Ökonomische Analyse des Rechts

Ökonomische Analyse des Rechts

Die ökonomische Analyse des Rechts stellt neben soziologischen, philosophischen und philologischen Ansätzen eine weitere Analysemethode des Rechts dar. Ausgangspunkt sind Annahmen über das Verhalten und die Motive von Menschen, die aus der Ökonomischen Theorie entnommen wurden. Hieraus werden Aussagen über die Wirkungen bestimmter rechtlicher Normen hergeleitet. Darüber hinaus werden in einem weiteren Schritt die aus positiver Analyse gewonnenen Ergebnisse unter Zuhilfenahme des Effizienzkonzeptes normativ bewertet.

Terminologisch wird die ökonomische Analyse des Rechts nicht einheitlich abgegrenzt. Die Spanne reicht von Definitionen wie die „Überprüfung des Rechts auf seine wirtschaftlichen Auswirkungen“ oder das „Erforschen von Entscheidungswirkungen und Verteilungsfolgen von Rechtsetzungen“ bis zu Definitionen, nach denen sich die ökonomische Analyse des Rechts „dem Verständnis und der Würdigung eines historischen, gegenwärtigen oder geplanten Rechtsbereiches unter Berücksichtigung ökonomischer Sprache und Modelle und darauf basierender Hypothesen“ widmet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünge

Die Ursprünge der ökonomischen Analyse des Rechts gehen zurück bis zu den modernen wirtschaftswissenschaftlichen Klassikern: Schon Smith beschrieb in „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ die Anreizwirkung von Gesetzen. Sein Zeitgenosse Hume sah Gesetze in einer Welt knapper Ressourcen als ein Ensemble von Prinzipien, die die Wirtschaftssubjekte befolgen, um Kooperationen zu ermöglichen. Auch Bentham untersuchte, wie sich Akteure angesichts rechtlicher Anreize verhalten und evaluierte die Ergebnisse nach dem Kriterium der sozialen Wohlfahrt. All diese Untersuchungen führten jedoch zu keiner systematischen Rechtsanalyse mit Hilfe ökonomischer Verhaltensannahmen.

Erste Welle

Seit dem 19. Jahrhundert nehmen spezifisch rechtliche Überlegungen, die auf die Vorarbeiten der Klassiker zurückgreifen, zu: Vor allem Marx kritisierte die bis dahin vorherrschende Auffassung, dass Eigentumsrechte naturrechtlich unbeeinflussbar gegeben seien. Sein Ansatz führte zu der Erkenntnis, dass Eigentumsrechte den ökonomischen und sozialen Gegebenheiten gemäß den einzelnen zugewiesen werden und deshalb durch die (Um-)Gestaltung des Rechts verändert werden können

Zweite Welle

Der Durchbruch der auch als law and economics approach bezeichneten Forschungsrichtung gelang erst mit der „zweiten Welle“ in den 1960er Jahren. Eingeleitet wurde die zweite Welle durch den Aufsatz von Coase „The Problem of Social Cost“, der von den Effizienzdefiziten staatlicher Interventionen handelt. Sind Eigentumsrechte frei transferierbar sowie klar zugeordnet und existieren keine Transaktionskosten, so werden unabhängig von der Erstzuordnung der Ressourcen die Marktkräfte eine effiziente Umverteilung bewirken.

Gegenstand ökonomischer Analyse sind in der deutschsprachigen Rechtswissenschaft vor allem zivil- und strafrechtsökonomische Fragen (etwa den Nutzen allgemeiner Geschäftsbedingungen oder der Nutzen strafbaren im Vergleich zu rechtmäßigem Verhalten), wenngleich in jüngerer Zeit auch das öffentliche Recht einbezogen wird.

Methode

Methodisch bedient sich die ökonomische Analyse des Rechts des ökonomischen Verhaltensmodells als Instrument der Folgenermittlung sowie wohlfahrtsökonomischer Effizienzkriterien als Instrument der Folgenbewertung.

Folgenermittlung

Das ökonomische Verhaltensmodell beschreibt einen rational und eigennützig handelnden Modellmenschen, den so genannten homo oeconomicus. Dieses Verhaltensmodell wurzelt in der Neoklassik, als angenommen wurde, dass sich die Wirtschaftssubjekte rational verhalten, vollständig informiert sind, Eigentumsrechte umfassend definiert sind und es keine Transaktionskosten gibt.

Folgenbewertung

Der wesentliche Vorteil des ökonomischen Verhaltensmodells ist, dass es das Verhalten vorhersehbar macht. Daher können durch die Prognose des individuellen Verhaltens die Folgen der Gesetzesänderung bestimmt werden. Im nächsten Schritt wird dann diese Gesetzesänderung bewertet. Dies geschieht mit dem Kriterium der Effizienz, wobei unter Effizienz zumeist die Pareto-Effizienz oder die Effizienz im Sinne von Kaldor/Hicks verstanden wird.

Literatur

  • Wolfgang Baumann, Ökonomie und Recht - Ökonomische Effizienzjurisprudenz, Rheinische Notarzeitschrift (RNotZ) 2007, S. 297 ff.
  • John R. Commons: Legal Foundations of Capitalism, 1924.
  • Markus Englerth: Behavioral Law and Economics. Eine kritische Einführung, in: Christoph Engel/Markus Englerth/Jörn Lüdemann/Indra Spiecker genannt Döhmann (Hrsg.): Recht und Verhalten, Tübingen 2006, S. 60 ff.
  • Roland Kirstein: Law and Economics in Germany. In: Bouckaert, B./de Geest, G. (eds.): Encyclopedia of Law and Economics, Vol. 1, entry No. 0330; E. Elgar, Cheltenham, 2000, 160-227.
  • Roland Kirstein: Ökonomische Analyse des Rechts. In: E. Minthe (Hrsg.): Neues in der Kriminalpolitik. Konzepte, Modelle, Evaluation; Kriminologie und Praxis, Schriftenreihe der Kriminologischen Zentralstelle, Band 42, Wiesbaden, 2003, 49-73.
  • Roland Kirstein/Dieter Schmidtchen: Ökonomische Analyse des Rechts. Modul Nr. 36 der Unterrichtseinheit „Ökonomische Bildung online – Wirtschaft in die Schule!“, hrsg. Bertelsmann Stiftung und Institut für ökonomische Bildung (IÖB), Universität Oldenburg, 2003.
  • Dieter Krimphove: Rechtstheoretische Aspekte der „Neuen ökonomischen Theorie des Rechts“, Rechtstheorie, 2001, 497.
  • Thomas Mösinger: Auswahlkriterien der Standplatzvergabe unter rechtlicher und ökonomischer Analyse, Frankfurt am Main, 2007. ISBN 978-3-631-56652-7
  • Richard Posner: Economic Analysis of Law. 7. Auflage. Aspen, 2007, ISBN 978-0-7355-6354-4.
  • Hans-Bernd Schäfer, Claus Ott: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts. 4. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-22805-5.

Siehe auch

Weblinks


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