Bremer Börse

Bremer Börse

Die Bremer Börse war bis 2007 eine der acht deutschen Regionalbörsen. Im Jahr 2000 wurde der Präsenzhandel aufgegeben, 2007 wurden die letzten operativen Einheiten aufgelöst. Das Vermögen der Börsenholding ging auf die neu gegründete Stiftung Bremer Wertpapierbörse. Von der Rendite sollen Wissenschaft, Forschung und Kultur profitieren.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Im späten Mittelalter waren der Marktplatz sowie der Liebfrauenkirchhof in Bremen die wichtigsten Warenumschlag- und Handelsplätze. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kam der Wunsch nach einer Börse auf. Im Jahre 1613/14 ließ man deshalb am Südrand des Liebfrauenkirchhofs zirka 28 kleine Hütten einreißen. Sechs Jahre später entstanden hier 21 mit Steinplatten abgedeckte Kellergewölbe für die Weinlagerung. Die so entstandene Freifläche wurde Börse getauft und alsbald fanden hier die meisten Geschäftsaktivitäten statt.

Die Alte Börse

Die Alte Börse mit der Liebfrauenkirche und der Ansgariikirche um 1822

Auf Grund der Baufälligkeit des Gewölbes und des ständig wachsenden Handelsaufkommens erließ die Stadt Bremen am 14. März 1682 die I. Börsenordnung, auf deren Grundlage der Architekt Jean Baptiste Broëbes 1687 damit begann, über dem Keller ein einstöckiges Gebäude im Stil des Barocks zu errichten. Nach den Plänen von Giselher von Warneck wurde in den Jahren 1734 bis 1736 ein zweites Stockwerk aufgebaut.

Architektur

Bei der Alten Börse handelte es sich um einen Bau im Stil des Barock. Im Erdgeschoss befanden sich der Handelssaal und das Büro des Lotterieeinnehmers (gegen Ende des 18. Jahrhunderts zum Buchladen umgebaut). In der neuen zweiten Etage waren zwei kleine und ein großer Festsaal (für Konzerte, Hochzeiten Gastempfänge etc.) eingerichtet worden. Der Keller des Gebäudes hatte wahrscheinlich schon damals eine Verbindung zum Bremer Ratskeller.

Geschichte

Die Bremer Börse wurde am 14. März 1682 offiziell gegründet. Börsenähnlichen Handel gab es jedoch schon seit 1620. Der Handel in der Alten Börse konzentrierte sich vorwiegend auf Makler-, Waren- und Wechselgeschäfte, aber auch Aktien waren beliebt.

Nach dem Einmarsch Napoléon Bonapartes und seiner Truppen wurde die Börse durch die Franzosen vorübergehend geschlossen. Diese veranlassten im September 1811 einen Umzug in das Kramerhaus und das Rathaus, wo weitergehandelt werden konnte. Zwei Jahre später jedoch, im Oktober 1813, konnte die Börse ihre Geschäfte im Gebäude am Liebfrauenkirchhof wieder aufnehmen.

Im Jahre 1816 erließ der Kaufmannskonvent die vom Bremer Senat getragene II. Börsenordnung. Zunächst jedoch war die wirtschaftliche Lage der Kaufleute noch nicht vielversprechend, aber in den 1820er Jahren besserte sich die Situation und schon bald erwies sich die Alte Börse als den Ansprüchen ungenügend. 1849 wurde die III. Börsenordnung veröffentlicht, welche die Aufsicht über die Geschäfte auf die Handelskammer übertrug. Diese erhielt ab 1853 Unterstützung durch den neu gegründeten Börsenverein. Zusätzlich befanden sich im Gebäude auch das Ober-, das Unter- sowie das Handeslsgericht und die Civilkammern des Landgerichts Bremen.

1864 wurden der Handel in die Neue Börse am Marktplatz verlagert.

Die nicht mehr genutzte Alte Börse brannte 1888 nieder. Nach Abriss der Ruine wurden der Keller des Gebäudes tiefer gelegt und bildet heute einen Teil des Bachuskellers, eines Abschnittes des Bremer Ratskellers.

Die Neue Börse

Die Neue Börse am Marktplatz Ende des 19 Jahrhunderts

Auf Grund der Unrentabilität der Börse beschlossen die Bremer Handelskammer und der Börsenverein im Jahre 1855 die Errichtung eines neuen Gebäudes. Dazu ließen sie an der Ostseite des Marktplatzes zwischen 1860 und 1863 siebzehn alte Giebelhäuser und die Wilhadikapelle abreißen. Unter der Leitung von Heinrich Müller entstand in den Jahren 1861 bis 1864 ein neues Handelsgebäude. Dessen Einweihung wurde am 5. November 1864 gefeiert.

Architektur

Die Neue Börse am Marktplatz war ein großer neugotischer Bau mit einer dem Schütting ähnlichen Portaltreppe und zwei Türmen. Das Interieur wurde von vielen namhaften Künstlern der damaligen Zeit gestaltet. Unter anderen wirkten die Maler Arthur Fitger und P. Janssen und der Bildhauer Diedrich Samuel Kropp daran mit.

Das Gebäude verfügte über eine große Halle, mehrere Kontorräume, einen Tagungsraum sowie Büros, die auch für die Bremische Bürgerschaft genutzt wurden. Zudem befand sich im Untergeschoss noch ein öffentliches Restaurant.

Geschichte

Auch zu Beginn des Handels in der Neuen Börse existierte in Bremen kaum Wertpapierhandel. Es wurden vorwiegend Wechsel- und Warengeschäfte getätigt. Dies änderte sich jedoch in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts. Am 1. Januar 1890 stellte die Effektenbörse, also jener Bereich, der mit Aktien handelt, neue Richtlinien auf, in deren Folge die Bremer Wertpapierbörse immer mehr an Bedeutung gewann und schon bald den Anschluss an andere europäische Institute fand. Mit dem Inkrafttreten des Reichsbörsengesetzes am 23. Juni 1896 wurde sie zu einem Dienstleister mit öffentlichem Auftrag. Durch die Etablierung der Baumwollbörse ließ der Handel an der Warenbörse deutlich nach.

Im Zuge der Novemberrevolution von 1918 trat die Neue Börse kurzzeitig ins politische Rampenlicht, als der Politiker Alfred Henke am 14. November in einem Saal des Gebäudes die Machtübernahme durch einen Arbeiter- und Soldatenrat sowie die Auflösung des Senats und der Bürgerschaft erklärte. Aus diesem Gremium entwickelte sich Anfang des darauffolgenden Jahres die Bremer Räterepublik.

Im Jahre 1934 wurde die Neue Börse geschlossen und der Bremer Wertpapierhandel auf die Hanseatische Börse in Hamburg übertragen.

Zerstörung des Gebäudes

Am 20. Dezember 1943 brannte das zum Markt hin gelegene Hauptgebäude nach einem Luftangriff komplett aus. Erhalten blieb das Börsennebengebäude, welches später restauriert und aufgestockt wurde. Die Ruine des Hauptgebäudes blieb nahezu zwölf Jahre stehen, bevor die Handelskammer das Gelände im Jahre 1957 an die Stadt verkaufte. Nach Abriss der Ruine entstand dort nach Plänen des Architekten Wassili Luckhardt 1965/66 das Gebäude der Bremischen Bürgerschaft.

Nachkriegszeit

Das Gebäude der Bremer Bank war 1980 bis 1990 der Sitz der Börse

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bremer Wertpapierbörse mit Einwilligung der US-amerikanischen Besatzungsmacht am 16. Februar 1949 neu eröffnet.

Im Jahre 1980 zog sie in einen Anbau eines Bankhauses am Domshof. Zehn Jahre später wechselte man in die nahe dem Bremer Marktplatz gelegene Obernstraße.

Anfang 2000 wurde der Parketthandel zugunsten des Computerhandels aufgegeben, woraufhin das Institut erneut umzog und sich mit etwa 30 Wertpapierhändlern in der Kohlhökerstraße niederließ. Im Jahre 2002 erfolgte eine zehnprozentige Beteiligung an der NASDAQ Deutschland AG – zusammen mit der NASDAQ Europe AG (50 %), der Berliner Börse (10 %), comdirect (7,5 %), der Commerzbank (7,5 %) und der Dresdner Bank (15 %).

Im März 2003 fusionierte die Bremer Börse mit der Berliner Börse zur öffentlich-rechtlichen Wertpapierbörse „Börse Berlin-Bremen“. 2005 wurde die Bremer Börse an die Swiss Exchange verkauft. Im Juni 2007 wurde die Fusion mit der Berliner Börse wieder aufgelöst. Aus dem Vermögen der auf die Bremer Wertpapierbörse Holding verschmolzenen BWB Wertpapierbank und BWB Wertpapier-Emissionsberatung wurde die Stiftung Bremer Wertpapierbörse gegründet.

Die Stiftung Bremer Wertpapierbörse arbeitet seit September 2007 als gemeinnützige Stiftung. Sie soll Wissenschaft, Forschung und Kultur fördern.


Literatur

  • Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, 2003, ISBN 3-86108-693-X.
  • Die Bremer Börse wird aufgelöst in: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 163 vom 17. Juli 2007.

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