Bullvalen

Bullvalen
Strukturformel
Struktur von Bullvalen
Allgemeines
Name Bullvalen
Andere Namen

Tricyclo[3.3.2.02,8]deca-3,6,9-trien

Summenformel C10H10
CAS-Nummer 1005-51-2
Kurzbeschreibung

kristalliner Feststoff[1]

Eigenschaften
Molare Masse 130,19 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

96 °C [1]

Siedepunkt

ab 400 °C: Zersetzung zu Naphthalin und Wasserstoff[2]

Sicherheitshinweise
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine Einstufung verfügbar
R- und S-Sätze R: siehe oben
S: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Bullvalen ist ein ungesättigter polycyclischer Kohlenwasserstoff, der trotz eines Cyclopropan-Gerüsts bei niedrigen Temperaturen äußerst stabil ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Name

Der Name der Substanz Bullvalen wurde zusammengesetzt aus dem Namen eines der Wissenschaftler, William „Bull“ Doering, aus dem Team, das im Jahr 1963 die Eigenschaften des Moleküls aufgrund theoretischer Berechnungen vorhersagte,[4] sowie der Eigenschaft des Moleküls, in sehr vielen verschiedenen valenztautomeren Formen vorzuliegen. Die Erstsynthese gelang im gleichen Jahr G. Schröder durch Photolyse eines dimeren Cyclooctatetraen unter Entfernung von Benzol.

Eigenschaften, Darstellung und Reaktionen

Bullvalen bildet farblose Kristalle mit einem Schmelzpunkt von 96 °C. Erst bei 400 °C zerfällt die Substanz in Naphthalin und Wasserstoff. Bullvalen ist synthetisch sehr gut aus Cyclooctatetraen zugänglich und geht die zu erwartenden Additionsreaktionen ein, indem jeweils 4 Mol Brom oder Wasserstoff für drei Doppelbindungen und den Cyclopropanring verbraucht werden.

Struktur

Im Bullvalen sind die drei Kohlenstoffatome eines Cyclopropanrings mit einem Methinrest über drei Vinylenbrücken sternförmig verbunden. Diese komplizierte polycyclische Struktur ist überraschend stabil und entsteht bei Reaktionen mit recht hoher Ausbeute.

Abbildung 1: Die drei Cope-Systeme (rot) eines Bullvalen-Moleküls
Abbildung 2: Eine der möglichen intramolekularen Cope-Umlagerungen: Bullvalen reagiert zu Bullvalen!

Der Grund liegt in der Stabilisierung des Systems durch Valenztautomerie, in diesem Fall durch eine [3,3]-sigmatrope Umlagerung, die sogenannte Cope-Umlagerung. In einem diskreten Bullvalenmolekül liegen, wie Abbildung 1 zeigt, drei mögliche Cope-Systeme vor. Bei der Cope-Umlagerung im Bullvalene bildet sich über einen sechsgliedrigen Übergangszustand ein neuer Cyclopropanring, während der alte aufbricht und sich die Doppelbindung verlagern, siehe Abbildung 2. In Folge der spezifischen Struktur des Bullvalens geht aus dieser Umlagerung jedoch wieder ein Bullvalenmolekül hervor, nur nehmen die Kohlenstoffatome individuell andere Plätze im neuen Molekül ein.

Ab 100 °C erfolgen die Cope-Umlagerungen zwischen den mehr als 1,2 Millionen Anordnungsmöglichkeiten (genau 10!/3 = 1.209.600 Möglichkeiten), den Automeren (siehe Tautomerie), so rasch, dass das 1H-NMR-Spektrum der Wasserstoffatome nur mehr ein einziges, scharfes Signal bei 4,2 ppm aufweist.[5] Das bedeutet, dass bei dieser Temperatur alle Wasserstoffatome gleichwertig sind und führte zum Ausdruck der „fluktuierenden Struktur“. Diese Annahme konnte durch Röntgenstrukturanalyse bei Raumtemperatur und Neutronenbeugungsexperimente bei 100 K bewiesen werden.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch der Experimentalphysik: Bd. 6 Festkörper, S. 196, de Gruyter Verlag, 1999
  2. Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.1. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2008.
  3. In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  4. The Bullvalene Story. The Conception of Bullvalene, a Molecule That Has No Permanent Structure Ault, Addison. J. Chem. Educ. 2001 78 924. Abstract
  5. Chemgapedia.de: Perizyklische Reaktionen: Sigmatrope Umlagerungen

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  • -valen — va|len [zu ↑ Valenzisomerie oder zu ↑ Fulvalen] Endung in Trivialnamen mancher org. Verb., die bes. leicht Valenzisomerisierungen eingehen, z. B. Benzvalen, Bullvalen …   Universal-Lexikon

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