Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps

Bundessicherheitswachekorps und Kriminalbeamtenkorps

Das Bundessicherheitswachekorps (kurz: Sicherheitswache (SW) genannt), war in Österreich ein bewaffneter Wachkörper, der den Bundespolizeidirektionen Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz, Salzburg, Schwechat, Steyr, St. Pölten, Villach, Wels, Wien und Wiener Neustadt zur Wahrnehmung des Exekutivdiensts (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit) beigegeben war. Das Korps bestand von 1869 bis zur Zusammenlegung mit Bundesgendarmerie und Kriminalbeamtenkorps zum Wachkörper Bundespolizei im Jahr 2005.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In Wien wurde 1546 erstmals eine eigene Sicherheitswache („Stadtguardia“) an den Stadttoren aufgestellt. Mit Allerhöchster Entschließung vom 2. Februar 1869 genehmigte Kaiser Franz Joseph I. auf Vorschlag von Sicherheitsminister Graf Eduard Taaffe die Errichtung der k.k. Sicherheitswache in Wien. Dies war notwendig geworden, nachdem die 1791 eingeführten k.k. Militär-Polizeiwachen den Anforderungen einer modernen Sicherheitstruppe nicht mehr gerecht wurden und diese in der Bevölkerung bereits so unbeliebt waren, dass gegen sie auch bereits tätliche Angriffe getätig wurden. Die Wiener Sicherheitswache wurde damit, nach den Revulotionswirren des Jahres 1848, als sogenanntes Zivilinstitut gebildet und für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zuständig. Ihre Vorbilder waren u. a. ihre Schwesterorganisationen in Paris und Berlin.

Ausbildung

Am 1. Mai 1869 wurden die ersten Bewerber aufgenommen, deren Ausbildung vier bis sechs Wochen dauerte. Die damaligen Anforderungen waren z. B.: ungewöhnliche Geisteskraft, momentane Auffassungsgabe, Freisinnigkeit gepaart mit innigem Pflichtgefühle, Anständigkeit im Privatleben und urbane Zuvorkommenheit, ja selbst ein höherer Grand der Eleganz im ämtlichen Verkehre sind unabweisliche Erfordernisse eines Sicherheitsbeamten.

Kurz vor Auflösung des Bundessicherheitswachekorps mussten Interessenten für die Aufnahme in den Sicherheitswachedienst neben der Österreichischen Staatsbürgerschaft und Unbescholtenheit vor allem körperliche Tauglichkeit vorweisen. Das Aufnahmeverfahren bestand aus der schriftlichen Aufnahmeprüfung, der ärztlichen Untersuchung, dem medizinischen Bewegungskoordinationstest und einem Aufnahmegespräch. Mit Beginn des Ausbildungskurses erhielt der Bewerber eine Planstelle der Verwendungsgruppe E2c (Aspirant).

Grundausbildung

Die Grundausbildung bestand aus drei Abschnitten:

  • Basisteil (5 Monate): Theoretische Ausbildung
  • Praktikum (2 Monate): Praktische Ausbildung am Wachzimmer
  • Hauptteil (14 Monate): Theoretische Ausbildung im Bildungszentrum

Bereits während der Ausbildung konnten Schüler zu Dienstversehungen z. B. bei Großveranstaltungen herangezogen werden.

Weiterführende Ausbildung

Je nach Personalbedarf bestand, nach Ablegen einer vorherigen Auswahlprüfung, die Möglichkeit zur Weiterbildung:

  • Ausbildung zum Dienstführenden Beamten („Charge“): nach mindestens 5-jähriger Dienstzeit; Kursdauer: 6 Monate
  • Ausbildung zum Leitenden Beamten („Offizier“): nach mindestens 1-jähriger Dienstzeit mit Matura bzw. B-Matura, oder 3-jähriger Dienstzeit ohne Matura als Dienstführender Beamter; Kursdauer: 2 Jahre
  • Ausbildung zum Dienst im Kriminalbeamtenkorps (Kriminalbeamter): nach mindestens 4-jähriger Dienstzeit; Kursdauer: 6 Monate

Dienstbetrieb

Der Dienstbetrieb unterschied sich je nach Aufgabenbereich der Dienststelle. Der Großteil der Dienststellen, welche als Wachzimmer bezeichnet wurden, waren mit den allgemeinen, ordentlichen polizeilichen Agenden (siehe unten in „Aufgaben und Befugnisse“) betraut. Beamte der Verkehrsabteilung waren mit Aufgaben der Überwachung und Lotsung des Verkehrs, Lotsungen allgemein, Schwerpunktkontrollen (Planquadrate) und Großveranstaltungen (Zu- und Abfahrtsregelungen) betraut. Im Donaudienst standen die Überwachung des Motorboot- und Schiffsverkehrs, Fischerkontrollen und Hilfeleistungen in Donaubereich im Mittelpunkt. Die Diensthundeabteilung war zuständig für den Streifendienst mit Hund, Suchtgift-, Sprengstoff- und Fährtensuche, Großveranstaltungen und die Durchsuchung von Fahrzeugen und Gebäuden. Den Beamten der WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung) oblagen alle Amtshandlungen mit höherem Gefährdungsgrad (Demonstrationen und Großveranstaltungen).

Charakteristisch für den Dienst in der Sicherheitswache war neben Uniform und Bewaffnung auch der Dienst zu Tag- und Nachtzeiten und an Wochenenden und Feiertagen, der vor allem von den dienstführenden und eingeteilten Beamten verrichtet wurde.

Dienstgrade

Der Amtstitel jedes SWB bzw. KrB war Exekutivbediensteter (EB). Zusätzlich wurde ihm anlässlich seiner Anstellung in den Bundesdienst ein Dienstgrad als Verwendungsbezeichnung (früher Amtstitel) verliehen. Die Dienstgrade der Bundespolizei ließen sich in drei Gruppen einteilen:

Eingeteilte Beamte
Aspirant Inspektor Revierinspektor
(nach 6 Dienstjahren.)
Gruppeninspektor/E2b
(ab Erreichen der Gehaltsstufe 15)
Dienstführende Beamte
Gruppeninspektor Bezirksinspektor Abteilungsinspektor Kontrollinspektor Chefinspektor (FGr. 6) Chefinspektor (FGr. 7)
Leitende Beamte
Leutnant
Oberleutnant Hauptmann Major Oberstleutnant Oberst
Oberst FGr.8 Brigadier General

Weibliche Beamte führten, soweit sprachlich möglich, die Dienstgrade in weiblicher Form (z. B. Revierinspektorin oder Oberleutnantin, aber nicht Hauptfrau!)

In Wien wurde für den Leiter des Wachkörpers zusätzlich zum Dienstgrad noch die Amtsbezeichnung „Generalinspektor“ verwendet. In den Korps in den Bundesländern lautete die Bezeichnung „Zentralinspektor“. Die Dienstgrade der eingeteilten Beamten lauteten bis in die 1960er Jahre hinein (Pragmatisierter, d.h. auf Lebenszeit verbeamteter) Wachmann (ein sechspitziger Silberstern), Oberwachmann (zwei Sterne) und Rayonsinspektor (drei Sterne). Der Einstiegsdienstgrad der dienstführenden Beamten war Revierinspektor als Wachkommandant eines Wachzimmers (heute: Polizeiinspektion, Obereinheit mehrerer Rayons).

Abzeichen und Uniformierung

Korpsabzeichen der Bundessicherheitswache
Distinktionen des Bundessicherheitswachekorps

Das Abzeichen der Sicherheitswache zeigt im unteren Teil eine gezinnte Quadermauer, die von Hals und Kopf sowie einem Teil der rechten Flügelachse eines Adlers, überragt wird. Die Stadtmauer symbolisieren die Stadt und deren Bevölkerung über der, das durch den Adler dargestellte Bundessicherheitswachekorps, schützend wacht. Der züngelnde, gewaffnete Adler weist auf die Wehrhaftigkeit und Wachsamkeit hin.

Die Uniformierung bestand in der Anfangszeit aus einem schwarz-grauen Mantel, welcher dunkelgrün und pompadourrot eingefasst war. Als Kopfbedeckung diente zunächst ein schwarzer, steifer Filzhut, wie er ebenfalls von der Gendarmerie seit 1860 anstelle der Pickelhaube getragen wurde. 1883 wurde der Filzhut durch einen schwarz lackierten Blechelm ersetzt. Die Reiter der Polizei trugen bis über die Knie reichende Stulpstiefel, weiße Stulphandschuhe sowie eine schwarze Kartusche mit dem k.k. Adler.

Die Rangabzeichen bestanden aus silbernen Metalllitzen am Stehkragen; die Chargen trugen Silberborten am Mützenrand und am Ärmelaufschlag sowie eine silberdurchwirkte Säbelquaste. Die Schulterstücke (Epauletten) der leitenden Beamten waren aus weißfärbigem Metall und rot gefüttert; die Oberbeamten trugen silber-gestickte Fransenepauletten.Auf dem metallenen Ringkragen, im Volksmund „Halbmond“ genannt, war die Dienstnummer aufgesetzt

Ab 1892 wurde im Dienst immer der dunkelgrüne Waffenrock und der Helm getragen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in Folge des Rohstoffmangels von den Siegermächten khakifarbene Felduniformen angeschafft; erst 1924 wurde wieder die traditionelle, dunkelgrüne Uniform eingeführt. Die Wachebeamten trugen ab dann dunkelgrüne Rockblusen, Mäntel und Tellerkappen sowie schwarze Hosen.

Die Uniform wurde im Laufe der Jahrzehnte immer wieder mit Verspätung aber doch, den jeweiligen Gegebenheiten und dem Stand der Technik angepasst, so dass vor der Auflösung des Bundessicherheitswachekorps folgende Uniform in Verwendung war:

Die normale Exekutivdienstuniform (EU) der Sicherheitswache bestand bis 1. Juli 2005 aus

  • wahlweise dunkelgrüner oder weißer Tellerkappe (für Verkehrsdienst) oder blauer Schirmkappe („Baseballkappe“), schwarzes Barett für Sondereinsätze
  • schwarzer Mehrzweckhose
  • wahlweise graublauem Hemd oder grauem Polohemd
  • aus schwarzgrüner Mehrzweckjacke (bzw. Einsatzjacke oder Fleecejacke)

Die Distinktionen waren als Aufschubdistinktionen auf den Schultern angebracht.

Die für festliche Anlässe geschaffene, aber von E1-Beamten auch im regulären Dienst getragene Repräsentationsuniform (RU) bestand aus

  • dunkelgrüner Tellerkappe
  • schwarzer Uniformhose
  • weißem Hemd
  • dunkelgrünem Uniformrock

Die Distinktionen waren hier als Kragenplatten auf dem Uniformrock und als Schulterabzeichen auf dem Hemd abgebracht.

Fallweise gab es auch eine RU mit weißem Uniformrock, welcher aber vorzugsweise von der Polizeimusik sowie E1-Beamten verwendet wurde. Abgesehen von den Beamten der Polizeimusik musste der weiße Uniformrock auf eigene Kosten beschafft werden. Für Spezialeinheiten gab es verschiedene Overalls und Barette, wie

  • Diensthundeführer: dunkelgrauer Overall, grünes Barett
  • WEGA: schwarzer Overall, rotes Barett
  • EE Wien: hellgrauer Overall, herkömmliches schwarzes Barett

Bei Arbeitsdiensten (z. B. Aufstellen von Tretgittern) wurde üblicherweise ein grüner Overall getragen.

Waffen und Gerät

Dienstwaffen

Als Dienstwaffe stand den Beamten die Pistole GLOCK 17, insbesondere Spezialeinheiten darüber hinaus das Sturmgewehr 77 oder Steyr AUG) mit kurzem Lauf, sowie die Granatpistole MZP 1 von Heckler & Koch zur Verfügung. Weiters waren Tränengaswurfkörper, Ablenkgranaten mit Blitz- und Knalleffekten sowie Tonfa-Schlagstöcke je nach Einsatzumständen in Verwendung.

Gerät

Neben Streifenwagen verschiedener Hersteller und Typen sowie Diensthubschraubern verfügte z. B. die Sonderabteilung „Kranich“ über Pandur-Radpanzer. Je nach Bedarf waren Schutzschilde, Schutzhelme, Fahrzeugschnellsperren (Vorrichtungen mit Spitzen zum Ablassen der Reifenluft von überfahrenden Kraftfahrzeugen), Schutzschilde aus Panzerglas, verkehrspolizeiliche Anhaltekellen und natürlich Handschellen bzw. Schnellbinder („Handschellen“ aus Plastik für Großveranstaltungen) im Einsatz.

Literatur

  • Franz Schnabl, Harald Seyrl: Notruf 133 - 133 Jahre Wiener Polizei. Echo Verlag, ISBN 3-901761-18-7

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