Bochumer Verein Verkehrstechnik

Bochumer Verein Verkehrstechnik
Die Glocke des Bochumer Vereins vor dem Bochumer Rathaus
Werkseinfahrt in der Gussstahlstraße
Glockenguss für die Frankfurter Paulskirche im Bochumer Verein 1948
Eisenbahnschiene, 1962 gewalzt

Der Bochumer Verein ist ein traditionsreiches Bochumer Unternehmen. Es firmierte zunächst seit der im Jahr 1854 erfolgten Umwandlung in eine Aktiengesellschaft als Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation. Nach verschiedenen Namenswechseln firmiert ein Nachfolgeunternehmen heute als Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1842 als Gußstahlfabrik Mayer und Kühne von Jacob Mayer und Eduard Kühne gegründet und stellte in seinem 1845 in Betrieb genommenen Bochumer Werk zunächst Gussstahlglocken nach einem eigenen Patent von 1852 her. Das Patent wurde zunächst von dem Mitbewerber Alfred Krupp angefochten, so dass es 1855 auf der Weltausstellung in Paris zum Eklat kam. Jacob Mayer willigte ein, eine der dort ausgestellten Glocken zerschlagen zu lassen und durch Schmieden der Bruchstücke den Beweis anzutreten, dass seine Glocken aus Gussstahl und eben nicht aus Gusseisen bestanden, wie Krupp zuvor behauptet hatte. Der Nachweis gelang im Sinne des Unternehmens.

Seit 1863 entwickelte sich der Bochumer Verein zu einem leistungsfähigen Rüstungsbetrieb, Geschützrohre wurden in beiden Weltkriegen vom Bochumer Verein neben anderen Rüstungsgütern in großer Anzahl produziert.

Louis Baare war Generaldirektor von 1855 bis 1895, Nachfolger bis 1917 war sein Sohn Friedrich (Fritz) Baare (1855–1917).

Aufsehen erregte auf einer weiteren Weltausstellung in Paris eine 15.000 Kilogramm schwere Glocke, die 1867 gegossen wurde. Später erweiterte sich die Produktpalette des Bochumer Vereins auf Radsätze und Radreifen für Eisenbahnen und Straßenbahnen.

1926 trat das Unternehmen in die Vereinigten Stahlwerke ein, wurde aber schon 1933 bei der Neugliederung des Mammutkonzerns als Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation AG wieder eigenständig.

Im Zweiten Weltkrieg, am 4. November 1944, richtete sich das alliierte Bombardement besonders auf den Bochumer Verein, der mit mehr als 10.000 Spreng- und über 130.000 Brandbomben belegt wurde. Das Werksgelände und die umliegenden Wohn- und Geschäftsviertel wurden völlig zerstört, und die Stadt brannte lichterloh.[1]

In den 1950er Jahren verließ die 20.000ste Glocke das Werk in Bochum. Ein Großgeläute des Unternehmens, bestehend aus sechs Glocken, hängt in der Reinoldikirche in Dortmund. Die schwerste Glocke dort wiegt 6.500 Kilogramm und wird regelmäßig geläutet. 1903 wurde auf dem Gelände des Bochumer Vereins die Jahrhunderthalle erbaut, deren Eisenkonstruktion zunächst 1902 auf einer Gewerbeausstellung in Düsseldorf als Ausstellungshalle diente und dann nach Bochum transportiert wurde.

Ende 1965 wurde der Bochumer Verein nach Beschluss der Hauptversammlungen vom 15. November bzw. 10. Dezember 1965 komplett vom Krupp-Konzern übernommen.[2] Kurz darauf wurde die Produktion von Glocken eingestellt, weil die Nachfrage nach Glocken aus Stahl in der Nachkriegszeit massiv eingebrochen war. Gleichwohl wurden Bochumer Glocken auch an exponierten Stellen verwendet, das bekannteste Beispiel dürften die vier Friedensglocken in Hiroshima sein. Im Zuge der Übernahme wurden Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt, es kam zur Schließung der Hochöfen am Standort Bochum.

Die Konzernmutter trennte sich zwanzig Jahre später von dem Bochumer Unternehmen, das dann nach einer Reihe von Eigentümer- und Namenswechseln (u.a. Schmiedewerke Krupp-Klöckner GmbH, Vereinigte Schmiedewerke GmbH, VSG) im Jahr 1998 den alten Namen Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH wieder annahm.[3]

Das Unternehmen ist mit etwa 580 Mitarbeitern heute wieder als Lieferant für die Eisenbahn tätig und produzierte beispielsweise die Radreifen für den ICE. Außerdem werden gummigefederte Radsätze für Straßenbahnen hergestellt, deren Entwicklung und technische Umsetzung der Bochumer Verein wegweisend betrieben hat.

Das Unternehmen gehört mit den Unternehmen Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH und Bahntechnik Brand-Erbisdorf GmbH zur Bahngruppe innerhalb der Unternehmensgruppe Georgsmarienhütte.

ICE-Unglück von Enschede
Ein Defekt an einem durch das Unternehmen konstruierten, gummigefederten Radreifen führte am 3. Juni 1998 zum ICE-Unglück von Eschede.[4] In der Folge kam es zu einem mehrjährigen Prozess, in dem unter anderen auch ein Ingenieur des Unternehmens der fahrlässigen Tötung angeklagt war. Das Verfahren wurde im April 2003 gegen Zahlung von 10.000 Euro eingestellt.[5]

Stadtbahnstation „Bochumer Verein/Jahrhunderthalle“
Der Bochumer Verein ist einer der Namensgeber der Stadtbahnstation „Bochumer Verein/Jahrhunderthalle“. An einer der Treppen von der Verknüpfungsebene zum Bahnsteig wurde ein großformatiges Bild platziert, das die alte Glockengießerhalle zeigt.[6]

Vorstandsvorsitzende

Literatur

  • Lothar Gall: Krupp. Der Aufstieg eines Industrieimperiums. Siedler Berlin 2000, ISBN 3-88680-583-2
  • Gustav-Hermann Seebold & Alfred Wortmann: Ein Stahlkonzern im Dritten Reich. Der Bochumer Verein 1927–1945. Peter Hammer Verlag Wuppertal 1981
  • Wolfhard Weber: Walter Borbet (1881–1942). In: Weber, Wolfhard (Hrsg.): Ingenieure im Ruhrgebiet, S. 224–256. Münster 1999

Einzelnachweise

  1. bochumer-geschichte.de, 70.000 Obdachlose in Bochums Zentrum
  2. Handelsregister HRB62 des Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation Aktiengesellschaft am Amtsgericht Bochum
  3. Unternehmenschronik.
  4. Eine Chronik: ICE-Katastrophe von Eschede, Rheinische Post vom 18. Mai 2000.
  5. Die Hochgeschwindigkeitskatastrophe, Süddeutsche Zeitung vom 2. Juni 2008.
  6. Bahnhof Bochumer Verein / Jahrhunderthalle Bochum, auf den Seiten der Stadt Bochum.

Weblinks

51.4807687.207017Koordinaten: 51° 28′ 51″ N, 7° 12′ 25″ O


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