Ambulante Versorgungslücken

Ambulante Versorgungslücken
Ambulante Versorgungslücken e.V.
Zweck: Gesundheitsbrücken in die ambulante und poststationäre Nachsorge
Vorsitz: Elsbeth Rütten
Gründungsdatum: September 2008
Sitz: Bremen
Website: www.ambulante-versorgungsluecke.de

Ambulante Versorgungslücken e.V. ist eine Patienteninitiative.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die Patienteninitiative Ambulante Versorgungslücken gründete sich im September 2008 in Bremen. Initiatorin war die frühere Krankenschwester Elsbeth Rütten. Gemeinsam mit 13 weiteren, überwiegend älteren Frauen gelingt es seither, die Öffentlichkeit und die Akteure des Gesundheitswesens für das Thema ambulante und poststationäre Nachsorge zu sensibilisieren. Die von Elsbeth Rütten am 4. Mai 2009 eingereichte Petition „Häusliche Krankenpflege – Ambulante Nachsorge“ setzte den Gesetzgeber offiziell in Kenntnis über eine neue Form ambulant und poststationär auftretender Versorgungslücken, die seit Einführung der DRGs (Diagnosis Related Groups) vermehrt zu verzeichnen sind.

Petition

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat die Petition bearbeitet und am 24. März 2010 einstimmig abgeschlossen.[1]. Die Petition strebt eine Neuregelung des § 37 Abs. 1 SGB V an. Es folgen die geforderten Ergänzungen: „(1) Der Deutsche Bundestag möge beschließen, § 37, Absatz 1 SGB V folgendermaßen neu zu regeln: Versicherte erhalten (...) neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflege- und hauswirtschaftliche Kräfte, (...), nach einem Krankenhausaufenthalt, nach Operationen und ambulanten Therapien, wenn der individuelle Heilungs- und Genesungsverlauf dies erfordern.“

Begründung: Die vielfältigen Fortschritte und Entwicklungen in der Medizin sowie die Einführung der Fallpauschalregelung/DRGs haben dazu geführt, dass Menschen inzwischen immer früher aus dem Krankenhaus entlassen werden. Viele Operationen und andere Therapieformen sind in den ambulanten Bereich verlagert worden. Die Länge der Erkrankung ist inzwischen nicht mehr an die Verweildauer im Krankenhaus gebunden.

Immer häufiger werden intensive, komplexe Heilungs- und Genesungsphasen in die Privatheit der eigenen Wohnung verlagert und müssen in vielen Fällen von den Betroffenen selbst finanziert werden. Häusliche Pflege ist heute sehr hochwertig, wenn man sie sich leisten und bezahlen kann. Vielfach sind es ältere Menschen, Alleinstehende und Personen mit kleinem Einkommen. Die Betroffenengruppen und die unterschiedlichen Stadien im Krankheitsverlauf dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die soziale Schere geht immer weiter auseinander."

  1. Zentrales Element der Petition ist es, einen Anspruch auf häusliche Unterstützung auch dann zu gewährleisten, wenn der Genesungsverlauf keine medizinische Behandlung vorsieht, aber dennoch Grundpflege und/oder hauswirtschaftliche Unterstützung bei vorübergehender Hilflosigkeit vorhanden sind, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer Operationen oder aber, wenn ambulante Therapien dies erforderlich machen.
  2. Der Genesungsprozess wird zunehmend in die eigene Häuslichkeit oder in die Reha verlagert. Kann die Unterstützung nicht selbst organisiert werden, zum Beispiel durch Familie, Freunde oder soziale Netzwerke, sollten Möglichkeiten bestehen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung oder die Gesetzgebung der Sozialversicherung dies regeln. Kann die häusliche Unterstützung nicht „kostenfrei bzw. mit geringen Kosten“ gewährleistet werden, muss der Betroffene für die Unterstützung selber aufkommen. Der Verein sieht das Problem darin, dass häufig Menschen, die älter, alleinstehend sind und nur über ein niedriges Einkommen verfügen (oberhalb der Grundsicherung) von dieser Situation betroffen sind ( Kadak 2010/11).
  3. Der Petitionsausschuss des Bundestages hat einstimmig entschieden, dass die Petition an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Parteien weitergeleitet wird. Dem BMG wurde ein Jahr Zeit gegeben, eine Stellungnahme zu formulieren. Die Stellungnahme des BMG steht noch aus.
  4. Inzwischen wird die ambulante und poststationäre Problematik von allen Fachleuten anerkannt. Zugleich wird jedoch sehr unterschiedlich argumentiert, wie die „Lücken“ zu schließen seien. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Entlassungsmanagement sollen die Überleitungen erleichtern (§ 11 (4) SGB V. [2]).
  5. Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung dann „häusliche Krankenpflege“ finanziert, wenn dadurch ein Krankenhausaufenthalt vermieden wird oder wenn ein ambulantes ärztliches Ziel vorliegt. Die Verweildauer wurde durch die Einführung der DRGs auf die „medizinische Notwendigkeit“ gekürzt. Dies beinhaltet, dass der im § 37 (1)SGB V geregelte Anspruch kaum noch realisiert wird. Die Petitionsforderung „häusliche Nachsorge“ über die geltende Rechtsinterpretation hinaus zu gewähren, wird auf der Kassenseite gerne relativiert, da es keine Aufforderung gäbe.
  6. Der Petitionsausschuss betont in seiner Stellungnahme, dass der Krankenversicherungsträger unter verschiedenen Voraussetzungen (§ 38 SGB V), beispielsweise dann, wenn ein Kind im Haushalt lebt, welches das 12.Lebensjahr noch nicht beendet hat, Anspruch auf Haushaltshilfe bestehen kann (Petitionsausschuss, 2010).
  7. Die in Absatz § 38 (2,3) formulierte Möglichkeit, ( )„Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Sie kann dabei von Absatz 1 Satz 2 abweichen sowie Umfang und Dauer der Leistung bestimmen. (3) Der Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.“

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Der Gesetzgeber ist über die Problematik informiert und durch den Beschluss des Petitionsausschuss fristgerecht aufgefordert worden, innerhalb eines Jahres eine Stellungnahme zu formulieren und gegebenenfalls ein Modellprojekt zu installieren, um den Sachverhalt zu ermitteln.

Anhörung im Gesundheitssauschuss des Deutschen Bundestages

Ein Jahr später, am 23. März 2011, folgte eine öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages [3]. Die Grundlage für die Anhörung bildet ein Gesetzentwurf von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, der im Dialog mit der Patienteninitiative am 14. September 2010 als Drucksache 17/2924 „Versorgungslücke nach Krankenhausaufenthalt und ambulanter Behandlung schließen“ [4] dem Deutschen Bundestag vorgelegen hatte.

Zwanzig große Organisationen im Gesundheitswesen und der Verein Ambulante Versorgungslücken erhielten am 23. März 2011 die Möglichkeit, ihre Positionen der Bundesregierung und dem Parlament darzustellen und Argumente auszutauschen.

„Der Experte Prof. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik äußerte in einer schriftlichen Stellungnahme Zweifel daran, ob die Änderung des §37 überhaupt geeignet sei, um ”die ohne Zweifel bestehende Versorgungslücke“ zu schließen und nicht vielmehr die Änderung des §38 zum Thema ”Haushaltshilfe“ diskutiert werden müsse.“ [5]

Hier setzt inzwischen auch der Verein Ambulante Versorgungslücken an.

Die Forderungen im Antrag AVL

„Der Verein Ambulante Versorgungslücken e.V. fordert die gesetzliche Regelung der sogenannten „Versorgungslücke“ für Versicherte, die nach einer stationären Behandlung oder einem ambulanten Eingriff (inklusive ambulant versorgter Knochenbrüche) nicht in der Lage sind, ihren Haushalt selbstständig weiterzuführen und/oder die Grundpflege durchzuführen. Es gilt, den Anspruch der Versicherten, welche der „Versorgungslücke“ zugeordnet werden kann, neu zu formulieren und gesetzlich, bei gleichzeitiger Abgrenzung zum Missbrauch dieser Leistungen, zu verankern. Die Option der Unterstützung durch Angehörige sollte hierbei weiterhin vorrangig sein.

Als für eine Änderung gemäß der zuvor genannten Forderung geeignet, erachtet der Verein den § 38 SGB V „Haushaltshilfe“. Eine Ausweitung des in Absatz 1 § 38 SGB V angegebenen Personenkreises (hier vor allem die häufig übersehene Fallgruppe der Versicherten mit ambulanten Eingriffen, zu denen gleichermaßen die ambulante Versorgung von Knochenbrüchen zählt) sowie die Angabe eines angemessenen Gewährungszeitraums wären in diesem Zusammenhang sinnvoll. Darüber hinaus sollten die Erbringung und der Umfang der Haushaltshilfe nicht von der Krankenkassenzugehörigkeit des Versicherten und den entsprechenden Satzungsleistungen abhängen, sondern unter dem Gebot der Gleichbehandlung für alle Krankenkassen obligat sein.

Die stringente Argumentation des Angebots einer Haushaltshilfe als Wettbewerbsparameter und, daraus folgend, als Wechselkriterium für Versicherte trifft nicht auf die häufigste Fallgruppe in der ambulanten Versorgungslücke, die Menschen im höheren Alter, zu. Gerade hier bestehen hohe und teils unüberwindbare subjektive Wechselbarrieren, die letztendlich zu menschenunwürdigen Situationen führen.

Vor dem Hintergrund des Versorgungsauftrags der GKV, der sich auf Krankheit und Krankheitsfolgen bezieht, sieht der Verein Ambulante Versorgungslücken e.V. den Antrag auf Schließung der „Versorgungslücke“ als berechtigt an und unterstützt ihn in oben genannter Weise.

Der Verein möchte zusätzlich darauf hinweisen, dass der Leistungsanspruch der Patientinnen und Patienten, die sich in der sogenannten „Versorgungslücke“ wiederfinden, prinzipiell in der Form des Vorrangs der unter der Überschrift Subsidiarität zusammengefassten informellen Hilfestellungen (Nachbarn, Freunde, Familie) begrenzt sein muss“ [6].

Landespolitische Weichen

Ebenfalls inspiriert durch die Petition „Ambulante Krankenpflege – Häusliche Nachsorge“, hatte es bereits im Jahr zuvor, am 21. Juni 2010, einen Antrag der rotgrünen Bremer Landesregierung gegeben. „Gut versorgt zu Hause – angemessene Versorgung nach einem Krankenhausaufenthalt“ [7].

Die Forderungen:

  1. „(…) den mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums und der Bremer Gesundheitssenatorin eingerichteten Modellversuch zur Haushaltshilfe aktiv zu begleiten,
  2. eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel zu ergreifen, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege zur Vermeidung oder Verkürzung des Krankenhausaufenthalts so zu erweitern, dass er im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung oder eine ambulante Operation in Anspruch genommen werden kann, bis sich die Patientinnen und Patienten selbst ausreichend versorgen und ihren Haushalt selbstständig führen können,
  3. zumindest bei den in Bremen tätigen gesetzlichen Krankenkassen die Selbstverwaltungsgremien dazu anzuregen, dass eine solche Regelung in der Satzung dieser Krankenkassen gemäß § 37 Abs. 2 SGB V verankert wird.“
  • Die übrigen Parteien im Bundesland Bremen ließen sich ebenfalls von der Arbeit der Patienteninitiative inspirieren. Siehe Drucksache der Bremischen Bürgerschaft Drucksache 17/1358 [8] [9]
- Am 10. November 2010 wurde der Antrag in der Bremischen Bürgerschaft ausführlich in der 75. Sitzung diskutiert. Er endete mit der mehrheitlichen Entscheidung, gegebenenfalls eine Bundesratsinitiative zu starten, um eine langfristige, tragfähige Lösung, eine Gesetzesänderung zu erzielen (Frehe/Brumma) [10].
- Die gesetzlichen Krankenkassen erkennen inzwischen die „Lücke-n“ an, betonen aber zugleich, dass sie gesetzlich nicht verpflichtet seien, aktiv zu werden bzw. eine häusliche Krankenpflege und/oder eine Haushaltshilfe über die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinaus zu finanzieren.
- Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, einen Sozialdienst, gegebenenfalls ein Case-Management bereitzuhalten.
  • (§ 11 (4) SGB V). Dennoch scheint es einen uneinheitlichen Verlauf und recht individuelle Lösungsansätze in den verschiedenen Häusern zu geben, wenn es darum geht, einen „nahtlosen“ Übergang zu planen und zu gestalten. „Im Versorgungssystem setzt das Case Management unter deutschen Verhältnissen ein Schnittstellenmanagement voraus, durch das für Koordination und Kooperation verschiedener Leistungserbringer und auch mehrerer Leistungsträger individuell gesorgt wird. Ohne ein Schnittstellen- bzw. Versorgungsmanagement auf der organisatorisch-institutionellen Ebene wird sich ein Versorgungskontinuum im Einzelfall nicht erfolgreich besorgen lassen“ [11].
Patienten
- „Der Patient hat nach einem Krankenhausaufenthalt Interesse, seine Gesundheit bzw. den „idealsten“ Gesundheitszustand zu erlangen und möchte in seiner Häuslichkeit wieder zurechtkommen. Er hat kein Interesse, völlig hilflos in seiner Häuslichkeit zu sein“ (Güse, 2003a).
- Die Verkürzung der Verweildauer im Krankenhaus gilt seit 2004 als regelkonform. „Die Metapher von der „blutigen Entlassung“ wurde anfangs zum Unwort einer nicht selten hilflosen Entlassungskultur. „(…) Aufgrund der Tatsache, dass sich die Krankenhausverweildauer verkürzt hat, ist es keine Seltenheit, dass die Patienten im noch nicht völlig genesenen Zustand entlassen werden (…)“(Rau et al., 2009). Die Regelung eines vorübergehenden, ambulanten oder poststationären Hilfebedarfs während der Genesungsphase stellt nicht selten eine problematische, weil oft nicht finanzierbare Herausforderung dar.
- „Zugleich wird durch die DRGs und die medizinischen Fortschritte der Prozess der Krankenhausbehandlung verkürzt, zergliedert und immer seltener den Bedürfnissen der Patienten angepasst“ (Vogd, 2009). „Die verkürzte Verweildauer bedeutet, dass das Patientenkollektiv häufig kränker bei der Entlassung ist“ (Weisbrod-Frey, 2008).
- „Infolgedessen verlieren Maßnahmen, wie Prävention, Prophylaxe oder psychosoziale Betreuung immer mehr an Bedeutsamkeit, da in der verkürzten Behandlungszeit primär die schnelle „Abfertigung“ des Patienten wichtig ist“ (Vogd, 2009).

Aktuelle Möglichkeiten der Unterstützung:

  • Angehörige, Freunde, Nachbarschaft
  • Unterstützung durch ambulante Pflege SGB V und/oder SGB XI
  • Kurzzeitpflege SGB XI oder private Finanzierung
  • Ambulante Sozialdienste
  • Stationäre Langzeitpflege SGB XI, - Stationäre / teilstationäre/- ambulante Reha
  • Pflege- und Sozial-Servicedienste auf eigene Kosten
  • Serviceversicherungen (Leistungen aus dem SGB XI kommen nur in Betracht, wenn eine Pflegestufe (MDK) bewilligt wird). Es gilt das Kriterium der dauerhaften Hilfebedürftigkeit. „Aufgrund der Tatsache, dass sich die Krankenhausverweildauer verkürzt hat, ist es keine Seltenheit, dass die Patienten im noch nicht völlig genesenen Zustand entlassen werden. Zusätzlich sind sie oft in ihrer Häuslichkeit nicht auf diese Situation vorbereitet“ (Rau et al., 2009).
  • Älter werdende Gesellschaft „Um ein umfassendes Bild der Ursachen der ambulanten Versorgungslücken zu erhalten, ist es nötig, den demografischen Wandel mit den Krankenhausbehandlungen in Beziehung zu setzen. Dazu werden die Krankenhausfälle in den verschiedenen Altersgruppen betrachtet. Die Daten des Statistischen Bundesamtes für 2009 zeigen, dass 25,9 Prozent (ca. 21,2 Mio. Menschen) der Bevölkerung in Deutschland 60 Jahre und älter sind. Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes prognostizieren, dass 2030 diese Zahl 28,5 Mio. betragen wird. Dabei ist ein hoher Anstieg in der Altersgruppe der 80-Jährigen zu sehen. In den Jahren 1990 bis 2009 ist die Zahl der Personen in der Altersgruppe der 60-Jährigen und Älteren um ca. 40 Prozent gestiegen. (Kadak 2010/2011)

Die soziale Situation der Patienten

  • Die soziale Situation bedeutet in diesem Kontext die finanziellen Ressourcen und die Rolle der Familie in der Betreuung des Patienten. Die häusliche Pflege durch die Familie ist politisch und gesellschaftlich sehr wichtig, politisch dominieren Kostengründe. Die Politiker möchten die günstige Familienpflege in der Häuslichkeit aufrechterhalten und betonen immer wieder, dass eine häusliche Krankenpflege oder Haushaltshilfe nur dann gewährt werden, wenn eine im Haushalt lebende Person auch nicht mehr in der Lage ist, die Person zu pflegen oder den Haushalt zu führen. Gesellschaftlich sind es traditionelle Normen und Wertevorstellungen, die dieser Logik zugrunde liegen. „Durch die immer weiter fortschreitende finanzielle Unabhängigkeit der Frau wird das Bild der Normfamilie, in der die Frau den Haushalt führt und für Pflege etc. zuständig ist und der Mann „das Geld verdient“, immer mehr verdrängt. Das Verschwinden bzw. Auflösen klassischer Versorgungsmuster erfordern eine Neuorientierung und -organisation der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen“ (Röttger-Liepmann, 2007).
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2008 leben 36 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer ab dem 55. Lebensjahr alleine und mit zunehmendem Alter steigt der Unterschied. (Kadak 2010/2011).
  • Die Entwicklung des Alleinlebens lässt erkennen, dass, je älter ein Mensch wird, er umso häufiger alleine lebt (Hammes/ Rübenbach 2009).
  • „Bedingt durch diese beschriebene Entwicklung und den Rückgang der traditionellen „kostenlosen“ Familienpflege, gewinnen kostenpflichtige professionelle Pflege und außerfamiliäre Netzwerke immer mehr an Bedeutung (Bruckenberger, 2008; Kühner, 2002). Dennoch erfolgen 70 Prozent der Pflege durch Familie und 30 Prozent durch professionelle Anbieter. Durch den demografischen Wandel und die Tatsache, dass das Klientel in den Krankenhäusern immer älter ist und wird, wird sich dieses Verhältnis langfristig ändern“ (Klie/ Blaumeiser, 2002).
  • Durch das Leben in einem Einpersonenhaushalt und die Nichtverfügbarkeit von Familie und Freunden wird das Heimleben gefördert (Klie/ Blaumeiser, 2002).
Die Alternative sind eigene finanzielle Ressourcen, um die Leistung zu erhalten. Das Dilemma ist, dass viele Patienten durch dieses Kriterienraster fallen. Argumentiert wird zum einen damit, dass, wenn jemand mit seiner Rente gering über dem Hartz IV-Satz liegt, er keinen Leistungsanspruch hat, zum anderen, dass die Pflegebedürftigkeit nach SGB XI nicht vorhanden ist oder für die Kurzzeitpflege die Krankheitsepisode nicht lang genug ist. Es ist häufig der Fall, dass Personen nach einer Krankenhausbehandlung „nur“ eine kurze begrenzte Zeit intensiver Pflege bedürfen. Wenn sie nicht in das Muster „passen“, fallen sie in die „Versorgungslücke“ (Kadak2010/11). Die finanzielle Belastbarkeit mit Pflegekosten oder einer Haushaltshilfe bei älteren Personen ist nicht selten nur eingeschränkt möglich.

Legende Patienteninitiative Ambulante Versorgungslücken e.V.

Die Ambulanten Versorgungslücken gründeten sich im September 2008.

Auf der Veranstaltung „Eigenverantwortung haben immer die Anderen“ artikulierte sich erstmals die aufgestaute Verzweiflung vieler Betroffenen. Mit dem 4. Mai 2009 verbindet sich der Start der Petition „Häusliche Krankenpflege – Ambulante Nachsorge“. In den folgenden Monaten wurden bundesweit ca. 25.000 Unterstützungsunterschriften gesammelt und beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht.

In der Folge gründete sich am 1. August 2009 der gemeinnützige Verein Ambulante Versorgungslücken e.V. Die ersten Mitglieder im Aufsichtsrat: Prof. Dr. Christine Huth-Hildebrandt, (Hochschule Frankfurt), Dr. med. Hans – Georg Guese (Fa. Mediconsult), Alexander Jung (Rechtsanwalt/Bremen) Geschäftsführender Vorstand: Elsbeth Rütten

Im September 2009 beginnt ein „Runder Tisch“ mit den Krankenkassen. Die Moderation übernimmt der Gesundheitspolitische Sprecher der Bremer SPD Winfried Brumma. Die Fachtagung „Hilflos nach dem Krankenhausaufenthalt (…)“ am 13. November 2009 in der Bremischen Bürgerschaft gilt als die erste bundesweite Fachtagung zum Thema ambulante und poststationäre Nachsorge. Die AOK Bremen - Bremerhaven gibt im Rahmen dieser Tagung bekannt, dass sie bereit ist, ein entsprechendes Modellvorhaben mitzutragen.

Am 24. März 2010 beschließt der Petitionsausschuss einstimmig, die Petition an das Ministerium für Gesundheit weiterzuleiten. [12] Der Verein strebt weiterhin die Änderung der Gesetzeslage an. Seit Mai 2010 verfügt die Organisation über eine eigene Geschäftsstelle.

Mit dem 16. Juli 2010 verbindet sich in der Vereinsgeschichte die Einreichung des Konzepts für das Modellprojekt „Analyse des Versorgungsbedarfs von Patienten nach Krankenhausentlassung“ (Güse2010), das im BMG eingereicht wird. Das Untersuchungsvorhaben soll die „Lücke-(n)“ der ambulanten und poststationären Versorgung ermitteln. Geplante Akteure & Partner des Vorhabens (alphabetische Reihenfolge)

• AOK Bremen/Bremerhaven „(…)“
• Diako-Bremen
• Klinikum Bremen-Nord
• Ministerium für Gesundheit
• Senator für Gesundheit

Für die wissenschaftliche Begleitung hat sich Prof. Dr. rer. Gerd Glaeske (Zentrum für Sozialpolitik Universität Bremen) zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen der Mitgliederversammlung am 27. Januar 2011 finden Neuwahlen zum Aufsichtsrat statt. Frau Eva Dworschak (Rechtsanwältin für Medizinrecht) und Prof. Dr. Martina Roes (Hochschule Bremen, Institut für Qualität und Case Management IQC) treten an die Stelle der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder Huth-Hildebrandt und Jung.

Im April 2011 beginnen die Ambulanten Versorgungslücken eine Kooperation mit der Paracelsus Kurfürstenklinik Bremen. Das Vorhaben setzt auf aktive Vorbereitung. Bereits im Vorfeld eines Eingriffs erhalten Patienten die Möglichkeit, sich auf die unterschiedlichen Phasen des Genesungsverlaufs vorzubereiten. Zeitgleich wird der Leitfaden „Gut vorbereitet – schneller gesund“ - zur Vorbereitung auf den Krankenhausaufenthalt und die Genesung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Einzelnachweise

  1. http://www.openpetition.de/petition/beschluss/haeusliche-krankenpflege-ambulante-nachsorge
  2. http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__11.html
  3. http://www.gfb-facharztverband.de/aus-dem-bundestag-12-kw
  4. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/f_Versorgungsluecke_17_2924/Drucksachen/1702924.pdf
  5. http://www.gfb-facharztverband.de/aus-dem-bundestag-12-kw
  6. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/f_Versorgungsluecke_17_2924/index.jsp
  7. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/f_Versorgungsluecke_17_2924/35_Sitzung_23-03-2011_oeA_Versorgungsluecke.pdf
  8. http://www.gruene-fraktion-bremen.de/cms/default/dokbin/344/344949.antrag_gut_versorgt_zu_hause_angemessene.pdf
  9. http://www.horstfrehe.de/Download/2010-06-21%20Antrag_Gut%20versorgt%20zu%20Hause.pdf
  10. http://www.spdfraktion-bremen.de/download.php?file=9070ce09af12d95f21e692ba0db431b8:1741
  11. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/f_Versorgungsluecke_17_2924/35_Sitzung_23-03-2011_oeA_Versorgungsluecke.pdf
  12. http://www.spdfraktion-bremen.de/download.php?file=9070ce09af12d95f21e692ba0db431b8:1741

weitere Quellen


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