AGK3

AGK3

Der AGK3 ist ein genauer fotografischer Sternkatalog von etwa 200.000 Fixsternen, der auf Initiative der Astronomischen Gesellschaft in den 1960er Jahren entstand.

Für die Himmelsdurchmusterung wurden von weltweit verteilten Sternwarten etwa 10.000 genau nachgeführte Fotoplatten belichtet, deren Sternörter nach einheitlichen Methoden ausgemessen wurden.

Inhaltsverzeichnis

Die AG und ihre Sternkataloge

Die Astronomische Gesellschaft als eine der ältesten wissenschaftlichen Vereinigungen Europas war im Jahr 1800 von zwei deutschen Astronomen gegründet worden - dem Gothaer „Astro-Manager“ Franz Xaver von Zach (1754-1832) und dem Bremer Mond-Spezialisten Hieronymus Schröter (1745-1816). Um 1860 hatte die A.G., wie sie in Fachkreisen heißt, den wichtigsten Sternkatalog dieser Zeit, den AGK initiiert. Er wurde ab 1929 mit neuen Messungen und v.a. genaueren Eigenbewegungen zum AGK2 erweitert, der mit der neueren Fassung AGK3 bis heute eine bedeutende Datenbasis für Astronomie, Himmelsmechanik und Bahnbestimmung darstellt.

Bedeutung von genauen Sternörtern

Solche Verzeichnisse genauer Sternörter sind für fast alle Messungen der Astronomie wichtig, insbesondere für Richtungsmessungen und Ableitung von stellaren Eigenbewegungen. Die meisten der Sternpositionen werden relativ zueinander bestimmt (z.B. mit Meridiankreis oder Photographischem Zenitteleskop PZT), doch müssen sie in einen absoluten Koordinatenrahmen „eingehängt“ werden. Diesen liefern sogenannte Fundamentalkataloge (siehe FK4 oder FK5). Auch für die genaue Bahnbestimmung von Erde, Mond und Planeten sind Sternkataloge unerlässlich. Darüber hinaus erlauben sie die Beobachtung von Systemänderungen wie Präzession oder Nutation, die auf periodische Mondeinflüsse auf die Erdachse zurückgehen und durch Verschiebung der Koordinatenlinien alle Sternörter beeinflussen. Durch Verbindungsmessungen zur Erde, die als stabiler Kreisel in diesem Koordinatenrahmen rotiert, lassen sich die Erdrotation und geophysikalische Einflüsse auf sie genau bestimmen und überwachen.

Der Sternkatalog AGK3 (ca. 1955-1970)

Die Initiative für den Übergang AGK2-AGK3 kam nach der IAU-Generalversammlung 1952 in Rom von den Hamburger Astronomen Heckmann und Brouwer. Während der AGKG2 im Wesentlichen nur durch die Arbeit dreier Sternwarten entstand (Hamburg, Bonn und St.Petersburg?), war man sich nun im Klaren, dass die gewachsene Anzahl von Referenzsternen (AGK3R, Corbin 1978) durch moderne Meridiankreise auf möglichst vielen Sternwarten beobachtet werden sollten (Referenzsterne geben den fotografischen Aufnahmen, mit denen die „Massenarbeit“ erfolgt, die erforderlichen Parameter für genaue Verknüpfung und Koordinatentransformation).

Die in Arbeit befindliche Überprüfung des FK3 (Kopff 1937-38) zum FK4 (Fricke et al. 1963) war bereits im Gange und sollte ein verbessertes Bezugssystem liefern. Darüber hinaus sollten einige für den AGK2 (Schorr & Kohlschütter 1951-53) eingesetzten Instrumente auch am AGK3 mitwirken, wofür u.a. die Hamburger Astrokamera mit etwa 2 m Brennweite in Frage kam.

Elf Sternwarten statt früher nur drei

Zur formellen Empfehlung der IAU-Kommission 8 kam es 1955 auf der IAU General Assembly in Dublin. Dadurch erweiterte sich der Kreis mitwirkender Observatorien auf folgende: Babelsberg, Bergedorf, (Bonn), Bordeaux, Greenwich, Heidelberg, Nikolajev, Ottawa, Paris, Pulkovo, Straßburg und Washington (United States Naval Observatory), wo Scott die Meridiankreis-Messungen der AGK3-Sterne koordinieren sollte.

Arbeiten in Hamburg-Bergedorf

Die Aufnahme und Auswertung der Fotoplatten sollten sich die Sternwarten Hamburg-Bergedorf und Bonn teilen, doch später entschied man, die Aufnahmen der „Bonner AGK2-Zone“ (jede Sternwarte bearbeitete einen gewissen Deklinationsbereich) den Hamburgern zu überlassen. Zwischen August 1956 und Juni 1964 wurden mit 1939 AGK3-Platten ebenso viele belichtet wie im früheren Projekt - aus einem Deklinations-Bereich vom Himmelspol bis herab zu δ = 2.5°.

Aufnahmetechnik und Foto-Emulsionen

Spezielle Beachtung fand die Art der Aufnahmen - auf beiden Seiten des Piers, um systematische Fehler vom Kameraobjektiv zu vermeiden. Die zwei Plattensets wurden jeweils in entgegengesetzter Richtung am Stereokomparator ausgewertet und die Bildkoordinaten x and y gemittelt. Wie beim AGK2 bestand wieder das Problem der Beschaffung geeigneten Fotomaterials - aber weniger das Glas (wiederum von der Grünenthaler Spiegelglas A.G.), sondern die Emulsionen. Für sie kamen drei Firmen in Betracht (Kodak Co. in London, Agfa-Wolfen in Ostdeutschland und Perutz & Co. in München), doch die Situation im Nachkriegs-Deutschland war auch bei solcher Konkurrenz schwierig. Lange Lieferzeiten, Zollformalitäten und der beginnende kalte Krieg begünstigten schließlich die Platten aus München; Agfa und Kodak beliefen sich zusammen auf nur etwa 30 Prozent. Perutz musste lange an der Empfindlichkeit der Emulsionen experimentieren, um ausreichende Sensibilität zu erreichen. Die wissenschaftliche Plattenproduktion wurde eingestellt, als Perutz später im neuen Unternehmen Agfa-Gevaert aufging. Um 1990 stellte dann auch Kodak die Produktion von Astroplatten ein.

Ausmessung und Reduktionen

Ab 1957 arbeitete Bergedorf wieder an drei Plattenmessern, weil Bonn seine Maschine herlieh. Nach achtjähriger Arbeit waren alle Platten vermessen. Die anschließende Berechnung der Daten lief diesmal schneller ab, weil das Universitäts-Rechenzentrum 1956 einen der ersten modernen Computer, einen IBM 650, erhalten hatte. Das manuelle Stanzen von 400.000 Lochkarten war jedenfalls endlosen Zeiten an den Kurbelrechenmaschinen vorzuziehen. 1967 erhielt die Sternwarte sogar einen eigenen GIER-Computer der dänischen Regnecentralen. Trotzdem konnte der erste AGK3-Band erst 1975 erschien. Das häufige Auswechseln der Magnetbänder machte Probleme, und Washington, D.C. sandte das Magnetband mit den Supplementsternen des AGK3R erst 1967.

Erst nach längeren Diskussionen (Dieckvoss et al.) wurden die Korrektionsverfahren für die Einflüsse der Sternfarben festgelegt. Auch die Anbindung an die AGK3-Sterne (Referenzkatalog AGK2A) bzw. den FK4 und die Neuauswertung der AGK2-Örter wurde verhandelt, weil davon die Qualität verbesserter Eigenbewegungen (EB) stark abhängt. Als mittlerer Fehler ergab sich ±0.13“ für die Positionen und ±0.009"/Jahr für die Eigenbewegungen. Sterne mit merklich größerem Widerspruch wurden weggelassen; betraf er nur den AGK-2, wurde die EB ausgeschieden.

Ergebnis und Ausblick

Wie beim AGK2 dauerte auch nun die Intensivphase etwa 10 Jahre. Das Ergebnis waren rund 250.000 Sterne bis herab zur 9. bis 10. Größe (siehe Scheinbare Helligkeit) mit deutlich höherer Präzision - v.a. wegen besserer EB durch Neureduktion und längere Zeiträume. Der AGK3 ist auch heute noch vielfach im Einsatz, obwohl die innere Genauigkeit des Hipparcos-Katalogs (1997) fast 50-mal höher ist. Bei den systematischen Einflüssen ist dies offenbar günstiger, was wohl auch auf die Güte der modernen, teilautomatisierten Meridiankreise zurückgeht. Während „Hipparcos“ in seiner 3-4 jährigen Beobachtungszeit im Weltall erstaunliche Positionsgüte erreichte (etwa ±0.003“), sind die Eigenbewegungen naturgemäß viel schlechter, sodass der Katalog zunehmend an Genauigkeit verliert. Die Vor- und Nachteile beim AGK-3 liegen gerade umgekehrt, sodass eine gut modellierte Kombination weitere Vorteile bedeutet.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • AGK3 — Astronomische Gesellschaft Katalog 3 in den Jahren 1956 67 veoeffentlichter Katalog der Sternenpositionen mit Angabe der Sternenbewegung auf Basis fotografischen Aufnahmen und in Kalkulation zu einem Satz fundamentaler Sterne (s. FK) Astronomie …   Acronyms

  • AGK3 — Astronomische Gesellschaft Katalog 3 in den Jahren 1956 67 veröffentlichter Katalog der Sternenpositionen mit Angabe der Sternenbewegung auf Basis fotografischen Aufnahmen und in Kalkulation zu einem Satz fundamentaler Sterne (s. FK) {Astronomie} …   Acronyms von A bis Z

  • Astronomische Gesellschaft Katalog — El Astronomische Gesellschaft Katalog (abreviado AGK) es un catálogo estelar astrométrico. La primera versión, denominada AGK1, contiene 5954 estrellas recopiladas en el curso de la campaña de observación del programa AGK1, llevada a cabo en el… …   Wikipedia Español

  • Astronomische Gesellschaft Katalog — The Astronomische Gesellschaft Katalog (AGK) is an astrometric star catalogue. Compilation for the first version, AGK1, was started in 1861 by Friedrich Argelander and published between 1890 and 1954, listing 200 000 stars down to ninth magnitude …   Wikipedia

  • Astrograph — 6 Doppelastrograf der Landessternwarte Heidelberg Königstuhl, f=250 cm, d=15 cm …   Deutsch Wikipedia

  • Äquatoreal — um 1820 Ein Äquatorial ist ein Messinstrument des späten 19. Jahrhunderts zur genauen Bestimmung von Sternörtern. Es ist ein parallaktisch montiertes Fernrohr mit großen, fein geteilten Kreisen und Ablesemikroskopen. Im Gegensatz zum… …   Deutsch Wikipedia

  • Catalogue AGK — Le catalogue AGK (de l allemand Astronomische Gesellschaft Katalog) est un catalogue d étoiles astrométrique. La compilation des données pour la première version, AGK1, fut commencée en 1861 par Friedrich Argelander et publiée entre 1890 et 1954 …   Wikipédia en Français

  • Wilhelm Dieckvoß — (* 5. Oktober 1908 in Hamburg; † 31. Dezember 1982 in Hamburg) war ein deutscher Astronom. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Ehrungen 4 …   Deutsch Wikipedia

  • 65 Cybele — Star field showing Cybele towards the lower right. Discovery Discovered by Ernst Wilhelm Tempel Discovery date …   Wikipedia

  • PPM Star Catalogue — The PPM Star Catalogue is the successor of the SAO Catalogue. It contains precise positions and proper motions of 378,910 stars on the whole sky in the J2000/FK5 coordinate system. It is designed to represent as closely as possible the IAU (1976) …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”