Zeitbereich

Zeitbereich

Im Zeitbereich liegen Systemgrößen wie z. B. Signale zeitbezogen vor, also als Funktionen der Zeit oder analoge bzw. digitale Aufzeichnungen (Mitschnitte) über der Zeit. Systembeschreibungen im Zeitbereich liegen in Form von Differentialgleichungssystemen vor, die zumindest auch Differentiation nach der Zeit enthalten, oder als Algorithmen für die Zustandstransition über eine feste diskrete (Zeit-)Schrittweite. Im Frequenzbereich dagegen gibt es – außer eben über den Umweg der Frequenz – keinen Zeitbezug.

Beispiele für die Beschreibung von Systemgrößen im Zeitbereich

  • alle Funktionen in Abhängigkeit von der Zeit, außer Summen von Sinusoiden („Sinuskurven“), die die Grundlage der Beschreibung im Frequenzbereich bilden. Üblicherweise periodische Funktionen wie z. B. Rechteck-, Dreieck-, Sägezahnfunktion oder Rippel.
  • analoge Aufzeichnungen über der Zeit wie Schallplatten, Tonbänder, Plots oder Magnetaufzeichnungen von EEGs, EKGs, Temperaturverläufe, Erdbeben, Gasdruck im Brennraum eines Kolbenmotors usw.
  • digitale Aufzeichnungen wie Musik-CDs oder Wave-Dateien, entsprechende Digitale Aufzeichnungen von EEG, Brennraumdruck usw.
  • die Bildspur einer analogen Videoaufnahme, obwohl das analog aufgezeichnete Signal in seiner Semantik Bild- und Zeilen-diskret ist.
  • Eine Art Zwitterwesen zwischen diskretem Zeit- und Frequenzbereich ist die MP3-Datei, also die Audiospur des MPEG-Formates. Ein Audiosignal wird hier in Zeitabschnitten gespeichert, den Frames. Innerhalb dieser einzelnen Zeitabschnitte erfolgt die Beschreibung vereinfachend gesagt im diskreten Frequenzbereich. Die Kompression der Frame-Daten per Huffman-Enkodierung spielt für die Einordnung keine Rolle. Allgemein ist die MP3-Datei aber dem Frequenzbereich zuzuordnen, da sie eine Aneinanderreihung von Beschreibungen im Frequenzbereich darstellt.

Beispiele für Systembeschreibung im Zeitbereich

  • Differentialgleichungssysteme im Allgemeinen, wie sie bei einer Modellbildung zu Anfang z. B. in Form physikalischer, chemischer oder systemischer Gleichungen vorliegen.
  • Analoge Zustandsraumdarstellung bestehend aus der Zustandsdifferentialgleichung und Ausgangsgleichung. Diese Art der Darstellung kann auch sehr komplexe Differentialgleichungssysteme formalisiert abbilden und eignet sich am besten für digitale Berechnungen ohne Echtzeit-Anforderungen.
  • Diskrete Zustandsraumdarstellung bestehend aus der Zustandsdifferenzengleichung und Ausgangsgleichung. Diese Art der Darstellung eignet sich am besten für digitale Berechnungen mit Echtzeit-Anforderungen. Sie wird in der Regel durch Diskretisierung aus der analogen Zustandsraumdarstellung gebildet und stellt einen Algorithmus zur Zustandstransition dar (letzteres trifft genaugenommen nur auf die Zustandsdifferenzengleichung zu).
  • Mechanische Differentialgleichungen bestehend aus Massenmatrix, Dämpfungsmatrix und Federmatrix. Diese Art der Darstellung findet sich insbesondere in der Finite-Elemente-Methode, die ursprünglich rein statische Berechnungen (nur Federmatrix) um den Einbezug von Systemdynamik erweitert hat (z. B. Computersimulation von Crashtests).

Anwendungsbeispiele aus der Digitalen Signalverarbeitung

Bei Rechenoperationen an Zeitreihen im Rahmen der digitalen Signalverarbeitung unterscheidet man zwischen zwei Darstellungsformen des Rechenobjekts:

  • im Frequenzbereich (englisch: in frequency domain) liegt die Information als komplexes Fourierspektrum vor, diskretisiert als komplexe Fourierreihe, d. h. als komplexes Array.

Im Zeitbereich entspricht jedes Feld-Element einem Zeitpunkt. Falls die Schnelle Fourier-Transformation (FFT) benutzt wird, um zwischen Zeitbereich und Frequenzbereich hin- und herzu transformieren, muss die Anzahl der Elemente unbedingt eine ganze Zweierpotenz sein, beispielsweise 512 oder 4096, und die Zeitschritte müssen äquidistant liegen. Der FFT-Algorithmus unterstellt stillschweigend, dass sich die im Array enthaltene Zeitreihe periodisch fortsetzt.

Gebräuchliche Rechenoperationen im Zeitbereich sind:

  • Transformation in den Frequenzbereich mittels Fourier-Transformation
  • lineare Transformationen, beispielsweise Filtern mit Hilfe einer Impulsantwortfunktion
  • Glättungsalgorithmen
  • Linear Trend Removal
  • einfache algebraische Operationen wie Multiplikation mit einem Kalibrierfaktor oder Subtraktion des zeitlichen Mittelwerts

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