Börsenterminkontrakt

Börsenterminkontrakt

Ein Future (auch (Börsen-) Terminkontrakt) ist ein verbindlicher Börsenvertrag (Kontrakt) zwischen zwei Parteien (im Gegensatz zu halbseitig verpflichtenden Verträgen bei Optionen), eine Art von börsengehandelten Termingeschäften.

  • Lieferung (für den Verkäufer) bzw. Abnahme (für den Käufer)
  • eines genau bestimmten Vertragsgegenstandes (Basiswert)
  • in einer bestimmten Menge (Kontraktgröße) und Qualität
  • zu einem fixen Zeitpunkt in der Zukunft (Termin) und
  • zu einem konkreten, bereits bei Vertragsabschluss festgelegten Preis.

Beispiel: Ein Oktober-Kontrakt „Gold“ (Basiswert oder Underlying) an der New Yorker Warenterminbörse NYMEX umfasst immer 100 Unzen Feingold mit einem Reinheitsgrad von mindestens 0,995[1] bei einer Fälligkeit am letzten Werktag des Oktober.

Dies ermöglicht einen transparenten Handel, geringe Handelskosten und einen leichten Marktzugang.

Für den Abschluss eines Futures fallen keine Kosten in Form von Prämien an. Sowohl Käufer wie Verkäufer tragen gleiche Rechte und Pflichten. Somit ist es nicht nötig, einen Ausgleich zwischen den Vertragsparteien zu schaffen. Dies steht im Gegensatz zu Optionen.

Sehr wohl müssen beide Vertragspartner aber eine Vorschusszahlung leisten. Sie dient als Sicherheitsleistung, und wird auch „Einschusszahlung“, „Sicherheitsleistung“ oder „Initial Margin“ genannt. Sie beträgt nur einen Bruchteil des Kontraktwertes – z. B. fünf Prozent des Kontraktwertes oder auch einen fixen Betrag – und kann je nach vorherrschender Volatilität nach oben oder unten korrigiert werden. Der Betrag wird in Form von Bargeld oder der Hinterlegung erstklassiger Staatsanleihen vor der Ausführung eines Auftrags auf ein Margin-Konto eingezahlt.

Investmentfonds, die ausschließlich in Futures-Kontrakte investieren, heißen Managed Futures.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die ersten Ausprägungen von Termingeschäften fanden im antiken Griechenland statt. Der griechische Philosoph Aristoteles befasste sich unter anderem mit der Thematik des Wetters. Zur seiner Zeit verdienten sich viele Griechen ihren Lebensunterhalt als Olivenbauern. Die dazu benötigten Olivenpressmaschinen konnten von diversen Händlern gemietet werden. Aristoteles errechnete sich in seinen Werken über das Wetter eine längere Hitzeperiode, welche sich besonders günstig für Oliven auswirkte, und beschloss die gesamten Olivenpressmaschinen für einen sehr niedrigen Preis zu mieten. Als die längere Hitzeperiode tatsächlich eintrat benötigte nahezu jeder Bauer eine Olivenpressmaschine und Aristoteles konnte diese zu einem höheren Preis verkaufen.

Der in der Landwirtschaft entwickelte Future hat seine Wurzeln im Versicherungsgedanken. In historischen Vorformen existiert das zugrunde liegende Prinzip länger als Aktien oder Optionen und lässt sich bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen (Reisbörse von Osaka). Es geht dabei immer darum, eine festgelegte Menge einer bestimmten Ware in bestimmter Qualität zu einem festgesetzten Preis an einem vorher bestimmten Datum zu kaufen bzw. zu verkaufen.

Ein US-amerikanischer Bauer könnte also im Jahr 1830 einem Mühlenunternehmen bereits im Februar desselben Jahres ca. 27 Tonnen Sommerweizen zum Preis von 1900 Dollar verkauft haben, wobei Liefer- und Zahlungstermin mit dem 2. Juli festgelegt wurden. Der Vorteil für den Bauer war die Sicherheit, bereits bei der Ernte einen sicheren Abnehmer zu einem fixen Preis zu haben. Das Mühlenunternehmen sicherte sich dagegen mit dem Geschäft gegen steigende Preise ab, wie sie etwa durch Missernten oder Hagelschläge entstehen.

Im Lauf des 19. Jahrhunderts begannen Käufer und Verkäufer, über solche Geschäfte formale Verträge (Kontrakte) abzuschließen, die auch als Kreditversicherungen gegenüber Banken dienten. Der Startschuss für den organisierten Handel mit Futures-Kontrakten fiel 1848 mit der Gründung der ersten Warenterminbörse in Chicago, der Chicago Board of Trade (CBOT).

Wert, Preis, Standardisierung und Hebel

Der Kurs eines Futures unterliegt der freien Preisbildung aus Angebot und Nachfrage an der Terminbörse. Er bewegt sich im Allgemeinen synchron zum tagesaktuellen Preis auf dem Kassamarkt des Underlying-Kurses (z.B. DAX-Index, EUR-USD, unverbleites Benzin, Orangensaftkonzentrat etc.). Abweichungen und divergente Entwicklung zwischen Kassamarkt und Future ermöglichen Arbitragegeschäfte, also Geschäfte mit weitgehend risikolosem Gewinn. Deshalb können Future-Preis und Kassapreis sich nicht weit auseinander entwickeln.

Dass der Future-Preis dennoch in der Regel vom Preis desselben Basiswertes abweicht, ist dazu kein Widerspruch: Denn der "wahre Wert" eines Future-Kontraktes folgt zwar – in den meisten Fällen – dem Tages-Kassapreis, aber je nachdem wie weit der Erfüllungszeitpunkt noch in der Zukunft liegt, nach oben verschoben. Ein September-Future 2006 auf einen beliebigen Basiswert (insbesondere eines Rohstoffs) wird am 1. Juli 2006 also mehr kosten als der Juli-Future 2006, dessen Erfüllungstermin kurz bevorsteht. Der Grund: Irgendjemand muss dafür sorgen, dass die Ware (der Wert) auch tatsächlich bis zum Erfüllungstermin bereit gehalten wird.

Ein Soft-Commodity, wie Orangensaft-Konzentrat etwa, muss jemand lagern, rechtzeitig speditieren und entsprechend kühlen. Die damit verbundenen Kosten werden als Bestandhaltungskosten bezeichnet. Der Wert eines Future wird deshalb im allgemeinen so berechnet:

Bestandshaltungskosten - Cost of Carry

Angenommen [2], der Kassapreis (jetzige Preis, Spot Price) von Gold (Basiswert, underlying) sei 400 €, der Zinssatz sei 5 %, die Versicherungskosten für dieses Gold für ein Jahr seien 3 € und die Lagerhaltungskosten für ein Jahr sind 2 €, dann betragen die Bestandshaltungskosten für einen Zeitraum von einem Jahr berechnet:

  • Zinsen: 5 % mal 400 € = 20 €
  • Versicherungskosten 3 €
  • Lagerhaltungskosten 2 €,

insgesamt also 25 €.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Zinsen Bestandteil der Bestandshaltungskosten sind, so dass diese Geschäfte auch von der Geldpolitik beeinflusst werden. Die Zinsen als Bestandteil der Bestandshaltungskosten erklären sich daraus, dass ein Jahr lang bis zum Termin ein Kapital (in diesem Beispiel) von 400 € gebunden ist, das sonst alternativ zinsbringend angelegt werden könnte (Opportunitätskosten).

Wert (eines Future)

Wert (Terminpreis) = Kassapreis (Spot Price) + Bestandhaltungskosten (Cost of Carry)

Im Beispiel beträgt der Terminpreis (Termin in einem Jahr) 400 € plus 25 € gleich 425 €.

Weil diese Bestandhaltungskosten über die gesamte Laufzeit "abgeschrieben" werden (also abnehmen, je näher der Erfüllungstermin kommt), nähert sich der Wert in Richtung Laufzeitende immer mehr an den Kassapreis an und fällt zum Erfüllungstermin mit diesem zusammen.

Standardisierung

Jeder Future-Kontrakt ist so eindeutig definiert, dass ein Marktteilnehmer sicher sein kann, gleich wie jeder andere behandelt zu werden.

Ein Kontrakt „Frozen Concentrated Orange Juice“ (Gefrorenes Orangensaft-Konzentrat) der Klasse A (FCOJ-A) an der Warenterminbörse ICE Futures U.S. (früher „New York Board of Trade“) ist zum Beispiel wie folgt definiert:

  • Liefermenge: 15.000 lbs (ca. 6,8 metrische Tonnen)
  • Qualität: gefrorenes Konzentrat von Orangen aus Florida oder Brasilien
  • Preisangabe: in US-Cent
  • Minimum-Preisveränderung je lbs: 5/100 Cent (7,5 US$/Kontrakt)

Preisangaben der Terminbörsen erfolgen immer in Bezug auf die Maßeinheit – im obigen Beispiel also pro Pfund (453,59237 Gramm). Wenn der September-Future FCOJ-A also mit 100,00 Cent notiert, wissen wir aufgrund der obigen Definition, dass 1 lbs. des Basiswerts bei 100 Cent – also 1 Dollar – notiert. Daraus lässt sich der Kontraktpreis einfach errechnen:

1 (Dollar/lbs.) x 15.000 (Liefermenge) = 15.000 Dollar

Das ist bei Finanzwerten nicht anders: Der Wert des DAX-Futures (FDAX) an der (Eurex) beträgt zum Beispiel 25 Euro je Index-Punkt des DAX. Bei einem Kurs von 25,00 Euro je Punkt und einem Index-Stand von 4000 Punkten würde ein FDAX-Kontrakt also 100.000 Euro an Wert repräsentieren (25x4000).

Hebel

Da nur ein Bruchteil des Wertes als Einsatz nötig ist, um einen Futures-Kontrakt zu eröffnen, spricht man von einem Hebelinstrument oder Derivat. Wie stark der Hebel bei einem bestimmten Future ist, wird von der jeweiligen Börse bestimmt, an der ein Future gehandelt wird. Als Formel für den Hebel gilt: Kontraktwert zum Kaufzeitpunkt dividiert durch den Betrag, der notwendig ist, um eine Future-Position zu erwerben.

Ein Beispiel: Wie stark der Hebel bei einem bestimmten Future-Kontrakt tatsächlich ist, hängt von drei Faktoren ab: Kontraktgröße, Kontraktwert zum Einstiegszeitpunkt und Margin-Höhe. Am Beispiel des DAX-Future, der direkt an der Eurex erworben wird, könnte das wie folgt aussehen:

  • DAX-Punktestand: 5000
  • Kontraktwert: 25 Euro je DAX-Punkt
  • Kontraktwert bei 5000 Punkten: 125.000
  • Verlangte Margin: 9000 (eigener Anteil)
  • Hebel: 125000/9000 = 13,89

Bei diesem Beispiel hätten wir also einen Hebel von 13,89 was bedeutet, dass sich der Gewinn von einem Prozent im Basiswert bei diesem konkreten Kontrakt mit 13,89 % auswirken wird. Bei einer Veränderung des Basiswerts in der Höhe von +10 % (oder 500 Punkten im Dax) beträgt der Gewinn aus dem riskierten Kapital (der Margin) demnach 138,9 % (=12501, Hebel x 10 %).

\frac{Punktestand * Kontraktwert}{Margin}

Selbstverständlich wirkt der Hebel auch in die Gegenrichtung. Verliert der Basiswert 10 %, so beträgt der Verlust des Future-Besitzers 138,9 % – das ist mehr als das riskierte Kapital und der Investor müsste den Fehlbetrag =3501 nachschießen.

Handel

In den modernen Futures-Märkten werden weniger als 3 % der Kontrakte durch Realtausch erfüllt. Der überwiegende Teil wird durch ein Gegengeschäft vor dem Fälligkeitszeitpunkt "glattgestellt". Der Inhaber einer Short-Position (Verkäufer) erwirbt also eine Long-Position und umgekehrt. Die Differenz zwischen den Preisen der beiden Kontrakte ergibt einen Spekulationsgewinn oder -verlust.

Der starke Überhang an Spekulationsgeschäften zu Ungunsten der traditionellen, auf Realtausch basierenden Hedgegeschäfte hat in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zu einer Vervielfachung des Handelsvolumens an den Futures-Börsen geführt und deren Liquidität dramatisch erhöht. Im Jahr 2002 wurden allein an der größten Derivatenbörse, der Eurex, über eine halbe Milliarde Kontrakte gehandelt.

Dessen ungeachtet werden Futures aber immer noch als Absicherung (Hedging) gegen den Eintritt unerwünschter Preisentwicklungen eingesetzt. In diesem Zusammenhang nutzen "Hedger" Futures, um makroökonomische Risiken gegen eine angemessene Renditeerwartung an die Spekulanten abzugeben.

Siehe auch: Optionen

Siehe auch

Quellen

  1. NYMEX Futures Spezifikation
  2. Beispiel von Nasser Saber, Vol. II, S. 12, siehe Literatur

Literatur

  • Vahrenwald, Arnold (1994): "Futures in Germany: the German Futures Exchange" Part I, 3 Journal of International Banking Law at 101 et seq.; Part II, 4 Journal of International Banking Law at 143 et seq., [1]
  • Saber, Nasser (1999): Speculative Capital Volume 1 - the invisible hand of global finance. Financial Times, Prentice Hall. ISBN 0273641557
  • Saber, Nasser (1999): Speculative Capital Volume 2 - The Nature of risk in capital markets. Financial Times, Prentice Hall. ISBN 027364422X
  • Bloss, Michael (2005): "Wertpapiere, Optionen & Futures" Das Grundlagenwerk Pro Business Berlin ISBN 3-938262-72-9
  • Bloss, Michael (2007): "Finanztermingeschäfte & Zertifikate" Einführung, Grundlagen & Umsetzungsmöglichkeiten Pro Business Berlin ISBN 978-3-939430-15-5
  • Bloss, Michael; Ernst, Dietmar (2008): Derivate – Handbuch für Finanzintermediäre und Investoren Oldenbourg Verlag München ISBN 978-3-486-58354-0
  • Bloss, Michael; Ernst, Dietmar; Häcker Joachim (2008): Derivatives - An authoritative guide to derivatives for financial intermediaries and investors Oldenbourg Verlag München ISBN 978-3-486-58632-9

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