Buchhorn

Buchhorn
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Buchhorn war eine mittelalterliche Freie Reichsstadt am Bodensee, aus deren Zusammenschluss mit dem Kloster Hofen im Jahre 1811 die Stadt Friedrichshafen als württembergischer Bodenseehafen entstand. Buchhorn wurde vor allem durch den Handel über den See geprägt, erlebte jedoch eine wechselhafte Geschichte, in der sie oft zerstört wurde.

Wappenstein von Buchhorn im Jahr 1619. Es stammt vom alten Buchhorner Amtshaus in Eriskirch und ist heute am Rathaus in Eriskirch eingemauert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung und Dorfgeschichte

Im Jahr 838 wird Buchhorn als „Buachihorn“ zum ersten Mal erwähnt als Ort der Udalrichinger, in dem sie die Leutkirche erbauten. Um 1100 ließen sich erste Händler am See nieder, die einen Warenumschlagplatz vom Transport zu Lande aufs Wasser errichteten, um die Handelsverbindungen über die Alpen nach Italien zu verbessern und auszubauen. Die Stadt bestand wohl nur aus wenigen Wohnhäusern, einem Lagerhaus, einem Wirtshaus, Pferdeställen und einem kleinen Markt. 1156 wurde am Ort der heutigen Nikolauskirche eine Kapelle errichtet, die jedoch 1291 wieder zerstört wurde.

Urkunden über die Stadtgründung Buchhorns wurden wohl bei einem Brand vernichtet. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Stadt unter dem Staufer Friedrich II. in der Zeit zwischen 1213 und 1216 gegründet wurde, um die Handelsstraße von Ravensburg und die Ost-West-Straße am Bodenseeufer entlang zu verbinden. 1215 wird Buchhorn als solches namentlich zum ersten Mal erwähnt: In einer Mitteilung der Begebenheiten des Klosters Weißenau ist die Rede von einem Händler aus Buchhorn. Da das bäuerliche Dorf Buchhorn etwas abseits der Straßenkreuzung lag, entstand eine neue Ansiedlung direkt an der Kreuzung, die sich 1266 Hofen nannte.

Buchhorn als Stadt

1274 wird Buchhorn erstmals in einem Dokument als Stadt erwähnt. Inhalt war die Regelung des Besitzrechtes eines Gartens zwischen einem Bürger namens Nikolaus und dem Abt von Salem. Es wurde vom damaligen Stadtammann Hermann und dessen Vorgänger Eberhard unterzeichnet. Das Siegel zeigt eine 15-blättrige Buche mit einem quer über den Stamm gehängten Horn. Buchhorn gehörte damals zur Landvogtei Oberschwaben mit Sitz in Altdorf. Der erste Landgraf war Hugo von Werdenberg-Heiligenberg, der auf der Veitsburg residierte. 1275 wurde Buchhorn von König Rudolf zusammen mit Überlingen und Freiburg im Breisgau in den Rang einer Reichsstadt erhoben. Dem neuen Stadtrecht nach waren Buchhorns Bürger nur dem eigenen Stadtgericht unterworfen, um unabhängig von anderen Gerichten zu sein. Doch schwere Straftaten blieben weiterhin Aufgabe auswärtiger Gerichte.

Verpfändung und Königskrieg

Aufgrund von Geldproblemen wurde die Stadt im Jahr 1280 von König Rudolf an die Werdenberger verpfändet. Weil sein Sohn, Herzog Albrecht von Habsburg, beim Volk nicht beliebt war, wurde Adolf von Nassau auf Betreiben der rheinischen Kurfürsten zum deutschen König gewählt. Hugo von Werdenberg, der die Habsburger Interessen vertrat, geriet deswegen mit dem Abt des Klosters St. Gallen Wilhelm in Streit und zog mit seinen Truppen in Buchhorn ein. Die Städte St. Gallen und Konstanz griffen daraufhin am 11. November 1291 an, brannten die Stadt nieder und plünderten sie. Dies war ein schwerer Schlag für Buchhorn und seine weitere Entwicklung. Nachdem Albrecht von Habsburg Adolf von Nassau im Jahr 1298 gestürzt hatte, erhielt die Stadt weitere Rechte und Privilegien, wie z.B. das Recht, unter königlichem Schutz einen Wochenmarkt abzuhalten. Trotz einer weiteren Zerstörung 1305 durch fünf Blitzeinschläge und anschließende Großbrände wurde die Stadt durch die Werdenberger erst 1332 aus der Verpfändung gelöst. Um eine neuerliche zu verhindern, trat Buchhorn 1376 in den Schwäbischen Städtebund ein.

Kaiserbesuche

Nach dieser Zeit war es relativ ruhig um die Stadt Buchhorn geworden. Die einzigen wichtigen Ereignisse waren Kaiserbesuche. Sigismund besuchte Buchhorn in der Zeit des Konstanzer Konzils (1414–1418). Dieser schloss die Stadt dermaßen ins Herz, dass er ihr im Frühjahr 1434 die Obhut der Kaiserkrone anvertraute. Auch Kaiser Friedrich III. besuchte die Reichsstadt im Jahr 1452.[1]

Kriegszeiten

Kupferstich von „Bůchorn“ (Merian, 1643/1656)

Angelockt durch seinen Stellenwert für den Handel und dem daraus resultierenden Reichtum wäre Buchhorn 1454 fast vom Raubritter Hans von Rechberg ausgeplündert worden. Ein wachsamer Bürger vereitelte den Versuch. Bereits durch den Bauernkrieg 1525 und die Glaubenskämpfe der Reformation verlor Buchhorn seinen bescheidenen Wohlstand wieder.

Im Dreißigjährigen Krieg litt Buchhorn vor allem unter dem schwindenden Geldwert und den Einquartierungen und Übergriffen spanischer und holländischer Soldaten. 1634 besetzten schwedische Truppen die Stadt und benannten sie in Gustavsburg um. Nach dem Ende des Krieges und der völligen Zerstörung kam das wirtschaftliche Leben nur allmählich wieder in Gang. Noch einmal komplett zerstört wurde Buchhorn während der Koalitionskriege der französischen Revolution durch die 1796 einquartierten französischen Truppen.

Aus Buchhorn wird Friedrichshafen

Nach dem napoleonischen Krieg war auch der letzte, durch den Salzhandel entstandene Wohlstand verschwunden und die Stadt selbst total verwüstet. 1802 ging Buchhorn infolge des Friedensvertrages von Lunéville an Bayern, 1810 dann durch den Pariser Vertrag an Württemberg, das von König Friedrich regiert wurde. Am 16. Juli 1811 besichtigte er Buchhorn und die umliegenden Städte. Einen Tag später verkündete er die Vereinigung von Buchhorn und Hofen zu Schloss und Stadt Friedrichshafen. Die erste amtliche Bekanntmachung über den Zusammenschluss wurde im Königlich-Württembergischen Staats- und Regierungsblatt Nr. 25 vom 27. Juli 1811 veröffentlicht.

Politik

Nach der Stadtgründung Buchhorns war ein vom Landvogt eingesetzter Amann Verwalter der Stadt. Er war zuständig für Politik und Rechtsprechung und lud zu seinen Versammlungen Zeugen aus reicheren Familien ein, die eine Art Stadtrat bildeten. Das Volk musste die Urteile und Entscheidungen bestätigen. Doch schon bald nach dem Brandunglück von 1345 begannen die zugewanderten Handwerker ihren Einfluss auf die Politik zu erweitern. 1397 wurde der erste Bürgermeister eingesetzt, der als neues Stadtoberhaupt nicht vom König bestätigt werden musste.

In Buchhorn wurde die Verfassung von vier Zünften - den Schmieden, Rebleuten, Bäckern und Metzgern - ausgearbeitet. Dieser Verfassung nach gab es einen kleinen Rat mit 14 und einen großen Rat mit zusätzlichen 16 Personen. Diese wurden am 21. Dezember gewählt und teilten die 40 verschiedenen Posten wie den Bürgermeister, den obersten Zunftmeister oder den Kassenverwalter auf. Die Inhaber verrichteten ihre Posten ehrenamtlich und neben ihrem normalen Beruf her. Der Rat hatte unbeschränkte Befugnisse und befasste sich beinahe täglich auch mit kleinsten Delikten wie Beleidigungen oder Übertretung der Zunftordnung. Im Riedlewald befand sich der Galgen, an dem selten einmal ein Todesurteil vollstreckt wurde.

Wirtschaft

Die wichtigsten Berufe der Buchhorner waren Fischer, Schiffsleute, Bauern und Handwerker, die sich ebenfalls durch etwas Landwirtschaft selbst versorgten.

Landwirtschaft

Der Weidebetrieb, der ein großer Streitpunkt zwischen Buchhorn und Hofen war, wurde durch einen städtischen Bediensteten, den Kuhhirten, geregelt. Im Jahr 1343 wurde ein Urteil beurkundet, das dieses Problem löste. Neben Dinkel und Hafer wurde vor allem Hanf angebaut, der in Leinwandwebereien weiterverarbeitet wurde. Im 15. und 16. Jahrhundert wuchs die wirtschaftliche Bedeutung des Weinbaus, doch der Buchhorner Wein war nicht hochwertig und daher kein Exportprodukt. Angebaut wurde vor allem der weiße Elbling, eine sehr ertragreiche Sorte, die eher sauren Wein lieferte. Auch Rotwein wurde gekeltert - aus der blauen Silvanertraube. Durch den Weinbau entstand die Legende von den trinkfreudigen Buchhornern.

Handelsverkehr

Buchhorn lag an zwei wichtigen Handelsrouten: Deutschland–Schweiz–Italien–Nordafrika und Deutschland–Schweiz–Frankreich–Spanien. Die Stadt lebte von der Schifffahrt und dem Güterumschlag, durch den sie Zoll- und Lagergeld verdiente. Auch die Wirte und Schmiede verdienten an den durchreisenden Händlern, sowie jegliche Form der Nahrungsmittelproduktion. Um den lokalen Handel kümmerten sich im Wesentlichen zwei Ravensburger Handelsgesellschaften. Buchhorn besaß auch ein Kornhaus (1485 errichtet) sowie ein Gredhaus, das als Güterumschlagplatz diente.

Aufschwung durch den Salzhandel

Nach dem Dreißigjährigen Krieg sowie einigen Vorkommnissen der Geldfälscherei um 1700 und dem Verkauf verschiedener Einnahmen in den Folgejahren betrugen Buchhorns Schulden im Jahr 1755 rund 46.000 Gulden. Doch als der bayerische Kurfürst Maximilian Joseph 1755 mit Buchhorn einen Umschlagplatz für den Export von Salz in die Schweiz fand, begann der wirtschaftliche Umschwung. Der so genannte Salzvertrag schloss auch den Transport von Getreide und anderen Handelswaren ein. Der Handelsverkehr nahm schnell größeren Umfang an, jährlich wurden 20.000–25.000 Fass verschifft. Da das Kornhaus und das Gredhaus nicht mehr ausreichten, wurde ein Neubau am See errichtet - ein Salzstadl, der 1760 fertiggestellt wurde. Teilweise betrug der Jahresumsatz der Stadt allein durch den Salzhandel über eine Million Gulden. Bereits 1771 verlor Buchhorn jedoch das Monopol und damit seinen hohen Stellenwert: Nach den Bemühungen Lindaus durfte auch von dort aus das aus den Gewinnungsstätten Bayerns und Tirols über die Tiroler Salzstraße angelieferte Salz in die Schweiz weitergehandelt werden.

Einzelnachweise

  1. Davon berichtet die Zimmerische Chronik in der Anekdote vom Furzer von Buchhorn

Literatur

Weblinks

 Wikisource: Friedrichshafen – Quellen und Volltexte
 Commons: Geschichte Friedrichshafens – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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