Adressbuch der Stadt Hannover

Adressbuch der Stadt Hannover
Adressbuch der Stadt Hannover 1942, Vorderseite zu Teil II mit Daten der Haushaltsvorstände, nach Straßen geordnet
Hannover um 1800 zur Zeit der Entstehung des erstes Adressbuches, mit Calenberger Neustadt und Linden

Das Adressbuch der Stadt Hannover wurde von 1798 bis 2002 herausgegeben. Es erschien in der Regel jährlich mit der Ausnahme von Kriegsjahren. Die Ausgabe von 2002 war das letzte gedruckte Adressbuch der Stadt Hannover.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Bis 1924 wurden die Adressbücher von Lamminger bzw. den Nachfolgern Klindworth und Pokrantz gedruckt, später von der Deutschen Adressbuch-Gesellschaft August Scherl und ab 1949 vom Verlag Walter Dorn.

In den Adressbüchern Hannovers spiegelt sich der tiefgreifende Wandel von der handwerklich orientierten Agrargesellschaft zum flächenumfassenden Industriestandort, begleitet von der Verdoppelung der Bevölkerung zwischen 1800 und 1850 und deren Verachtfachung bis 1900, wider. Zur Geschichte der Juden in Hannover liefert bereits die Erstausgabe von 1798 einige Hinweise. Der Vergleich der Adressbücher der 1930er/40er Jahre macht Ereignisse wie die Aktion Lauterbacher sichtbar und die anschließenden Verwüstungen durch die Luftangriffe auf Hannover. Die Zuwanderung durch Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus dem Osten, der Wiederauf- und Ausbau in der Nachkriegszeit, speziell der Umbau der Stadt unter Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, werden in den Adressbüchern sichtbar.

Erste Ausgaben

1795 – der Vorläufer

Im Jahr 1795[1] brachte der Cammermeister und Commerz-Rath Christian Ludwig Albrecht Patje ein Werk heraus mit dem Titel Kurzer Abriß des Fabriken-, Gewerbe-, und Handlungs-Zustandes in den Chur-Braunschweig-Lüneburgischen Landen. Im Vorwort heißt es:

„Unterrichtet zu seyn, kann nie genug zum Bedürfnis gemacht werden. ... Wer zu dem Umtriebe der Kenntnisse, und zu den Belehrungen seiner Mitbürger beytragen kann, hat eine gewisse Verbindlichkeit, es nicht zu unterlassen.“

Der erste Jahrgang von 1798

Titelblatt des ersten hannöverschen Adreß-Buchs für 1798
Widmung und Vorrede zum ersten hannöverschen Adressbuch

Das erste Adressbuch von Hannover wurde vom Hofbuchdrucker Johann Thomas Lamminger, der die Daten auch gesammelt hatte, gedruckt und erschien im Januar 1798.[2] Seine Tätigkeit dafür beschrieb er:

„Ich ließ mich in jedem Hause nach jedem einzelnen Bewohner erkundigen, damit mein Unternehmen der erwünschten Vollständigkeit und Genauigkeit wenigstens einigermaßen nahekommen möge.“

Das Buch enthielt die Namen der so ermittelten Einwohner noch nicht in alphabetischer Sortierung, sondern gliederte die Menschen nach Ständen und Berufen. Nach dem eigentlichen Adressbuch fand sich am Ende auch eine Liste jüdischer Einwohner der damals noch selbstständigen Calenberger Neustadt. Das Buch war gegliedert in:

  • Gelehrte, Kaufleute, Krämer, Fabrikanten, Künstler
  • Professionisten und Handwerker
  • Aubergisten, Billiardeurs, Gast- und Speisewirte
  • Mietkutscher, Kärrner und Lohnbedienstete

Darüber hinaus enthielt es ein Verzeichnis der Handel und Gewerbe betreibenden Judenschaft auf der Calenberger Neustadt.

Ludwig Hoerner zitiert[3] aus dem Vorwort der 100-jährigen Jubiläumsausgabe Ende 1896, dass die erste Ausgabe nicht nur dem „commerzirendem Publikum“ gewidmet gewesen sei, sondern aus den drei Teilen

  • Adressbuch „qualificirter“ Gewerbetreibender und Anderer sowie Behörden
  • „Stadt-Handbuch“
  • „Verkehrs-Handbuch“

bestanden habe und viertens eine (unvollständige) „Gewerbe-Chronik“ und Berufe-Listung begründet habe.

Ausgaben im 19. Jahrhundert

Die auf den ersten Jahrgang folgenden Ausgaben wurden inhaltlich immer wieder verändert und erweitert.

Nach 1812[4] wurde die schon von Beginn an geplante Vollständigkeit der Adressbücher Hannovers zuverlässiger: Den Büchern wurde ein Stände- und Gewerbe-Verzeichnis beigefügt, wo Fremde Namen und Anschriften von Gewerbetreibenden – nach Branchen gegliedert – finden konnte.

Das Adressbuch Hannover von 1825[5] erfasste – nach der Vereinigung von Alt- und Neustadt 1824 – auch schon einen Teil der Einwohner zu Herrenhausen, Linden und außer den übrigen Thoren mit der Bemerkung ihres Geschäfts....

Die Bürger und Gewerbetreibenden verstanden also – anders als die Obrigkeit – auch schon manche solcher Menschen als zu Hannover gehörig, die ihrem Arbeitsplatz zum Beispiel in Herrenhausen, Hainholz oder Limmer nachgingen.

In den 1840er Jahren folgt der Neueinführung der anfangs kurz gefassten

  • Andeutungen für Fremde“ mit Hinweisen zu Bibliotheken, Klubs, Bädern, Schulen und Gaststätten, Post- und Reiseverkehr

die Erweiterung um ein

  • Statistisches Jahrbuch mit Angaben zu Recht und Polizei, Verkehr und Handel, Märkten und Marktpreisen sowie eine Beschreibung der Sehenswürdigkeiten Hannovers.

Ab 1846[6] fügten die Herausgeber einen „Allgemeinen Geschäftsanzeiger“ (AG) an, der den Adressbüchern von Hannover – häufig ganzseitige – Werbeinserate angliederte.

Werbeanzeige von Friedrich Karl Wunder

1849 inserierte Hannovers erster Fotograf Friedrich Karl Wunder ganzseitig noch als Daguerreotypist (erstmals 1847) unter der Rubrik „Geschäftsanzeiger“.[7]

1866 erschien das Adressbuch der Königlichen Haupt- u. Residenzstadt Hannover letztmals mit der Angabe des selbständigen Königreichs.

Zum 100-jährigen Jubiläum der Erstausgabe von Ende 1796 gab der Herausgeber das Vorwort von 1798 als Faksimile wieder.

Die letzte Ausgabe

Das Ausgabe von 2002 bestand aus zwei Teilen.

Der Wirtschaftsteil enthielt:

  • Behörden
  • Vereine
  • Firmen, Gewerbe und freie Berufe
  • Branchenteil
  • Handels- und Genossenschaftsregister

Der Einwohnerteil war gegliedert nach:

  • Privatpersonen A-Z
  • Straßen- und Häuserverzeichnis von mit Hauptwohnung gemeldeten Bürger/innen ab dem 18. Lebensjahr

Literatur

Einzelnachweise

  1. L. Hoerner: Agenten, Bader..., S. VIII
  2. nach Ludwig Hoerner im Vorwort zur Ausgabe 1802
  3. Einleitung zu Agenten, Bader und Copisten..., S. XIf
  4. Ludwig Hoerner: Agenten, Bader..., S. XII
  5. Hoerner, S. XI
  6. L. Hoerner: Agenten, Bader..., S. XII
  7. Ludwig Hoerner in: Hannover in Frühen Photographien 1848–1910, Abb. S. 33

Weblinks


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