Böhler Uddeholm

Böhler Uddeholm
Böhler-Uddeholm AG
Buag logo
Unternehmensform Aktiengesellschaft
Gründung 1894
Unternehmenssitz Wien, Österreich
Unternehmensleitung

Claus Raidl (Vorsitzender)

Mitarbeiter 14.324 (31. Dezember 2006)[1]
Umsatz 3,090 Mrd. EUR (2006)[1]
Branche Metallverarbeitung
Produkte

Edelstahl und Werkstoffe

Website

www.bohler-uddeholm.com

Die Böhler-Uddeholm AG ist ein weltweit führender Edel- und Werkzeugstahl-Hersteller mit Hauptsitz in Wien, Österreich.

Inhaltsverzeichnis

Unternehmensgeschichte

Gründung und Geschichte bis 1945

Stammwerk Kapfenberg im Jahr 2007

Die Brüder Albert und Emil Böhler stammen aus einer alten Frankfurter Handelsfamilie. Während ihre Brüder aus erster Ehe den Familienbetrieb übernehmen, beschließen Albert und Emil ein eigenes Unternehmen zu gründen. So reisen sie 1870 in die Steiermark und handeln mit der k. k. privelegierten Gussstahlfabrik des Freiherrn Mayr-Melnhof in Kapfenberg einen Alleinvertretungsvertrag für deren Stahlprodukte aus. Anschließend wird die Firma „Gebrüder Böhler & Co.“, „ein Geschäft zum ausschließlichen Vertrieb der steyermärkischen Stahlsorten“ in Wien ins Handelsregister eingetragen, wobei Georg Kiefer als Kompagnon genannt wird.

Die Fabrik in Kapfenberg hat eine lange Tradition, bereits im 15. Jahrhundert sind „Hämmer“ am Unterlauf des Stübming- und Thörlbaches in Winkl, einem Ortsteil von Kapfenberg nachgewiesen. Anfangs sind diese eng mit dem Namen „Pögl“ verknüpft. Nach dem Niedergang der Eisenindustrie werden die Hämmer in Kapfenberg 1830 von dem aus bäuerlichen Verhältnissen stammenden Franz Mayr gekauft und vor allem durch dessen Sohn durch Einführung neuerster Technologien zu neuer Hochblüte gebracht, wofür er auch zum Freiherr Mayr von Melnhof geadelt wird. 1872 verkauft er das Werk an die k. k. priv. Innerberger Hauptgewerkschaft, 1882 wird es an die neu gegründete Österreichisch-Alpine Montangesellschaft weiterverkauft, wobei die Alleinvertretungsrechte für die Stahlprodukte weiter bei den Brüdern Böhler liegen.

Obwohl die Gebrüder Böhler in den ersten Jahren nach der Firmengründung keinen eigenen Produktionsbetrieb besitzen, wird durch die konstante und hohe Qualität des steirischen Stahls und das wirtschaftliche Geschick der Brüder der Name „Böhlerstahl“ zu einem weltweiten Markenbegriff, an dem sich andere Stahlhersteller messen lassen müssen. Als Firmenzeichen wird der sechszackige Stern (Böhlerstern) der Mayr'schen Gussstahlfabrik in Kapfenberg übernommen.

Um noch rascher auf Aufträge reagieren zu können wird 1872 die Bruckbacher-Hütte in Rosenau bei Sonntagsberg im Ybbstal vom Waffenproduzenten Werndl gekauft, womit ein Walz- und Schmiedewerk zur Verfügung steht, die Stahlblöcke werden weiter aus Kapfenberg bezogen. Im gleichen Jahr beschließen die Brüder Albert und Emil Böhler, entsprechend dem verstärkten Kapitalbedürfnis, den jungen Berliner Kaufmann Friedrich Foerster als neuen Gesellschafter in die Firma aufzunehmen. Etwas später wird auch die k. k. privellegierte Feilen- und Gussstahlfabrik in Hainfeld in Niederösterreich gekauft und bald darauf diese Produktion ebenfalls ins Ybbstal verlegt, wodurch der Ort „Böhlerwerk“ entsteht. Somit können zusätzlich zum Stahl nun auch Bearbeitungswerkzeuge von entsprechender Qualität angeboten werden.

Im Jahr 1875 tritt Friedrich Böhler, der jüngste der vier Brüder, der wie Otto Böhler und Friedrich Foerster eine Ausbildung in England genossen hatte, als zusätzlicher Gesellschafter in das Unternehmen ein. Im Jänner 1882 stirbt Emil Böhler, der ältere der beiden Firmengründer an den Folgen einer Operation.

Die Vertriebswege werden ausgebaut und 1879 werden Vertretungen in Hamburg, Kopenhagen, Moskau, Petersburg und Kiew eröffnet. 1886 folgen weitere Vertretungen in Paris, Berlin, Frankfurt am Main, Leipzig, Düsseldorf und Stuttgart, und auch in Sheffield, dem Hauptsitz der englischen Stahlproduktion, wobei man besonders stolz ist, das britische Münzamt und die englische Marine zu den Kunden zu zählen. 1889 erfolgen erstmals Lieferungen nach Japan.

Schließlich erfolgt 1894 – in Folge einer Umstrukturierung der Alpine-Montan-Gesellschaft – der Kauf der Hütte Kapfenberg um den enormen Betrag von 800.000 Gulden, wodurch nun auch die Stahlherstellung innerhalb der Firma erfolgen kann. Das Werk wird zu diesem Zeitpunkt vom Stahlexperten Fridolin Reiser, einem Schüler des Montanistikers Peter Tunner geführt.

1896 wurden Vertretungen in Budapest und Prag eröffnet. 1899 stirbt der letzte der Gebrüder Böhler, Albert Böhler, in Wien. In Berlin wird die Böhler AG gegründet. 1907 wurde ein Verkaufslager in Sydney eröffnet und 1914 errichtete Böhler ein Stahlwerk in Meerbusch (Niederrhein) an der Stadtgrenze nach Düsseldorf.

Mit dem Anschluss Österreichs an Deutschland wird Böhler Teil der nationalsozialistischen Rüstungsindustrie und mit den anderen österreichischen Stahlherstellern zusammengeschlossen.

Nachkriegszeit

Unmittelbar nach Kriegsende, im Mai 1945, werden die Kapfenberger Werke durch russische Soldaten besetzt. Während in den Werken bei Kapfenberg (Deuchendorf, St. Marein) ein Großteil der Maschinen demontiert werden, bleibt das Stammwerk in Kapfenberg davon weitgehend verschont. So kann bereits im Juni 1945 wieder mit der Produktion begonnen werden. Nach circa 6 Wochen, Ende Juli 1945 werden die russischen Besatzer von den Briten abgelöst.

Mit dem Verstaatlichungsgesetz von 1946 wurde das Unternehmen als ehemaliges „deutsches Eigentum“ dem österreichischen Staat unterstellt. Der Zusammenschluss mit den anderen österreichischen Stahlerzeugern wurde wieder aufgehoben. In den folgenden Jahrzehnten schreibt das Unternehmen zumeist Verluste, die vom Staat gedeckt werden müssen. Unter der Regierung Kreisky wurden 1973 alle österreichischen Stahlerzeuger, Böhler, Vöest, Alpine Montan und Schoeller-Bleckmann zu einem einzigen Stahlkonzern mit dem Namen Voest-Alpine AG zusammengeschlossen. 1975 erfolgt eine Umstrukturierung. Böhler, Schoeller-Bleckmann und die steirische Gussstahlwerke AG in Judenburg werden zur VEW zusammengefasst, einer 100-prozentigen Tochter der Voest-Alpine AG.

1980 gerät die Stahlindustrie weltweit in eine Krise. Aufgrund der dadurch auflaufenden enormen Verluste setzte der damalige Verstaatlichtenminister Ferdinand Lacina den gesamten Vorstand ab und bereitete dem Parteienproporz, der Unternehmensentscheidungen bisher von politischen Gutdünken abhängig machte, mit einer neuen Gesetzesgrundlage ein Ende.[2]

1988 wird die VEW wegen der wirtschaftlichen Probleme aufgelöst – das Unternehmen bleibt jedoch Teil des Voest-Alpine-Konzerns. 1991 kauft die Voest-Alpine die schwedische Uddeholm-Gruppe und vereinigt sie mit Böhler. Vorstandsvorsitzender des neuen Unternehmens Böhler-Uddeholm wird Claus Raidl.

Privatisierung

Eigentumsverhältnisse (Stand: 6. Juni 2008)
Grundkapital EUR 102.000.000
Aktien 51.000.000
Aktionär Anteil
voestalpine 90,24 %
Institutionelle Anleger im In- und Ausland sowie Streubesitz 9,76 %

1995 wird der Voest-Alpine-Konzern in seiner bisherigen Form aufgelöst und die nunmehrige Böhler-Uddeholm AG geht an die Wiener Börse. Der Staatsanteil am Unternehmen, getragen von der ÖIAG, sinkt im Zuge des Börsengangs von 100 auf 72,7 %. 1996 wird der Staatsanteil auf die Sperrminorität von 25 Prozent gesenkt, 2003 folgt schließlich die vollständige Privatisierung. 2003 übernimmt Böhler-Uddeholm von Sidenor das Edelstahlwerk in Brasilien. 2005 werden die Edelstahlwerke Buderus von der Robert Bosch GmbH übernommen. Sie werden in Buderus Edelstahl GmbH, Buderus Edelstahl Band GmbH und Buderus Edelstahl Schmiedetechnik GmbH aufgespalten.

2001 erwirbt eine Gruppe um Rudolf Fries eine Sperrminorität von 25,1 % am Unternehmen. Ihr Anteil reduziert sich bis 2007 auf 20,95 %, trotzdem bleibt diese österreichische Gruppe größter Aktionär des Unternehmens[3].

2007 wurde bekannt, dass der bisherige Kernaktionär Rudolf Fries sich von seinen Anteilen trennen möchte. Nach zunächst unerklärlich starken Kursschwankungen Mitte März gab die britische Investorengruppe CVC bekannt, 50 Prozent des Unternehmens erwerben zu wollen. Es folgten öffentliche Aussagen von Politikern und Unternehmern, die sich offen gegen eine ausländische Übernahme aussprachen und einen österreichischen Investor forderten, was in der ausländischen Presse Protektionismus-Vorwürfe auslöste. Der Böhler-Uddeholm-Vorstand gab wenige Tage später bekannt, dass sie gegen eine Übernahme durch CVC seien, worauf sich diese zurückzog. Einen Tag später, am 29. März 2007, gab die Voestalpine bekannt, die Anteile von Rudolf Fries übernehmen zu wollen und darüber hinaus auch die im Streubesitz befindlichen Aktien aufkaufen möchte. Seit Anfang Juni 2008 hält die Voestalpine mehr als 90 % der Boehler Aktien und die Bilanzzahlen sind bereits ins Unternehmen eingegliedert worden. An der Börse findet ein so genanntes „Squeeze-out“ statt, die Voestalpine bietet Boehler-Anlegern 70,26 € je Aktie. Seit dem 23. Juni 2008 wird Boehler-Uddeholm nicht mehr an der Börse gelistet. An Stelle Boehlers wird der niederösterreichische Energieversorger EVN neu im ATX aufgenommen.

Standorte

Der Böhler-Uddeholm-Konzern verfügt weltweit über zahlreiche Tochtergesellschaften und Standorte:

in Österreich

  • Wien:
    • Böhlerstahl Vertriebs Ges.m.b.H
    • Böhler International GmbH Exportverkauf

im restlichen Europa

außerhalb Europas

Literatur

  • O. Böhler, Wolfram- und Rapidstahl, 1904.
  • 1870 – 1970. 100 Jahre Böhler Edelstahl. (Festschrift Böhler)

Einzelnachweise

  1. a b http://www.bohler-uddeholm.com/3126_DEU_HTML.htm
  2. Ex-Staatsunternehmen auf Fusionskurs. In: Der Standard. 30. März 2007, S. 18
  3. Hermann Simon erwähnt Böhler-Uddeholm in dieser Zeit in seinem gleichnamigen Buch als Beispiel für einen „Hidden Champion“. (Hidden Champions des 21. Jahrhunderts : Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Frankfurt a. M.: Campus, 2007. - ISBN 978-3-593-38380-4. S. 32.

Weblinks


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