Übergangsmanagement bei Jugendlichen

Übergangsmanagement bei Jugendlichen

Übergangsmangement bezeichnet in der Pädagogik die Gestaltung eines Übergangs („Übergang“, lat. „Transition“) unter Mitwirkung professioneller Institutionen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemein

Die Biografie des Menschen ist durch zahlreiche Übergänge geprägt (z.B. Übergang vom Kindergarten in die Schule, Übergang von der Schule in den Beruf, Übergang vom Beruf in die Ruhestand). Solche Übergänge führen zu Veränderungen im sozialökologischen System und werden häufig als kritische Lebensereignisse erlebt, da es sich um sensible Phasen handelt, die sich in verschiedenen Formen durch den gesamten Lebenslauf ziehen.

Kennzeichen für einen Übergang sind mehrere Aspekte. Wenn Übergänge passieren, landen viele Menschen auf neuem, für sie unbekanntem Terrain. Selbstständigkeit und Verantwortung stehen dann in engem Verhältnis zu einander und werden den betreffenden Personen abverlangt. Zudem kommt, dass beispielsweise beim Übergang Schule–Beruf die erlernte Theorie mit der Praxis verknüpft werden muss. Bereitschaft und Motivation sind beim Übergangsmanagement („Management“, engl. „manage“ von it. „maneggiare“ = „an der Hand führen“, dies von lat. „manus“ = Hand) von großer Bedeutung. Sie erleichtern den Übergang erheblich. Das Übergangsmanagement beschränkt sich somit nicht nur auf die schulischen Lebensjahre. Der folgende Beitrag legt jedoch den Schwerpunkt auf den Personenkreis der Jugendlichen.

Vor allem Jugendliche profitieren vom individuellen Ansatz, den das Übergangsmanagement beinhaltet. Sie sollen auf ihre biografischen Übergänge vorbereitet werden und Verantwortung übernehmen können. Grundsätzlich steht die Entwicklung von personalen und sozialen Kompetenzen im Vordergrund.

Der institutionelle Ansatz ist mehr arbeitsmarktorientiert. Hier geht es darum, die Beschäftigungsfähigkeit der Bevölkerung sicherzustellen. Arbeitskräfte sollen dem regionalen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden. Dies kann nur geschehen, wenn verschiedene Organisationen und Institutionen zusammenarbeiten.

Zielgruppen

Zielgruppen des Übergangsmanagements „Schule–Beruf“ sind Schüler der Förder- und Hauptschulen, Lehrer und Auszubildende. Darüber hinaus zählen Beschäftigte von Betrieben, Arbeitgeber, sowie Vertreter aus der Wirtschaft und Eltern mit zu den Zielgruppen.

Ziele

Betrachtet man das Übergangsmanagement bei Jugendlichen, soll ihnen eine Perspektive eröffnet werden. Schüler, die die Förderschule oder Hauptschule besuchen, haben es teilweise schwer den Übergang von der Schule in den Beruf zu meistern. Sie sollen sozial integriert werden und durch gemeinsames Handeln aller beteiligten Institutionen und Personen etc. in die nächste (Lebens-)Phase gelangen. Dabei sollen die Interessen der Arbeitgeber und Schüler berücksichtigt werden. Folgende Faktoren können für einen erfolgreichen Übergang sprechen:

  • Netzwerkarbeit
  • Orientierungsrahmen
  • Frühzeitige Orientierung (individuell)
  • Praktisches Arbeiten
  • Übergangslösungen
  • Regelmäßige Rückmeldungen
  • Individuelle Planung

Nur durch ein dichtes Netzwerk aller Beteiligten kann der Übergang in die nächste „Phase“ gelingen. Als weitere Vorteile des Übergangsmanagements sind zu nennen:

  • Stärkung der Lernmotivation
  • Förderung der persönlichen und fachlichen Kompetenzen
  • Abbau von Ängsten
  • Das Bildungsniveau von Schülern der Haupt- und Förderschulen soll gesteigert werden → Chancenverbesserung
  • Anzahl der Schüler in Wartestellungen, sowie ohne Abschluss soll verringert werden
  • Praxisorientierter Zugang zu den Berufsbildern

Warum Übergangsmanagement?

Die Übergänge von der Schule in die Berufsausbildung gestalten sich für viele Jugendliche immer schwieriger. Somit gelingt es 15 Prozent einer Altersjahrgangs nicht, eine Berufsausbildung anzufangen bzw. eine solche erfolgreich zu beenden.[1] Übergangsmanagement ist also bei benachteiligten Jugendlichen mit besonderem Unterstützungsbedarf notwendig. Diese brauchen Unterstützung bei der Orientierung im Bildungs- und Ausbildungssystem.

Die Wege in die Berufsausbildung sind insbesondere für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss (10 Prozent eines Altersjahrgangs)[1] langwierig und vielfältig geworden. Aufgrund einer Abfolge von Qualifizierungsschritten wie z.B. Schnupperlehren, Praktika oder Berufsvorbereitenden Bildungsgängen, entstehen auch viele Entscheidungen, die das Gelingen der beruflichen Integration erschweren können. So sind Abbrüche oder Sackgassen eine Gefährdung für die Eingliederung in das Berufsleben. Eine besondere Komplexität resultiert in Deutschland insbesondere durch die Vielfalt von Zuständigkeiten im Übergangsystem „Schule–Beruf“. Somit gelingt es manchen Jugendlichen nicht, in diesem unübersichtlichen System von Bildungsinstitutionen und –angeboten, passende, an ihren Voraussetzungen, Zielen und Lebenslagen anknüpfende Anschlüsse zu finden. Hierbei soll Übergangsmanagement ansetzen und Unterstützung in Form einer Lotsenfunktion bieten.

Gesetzliche Grundlagen und Angebote in Deutschland

Die Grundlagen, die eine gesetzliche Unterstützung für den Übergang ins Berufsleben gewährleisten, basieren im Wesentlichen auf drei Punkten.

Arbeitsförderungsgesetz

Das Arbeitsförderungsgesetz (SGB III) garantiert jedem Bürger eine gesetzliche Unterstützung bei der Berufsfindung.

(1) Die Agentur für Arbeit hat Ausbildungsuchenden, Arbeitsuchenden und Arbeitgebern Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anzubieten. Die Vermittlung umfaßt alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungsverhältnisses und Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Die Agentur für Arbeit stellt sicher, dass Arbeitslose und Ausbildungsuchende, deren berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert ist, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten.“ (§ 35 SGB III)

Auch die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderung ist im Arbeitsförderungsgesetz gesetzlich geregelt. (SGB III § 19, §§ 61 ff, §§ 97 ff.)

Angebote auf Grundlage des Arbeitsförderungsgesetzes

  1. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB): Werden von der Bundesagentur für Arbeit angeboten, mit dem Ziel Jugendliche beruflich einzugliedern. Die BvB bieten auch Förderlehrgänge für Behinderte an, sowie die Möglichkeit eines nachträglichen Schulabschlusses.
  2. Förderung der Berufsausbildung für Benachteiligte: Durch „ausbildungsbegleitende Hilfen“ (abH) und „Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen“ (BaE) soll Jugendlichen, die besondere Hilfe benötigen, eine erstmalige betriebliche Ausbildung ermöglicht werden.
  3. Berufsförderung Behinderter: Menschen mit Behinderung soll in Berufsbildungswerken (BBW) eine berufliche Erstausbildung ermöglicht werden.
  4. Förderung des Übergangs in Beschäftigung: „Übergangshilfen“ sollen z. B. nach der BaE den Übergang ins Berufsleben durch Bewerbungstraining oder sozialpädagogische Maßnahmen ermöglichen.

→ staatliche Verantwortung

Berufsbildungsgesetz

Berufsvorbereitung der staatlichen Berufsschulen (Berufsbildungsgesetz) regelt die berufliche Ausbildung in Deutschland und soll jedem Bürger eine Berufsausbildung in der für ihn angemessenen Form ermöglichen.

(1) Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.
(2) Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen.“ (§ 1 BBiG)

Angebote auf Grundlage der Berufsbildungsgesetz

  1. Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)
  2. Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)
  3. Ausbildungsgängen einjähriger Berufsfachschulen (BFS)

→ staatliche Verantwortung

Jugendberufshilfe

Jugendberufshilfe (SGB VIII/KJHG): Richtet sich insbesondere an Jugendliche, die durch die Arbeitsförderung alleine nicht den Übergang ins Berufsleben bewältigen können.

Das Fördersystem der Jugendberufshilfe soll die schulische, berufliche Ausbildung, die berufliche Eingliederung sowie die Integration der Jugendlichen fördern. (KJHG § 13, § 27, § 35a)

Hierbei orientiert sich die Jugendberufshilfe mehr auf kommunaler Ebene, unter Einbezug der lokalen Rahmenbedingungen. Häufig wird ihre Arbeit, durch kommunale oder freie Träger gestaltet.

Angebote auf Grundlage der Jugendberufshilfe

Angebote zur Jugendberufshilfe basierend auf §§ 13 u. 27 des KJHG

  1. Hilfen zur Orientierung in der Berufswelt
  2. Ergänzende Unterstützungsmaßnahmen bei der Berufswahl
  3. Hilfen vor, nach und während einer beruflichen Erstausbildung
  4. Jugendhilfeorientierte Ausbildungs- oder Berufsvorbereitungsmaßnahmen
  5. Unterstützung bei Schwierigkeiten in besonderen Lebenslagen

→ kommunale Verantwortung

Quellen

  • Rudolf Tippelt: Übergänge im Bildungssystem. In: Thomas Eckert (Hrsg.): Übergänge im Bildungswesen. Münster u.a. 2007, S. 11-22, ISBN 3-8309-1867-4.
  • Tilly Lex u.a: Übergangsmanagement. Jugendliche von der Schule ins Arbeitsleben lotsen. Ein Handbuch aus dem Modellprogramm „Kompetenzagenturen“. München 2006, S. 11, ISBN 3-87966-413-7.
  • Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Leitfaden lokales Übergangsmanagement. Von der Problemdiagnose zur praktischen Umsetzung. Gütersloh 2007, ISBN 3-89204-934-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Tilly Lex, Simon Dyrda, Lore Czeschla, Christoph Horn, Julia Dornseifer, Lars Donath: Übergangsmanagement. Jugendliche von der Schule ins Arbeitsleben lotsen. Ein Handbuch aus dem Modellprogramm „Kompetenzagenturen“. München 2006.

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