Bánát

Bánát
Das Banat und die heutigen Staatsgrenzen
Das Banat in Rumänien
Bezirke der Vojvodina (Serbien)
Die Gemeinde Palilula im Belgrader Ballungsraum (Zentralserbien) ist auch ein Teil des Banats

Banat (kyrillisch Банат, auch Banat von Temesvar) wurde eine historische Region im Königreich Ungarn genannt (ung. Bánság), wobei der Begriff vom Herrschaftsbereich eines Ban stammt. Im Vertrag von Trianon wurde sie zwischen Rumänien (zwei Drittel), Serbien (früher „Serbische Woiwodschaft“) und Ungarn (ein geringer Zipfel im Nordwesten) aufgeteilt. So trugen oder tragen einige neue Verwaltungsbezirke heute noch den Namen der Region. Die Grenzen werden auf drei Seiten von Flüssen gebildet: im Norden die Marosch, im Westen die Theiß und im Süden die Donau. Die Grenze nach Osten bilden die Karpaten. Flächenmäßig hat das historische Banat etwa die Größe Belgiens bzw. des Viktoriasees.

Das rumänische Banat besteht im Westen aus einem Teil des Pannonischen Flachlandes („die Heide“), im nordöstlichen Teil aus Hügelland („die Hecke“) und im Südosten aus den Karpaten (Banater Gebirge, Poiana-Ruscă- und Retezat-Gebirge). Wirtschaftliches und kulturelles Zentrum ist die Großstadt Timişoara (dt. Temeswar oder Temeschburg, ung. Temesvár). Der serbische Teil besteht fast nur aus Flachland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Antike war das Banat Teil des Königreichs Dakien und später nach den Trajan-Kriegen Teil der römischen Provinz Dacia. Im Süden und Osten entstanden zahlreiche römische Festungen und Städte. Die ortsansässigen Daker wurden vermutlich romanisiert (siehe Dako-romanische Kontinuitätstheorie). Während der Awarenzeit im 5. und 6. Jahrhundert siedelten sich Slawen an. Jahrhunderte später kam es an das Königreich Ungarn. Die Osmanen eroberten es 1526 (siehe auch: Islam in Rumänien). Für kurze Zeit gelang es dem selbsternannten serbischen Kaiser Johann Nenad ein unabhängiges serbisches Kaiserreich zu gründen, zu dem auch das Banat gehörte. Es wurde 1718, fast zwanzig Jahre später als Ungarn (Friede von Passarowitz) österreichisch und bekam den Namen Temescher Banat. Vermutlich kommt der Name Banat vom awarischen Fürstentitel Ban, der im Mittelalter auch auf die Rumänen, Serben und Kroaten überging. 1867 wurde es ins Königreich Ungarn integriert. Es wurden die Komitate Torontál (heute hauptsächlich in Serbien), Temes (entspricht ungefähr dem heutigen rumänischen Kreis Timiş) und Krassó-Szörény (entspricht dem heutigen Kreis Caraş-Severin) gebildet.

Zwischen dem 1. November und dem 15. November 1918 existierte die Banater Republik. Danach wurde die Region von Serbien besetzt und verwaltet. Am 21. Juni 1919 wurde das Banat geteilt: im Vertrag von Trianon (4. Juni 1920) fielen 18.945 km² an Rumänien, 9.307 km² an den neuen Staat Königreich Jugoslawien, und 217 km² verblieben bei Ungarn.

Administrative Unterteilung des Banat

In Rumänien:

In Serbien:

In Ungarn:

Bevölkerung

Die Bevölkerungsstruktur war in beiden Teilen des Banats bis 1944 noch sehr gemischt. Im 18. Jahrhundert – nach dem Ende der Türkenkriege – wurden durch die österreichische Krone vorwiegend katholische, in der Mehrzahl deutsche Siedler zu den hier lebenden Serben angesiedelt. Diese Auswanderer, die später als Banater Schwaben bezeichnet wurden, waren hauptsächlich Pfälzer, Schwaben, Bayern, Hessen, Nieder- und Oberösterreicher („Landler“) und Elsässer. Es gab aber auch eine kleine Anzahl von Franzosen, Kroaten, Bulgaren, Italienern und Spaniern, Magyaren, Slowaken, Russinen und Armeniern. Im südlichen Banat nahe dem Eisernen Tor gibt es bis heute einige Banater Tschechen. Im Banat gab es viele Dörfer und Städte mit einer absoluten oder relativen deutschen Mehrheit. In Timişoara (dt. Temeswar, Temeschburg) waren bis zum Zweiten Weltkrieg die Deutschen die zahlenmäßig stärkste ethnische Gruppe.

Als Folge der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht und deren Gräueltaten gegenüber der serbischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg ist die deutsche Minderheit im serbischen Westbanat (358.604 Personen in der Vojvodina laut Volkszählung 1931, siehe Donauschwaben) wegen ihrer behaupteten Mittäterschaft an den nationalsozialistischen Verbrechen unmittelbar nach dem Krieg durch Flucht, Verschleppung in russische Zwangsarbeit, Ermordung, Vertreibung und Abwanderung fast vollständig verschwunden. Das rumänische Banat blieb davon weitgehend verschont. Es erfolgte auch hier eine (vorübergehende) Entrechtung und Totalenteignung der deutschen Minderheit und die zeitweilige Deportation fast aller Deutschen im arbeitsfähigen Alter in die Sowjetunion. Aber im Gegensatz zum damals jugoslawischen (heute serbischen) Westbanat fand hier keine systematische Vertreibung statt. So konnten die Banater Schwaben in Rumänien ihre Identität und ihren Besitz in unterschiedlichem Maße wahren. Erst die großen Auswanderungswellen der 1980er und 1990er Jahre ließ die Zahl der Deutschen im Banat auf eine heute verschwindend kleine Minderheit zurückgehen, allerdings weisen vor allem in der Umgebung von Timişoara (dt. Temeswar) noch heute Ortsnamen wie Altringen, Bethausen, Gottlob, Johanisfeld, Lenauheim, Liebling, Nitzkydorf oder Gherman auf die deutsche Vergangenheit der Region hin.

Das Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen ist traditionell gut. Die ethnischen Konflikte der Vergangenheit sind längst abgeklungen. Im serbischen Banat wurden die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg durch Montenegriner, Bosnier und Serben aus Zentralserbien ersetzt. In den 90er Jahren kamen noch serbische Flüchtlinge aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo hinzu. Im rumänischen Banat sind an die Stelle der ausgewanderten Deutschen zahlreiche Siedler aus anderen Teilen Rumäniens nachgerückt, vorwiegend Rumänen, aber auch sehr viele Ungarn (sog. Szekler) und Roma. Dennoch konnte im rumänischen Banat der (durch die Abwanderung der Deutschen verursachte) Bevölkerungsmangel nicht immer gedeckt werden.

Für einen Einwohner des Banats ist es auch heute nicht ungewöhnlich, zwei oder drei Sprachen zu beherrschen. Viele Lehnwörter wurden zudem lokal unter den Sprachen ausgetauscht. So ist es im Bereich der Stadt Lugoj (dt. Lugosch, ung. Lugos) beispielsweise nicht unüblich, im täglichen Sprachgebrauch das Wort Bigleis für Bügeleisen zu verwenden.

Kathedrale von Timişoara

Städte und größere Gemeinden im Banat

Rumänien

Timişoara (deutsch Temeswar bzw. Temeschburg, ungarisch Temesvár), Reşiţa (deutsch Reschitz, ungarisch Resicabánya), Lugoj (deutsch Lugosch, ungarisch Lugos), Jimbolia (deutsch Hatzfeld, ungarisch Zsombolya), Sânnicolau Mare (deutsch Groß-Sankt-Nikolaus, ungarisch Nagyszentmiklós), Periam (deutsch Perjamosch, ungarisch Perjámos), Anina (deutsch Steierdorf), Oraviţa (deutsch Orawitza, ungarisch Oravicabánya), Orşova (deutsch Orschowa, ungarisch Orsova), Caransebeş (deutsch Karansebesch, ungarisch Karánsebes), Lipova (deutsch/ungarisch Lippa), Buziaş (deutsch Busiasch, ungarisch Buziásfürdő), Făget (deutsch Fatschet, ungarisch Facsád) Deta (deutsch/ungarisch Detta), Gătaia (deutsch Gataja, ungarisch Gátalja), Recaş (deutsch Rekasch, ungarisch Temesrékás), Ciacova (deutsch Tschakowa, ungarisch Csák), Bocşa, Moldova Nouă (deutsch Neumoldowa, ungarisch Újmoldova), Oţelu Roşu (deutsch Ferdinandsberg, ungarisch Nándorhegy), Băile Herculane (deutsch Herkulesbad, ungarisch Herkulesfürdő), Biled (deutsch Billed, ungarisch Billéd), Giarmata (deutsch Jahrmarkt, ungarisch Temesgyarmat).

Serbien (Vojvodina)

Pančevo (deutsch Pantschowa, ungarisch Pancsova, rumänisch Panciova), Zrenjanin (deutsch Groß-Betschkerek, ungarisch Nagybecskerek, rumänisch Becicherecul Mare), Kikinda (deutsch Großkikinda, ungarisch Nagykikinda, rumänisch Chichinda Mare), Vršac (deutsch Werschetz, ungarisch Versec, rumänisch Vârşeţ), Bela Crkva (deutsch Weißkirchen, ungarisch Fehértemplom, rumänisch Biserica Albă).

Andere Städte

Städte, die historisch nicht Teil des Banats sind, sich aber im Laufe des 20. Jahrhunderts in diese Region hinein erweitert haben, so dass heute einige Stadtteile im historischen Banat liegen: Arad (Aradu Nou, deutsch Neuarad), Belgrad (Palilula) und Szeged (deutsch Szegedin) (Újszeged).

Literatur

  • Walter Engel (Hg.): Das Banat – ein europäischer Kulturraum, Klartext, Essen 2007, ISBN 3-89861-722-X
  • Remus Creţan: Etnie, confesiune şi opţiune electorală în Banat. Structuri teritoriale, tradiţie, actualitate, ed. a 2-a, rev. şi adăugită, Ed. Univ. de Vest, Timişoara 2006
  • Thomas Krause: "Die Fremde rast durchs Gehirn, das Nichts …" Deutschlandbilder in den Texten der Banater Autorengruppe (1969–1991), (= Studien zur Reiseliteratur- und Imagologieforschung; 3), Peter Lang, Frankfurt am Main – Berlin [u.a.] 1998, ISBN 3-631-33399-4
  • Roxana Nubert; Ileana Pintilie-Teleagă: Mitteleuropäische Paradigmen in Südosteuropa. Ein Beitrag zur Kultur der Deutschen im Banat, Praesens, Wien 2006, ISBN 3-7069-0340-7
  • Hans-Heinrich Rieser: Das rumänische Banat. Eine multikulturelle Region im Umbruch. Geographische Transformationsforschungen am Beispiel der jüngeren Kulturlandschaftsentwicklung in Südwestrumänien, (= Schriftenreihe des Instituts für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde; 10), Thorbecke, Stuttgart 2001, ISBN 3-7995-2510-6
  • Andrea Schmidt-Rösler: Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg. Die Grenzziehung in der Dobrudscha und im Banat und die Folgeprobleme, (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften; 622), Peter Lang, Frankfurt am Main – Berlin [u.a.] 1994, ISBN 978-3631476123
  • Diana Schuster: Die Banater Autorengruppe. Selbstdarstellung und Rezeption in Rumänien und Deutschland, Hartung-Gorre, Konstanz 2004, ISBN 3-89649-942-4
  • Ingomar Senz: Die Donauschwaben, Langen/Müller, München ²1994, ISBN 3-784-42522-4
  • Akiko Shimizu: Die deutsche Okkupation des serbischen Banats 1941–1944 unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Volksgruppe in Jugoslawien, (= Regensburger Schriften aus Philosophie, Politik, Gesellschaft und Geschichte; 5), Lit, Münster 2003, ISBN 3-8258-5975-4
  • Josef Wolf (Hg.): Quellen zur Wirtschafts-, Sozial- und Verwaltungsgeschichte des Banats im 18. Jahrhundert, Tübingen 1995
  • Josef Wolf: Entwicklung der ethnischen Struktur des Banats 1890–1992 (Atlas Ost- und Südosteuropa / Hrsg.: Österreichisches Ost- und Südosteuropa-Institut; 2: Bevölkerung; 8 = H/R/YU 1, Ungarn/Rumänien/Jugoslawien), Gebr. Borntraeger Verlagsbuchhandlung, Berlin – Stuttgart 2004, ISBN 3-443-28519-8

Weblinks

Siehe auch


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