicherte sich Friedrich Ebert die Unterstützung der neuen Obersten Heeresleitung unter General Wilhelm Groener (Ebert-Groener-Pakt). Der am Folgetag gebildete sechsköpfige Rat der Volksbeauftragten, die provisorische Regierung aus je drei MSPD- und USPD-Vertretern unter Eberts Vorsitz, geriet in einen inneren Konflikt, der die zukünftige Staatsform betraf. Die radikalere USPD forderte eine Revolution und einen Sozialstaat. Die MSPD jedoch strebte rasche Neuwahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung an, die die Idee der Demokratie als Grundlage haben sollte.

Auf dem Berliner Reichsrätekongress vom 16. bis zum 21. Dezember 1918 entschied sich eine deutliche Mehrheit der Delegierten gegen eine sofortige Sozialisierung (344 zu 98 Stimmen) und für frühestmögliche Wahlen zur Nationalversammlung (ca. 400 zu 50 Stimmen).[1] Gleichwohl hielten der Spartakusbund und ihm nahestehende Gruppen der Rätebewegung, z. B. Revolutionäre Obleute, am Ziel einer Räterepublik fest.

Am 29. Dezember zerbrach die Übergangsregierung am Streit um das Vorgehen Eberts in den Weihnachtsunruhen, bei denen es zu Schießereien mit Toten gekommen war. Daraufhin beauftragte Ebert am 7. Januar 1919 Gustav Noske mit dem militärischen Schutz seiner Restregierung. Dieser ließ den so genannten Spartakusaufstand gegen die Entmachtung des arbeiterfreundlichen Berliner Polizeipräsidenten vom 8. bis 10. Januar 1919 mit Hilfe der Reichswehr und Freikorps niederschlagen. Im Verlauf der gegenrevolutionären „Säuberungen“ durch diese Truppen wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 von Angehörigen der Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordet.

Krisenjahre

Von Anfang an musste sich die junge Republik mit den Angriffen der extremen Rechten und Linken auseinandersetzen. Die Linke warf den Sozialdemokraten wegen ihres Zusammengehens mit den alten Eliten Verrat an den Idealen der Arbeiterbewegung vor; die Rechte machte die Anhänger der Republik für die Niederlage im Ersten Weltkrieg verantwortlich und verunglimpfte sie als „Novemberverbrecher“, nach der Dolchstoßlegende hatten sie das im Felde unbesiegte deutsche Heer mit der Revolution von hinten erdolcht.

Kapp-Putsch 1920 in Berlin: Soldaten hissen die Kriegsflagge der kaiserlichen Marine, die sie dem demokratischen Schwarz-Rot-Gold vorziehen

Der Kapp-Putsch vom März 1920 stellte die Republik auf eine erste Bewährungsprobe. Freikorps (welche aufgrund der Forderungen des Versailler Vertrages aufgelöst werden sollten) besetzten unter der Führung von General von Lüttwitz das Berliner Regierungsviertel und ernannten den ehemaligen preußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp zum Reichskanzler. Die legale Regierung zog sich zunächst nach Dresden und anschließend nach Stuttgart zurück und rief von dort aus zum Generalstreik gegen die Putschisten auf. Der Putsch scheiterte rasch; entscheidend für die Niederlage war die Weigerung der Ministerialbürokratie, den Anordnungen Kapps Folge zu leisten. Die Reichswehr hatte sich demgegenüber abwartend verhalten (Hans von Seeckt: „Reichswehr schießt nicht auf Reichswehr“). Sie verhielt sich dabei nicht entsprechend dem Ebert-Groener-Pakt. Die Regierung konnte sich der Unterstützung durch die Reichswehr nicht sicher sein.

Nahezu gleichzeitig mit dem Kapp-Putsch erschütterte ein kommunistischer Aufstandsversuch das Ruhrgebiet; er wurde von Reichswehr und Freikorps blutig niedergeschlagen, ebenso weitere Aufstände in Mitteldeutschland, Thüringen und Hamburg.

Am 16. April 1922 vereinbarten Deutschland und die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (Gründungsmitglied der Ende des Jahres neu gegründeten Sowjetunion) im Vertrag von Rapallo diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen, militärische Zusammenarbeit und einen Verzicht auf Entschädigungszahlungen. Der Vertrag verärgerte die Westmächte, insbesondere Frankreich.

Nachdem am 26. August 1921 der Unterzeichner des Waffenstillstandsabkommens und Finanzminister Matthias Erzberger einem Attentat zum Opfer gefallen war, ermordeten rechtsextreme Offiziere aus der Organisation Consul den für den Rapallo-Vertrag verantwortlichen Außenminister Walther Rathenau am 24. Juni 1922. Rathenau war einer der bedeutendsten Politiker beim Aufbau der Weimarer Republik und gleichzeitig eine der wenigen intellektuellen Integrationsfiguren. Der Mordanschlag stürzte den jungen Staat sowohl innen- als auch außenpolitisch in eine schwere Krise, als Reaktion wurde ein Gesetz zum Schutze der Republik verabschiedet. Sein Ziel, die Ausschaltung der Nachfolgerorganisationen der Freikorps, wurde aber nicht erreicht.

Ein Verzug bei den Reparationszahlungen führte Anfang 1923 zur Ruhrbesetzung, in deren Zusammenhang dann im Rheinland und in der Pfalz separatistische Bewegungen mit der kurzfristigen Gründung der Rheinischen Republik auftraten. Der von der Regierung ausgerufene passive Widerstand verursachte stark steigende Kosten, die der parteilose Reichskanzler Wilhelm Cuno durch vermehrten Geldumlauf zu decken versuchte. Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden der Ruhrbesetzung belief sich auf 3,5 bis 4 Milliarden Goldmark. Der Wert der Papiermark fiel immer schneller.

Geldscheine zu einer Million Mark, als Notizblock verwendet, Oktober 1923

Am 3. September 1923 stand der Wechselkurs für einen US-Dollar noch bei knapp zehn Millionen Mark, Ende des Monats waren es dann schon 160 Millionen Mark. Wenig später kostete ein Dollar Milliarden- und Billionenbeträge. Aus der Inflation, die schon während der Kriegszeit eingesetzt hatte, wurde eine Hyperinflation. Der neue Reichskanzler Gustav Stresemann (DVP) beendete schließlich den passiven Widerstand im Ruhrgebiet und löste das Problem der Inflation durch eine neue Währung. Die Einführung der Rentenmark (1 Rentenmark = 1 Billion Papiermark bei 4,20 Rentenmark für den Dollar) beendete diese Entwicklung. Zu den Verlierern der Inflation gehörten vor allem die kleinen Sparer und Rentenbezieher. Sachwertbesitzer und Industrielle (wie Hugo Stinnes), die Kredite mit entwertetem Geld zurückzahlen konnten, profitierten. Auch Landwirte gehörten zu den Gewinnern, da ihre Schulden an Wert verloren (siehe auch: Deutsche Inflation 1914 bis 1923).

Nach der Niederschlagung der Münchner Räterepublik wurde das Land Bayern zu einem Sammelbecken von rechtskonservativen und nationalsozialistischen Kräften; von dieser „Ordnungszelle“ aus erstrebten sie die Befreiung Deutschlands vom „marxistischen Chaos“. Das Ende des Widerstandes gegen die Ruhrbesetzung diente der bayerischen Regierung als Vorwand, Gustav Ritter von Kahr zum Generalstaatskommissar mit diktatorischen Vollmachten nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung zu ernennen. Dieser und der bayerische Wehrkreiskommandeur Otto von Lossow spielten eine zweideutige Rolle im von Adolf Hitler nach italienischem Vorbild geplanten „Marsch auf Berlin“. Als Reaktion auf diesen Putschversuch (Hitler-Ludendorff-Putsch) zur Errichtung einer Rechtsdiktatur, verhängte Reichspräsident Ebert seinerseits den Ausnahmezustand (Art. 48 Abs. 2). General Hans von Seeckt, der Chef der Heeresleitung, der mit Gustav Ritter von Kahr sympathisierte, konnte eine so genannte Reichsexekution (Art. 48 Abs. 1) allerdings verhindern.

Goldene Zwanziger

Hauptartikel: Goldene Zwanziger

Nicht zuletzt in der Kultur- und Alltagsgeschichte spricht man von den "Goldenen Zwanzigern". Tanztee mit Jazzband, Berliner Hotel "Esplanade" 1926

Trotz aller Spannungen und Konflikte, die die junge Republik zu meistern hatte, schien die Demokratie zunehmend erfolgreich. Die Neuordnung der Währung und die im Gefolge des Dawes-Plans ins Land strömenden US-amerikanischen Kredite leiteten eine Phase relativer wirtschaftlicher und politischer Stabilisierung ein, die so genannten Goldenen Zwanziger Jahre. Dazu trug bei, dass Stresemann unter wechselnden Regierungen Außenminister blieb und mit seinem französischen Kollegen Aristide Briand eine erste noch vorsichtige Politik der Annäherung einleitete. Gleichzeitig versuchte er, schrittweise eine Revision des Versailler Vertrages zu erreichen und Deutschland wieder als gleichberechtigten Partner in die internationale Gemeinschaft zurück zu führen. Die Aufnahme in den Völkerbund und die Verträge von Locarno sind als erste Erfolge auf diesem Wege anzusehen. Mit dem Berliner Vertrag, der ein deutsch-sowjetisches Freundschafts- und Neutralitätsbündnis darstellte, versuchte der Reichsaußenminister Befürchtungen über eine einseitige deutsche Westbindung entgegenzuwirken. Solche Sorgen hatte es in der Sowjetunion, aber auch in Deutschland selbst gegeben.

Weitere Stationen auf dem Weg der Aussöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern bildeten die Unterzeichnung des Briand-Kellogg-Pakts, der die Ächtung des Kriegs als Instrument der Politik zum Inhalt hatte, und – trotz erheblicher Widerstände von rechter Seite, die in einem Volksbegehren mündeten – die Annahme des Young-Plans, der eine endgültige Regelung der Reparationsfrage darstellte und Voraussetzung für die vorzeitige Räumung des Rheinlands von alliierter Besatzung war.

Auch der Abschluss von Wirtschaftsverträgen mit Ungarn, Rumänien und Bulgarien im Jahr 1927 stärkte das Ansehen der Weimarer Republik im Ausland.

Kommunisten demonstrieren Stärke: Zug des "Rotfrontkämpferbundes", Berlin-Wedding 1927

Innenpolitisch gelang es, die republikfeindliche Deutschnationale Volkspartei (DNVP) in die Regierungsverantwortung einzubinden. Bei der Reichstagswahl im Dezember 1924 erhielten die völkischen Parteien mit 0,9 Millionen Stimmen eine Million Stimmen weniger als noch im Mai. Auch die Wahl des greisen Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg 1925 zum Reichspräsidenten, der sich vor der Wahl die Zustimmung Wilhelms II. holte, wirkte nicht unmittelbar republikgefährend, obwohl Hindenburg sich in einem mit nationalistischen und antisozialdemokratischen Argumenten geführten Wahlkampf gegen Wilhelm Marx, den Kandidaten der Weimarer Parteien, durchgesetzt hatte (siehe: Reichspräsidentenwahl 1925). Die Reichspräsidentenwahl war notwendig geworden, nachdem 1924 dem bisherigen Reichspräsidenten Ebert im Dolchstoßprozess vorgeworfen worden war, durch seine Beteiligung an den Streiks während des Weltkriegs habe er Landesverrat begangen. Ebert ließ deshalb eine Blinddarmentzündung nicht rechtzeitig behandeln und starb daran. Hindenburgs Wahl war allerdings Ausdruck einer politischen Gewichtsverschiebung nach rechts, was sich unter anderem in der von ihm 1926 erlassenen Flaggenverordnung zeigte, die es deutschen Auslandsvertretungen erlaubte, neben der schwarz-rot-goldenen Reichsflagge die schwarz-weiß-rote Handelsflagge des Kaiserreichs zu hissen. Auch hatte er sich 1926 gegen den Entwurf eines von der Verfassung angekündigten Ausführungsgesetzes zum Artikel 48 der Verfassung gewandt, welches Beschränkungen der präsidialen Vollmachten herbeigeführt hätte.

Propagandawagen zur Fürstenenteignung 1926

Zu einer heftigen Auseinandersetzung kam es 1925 und 1926 um die Behandlung des Vermögens der früher regierenden Fürstenhäuser (siehe: Fürstenenteignung). Dieses Vermögen war bei der Revolution beschlagnahmt, aber nicht enteignet worden. Es kam zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, bei denen die noch monarchistische Justiz eher auf Seiten der Fürstenhäuser stand. Die DDP brachte daraufhin im Reichstag einen Gesetzentwurf ein, der den einzelnen Ländern die Regelung der Auseinandersetzungen unter Ausschluss des Rechtsweges gestattet hätte. Die KPD machte daraufhin das erste Mal in der Weimarer Republik von der Möglichkeit Gebrauch, ein Gesetz durch Volksbegehren und Volksentscheid zu erreichen, die SPD schloss sich ihr an. Der Gesetzentwurf der KPD sah eine entschädigungslose Enteignung der Fürstenhäuser zu Gunsten Bedürftiger vor. Der Entwurf erhielt beim Volksbegehren mit über 12 Millionen Unterschriften, die Zustimmung von fast einem Drittel der Stimmberechtigten. Da der Reichstag den Gesetzesentwurf ablehnte, kam es zu einem Volksentscheid, bei dem die Mehrheit der Stimmberechtigten benötigt wurde. Bei dem Entscheid scheiterte der Entwurf, da er nur von 36,4 % der Stimmberechtigten (14,46 Mio. Stimmen, Hindenburg hatte bei seiner Wahl 14,66 Mio. Stimmen erhalten) unterstützt wurde, allerdings hatten auch nur 1,5 % der Wähler mit Nein gestimmt. Ein Problem bei der Abstimmung war der Aufruf der rechten Parteien zum Wahlboykott, so dass die Wahl nicht mehr geheim war, da man bei einer Stimmabgabe von einer Unterstützung des Vorschlags ausgehen konnte. Aus diesem Grund nahmen, vor allem im ländlichen Raum, Stimmberechtigte aus Furcht nicht am Volksentscheid teil. Der Volksentscheid führte zu einer Beteiligung großer Bevölkerungsteile an einer wichtigen Entscheidung, aber war auch eine Misstrauenserklärung an das parlamentarische System und destabilisierte dieses weiter. Auf diesen Effekt zielten später bei ihrem Volksbegehren die rechten Parteien.

Insgesamt waren auch diese Jahre nur eine Phase der relativen, nicht der absoluten Stabilisierung. Auch in diesen Jahren besaßen nur zwei Regierungen eine Mehrheit im Parlament, und die Koalitionen mit Mehrheit waren immer in der Gefahr zu zerbrechen, keine Regierung überstand eine komplette Legislaturperiode. Die Parteien fühlten sich weniger dem Allgemeinwohl als vielmehr ihrer Klientel oder dem eigenen Erfolg verpflichtet. Auch die Weichen für die Wirtschaftskrise wurde in diesen Jahren gelegt, da es im Außenhandel ein Ungleichgewicht gab, welches durch kurzfristige Auslandkredite ausgeglichen wurde. Als diese Kredite abgezogen wurden kam es zum Zusammenbruch der Wirtschaft.

Untergang ab 1929

Verfassungsfeier im Berliner Stadion, 11. August 1929

Alle Hoffnungen auf eine langfristige Stabilisierung der ersten deutschen Demokratie erwiesen sich als vergeblich. Der Tod Gustav Stresemanns im Oktober 1929 markiert den Anfang vom Ende der Weimarer Republik. In der DNVP hatten sich die stramm antirepublikanischen Kräfte um den Medienzaren Alfred Hugenberg durchgesetzt, der zusammen mit Adolf Hitler und Franz Seldte vom Stahlhelm („bewaffneter Arm“ der DNVP) 1929 den Volksentscheid gegen den Young-Plan initiierte. Der Volksentscheid scheiterte zwar, machte aber die Nationalsozialisten in weiten Kreisen des konservativen Bürgertums salonfähig.

Von entscheidender Bedeutung für die Radikalisierung der Politik war schließlich die Weltwirtschaftskrise, die Deutschland sehr viel härter traf als andere europäische Staaten. Nach dem Absturz der Wall Street wurden viele kurzfristige Auslandskredite aus Deutschland abgerufen. Daraufhin brach die deutsche Wirtschaft ein, die ohnehin schon unter geringer internationaler Wettbewerbsfähigkeit und einem dadurch hervorgerufenen hohen Handelsbilanzdefizit und den Reparationen zu leiden hatte. Die Krise in der Exportwirtschaft griff schnell auf die Binnenkonjunktur über. Durch die einsetzende Massenarbeitslosigkeit verschlechterte sich die soziale und wirtschaftliche Lage dramatisch. Am Ende der Weimarer Republik im Jahr 1933 zählte man insgesamt sechs Millionen offizielle Arbeitslose, dies entsprach einer Quote von etwas mehr als 30 %. Nur noch 12 Millionen Menschen arbeiteten regulär. Viele lebten am Existenzminimum. Dies ging einher mit einer Dauerregierungskrise. Parlament, Regierung und Reichspräsident arbeiteten mehr gegen- als miteinander. Es kam zu Neuwahlen und Kabinettskrisen in rascher Abfolge, bei denen die radikalen Parteien, allen voran die NSDAP, immer mehr Zulauf erhielten.

Finanzkrise ab 1929

Der wirtschaftliche Abschwung, in Form einer scharfen Rezession, hatte seinen spektakulären Ausgang im Börsenkrach an der Wall Street genommen und sich – gefördert von einem starren Währungssystem und verfehlter Politik (z. B. protektionistischen Zollmaßnahmen)- rasch global ausgebreitet. Inmitten dieser prekären Situation erschütterte eine Hiobsbotschaft aus Österreich die Bankenwelt in Europa. Die Creditanstalt – größte Bank Österreichs und zugleich eine gigantische Holding mit umfangreichem Aktienbesitz – war pleite. Durch direkte und indirekte Beteiligungen hatte sie 60 Prozent der österreichischen Industrie kontrolliert.

Die Nachricht vom unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der Creditanstalt wurde zu einem entscheidenden Scheidepunkt: Nun regierte die Panik. Die österreichischen Banken wurden von verängstigten Sparern gestürmt. Die Nerven von Anlegern und Investoren lagen blank, und das nicht nur in Österreich. Denn die Schwächen des Banksystems, die der Creditanstalt zum Verhängnis geworden waren, ließen sich in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland, nur zu leicht wiedererkennen. Anders als im angelsächsischen Raum pflegten die Bankiers in Deutschland (sowie im übrigen Mittel- und Osteuropa), enge Beziehungen zur Industrie: über langfristig vergebene Kredite und Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien. Beides erwies sich als schwerwiegender Fehler in der Krise. An die gegebenen Kredite kam eine Bank, sollte sie plötzlich Geld brauchen, aufgrund der langen Laufzeiten nicht wieder heran. Und Aktien waren in einer allgemeinen Wirtschaftskrise nicht mehr viel wert, so dass die vielen Unternehmensbeteiligungen schwer auf den Bilanzen der Banken lasteten.

Endgültig zum Verhängnis wurde der deutschen Bankenwirtschaft jedoch ihre Abhängigkeit vom Ausland (allen voran den Vereinigten Staaten). Dort hatte sie sich mit dem Kapital versorgt, welches sie an Handel und Industrie verlieh. Diese Lösung war verlockend, denn in Deutschland selbst war Kapital nach der Hyperinflation von 1923, welche sämtliche Sparguthaben wertlos gemacht hatte, knapp. Auf Kapital deutscher Sparer konnte also nicht in ausreichendem Maße zurückgegriffen werden. Das Ausland sprang ein und füllte den Banken die Kassen, allerdings war die Erinnerung an das Chaos der Inflation auch bei den ausländischen Geldgebern nicht verblasst. Sie blieben vorsichtig und vergaben vor allem kurzfristige, schnell rückholbare Kredite ins Reich. Damit war im Krisenfall der Notausstieg erheblich vereinfacht.

Armenspeisung 1931 in Berlin: Gulaschkanone der Reichswehr

Die Liquidität der deutschen Banken hing also in erheblichem Umfang vom Vertrauen des Auslands ab, welches sich, während der sich abzeichnenden Weltwirtschaftskrise, als zunehmend fragil erwies. Bereits im September 1930, als sich bei der Reichstagswahl die Stimmen der Nationalsozialisten verzehnfacht hatten, begannen Investoren, beunruhigt über eine mögliche politische Instabilität, Kapital aus Deutschland abzuziehen. Die Lage verschlimmerte sich, als renommierte deutsche Konzerne in Turbulenzen gerieten. Im Mai 1931, gerade als in Österreich die Krise um die Creditanstalt für Panik zu sorgen begann, wurde ruchbar, dass Karstadt in Geldnöten steckte, ebenso die bekannte Nordstern-Versicherung. Karstadt war dabei gewesen, seine Expansion rasch voranzutreiben und finanzierte diese mit Hilfe ausländischer Kredite. Die Gläubiger fragten sich nun besorgt, wie sicher die Banken noch waren, die Karstadt geliehen hatten.

Politische Entwicklungen verschreckte die Geldgeber noch weiter. Eine Erklärung von Reichskanzler Brüning, der, in den Verhandlungen über die Reparationszahlungen, die Möglichkeit eines Staatsbankrotts des Reiches andeutete, heizte Anfang Juni 1931 die gefährlichen Kapitalabflüsse ins Ausland weiter an. Für den großen Krach fehlte nur noch der Anlass. Den lieferte eine windige Bremer Firma namens Nordwolle – und ihr Partner, die Darmstädter und Nationalbank, die ihr im großen Stil geliehen hatte. Beide Unternehmen hatten sich mit fragwürdigen, hochrisikobehafteten Investments verspekuliert. Die Danatbank wurde vom Kollaps der Nordwolle hart getroffen. In der Öffentlichkeit machten erste Gerüchte die Runde, dass nun auch eine deutsche Bank in Schwierigkeiten sei. Als der Name der Danatbank fiel, brach der Ansturm der Anleger los. Binnen weniger Tage musste die Bank kapitulieren. Am Montag, den 13. Juli, blieben ihre Schalter geschlossen.

Am vorausgegangenen Wochenende hatten hektische Krisengespräche zwischen führenden Branchenvertretern und der Reichsregierung ein heilloses Chaos unter den Banken im Reich offenbart. Die Dresdner Bank etwa, die ebenfalls mit Krediten für die Nordwolle schwer belastet war, behauptete am 11. Juli 1931 nicht in Gefahr zu sein – drei Tage später war sie am Ende. Die Reichsregierung zog nun die Notbremse. Als am Montag die Banken öffneten und schon nach wenigen Stunden dem Andrang panischer Sparer nicht mehr gewachsen waren, erklärte die Regierung die folgenden zwei Tage zu Bankfeiertagen: sämtliche Geldinstitute blieben geschlossen. Danach wurden Abhebungen zunächst nur für dringlichste Geschäfte zugelassen, etwa für die Zahlung von Gehältern. Die Atempause nutzte man, um die am meisten gefährdeten Banken mit Geld zu versorgen.

Staatseingriffe

Der Staat verbilligte, unter dem wüsten Protest der Bankiers, Kredite für die Wirtschaft und reduzierte per Dekret die Verzinsung laufender Anleihen. Es wurden schärfere Kontrollen und eine erste Bankenaufsicht eingeführt. Der Regierung gelang es, mit großangelegten Interventionen – von der Übernahme großer Banken über Umstrukturierungen bis hin zu flankierenden Aufsichtsmaßnahmen – den Kollaps des deutschen Finanzsystems zu verhindern. Womit sie jedoch in der Bevölkerung ihren letzten Kredit verspielt hatte. Gewerkschaften und Kommunisten wetterten gegen die Sozialisierung der Verluste. Eine antikapitalistische Haltung der Bevölkerung war, allein schon durch die wirtschaftliche Krise an sich weit verbreitet, da nun aber das Kabinett sich scheinbar vor allem für das Großkapital und die unpopulären Banken in die Bresche warf, brachte dies keinerlei Sympathie – im Gegenteil. Auch die Banken rückten, obwohl der staatliche Eingriff sie letztendlich gerettet hatte, von Reichskanzler Brüning ab. Dessen umsichtige Politik sollte im Nachgang entscheidend zur Gesundung der deutschen Wirtschaft beitragen, welche die Weimarer Republik aber nicht mehr erlebte.

Kabinett Brüning

Im März 1930 zerbrach die von dem Sozialdemokraten Hermann Müller geführte Große Koalition über der Frage einer geringfügigen Beitragserhöhung für die Arbeitslosenversicherung. Reichspräsident Hindenburg ernannte Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Kanzler. Da das Ernennungsrecht nach Art. 53 WRV beim Reichspräsidenten lag, war ein Präsidialkabinett, also eine Minderheitsregierung möglich, die nur auf das Vertrauen des Präsidenten und dessen Notstandsvollmachten gestützt war (gesetzesvertretendes Notverordnungsrecht nach Art. 48 Abs. 2 und Befugnis zur Auflösung des Reichstags nach Art. 25 WRV). Ein solches Präsidialkabinett wurde unter Brünings Führung etabliert. Zu dieser Entscheidung hatte das Fehlen einer arbeitsfähigen Regierung ebenso beigetragen wie die mangelnde Konsensfähigkeit der Parteien. Dass jedoch tatsächlich alle Verhandlungsspielräume erschöpft waren, wurde bezweifelt. Auch wurden nur die Minister der SPD ausgewechselt, was auf einen vom Präsidenten gewünschten und geplanten Schwenk nach Rechts hindeutet.

"Gautreffen" der Nationalsozialisten, 1931 in Braunschweig

Die Wahlen vom September 1930 brachten den Nationalsozialisten einen erdrutschartigen Zuwachs: sie konnten ihre Stimmenzahl auf 18,3 Prozent steigern und wurden damit zur zweitstärksten Partei. Jetzt gab es nicht einmal mehr eine Mehrheit für eine Große Koalition im Reichstag, der zunehmend zum Forum für die Agitation rechter und linker Gegner der Republik wurde.

Unterdessen verschärfte sich die Wirtschaftskrise weiter. Bei sinkenden Steuereinnahmen und gleichbleibenden Kriegslasten (Reparationen, Kriegsrenten) konnte der Reichshaushalt nur durch massive Steuererhöhungen und Lohnkürzungen ausgeglichen werden. Die Kriegslasten betrugen 1930 insgesamt 47,5 % des ordentlichen Reichshaushalts. Die abbröckelnde Binnennachfrage verstärkte die Wirtschafts- und Sozialkrise. 1930 verlangten die Arbeitgeber im Bergbau 12,5 Prozent Lohnverzicht von den Arbeitnehmern, was die Gewerkschaften im Herbst des Jahres ablehnten. Am 29. Dezember scheiterten die Tarifverhandlungen. Die Regierung Brüning hatte sich bereits zuvor klar auf die Seite der Arbeitgeber gestellt und drohte mit staatlichen Maßnahmen gegen mögliche Arbeitskämpfe. Zum 15. Januar 1931 kündigte der Zechenverband 295.000 Arbeitern, die teilweise zu schlechteren Bedingungen wieder eingestellt werden sollten. Auf Seiten der Gewerkschaften bereitete man sich auf gewaltsame Auseinandersetzungen vor. Die Regierung setzte per Notverordnung eine Schlichtungskommission ein, die Tarife auch gegen den Willen der Tarifparteien festlegen konnte. Am 10. Januar verfügte diese Kommission eine Kürzung der Löhne um sechs Prozent und eine Rücknahme der Massenkündigung. Dennoch kam es zu Streiks und Aussperrungen. In den folgenden Monaten wurden die Löhne durch Notverordnungen weiter gekürzt, was die Not der Bevölkerung vor allem im Ruhrgebiet weiter steigen ließ.

Das Vertrauen in die Demokratie und die Republik sank ungebremst. Die Republik wurde für die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich gemacht, zumal die Reichsregierung im Verlauf des Jahres 1930 mehrfach neue Steuern erhob, um die Staatsaufgaben erfüllen zu können. Die Rufe nach einem „Starken Mann“, der das Deutsche Reich wieder zu alter Größe und Ansehen bringen sollte, wurden lauter.

Auf diese Forderungen gingen besonders die Nationalsozialisten ein, die mittels gezielter Propaganda und der Konzentration auf die Person Hitlers ein solches Bild der Stärke suggerierten. Sie verstanden es, die Massen durch Großveranstaltungen für sich zu gewinnen und nutzten modernste Wahlkampfmittel, z. B. die konsequente Emotionalisierung. Hitlers Angriffe richteten sich gegen alles, was mit dem „Weimarer System“ in Verbindung gebracht wurde – vom Parteiensystem, bestehend aus verschiedenen relativ kleinen Parteien und Splitterparteien bis hin zum eigentlichen demokratisch-parlamentarischen Prinzip. Aber nicht nur der rechte Flügel Deutschlands erstarkte, sondern auch der linke. Die republik-freundlichen Sozialdemokraten verloren im Gegensatz zu den Liberalen kaum Stimmen, die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) konnte sogar Stimmen gewinnen und wurde zu einer bedeutenden Macht im Parlament und auf der Straße. Denn längst hatte sich der Kampf, ausgehend von den Kampforganisationen der NSDAP (SA) und der KPD (Roter Frontkämpferbund) auf die Straße verlagert, wo sich teilweise bürgerkriegsähnliche Szenen abspielten. Daran hatten selbst die republikanisch gesinnten Kräfte mit einem eigenen Kampfverband, dem sozialdemokratisch dominierten Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold (später Eiserne Front) Anteil. Auch diese chaotischen Gewaltszenen spielten letztlich – obwohl diese oft dafür verantwortlich waren – den Nationalsozialisten in die Hände, da Hitler immer häufiger als „letzte Karte“ ins Spiel gebracht wurde, der die geordneten Verhältnisse wiederherstellen würde. Um eine weitere Stärkung der radikalen Flügelparteien zu verhindern, tolerierte die SPD im Reichstag weitgehend die auf Kürzung der Sozialausgaben basierende Spar- und Deflationspolitik Brünings, welche aber die wirtschaftliche Krise kurzfristig noch verschärfte.

Harzburger Front 1931

Am 11. Oktober 1931 vereinigte sich die nationalistische Rechte zur Harzburger Front. Als Reaktion bildeten die republiktreuen Organisationen unter dem Fahnensymbol der drei Pfeile die Eiserne Front. 1932 standen Wahlen zum Amt des Reichspräsidenten an. Bezeichnend für die Situation der Republik ist, dass keiner der Kandidaten, Thälmann, Hitler und Hindenburg, ein Demokrat war. Die Parteien der Mitte bis zur SPD unterstützten Hindenburg, um einen Erfolg Hitlers zu verhindern. Brüning hatte sich mit seinem Verbot der SA und der Osthilfeverordnung, die von den ostpreußischen Grundbesitzern – zu denen auch Hindenburg gehörte – stark kritisiert wurde, beim Reichspräsidenten in Misskredit gebracht. Hindenburg nahm ihm zudem übel, dass er auf sein Betreiben auch von den Anhängern der SPD zum Reichspräsidenten gewählt worden war. Er entzog ihm sein Vertrauen und Brüning, der aufgrund seiner Sparpolitik in der Bevölkerung ohnehin kaum Rückhalt besaß, musste zurücktreten. Der Kanzler wurde nach eigenem Bekunden „hundert Meter vor dem Ziel“ gestürzt, da seine Deflationspolitik noch keine Wirkung entfalten konnte. Auch sein Ziel der Gleichberechtigung Deutschlands und der endgültigen Aufhebung der Reparationen hatte er nicht erreicht.

Siehe auch: Kabinett Brüning I und II

Kabinett von Papen

Sein Nachfolger Franz von Papen ersuchte Hindenburg sofort um Auflösung des Parlaments. Er wollte die Unterstützung der Nationalsozialisten und hob dafür das Verbot der SA wieder auf. Im sechsten Reichstag, der im Juli 1932 gewählt wurde, hatten die Nationalsozialisten 230 und die Kommunisten 89 von 608 Mandaten. Die beiden extremen Flügelparteien hatten damit eine negative Mehrheit erreicht, die jede parlamentarische Arbeit unmöglich machte. Papen löste den gerade erst gewählten Reichstag, nach einem mit großer Mehrheit gegen ihn gerichteten Misstrauensvotum, durch eine vorbereitete Order Hindenburgs wieder auf. Am 20. Juli setzte er die Regierung von Preußen ab, die letzte Bastion der Republik. Als Vorwand für den „Preußenschlag“, der häufig als Staatsstreich bezeichnet wurde, diente das angebliche Versagen der preußischen Polizei am „Altonaer Blutsonntag“ (Straßenkämpfe zwischen SA und Kommunisten).

Die Neuwahlen vom November desselben Jahres brachten zwar einen Rückgang der Stimmen für die NSDAP, aber wiederum keine regierungsfähige Mehrheit. Papen trat zurück, nachdem ihm klar geworden war, dass er die Unterstützung der Reichswehr bei der Absicherung einer Diktaturregierung nicht besaß. Zudem hatte es der Reichstag aufgrund eines Verfahrensfehlers Papens geschafft, ihm rechtlich wirkungslos aber öffentlichkeitswirksam das Misstrauen auszusprechen. Aufgrund der fehlenden Unterstützung des Reichswehrministers Kurt von Schleicher, die im Zuge einer militärischen Simulation eines möglichen Aufstandes (dem „Planspiel Ott“) sichtbar geworden war, verweigerte Hindenburg die geforderte Auflösung des Reichstags ohne Festsetzung von Neuwahlen. Diese Ausschaltung des Parlaments, gestützt auf das Argument des Staatsnotstands, hätte einen offensichtlichen Verfassungsbruch dargestellt.

Siehe auch: Kabinett Papen

Kabinett von Schleicher

General Kurt von Schleicher geht zur Wahl, 5. März 1933

Papens Nachfolger wurde General Kurt von Schleicher, der bis dahin im Hintergrund die Fäden gezogen hatte und für Papens Sturz verantwortlich war. Doch auch sein Konzept, einen Ausweg aus der Krise zu finden, scheiterte. Er hatte eine breite „Querfront“ von den Gewerkschaften bis zum linken Flügel der NSDAP um Gregor Strasser erstrebt. Anders als Papen setzte er nicht auf restaurative Verfassungsreformen, sondern auf sozialen Ausgleich. Am 28. Januar 1933 musste auch Schleicher zurücktreten, nachdem er zuletzt selbst von Hindenburg erfolglos die Ausrufung des Staatsnotstands, nach dem er aber vermutlich im Gegensatz zu Papen wieder zur Demokratie zurückkehren wollte, gefordert hatte. Schleicher selbst war kein Demokrat, sein Verhältnis zur NSDAP wandelte sich mehrmals, zuletzt empfahl er Hindenburg ein Kabinett unter Hitler.[2] Schleichers dringliche Bitte um Order zur Auflösung des Reichstags und Proklamation des Staatsnotstandes gründete sich in der Tatsache, dass in der nächsten Sitzung am 31. Januar 1933 ein sicheres Misstrauensvotum drohte. Hindenburg lehnte sein Begehren um Zusage der Auflösung mit folgenden Worten ab:

„Das kann ich bei der gegebenen Lage nicht. Ich erkenne dankbar an, daß sie versucht haben die Nationalsozialisten für sich zu gewinnen und eine Reichstagsmehrheit zu schaffen. Es ist leider nicht gelungen und es müssen daher nun andere Möglichkeiten versucht werden.“[3]

Siehe auch: Kabinett Schleicher

Machtübernahme der NSDAP

Schleicher konnte nicht wissen, dass ausgerechnet er, Meister der Intrigen, nun selbst Opfer einer Intrige geworden war: Schon am 4. Januar 1933 hatte sich sein ehemaliger Schützling Franz von Papen mit Hitler zu Geheimverhandlungen im Privathaus des Kölner Bankiers Kurt von Schröder getroffen (Treffen Papens mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder). Diesem Gespräch folgten weitere, zuletzt auch unter Anwesenheit des Staatssekretärs des Reichspräsidenten Otto Meißner und dem Sohn des Reichspräsidenten Oskar von Hindenburg, beides einflussreiche Berater in der Kamarilla des greisen Paul von Hindenburg. Sie vereinbarten eine Koalitionsregierung aus Deutschnationalen und NSDAP, der außer Hitler nur zwei weitere Nationalsozialisten, nämlich Wilhelm Frick als Innenminister und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich und kommissarischer preußischer Innenminister, angehören sollten. Papen selbst war als Vizekanzler und Reichskommissar für Preußen vorgesehen.

Nationalsozialisten wollen den ehemaligen Ministerpräsidenten Bernahrd Kuhnt demütigen, indem sie den SPD-Politiker in einem Karren zur Zwangsarbeit transportieren. 9. März 1933.

Der 86-jährige Reichspräsident, der sich lange gegen eine Kanzlerschaft des „böhmischen Gefreiten“ Hitler gesträubt hatte, konnte mit dem Hinweis beruhigt werden, dass ein von einer konservativen Kabinettsmehrheit „eingerahmter“ NSDAP-Führer nur eine geringe Gefahr bedeute. Der Glaube, Hitler als Kanzler kontrollieren zu können, sollte sich aber als folgenschwerer Fehler herausstellen. Ein weiteres zentrales Argument für Hindenburg war die formale Verfassungskonformität der Lösung Hitler. Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 bedeutete faktisch das Ende der Weimarer Republik – auch wenn die Weimarer Verfassung formal nie außer Kraft gesetzt wurde. Die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz führten direkt in die Diktatur des Nationalsozialismus.

In der Geschichtsforschung wird allgemein die Zäsur des 30. Januar 1933 als Ende der Weimarer Republik angenommen. Anzumerken ist, dass zu diesem Zeitpunkt, und auch noch im folgenden Jahr, bis zum Tod Hindenburgs, formal das Rechts- und Präsidialregierungssystem der Jahre zuvor galt. Bemerkenswert auch, dass Reichspräsident Paul von Hindenburg für den Fall seiner Abwesenheit dem Vizekanzler Franz von Papen eine Vollmacht zur Ausübung des präsidialen Vetorechts gegen Hitler übergeben hatte. Dieser setzte sie nie ein.

Adolf Hitler redet im Reichstag zum Ermächtigungsgesetz, 23. März 1933

Die Diskussion, ob die Weimarer Republik bis zum 30. Januar 1933, bis zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933, bis zum Tod Hindenburgs am 2. August 1934, zur Volksabstimmung am 19. August 1934, oder – aufgrund der Tatsache, dass die Weimarer Verfassung nie aufgehoben, sondern nur per Notstandsgesetz außer Kraft gesetzt war – sogar de jure bis 1945 bestand, wird oftmals stark polemisch geführt, und führt im Allgemeinen ins Leere. Ob die Reichstagswahlen am 5. März 1933 und die Volksabstimmung am 19. August 1934 demokratischen Maßstäben genügen, ist umstritten.[4] Das Phänomen des Scheiterns der ersten deutschen Demokratie in der Weimarer Republik, des Erstarkens der Nationalsozialisten, der Machtübergabe/-übernahme/-ergreifung an/durch Hitler kann sicher nur im vollständigen Zusammenhang begriffen werden.

Territoriale Gliederung

Länder Deutschlands (1925)

Das Deutsche Reich bestand zwischen 1920 und 1929 aus 18 Ländern, die ihre Wurzeln in den Gliedstaaten des Deutschen Kaiserreichs hatten. Lediglich das Land Thüringen war 1920 aus den so genannten „Thüringischen Staaten“ neu gebildet worden. 1929 verlor Waldeck seine Eigenständigkeit und wurde preußisch. Im „Dritten Reich“ wurden 1934 Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zum Land Mecklenburg vereinigt; 1937 wurde Lübeck ein Teil Preußens.

Die folgende Aufstellung enthält statistische Angaben von 1925:[5]

Land Fläche (km²) Einwohner Einw./km² Hauptstadt
Freistaat Anhalt 2.313,58 351.045 143 Dessau
Republik Baden 15.069,87 2.312.500 153 Karlsruhe
Freistaat Bayern 75.996,47 7.379.600 97 München
Freistaat Braunschweig 3.672,05 501.875 137 Braunschweig
Freie Hansestadt Bremen 257,32 338.846 1.322 Bremen
Freie und Hansestadt Hamburg 415,26 1.132.523 2.775 Hamburg
Volksstaat Hessen 7.691,93 1.347.279 167 Darmstadt
Freistaat Lippe 1.215,16 163.648 135 Detmold
Freie und Hansestadt Lübeck 297,71 127.971 430 Lübeck
Freistaat Mecklenburg-Schwerin 13.126,92 674.045 51 Schwerin
Freistaat Mecklenburg-Strelitz 2.929,50 110.269 38 Neustrelitz
Freistaat Oldenburg 6.423,98 545.172 85 Oldenburg
Freistaat Preußen 291.639,93 38.120.170 131 Berlin
Freistaat Sachsen 14.986,31 4.992.320 333 Dresden
Freistaat Schaumburg-Lippe 340,30 48.046 141 Bückeburg
Land Thüringen 11.176,78 1.607.329 137 Weimar
Freistaat Waldeck 1055,43 55.816 53 Arolsen
Freier Volksstaat Württemberg 19.507,63 2.580.235 132 Stuttgart
Saargebiet[6] 1.910,49 768.000 402 Saarbrücken
Deutsches Reich 468.116,13 62.410.619 134 Berlin

Bevölkerung

Religion

Im dritten Abschnitt der Weimarer Verfassung wurde unter anderem auf eine Staatskirche verzichtet; damit war das bis dahin noch geltende „landesherrliche Kirchenregiment“ abgeschafft, nachdem der Landesherr Träger der Regierungsgewalt in der evangelischen Landeskirche war.

Frauen in der Weimarer Republik

Mit der Gründung der Weimarer Republik erhielten Frauen das aktive und passive Wahlrecht. An den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung beteiligten sich 78 Prozent der wahlberechtigten Frauen, 9,6 Prozent der Abgeordneten waren weiblich. Frauen blieben aber auch in den zwanziger Jahren in allen Parteien weiterhin unterrepräsentiert und waren kaum in hohen Parteiämtern vertreten.

Politik

Weihnachtsansprache von Wilhelm Marx im Dezember 1923. Marx war der längstdienende Reichskanzler der Republik.

Verglichen mit dem Kaiserreich bis zum Jahre 1917 regierten die Kabinette in der Weimarer Zeit eher kurz; die wenigsten verfügten über eine parlamentarische Mehrheit. Als „Weimarer Koalition“ oder „Weimarer Parteien“, die uneingeschränkt zur Republik standen, bezeichnet man:

  • die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die allerdings am linken Rand (vor allem nach der Wiedervereinigung mit der USPD 1922) auch Befürworter einer „sozialistischen Republik“ beherbergte;
  • die „bürgerlichen Parteien der Mitte“, nämlich das katholische Zentrum und die liberale Deutsche Demokratische Partei (DDP). Allerdings fand eine Verfassungsreform mit Stärkung der Exekutive oder des Reichspräsidenten Anhänger bis weit in die Mitte dieser Parteien.

Ein typisches Kabinett der Weimarer Zeit war ein Minderheitskabinett aus Zentrum, DDP und der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei (DVP). Da zum effektiven Regieren Gesetze nötig sind, haben die Regierungen aus Zentrum und DDP (und seit 1921 DVP)

  • sich durch die SPD oder durch rechte Parteien wie die DNVP parlamentarisch tolerieren lassen;
  • teilweise durch Einbezug der SPD (1923, 1928-30) oder der konservativen DNVP (1925, 1927/28) eine parlamentarische Mehrheit erlangt, zumindest theoretisch;
  • mit Ermächtigungsgesetzen regiert: der Reichstag erlaubte dabei der Regierung für einen begrenzten Zeitraum, selbst Gesetze zu erlassen (nur in der Zeit von Reichspräsident Friedrich Ebert und dann 1933);
  • seit 1930 (unter Reichskanzler Heinrich Brüning) statt mit Gesetzen mit „Notverordnungen des Reichspräsidenten“ regiert (nach Art. 48 der Weimarer Verfassung); dennoch bedurfte es der Unterstützung durch die SPD, die mit ihren Stimmen im Reichstag unterband, dass der Reichstag die Notverordnungen aufhob.

Als im Juni 1932 der ehemalige Zentrumsmann Franz von Papen Reichskanzler wurde, waren Zentrum und DDP nicht mehr im Kabinett vertreten: Ihm gehörten, neben acht Parteilosen, nur noch zwei DNVP-Minister an. Ähnlich stand es mit dem Kabinett Schleichers (Dezember 1932/Januar 1933).

Mit der Abteilung I A wurde 1919 auch eine ‚Centrale Staatspolizei‘ (Innennachrichtendienst) gegründet.

Weimarer Verfassung

Hauptartikel: Weimarer Verfassung

Nach den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung (Konstituante) am 19. Januar 1919 trat die Weimarer Nationalversammlung am 6. Februar 1919 im Nationaltheater in Weimar zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Weimar war als Tagungsort gewählt worden, weil Sicherheit und Unabhängigkeit der Volksvertreter aufgrund von Unruhen in der Hauptstadt Berlin nicht gewährleistet schienen, und weil man die Stadt der Weimarer Klassik als Signal einer humanitären Rückbesinnung nach innen wie nach außen präsentieren konnte, auch und gerade gegenüber den Siegermächten des Weltkriegs und den anderen Staaten, die von Januar 1919 an in Paris über einen Friedensschluss berieten. Hauptaufgabe der Nationalversammlung war die Schaffung einer Verfassung mit demokratischer Grundordnung.

Maßgeblich verantwortlich für den grundlegenden Verfassungsentwurf war der linksliberale spätere Reichsinnenminister Hugo Preuß. Dieser hatte schon während des Krieges einen Vorschlag für eine demokratisch überarbeitete Verfassung des Deutschen Reiches vorgelegt und war deshalb als Gegner des Obrigkeitsstaates und überzeugter Demokrat bekannt. In der Begründung seines Entwurfs sagte er: „Das deutsche Volk zur sich selbst bestimmenden Nation zu bilden, zum ersten Mal in der deutschen Geschichte den Grundsatz zu verwirklichen: die Staatsgewalt liegt beim Volk, – das ist der Leitgedanke der freistaatlichen deutschen Verfassung von Weimar […]“

Der Entwurf löste heftig geführte Diskussionen zwischen den verschiedenen politischen Lagern aus, da er eine tiefe Zäsur gegenüber der politischen Ordnung des Kaiserreichs darstellte. Die Verfassung hatte schließlich zwar einen genuin demokratischen Charakter, wurde jedoch von vielen als Kompromissverfassung angesehen, da an der Entwicklung viele Parteien mit gegensätzlichen Positionen und Interessen beteiligt waren. An die Stelle der politischen Grundentscheidung traten vielfach „dilatorische Formelkompromisse“, die ein Nebeneinander von Programmen und positiven Bestimmungen nach sich zogen, dem die „verschiedenartigsten politischen, sozialen und religiösen Inhalte und Überzeugungen zugrunde liegen“.[7] Der Kompromisscharakter erschwerte zwar vielen die Identifikation mit der Verfassung, gleichwohl erzeugte die Konstitution eine Normativität, die am Ende selbst die Nationalsozialisten vor einem offenen Verfassungsbruch zurückschrecken ließ.

Die Verfassung der Weimarer Republik

Durch die Weimarer Verfassung wurde das Deutsche Reich erstmals eine parlamentarische Demokratie mit in der Verfassung verankerten liberalen und sozialen Grundrechten. Auf der Ebene des Gesamtstaates wurden die Gesetze (Reichsgesetze) vom auf vier Jahre gewählten Reichstag beschlossen, bei dem auch das Budgetrecht lag und der den Reichskanzler und jeden Minister durch ein destruktives Misstrauensvotum absetzen konnte. Außer vom Reichstag war der Reichskanzler auch noch vom Reichspräsidenten abhängig, der ihn einsetzen und absetzen konnte. Da der Reichspräsident eine herausgehobene und machtpolitisch potentiell einflussreiche Position innehatte, wird er in der Literatur oftmals dem Kaiser gleichgestellt, man spricht auch vom „Ersatzkaiser“. Er wurde auf sieben Jahre vom Volk gewählt und konnte im Einvernehmen mit dem Reichskanzler Notverordnungen erlassen, durch die sogar Grundrechte zeitweilig außer Kraft gesetzt werden konnten. Selbst der mögliche Widerstand des Reichstags dagegen konnte ggf. ausgeschaltet werden, da der Reichspräsident ihm gegenüber das Auflösungsrecht hatte. Die Verfassung basierte auf dem Rechtspositivismus, was bedeutet, dass sie der Verfassungsrevision (Art. 76) keine substantiellen Schranken zog. Der führende Verfassungskommentator Gerhard Anschütz äußerte dazu: „Auf dem durch Art. 76 geregelten Gesetzgebungswege können Verfassungsrechtsänderungen jeder Art bewirkt werden: nicht nur minder bedeutsame, mehr durch technische als durch politische Erwägungen bedingte, sondern auch bedeutsame, einschließlich solcher, die sich auf die rechtliche Natur des föderativ organisierten Reichsganzen (Bundesstaat), die Zuständigkeitsverschiebung zwischen Reich und Ländern, die Staats- und Regierungsform des Reichs und der Länder (Republik, Demokratie, Wahlrecht, Parlamentarismus, Volksentscheid, Volksbegehren) und andere prinzipielle Fragen (Grundrechte) beziehen. Die durch Art. 76 den hier bezeichneten qualifizierten Mehrheiten übertragene verfassungsändernde Gewalt ist gegenständlich unbeschränkt.“[8]

Reichspräsident Friedrich Ebert, 15. Februar 1925

Am 31. Juli 1919 wurde die Weimarer Verfassung schließlich in ihrer endgültigen Form von der Nationalversammlung angenommen und vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 11. August unterzeichnet. Zum Gedenken an die „Geburtsstunde der Demokratie“ wurde dieser Tag zum Nationalfeiertag bestimmt.

Parteienlandschaft

Hauptartikel: Geschichte der Parteien in Deutschland

Die politischen Parteien stammten größtenteils noch aus der Kaiserzeit, auch wenn die meisten ihren Namen geändert hatten. Entgegen einer weitverbreiteten Irrmeinung ist die Zahl der im Parlament vertretenen Parteien ungefähr gleich geblieben: Unter dem absoluten Mehrheitswahlrecht der Kaiserzeit waren es durchschnittlich 13,8 Parteien, in der Weimarer Republik 14,4. Zwar gab es beispielsweise im Reichstag keine Parteien von Polen, Dänen und Elsässern mehr, aber weiterhin eine hannoversche, zusätzlich eine oder zwei bayerische Parteien sowie Splitterparteien des Mittelstands wie die Wirtschaftspartei.

Juni 1928: zweites Kabinett unter Hermann Müller. Stehend von links: Hermann Dietrich (DDP), Rudolf Hilferding (SPD), Julius Curtius (DVP), Carl Severing (SPD), Theodor von Guérard (Zentrum), Georg Schätzel (BVP). Sitzend von links: Erich Koch-Weser (DDP), Hermann Müller (SPD), Wilhelm Groener (parteilos), Rudolf Wissell (SPD). Nicht abgebildet: Gustav Stresemann (DVP).

Bereits im Kaiserreich hatten die Parteien, über die Gesetzgebung des Reichstages, einen großen Einfluss auf die Politik gehabt. Aber in der Weimarer Zeit mussten sie zusätzlich in der Lage sein, Koalitionsregierungen zu bilden (und Kandidaten für die Reichspräsidentschaft zu stellen); das wäre ihnen bereits im Kaiserreich schwer gefallen und hat tatsächlich die Durchsetzung des parlamentarischen Regierungssystems vor 1918 verhindert.

Anders als in vielen nach 1945 entstandenen Verfassungen gab es damals noch keinen verfassungspolitischen Auftrag der Parteien und auch kein Parteiengesetz. Parteien waren rechtlich gesehen Vereine.

Geht man im Parteienspektrum von links nach rechts, gab es in der Weimarer Zeit folgende Parteien von Bedeutung:

und eine Reihe kleinerer Parteien


Reichskanzler der Weimarer Republik

Reichspräsident

Der erste Reichspräsident, Friedrich Ebert, amtierte von 1919 bis 1925. Er war zunächst von der Nationalversammlung eingesetzt worden, danach wurde sein Mandat mehrmals verlängert. Die erste verfassungsmäßige Wahl zum Reichspräsidenten fand 1925 statt, gewählt wurde der parteilose Weltkriegsfeldmarschall Paul von Hindenburg. 1932 wurde Hindenburg wiedergewählt; er verstarb 1934. Statt verfassungsgemäß den Reichspräsidenten neu wählen zu lassen, ernannte Reichskanzler Adolf Hitler sich selbst zum Führer und Reichskanzler.

Reichskanzler

Die Reichskanzler im Kaiserreich hatten noch keiner Partei angehört; erstmals wurde 1917 ein Vertreter der Zentrumspartei Reichskanzler. Vom November 1918 bis zur Reichstagswahl 1920 gehörten die Regierungschefs der SPD an. Von 1920 bis 1932 stellte das Zentrum fast alle Reichskanzler, mit Ausnahme eines Sozialdemokraten, eines Liberalen und zweier Parteiloser. Nach zwei weiteren parteilosen Kanzlern übernahm Adolf Hitler von der NSDAP das Amt am 30. Januar 1933, das er bis zu seinem Tod 1945 behielt.

Beamtentum und Justiz

Wie bei der Reichswehr fanden auch in der Verwaltung und in der Justiz keine demokratischen Reformen statt. In der Weimarer Verfassung wurde allen Beamten die „Freiheit ihrer politischen Gesinnung“ und ihre „wohlerworbenen Rechte“ garantiert, Richter erhielten einen noch stärkeren Schutz wie die Unabsetzbarkeit. Zur Zeit der Monarchie war bei den Beamten allgemein und auch bei den Richtern bei der Ausbildung und bei der Einstellung auf ihre politische Gesinnung geachtet worden, weshalb sie mehrheitlich rechter Gesinnung waren. Speziell die Linken, deren Anhänger zur Kaiserzeit keine wichtigen Posten übernehmen konnten, setzten sich besonders für die Freiheit der politischen Gesinnung ein. Eine von den linken Parteien gewollte Wahl der Richter durch das Volk kam nicht zustande, da man die Justiz nicht in die Politik hineinziehen wollte. Der wichtigste Grund gegen Reformen bei den Beamten war die Notwendigkeit einer funktionierenden Verwaltung am Ende des Krieges, um beispielsweise die Soldaten zurück nach Deutschland zu holen. Ein weiterer Grund war für die bürgerlichen Parteien, mit der rechten Beamtenschaft eine weitergehende sozialistische Revolution zu verhindern. Die Beamten mussten einen Eid auf die Verfassung leisten, und sie fühlten sich zwar dem Staat gegenüber verpflichtet, nicht aber der Republik.

Die politische Einstellung der Justiz kann man deutlich in ihren Urteilen erkennen, zum ersten Mal bei der Münchner Räterepublik und beim Kapp-Putsch. Während linke Straftäter mit enormer Härte behandelt wurden, kam es bei rechten Straftätern sehr selten überhaupt zu Anklagen oder Strafen, die auch sehr viel milder ausfielen. Adolf Hitler erhielt für seinen Putschversuch nur die gesetzliche Mindeststrafe und konnte den Prozess als Propagandaveranstaltung nutzen – die Weimarer Justiz war auf dem rechten Auge blind. Die Blindheit betraf nicht nur die Richter sondern auch die Strafverfolgungsbehörden. Ein späterer Reichsanwalt hatte unter anderem wichtige Spuren des Mordes an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nicht aufgenommen und die Ermittlungen auch anderweitig behindert. Gustav Noske (SPD), der erste Reichswehrminister der Weimarer Republik, verhinderte, dass der Prozess gegen Waldemar Pabst, der die Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht zu verantworten hatte, in die Revision ging. Der Prozess wurde eingestellt; nur einige der untergeordneten Beteiligten erhielten geringfügige Bußgelder oder minimale Haftstrafen, die zudem ausgesetzt wurden. Die Einseitigkeit der Justiz wurde bereits 1921 von Emil Julius Gumbel belegt, aber es kam zu keinen wirksamen Reformen. Die Gerichte fühlten sich oft nicht dem Gesetz, sondern dem Staat und dem Kampf gegen den Kommunismus verpflichtet.

Trauerzug für ermordete Polizisten, Berlin 1931. Vorne zweiter von rechts: der stellvertretende Polizeipräsident Bernhard Weiss

Die Blindheit galt auch für die massenwirksame Propaganda, die nicht nur von den Rechtsextremen selbst ausging, sondern von auch von Medien der Mitte geteilt und mitgetragen wurde. Die Demokraten in der Verwaltung der Weimarer Republik wurden zum Teil systematisch verunglimpft, zum Beispiel der Berliner Polizeipräsident Bernhard Weiß, der als einer der wenigen standhaften Beamten regelmäßig gegen Rechtsbrüche von Hitlers SA vorging. Diese „Sturmabteilung“ hatte Ernst Röhm 1921 als „Schutztruppe“ der NSDAP gegründet. Die Bildung solcher paramilitärischen Verbände wurde ebenfalls von den Behörden geduldet: Die SA begleitete die Versammlungen und Kundgebungen ihrer Partei und begann auch bei anderen Parteiversammlungen immer wieder Straßen- und Saalschlachten, um sich systematisch auf den Tag der „Machtergreifung“ vorzubereiten.

Die Justiz spielte auch eine wichtige Rolle am Ende der Republik. Adolf Hitler erhielt nach seinem Putsch nur eine geringe Strafe und kam bald wieder frei. Die Verhandlungen durften zur Hetze und zur Verbreitung von Propaganda missbraucht werden. In der Urteilsbegründung wurde der Verzicht auf eine Ausweisung Hitlers, die nach dem Republikschutzgesetz angebracht war, damit begründet, dass „auf einen Mann, der so deutsch denkt und fühlt wie Hitler […] die Vorschrift […] des Republikschutzgesetzes […] keine Anwendung finden“ kann. Der Reichspräsident Friedrich Ebert starb an einer verschleppten Blinddarmentzündung, die er aufgrund einer Anklage wegen Hochverrats nicht rechtzeitig hatte behandeln lassen. Im so genannten Weltbühne-Prozess wurden die Journalisten Carl von Ossietzky und Walter Kreiser wegen Spionage zu 18 Monaten Haft verurteilt, weil in der Zeitschrift auf die geheime Aufrüstung der Reichswehr aufmerksam gemacht worden war.

Reichswehr

Hauptartikel: Reichswehr

Parade der Reichswehr, 1930

Der Oberbefehlshaber der Reichswehr war der Reichspräsident. Nach dem Versailler Vertrag war ihre Größe und Ausrüstung beschränkt. Die Reichswehr wurde ein Staat im Staate, der sich nach außen hin abschottete, sie wurde nicht zu einer Streitmacht der Republik. Zwar beschloss sie im Ebert-Groener-Bündnis die Regierung im „gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus“ zu unterstützen. Dennoch war sie für die junge Republik eher eine Last, da die konservativen Streitkräfte des Kaiserreichs nicht entlassen wurden und auch keine demokratische Reformen stattfanden. Sie unterstützte den Kampf gegen linke Gruppen und war vaterlandstreu, beim Kapp-Putsch war sie nicht bereit einzugreifen. Nach der Machtübernahme akzeptierte sie Hitler widerstandslos.

Kunst und Kultur in der Weimarer Zeit

Das 1926 in Dessau eingeweihte "Bauhaus" von Walter Gropius, Abbildung von 1987

Kulturell war die Zeit der Weimarer Republik eine der schöpferischsten und experimentierfreudigsten Epochen der deutschen Geschichte. Waren die Anfangsjahre jedoch noch geprägt vom Geist des späten Expressionismus in Malerei und Literatur, dominierte im besten Jahrfünft die Neue Sachlichkeit, die wiederum von einem sozialkritischen Realismus zur Zeit der Weltwirtschaftskrise abgelöst wurde. Autoren wie Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger, Erich Kästner, Thomas und Heinrich Mann, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Franz Werfel, Arnold Zweig und Stefan Zweig schrieben Weltliteratur.

Der Film entwickelte sich zum Massenmedium und setzte mit dem Cabinet des Dr. Caligari und Metropolis künstlerische Akzente. Mit scharfer Beobachtungsgabe thematisierte der Schriftsteller Heinrich Eduard Jacob – zwischen 1927 bis 1933 Wiener Leiter des „Mitteleuropäischen Büros“ des Berliner Tageblatts – in seinem Roman Blut und Zelluloid (1929) den italienischen Faschismus und die Auswirkungen von Hetzfilmen auf die Gesellschaft, was sich kurze Zeit später so verhängnisvoll für Deutschland auswirken sollte.

Der durch Walter Gropius in Weimar begründete Bauhausstil wurde zu einem der bedeutendsten Architekturstile des 20. Jahrhunderts. Stellvertretend für viele Künstler sei George Grosz genannt, der mit seinen ätzend satirischen Darstellungen von Bourgeoisie, Justiz und Militär (zum Beispiel Stützen der Gesellschaft, 1926) die sozialen Missstände der Weimarer Republik anprangerte.

Siehe auch: Literatur der Weimarer Republik

Ursachen des Scheiterns

Alle Erklärungsmodelle, die sich auf einen einzelnen Grund für das Scheitern der Weimarer Republik beschränken, greifen zu kurz: Weder waren es allein institutionelle Mängel der Weimarer Verfassung noch die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er / Anfang der 1930er Jahre und das Elend der Massenarbeitslosigkeit, das breite Wählerschichten den Nationalsozialisten in die Arme trieb, noch kommt die versäumte Demokratisierung von Justiz, Verwaltung und Militär als alleinige Ursache in Frage. Das Scheitern lässt sich auch nicht ausschließlich am persönlichen Versagen Einzelner oder an der charismatischen Anziehungskraft der „Führerfigur“ Hitler festmachen: Hitler und die Nationalsozialisten hatten um die Jahreswende 1932/33 den Zenit der Wählerzustimmung bereits überschritten. Gescheitert ist die erste deutsche Republik an einem ganzen Bündel von Ursachen und deren unglücklicher Verschränkung.

Bis zuletzt war der Weg in die Diktatur nicht zwangsläufig. Allerdings stellt die Forschung den politischen Hauptakteuren in der letzten Phase der Weimarer Republik ein überwiegend negatives Zeugnis aus. Teils verblendet durch eigenen Ehrgeiz und Selbstüberschätzung, teils aus unzureichender politischer Urteilsfähigkeit hätten sie Hitler den Weg an die Macht geebnet. Die Verteidiger der Republik boten letztlich keine zugkräftigen Alternativen.

Nach der Ernennung Hitlers konnten sich die demokratischen Parteien nicht auf ein gemeinsames, entschlossenes Vorgehen einigen – selbst innerhalb des Zentrums wurde teilweise eine Koalition mit der NSDAP erwogen. Kurt von Schleicher wiederum hatte es versäumt, dem Reichspräsidenten Alternativen zu einer verfassungswidrigen Verschiebung von Neuwahlen zu unterbreiten. So wäre es für sein Kabinett z. B. möglich gewesen, auch nach einem Misstrauensvotum als geschäftsführende Regierung im Amt zu bleiben. Das Misstrauensvotum hätte mit Verweis auf die Unfähigkeit der Antragssteller zur Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit ignoriert werden können, was die Regierungsablösung an ein „konstruktiven Misstrauensvotums“ des Reichstags gebunden hätte, auch wenn die Weimarer Verfassung das noch nicht vorsah. Das Konzept eines konstruktiven Misstrauensvotums lag seit 1927 vor, und eine entsprechende Argumentation gegenüber Hindenburg war Schleicher seitens seiner Berater nahegelegt worden.

Die These, die „Weimar“ auf die Formel einer „Demokratie ohne Demokraten“ bringt, ist zweifellos die vereinfachende Zuspitzung eines Problems. Sie trifft jedoch durchaus auf viele damalige Führungskräfte in Staat, Wirtschaft und Verwaltung zu, darüber hinaus auch auf große Teile der Parteien und der Wähler. Die Neigung, die Demokratie ihren Feinden preiszugeben, war damals eine weit verbreitete Grundeinstellung in der deutschen Bevölkerung, von der die Nationalsozialisten profitierten.

Hitler wurde zu einer Zeit Reichskanzler, als seine Partei aufgrund innerer Spannungen nach mehreren vergeblichen Anläufen in einer ernsten Krise war. Was die Nationalsozialisten als „Machtergreifung“ bezeichneten, um damit Stärke zu suggerieren, wird von manchen eher als eine Art Machtübergabe, als Selbstaufgabe der Republik gesehen.

Der Sozialhistoriker Detlef J. Peukert führt das Scheitern der Weimarer Republik auf „vier zerstörerische Prozesse“ zurück, „die einzeln wohl hätten gemeistert werden können“:

Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik
Antidemokratisches Denken Fehlen einer demokratischen Tradition
Demokratie als Auflage / Fremdes
antidemokratische Führungsschicht (Verwaltung, Heer, Justiz)
Kommunistenfurcht
durch Auflagen des Versailler Vertrages
Spaltung der Arbeiterbewegung falsches Feindbild
Unterschätzung der Nationalsozialisten
Strukturschwäche der politischen Ordnung / Regierung werteneutrale Verfassung
Grundprinzipien durchmischt
Schwäche des Parlaments
reines Verhältniswahlrecht
Notverordnungspolitik schaltet Parlament aus
Macht des Reichspräsidenten
Versailler Vertrag fehlgeschlagene Revisionspolitik
Verleumdungen der NSDAP
Reparationen
ökonomische Krise Weltwirtschaftskrise
Arbeitslosigkeit
überforderte Sicherungssysteme des Staates
sozialer Abstieg
NSDAP Unterschätzung der NSDAP
massive Propaganda / Agitation der NSDAP

1. Destabilisierung: Die Basiskompromisse aus der Gründungszeit hätten zu ihrer Ausgestaltung breiterer Handlungsspielräume der politisch Verantwortlichen bedurft. Durch die wirtschaftliche und soziale Dauerkrise wurde diese Handlungsfreiheit aber eingeengt, führte die sozioökonomische Strukturkrise (zugespitzt in der Weltwirtschaftskrise) zu einer Destabilisierung des politischen und sozialen Systems der Republik.

2. Legitimationsverlust: Die allmähliche und kontinuierliche Zurücknahme der Basiskompromisse trug zum Legitimationsverlust der neuen Ordnung bei. (z. B. Abbau des Sozialstaats, der in dieser Form in der Novemberrevolution als Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit begründet worden war (Stinnes-Legien-Abkommen der ZAG)).

3. Politik der autoritären Wende: Die alten republikfeindlichen Eliten zerstörten willentlich die angeschlagenen parlamentarisch-demokratischen Institutionen, um einen obrigkeitlichen Staat zu (re-)installieren. Dies war ein gemeineuropäisches Phänomen der 30er Jahre, in Deutschland gab es aber zwei Besonderheiten:

  • Nirgendwo sonst waren die alten Werte des Kaiserreichs und die neuen republikanischen Werte zugleich so erschüttert worden wie im Nachkriegsdeutschland. Dies verringerte die Möglichkeiten eines liberal-konservativen Kompromisses.
  • Nirgendwo sonst war die Öffentlichkeit so weitgehend politisiert und radikalisiert worden wie hier. Dadurch war an eine stabile Regierung ohne breite Mehrheit nicht zu denken.

4. zunehmender Einfluss der extremistischen Parteien NSDAP und KPD: Die NS-Bewegung konnte angesichts der Krise der Jahre 1930 bis 1933 die ganze Dynamik einer totalitären Integrationspartei entfalten. Sie konnte sich zum Sprecher der Krisenängste eines guten Drittels aller Deutschen machen. Aber allein hätte sie die Republik nicht stürzen können. Da die republikfeindlichen Parteien NSDAP, DNVP und KPD seit der Wahl im Juli 1932 zusammen deutlich mehr als 50 % der Reichstagsabgeordneten stellten, war es fortan nicht mehr möglich, eine parlamentarisch-demokratische Mehrheitskoalition zu bilden.

Siehe auch

Literatur

Gesamtdarstellungen
  • Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik. Stuttgart 2008. ISBN 978-3608943085 (Ausführliche Gesamtdarstellung auf dem neuesten Forschungsstand)
  • Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik. München 2002(6). (Sehr gute Gesamtdarstellung mit Grundproblemen und Tendenzen der Forschung sowie ausführlicher Darstellung der Quellen- und Literaturlage aus der Reihe Oldenbourg Grundriss der Geschichte)
  • Peter Longerich: Deutschland 1918–1933: Die Weimarer Republik. Handbuch zur Geschichte, Hannover 1995, ISBN 3-7716-2208-5.
  • Werner Maser: Zwischen Kaiserreich und NS-Regime. Die erste deutsche Republik 1918 bis 1933, Bonn/Berlin 1992.
  • Horst Möller: Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie. München 2004(7).
  • Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar 1918–1933, Berlin 1998, ISBN 3-548-26508-1.
  • Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne, Frankfurt am Main 1987.
  • Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933. Berlin 1982, ISBN 3-88680-050-4.
  • Heinrich August Winkler: Weimar 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. München 1998. ISBN 3-406-43884-9 / ISBN 3-406-44037-1.
Sonstige Literatur
  • Dirk Blasius: Weimars Ende – Bürgerkrieg und Politik 1930–1933. Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, ISBN 3-525-36279-X.
  • Karl Dietrich Bracher: Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie. Villingen 1955, ISBN 3-7610-7216-3. (Grundlegende Arbeit über die letzten Jahre der Weimarer Republik.)
  • Dieter Gessner: Die Weimarer Republik. Kontroversen um die Geschichte. Darmstadt 2002.
  • Wolfgang R. Krabbe (Hrsg.): Politische Jugend in der Weimarer Republik. Bochum 1993, ISBN 3-8196-0147-3.
  • Wolfgang Michalka und Gottfried Niedhart (Hrsg.): Deutsche Geschichte 1918–1933. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik. Frankfurt am Main 1992.
  • Gottfried Niedhart: Die Außenpolitik der Weimarer Republik. München 2006, ISBN 978-3-486-57979-6
  • Arthur Rosenberg: Entstehung und Geschichte der Weimarer Republik. Frankfurt a. M. 1955.
  • Kurt Sontheimer: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933. München 1978.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Heinrich August Winkler, a.a.O. S. 50f
  2. AdR, Dok. Nr. 72 vom 28. Januar 1933.
  3. AdR, Kabinett Schleicher, Dok. Nr. 72, Niederschrift aus dem Büro des Reichspräsidenten über den Empfang des Reichskanzlers durch den Reichspräsidenten am 28. Januar 1933.
  4. Diskutiert etwa in Irene Strenge, Machtübernahme 1933 – alles auf legalem Weg?; ebenso Karl-Dietrich Bracher, Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933–34.
  5. Beckmanns Welt-Lexikon und Welt-Atlas. Verlagsanstalt Otto Beckmann, Leipzig–Wien 1931.
  6. Das Saargebiet war zwar zu diesem Zeitpunkt völkerrechtlich Teil des Deutschen Reiches, stand jedoch von 1920 bis 1935 unter Völkerbundsverwaltung.
  7. Carl Schmitt, Verfassungslehre, S. 30.
  8. Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, S. 403.


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