Bürglaß-Schlösschen

Bürglaß-Schlösschen
Bürglaß-Schlösschen in Coburg

An der Straße Oberer Bürglaß, gegenüber der Rückseite des Landestheaters in Coburg, steht der klassizistische Bau des Bürglaß-Schlösschens aus dem 18. Jahrhundert, der bis in die 1950er Jahre Bulgaren-Schlösschen oder auch Augusten-Palais genannt wurde. Es diente Zar Ferdinand von Bulgarien nach seiner Abdankung 30 Jahre lang bis 1948 als Wohnsitz. Heute wird das Schloss als Standesamt benutzt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprungsbau

Bevor das heutige Schlösschen zwischen der Straße Oberer Bürglaß und dem Theaterplatz erbaut wurde, stand an gleicher Stelle ein schon 1521 erwähnter Vorgängerbau, der der Familie Gottsmann aus Neuhaus am Rennweg gehörte. In den folgenden 200 Jahren fiel es irgendwann an die Landesherrschaft, denn Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-Gotha-Altenburg gab das Haus dem Hauptmann Georg von Bachstedt zu Lehen. 1721 wurde es an Dietrich von Hinniges verkauft, der von 1752 bis 1763 Erbprinz Ernst Friedrich in dem herrschaftlichen Haus wohnen ließ. 1775 wurde das Gebäude ein Raub der Flammen und nur notdürftig wieder hergestellt, ehe es um 1794 einem neuen Gebäude weichen musste.

Neubau

Diesen völligen Neubau inmitten einer kleinen Gartenanlage veranlasste der Generalfeldmarschall Prinz Friedrich Josias, der jüngste Sohn des Herzogs Franz Josias. Friedrich Josias hatte 1794 trotz vieler militärischer Erfolge nach Spannungen mit dem Kanzler des Kaisers Franz II., in dessen Diensten er stand, verbittert um seine Entlassung ersucht. Das neue Schloss sollte ihm als Alterssitz dienen. Nach nur zehnmonatiger Bauzeit konnte er sein Domizil beziehen.

Das von einem hoch aufragenden Walmdach bedeckte Gebäude im Stil des Klassizismus ist eigentlich ein schlichter zweistöckiger Bau auf rechteckigem Grundriss. Die geschickte Gliederung beider Längsfronten durch weit in das Dach ragende dreigeschossige Mittelrisalite und zwei aufgesetzte Zwerchgiebel auf jeder Seite lassen das Schlösschen wohl proportioniert erscheinen. Über dem Haupteingang an der Straßenseite ruht auf vier Säulen ein mächtiger Balkon, der so eine offene Anfahrtshalle bildet. Im Dreiecksgiebel des Mittelrisaliten ließ Prinz Josias die lateinische Inschrift Per actis laboribus (Nach getaner Arbeit) anbringen, die später wieder entfernt wurde. In den Vorraum zum Treppenhaus im Inneren des Schlösschens setzte der unbekannte Architekt ein säulengetragenes Rondell als überraschendes Stilmittel. Im ersten Stock ließ Josias einen Empfangssaal einrichten, der durch plastisch gemalte Pilaster gegliedert wird. Zwei halbrunde Nischen für Empire-Öfen werden von Stuckreliefs gekrönt. Optisch erweitert wird der Raum durch seine Wandverkleidungen mit fein auf Leinwand gemalten Landschaften und antiken Ruinen.

Während seines Ruhestands in Coburg bewahrte Prinz Josias durch geschickte Verhandlungen die Stadt vor Plünderungen, als 1806 der französische General Augereau seine napoleonischen Truppen in der Stadt einquartieren ließ. Die Gespräche wurden im Empfangssaal des Schlosses geführt.

Nach Josias Tod 1815 stand das Schlösschen einige Jahrzehnte leer, bis Prinz August von Coburg-Koháry, aus der katholischen Linie des Herzoghauses, mit seiner Frau Clementine von Orleans und Sohn Ferdinand einzog. Inzwischen entstand 1840 in unmittelbarer Nachbarschaft das Hoftheater, dessen Bau dem ansehnlichen Vorgarten des nunmehr Augusten-Palais genannten Schlösschens, etliche Meter kostete. Ferdinand wurde Zar von Bulgarien bis 1918 und kehrte dann nach seiner Abdankung in das Schloss seiner Eltern zurück, das in der Coburger Bevölkerung nun schnell den Namen Bulgaren-Schlösschen erhielt. Ferdinand von Coburg-Kohary wohnte hier und in der Zaren-Villa im Hofgarten bis zu seinem Tod 1948. Danach erst bürgerte sich der Name Bürglaß-Schlösschen ein.

Josias-Garten

Denkmal von Prinz Friedrich Josias in Coburg

Eine breite Tür im Mittelrisalit der Rückfront des Bürglaß-Schlösschens führt über einige Stufen in den parkähnlichen Garten, den Prinz Josias beim Neubau seines Schlosses anlegen ließ. Der Garten erstreckte sich, da es das Hoftheater, den Schlossplatz und den Theaterplatz noch nicht gab, bis zum Schloss Ehrenburg und straßenseitig bis zum damals noch geradeaus auf das Schloss zulaufenden Oberen Bürglaß. Er war als Landschaftspark mit gewundenen Wegen, Springbrunnen und Sichtachsen angelegt und von einem Zaun umgeben. An seiner Westflanke fand regelmäßig der Fischmarkt statt. Der Josias-Garten, wie der Park nach dem Tod des beliebten Prinzen genannt wurde und heute noch genannt wird, büßte durch die Anlage des Schlossplatzes 1819 und durch den späteren Bau des Hoftheaters und der neuen Straße, die um das Theater herumführt, mehr als drei Viertel seiner Fläche ein. Er wurde nach der Verkleinerung zunächst von einem Mauersockel mit aufgesetztem Zaun umgeben, der ihn zum neuen Theaterplatz hin abgrenzte. Ein von zwei Löwenköpfen flankiertes Gartentor gestattete den Durchgang zum Theaterplatz. 1911 setzten dankbare Bürger dem Prinzen Josias ein überlebensgroßes Denkmal in seinen Garten. Stolz zeigt er, in die Uniform eines k.u.k.-Generalfeldmarschalls gekleidet, mit ausgestrecktem Arm auf sein Schloss. Bei der Enthüllung des Denkmals waren Herzog Carl Eduard, Kronprinz Boris von Bulgarien und der belgische Graf de Mérode anwesend. Heute steht das Denkmal am Übergang der Anlagen des Theaterplatzes zum Josias-Garten.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der kunstvoll geschmiedete Zaun, wie viele andere Zäune in Coburg, abgebaut, da man das Metall für die Rüstungsindustrie benötigte. Nach 1948 wurden auch bis auf wenige Reste der Mauersockel und das nutzlos gewordene Gartentor entfernt. Die Löwenköpfe zieren heute den Gartenzugang des Schlösschens. Im straßenseitigen Gartenteil stand bis 1840 vor dem Haupteingang ein großer Schalenbrunnen, dessen Mittelsäule aus Sandstein in den hinteren Gartenteil versetzt wurde, wo er heute noch steht.

Heutige Nutzung

Nach 1948 wurde das Schlösschen, das seit 1919 der Stadt gehörte, zunächst als Kulissen- und Requisitenlager des benachbarten Landestheaters benutzt. Anfang der 1960er Jahre entschloss sich die Stadt, das Gebäude denkmalgerecht zu renovieren und in ihm das Standesamt stilvoll unterzubringen. Der Empfangssaal des Prinzen Josias dient seitdem als Trauzimmer, die anderen Räume als Büros und Archiv. Im Josias-Garten etablierte sich in den 1990er Jahren Coburgs größter Biergarten, sehr zum Leidwesen einiger Anwohner, die ob der allabendlichen Geräuschkulisse bisher vergeblich versuchten, den Betrieb einstellen zu lassen.

Literatur

  • Dr. Fritz Mahnke: Schlösser und Burgen im Umkreis der Fränkischen Krone, Druck- und Verlagsanstalt Neue Presse GmbH, Coburg, 1974, S. 14–15
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