Aasgeruch

Aasgeruch
Elster an frischem Aas, hier ein toter Hase.

Unter Aas versteht man die verwesenden Kadaver von Tieren, die nicht aus der Natur entnommen bzw. sofort gefressen werden. Durch die Verwesung des Leichnams kommt es zur Bildung von Leichengiften und zu starkem Aasgeruch durch die Stoffe Cadaverin und Putrescin, zusätzlich wird das Aas durch bakterielle Gifte wie Tetanospasmin oder auch Botulinumtoxin mit der Zeit immer giftiger.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Direkt nach dem natürlichen oder unnatürlichen Tod eines Tieres ist dieses jedoch noch kein Aas, sondern eine Leiche/Kadaver. Beim gestorbenen Tier (und Mensch) setzt zuerst eine vollständige Entspannung aller Muskeln ein, danach folgt in meist kurzer Zeit (temperaturabhängig) die Leichenstarre. Da diese in wenigen Stunden eintritt, kann bei einem starren Kadaver noch nicht von Aas gesprochen werden. Er ist immer noch Frischfleisch. Durch im Fleisch enthaltene Enzyme löst sich die Leichenstarre nach wenigen Tagen und die Muskeln entspannen sich zum zweiten und letzten Mal. Diese enzymatischen Prozesse (Autoproteolyse) sind die erste Stufe der Verwesung. Von hier an kann nun chemisch von Aas gesprochen werden, obwohl das Fleisch für Menschen und alle Tiere immer noch essbar ist (siehe Abhängen). Das Immunsystem des verendeten Tiers ist zu diesem Zeitpunkt aber noch einige Zeit teilweise intakt, so dass noch keine bakterielle Fäulnis einsetzen kann, welche die oben genannten Gifte produziert.

Antikörper und Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Fleisch des Kadavers bekämpfen noch tagelang aktiv die meisten Mikroben, bis die Antikörper verbraucht sind und die Leukozyten alles Vitamin C im Kadaver aufgebraucht haben, das sie für ihre Immunarbeit benötigen. Erst jetzt bricht das Immunsystem des ehemaligen Tiers vollständig zusammen und Bakterien besiedeln den Kadaver, beginnen ihn zu verdauen und sich selbst zu vermehren. Dabei entstehen nun im Zeitraum von Wochen und Monaten die Leichengifte und als Nebenprodukt die übel riechenden Fäulnisgase (Aasgeruch). Am Anfang dieses Fäulnisprozesses ist das Fleisch aber für Menschen und Tiere noch essbar, die Bakteriengifte sind noch zu schwach konzentriert und der Geruch (noch!) erträglich genug, so dass es noch gegessen werden kann. Das Fleisch ist zu diesem Zeitpunkt für Menschen lediglich "gut abgehangen" (siehe Hautgout) und für die Raubtiere immer noch gewöhnliches Fleisch. Für den Menschen ist es durch Kochen oder durch Einlegen in desinfizierende Flüssigkeiten, z. B. Wein (Sauerbraten) oder Essig, auch noch einige Tage darüber hinaus genießbar zu machen.

Mit fortschreitender Verwesung wird der Aasgeruch zunächst für Menschen, andere Primaten und die meisten katzenartigen Raubtiere zu streng. Würden sie jetzt noch davon essen, könnten sie davon krank werden oder sterben, weil nun für sie zu viele Gifte enthalten sind. Nun handelt es sich um Aas im eigentlichen Sinne, welches von vielen Fleischfressern nicht mehr angenommen wird. Von den Aasfressern wie den hundeartigen Raubtieren, Vögeln und einigen wenigen Reptilien wird das Fleisch aber immer noch gern genommen. Wenn das Aas schließlich dem Zerfall nahe ist und für Menschen und fast alle Raubtiere ungenießbar geworden ist, kann es nur noch von stark spezialisierten Aasfressern wie Hyänen und Geiern verzehrt werden.

Geier (Gyps fulvus) mit stark verwestem Aas.

Zu diesem Zeitpunkt ist das Aas für die meisten Vögel und Säugetiere (inklusive Mensch) stark giftig. Vom Moment des Sterbens bis zur völligen Verwesung ist das tote Tier aber für viele Insekten wie Fliegen, Speckkäfer und Aaskäfer als Nahrung begehrt, besonders für deren Larven. Die Insekten spielen bei einem Aasfund also auf Zeit, sie sind meist als erste da und gehen als letzte wieder weg. Dies deshalb, weil die Insekten und ihre Larven durch ihre geringe Größe nur langsam fressen können, während ein Aasfresser mit Zähnen/Schnabel schnell große Mengen fressen kann.

Geschichte

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Für die frühesten Vormenschen waren Früchte, Nüsse und Wurzeln noch die Hauptnahrung. Daneben deckten sie ihren Eiweißbedarf durch Insekten, Larven, kleine Wirbeltiere und frisches Aas. Da aber bei einem Aasfund unter den Aasfressern eine Hierarchie besteht, bei welchem die stärksten oder zahlreichsten Tiere zuerst fressen, konnten sich die Vormenschen wohl häufig nur noch kärgliche Reste davon sichern. Sie standen in dieser Hierarchie der Aasfresser bereits über den Geiern, da sie stärker waren als diese, aber unter den Löwen und Hyänen, welche nicht viel mehr als ein abgefressenes Skelett zurück ließen. Ein frisch abgefressenes Skelett enthält aber immer noch fettreiches Knochenmark und ein nahrhaftes Gehirn. Die anderen Aasfresser konnten diese Nahrung mit Zähnen und Schnäbeln nicht mehr erreichen, lediglich die Geier waren intelligent genug, einen Knochen gezielt auf einen Felsen fallen zu lassen, so dass dieser zerbrach und Zugang zum Mark gewährte. Die Vormenschen werden diese Technik kopiert und Knochen gegen Steine geworfen oder mit Steinen darauf eingeschlagen haben, um an das Mark zu kommen. So verblieben die Frühmenschen Millionen von Jahren auf dieser Stufe der "Aasfresser-Hierarchie".

Rabengeier (Coragyps atratus) am Kadaver eines Pferdes.

In diesem Zeitraum entdeckten sie die Spaltbarkeit von Stein und erzeugten so Geräte mit scharfen Kanten. Diese Chopper (Archäologie) genannten Werkzeuge erlaubten es ihnen nun, Knochen leichter zu spalten, die Schädel schneller aufzuhacken und die an den Knochen haftenden Fleischreste wesentlich gründlicher abzuschaben. Ebenfalls zu dieser Zeit warfen sie mit Steinen und Stöcken nach kleineren Raubtieren wie Leoparden, um diese vom Aas wegzujagen. Früher hatten sie sich damit nur bei einem Raubtierangriff verteidigt, so wie es die Schimpansen heute noch tun. Dieses Vorgehen brachte den Urmenschen einen größeren Anteil am Aas ein, sie waren in der Hierarchie aufgestiegen, doch die verscheuchten Raubtiere entfernten sich nie weit vom Aas und kehrten nach einer Weile zurück.

Dies war gefährlich für die Urmenschen, denn die weggescheuchten Aasfresser waren ihnen körperlich weit überlegen. Hyänen beispielsweise töten auch heute noch manchmal Frauen und Kinder, wenn sie diese wehrlos vorfinden. Die Urmenschen mussten sich daher sehr beeilen, genug vom Aas abzuschaben und schnell weg zu transportieren. Dieses Problem führte seitens der Menschen schließlich zur Entwicklung des Faustkeils, dem ersten echten Messer. Damit konnten nun ganze Beine vom Aas innerhalb von Minuten abgeschnitten und weggebracht werden. Dank dem Faustkeil war der frühe Mensch nun derjenige Aasfresser, welcher am meisten vom Aas fressen konnte. Er hatte nun die höchste Hierarchiestufe unter den Aasfressern erreicht, stand dort neben Hyänen und den anderen Großraubtieren.

Kurze Zeit später begannen die frühen Menschen die ersten Jagdwaffen zu bauen, vor allem Speere. Nun konnten sie die bevorzugten Tiere selber jagen und ihr "eigenes Aas" herstellen, ohne mit den Aasfressern teilen zu müssen. Damit gesellte sich der Mensch zu den Raubtieren und beendete seine "Aasfresser-Karriere". Das Aas als Fleischquelle blieb aber für die Jäger weiterhin interessant, weil es nicht mühsam gejagt, sondern lediglich aufgefunden werden musste (siehe auch Fallwild).

Wissenswertes

  • Aas wurde und wird häufig von Jägern als Köder (Luder) zum Anlocken von Raubtieren verwendet.
  • Frisches Aas in Form von Fallwild wird heute von manchen Tierschützern, Vegetariern und Veganern noch eingesammelt und gegessen. Wenn ein Tier eines natürlichen Todes starb oder einen Unfall hatte, gibt es schließlich keinen ethischen Grund mehr, es nicht zu verzehren.
  • Sehr stark verwestes Aas, besonders unter Luftabschluss verfaultes, ist so stark giftig, das es früher als Pfeilgift verwendet wurde und auch heute noch wird.
  • Das berüchtigte Borgia-Gift des Mittelalters, mit welchem angeblich Papst Alexander VI. vergiftet wurde, soll neben Arsen auch Aasgift, welches aus bestimmten Tierorganen gefault wurde, enthalten haben.
  • Im militärischen Bereich wird Aas häufig zum Ungenießbarmachen des Trinkwassers in Brunnen, Bächen und Tümpeln verwendet, indem es in diese hineingeworfen wird; dies meist durch auf dem Rückzug befindliche Truppen, welche dem Feind damit die Verfolgung erschweren (Taktik der verbrannten Erde).
  • Tierpräparatoren bedienen sich gern verschiedener aasfressender Insekten wie des Speckkäfers und nutzen auch die Verwesung selbst, um fragile oder kompliziert gebaute Knochen (vor allem die Schädel) unversehrt aus dem Fleisch heraus zu bekommen. Man denke etwa an das Skelett einer Ringelnatter, welches 200 Wirbel und 400 dünne Rippen hat und auf keinen Fall von Hand aus dem Fleisch präpariert werden kann. Man spart sich die Arbeit durch natürliche Verwesung und gefräßige Speckkäfer.

Siehe auch


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