Bahnhof Warszawa Centralna

Bahnhof Warszawa Centralna
Empfangshalle

Warszawa Centralna ist der wichtigste Bahnhof in Warschau und einer der größten unterirdischen Bahnhöfe Europas. Er ist über den Warschauer Zentraltunnel mit den benachbarten Bahnhöfen Warszawa Wschodnia (Warschau Ost) und Warszawa Zachodnia (Warschau West) verbunden. Die Station ist Halt mehrerer Fernverkehrslinien der Polnischen Staatsbahnen (PKP), darunter der gemeinsam mit der Deutschen Bahn betriebene Berlin-Warszawa-Express.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Warschau 1888 mit Wiener und St. Petersburger Bahnhof
Warschau 1935, Tunnel nur in Vergrößerung zu erkennen

Wiener Bahnhof

Der Eisenbahnbetrieb in Warschau begann 1843 mit dem ersten Teilstück der 1848 fertiggestellten Warschau-Wiener Eisenbahn. Der Wiener Bahnhof (poln.: Dworzec Wiedeński) war ein Kopfbahnhof und lag etwa an der Stelle des heutigen Zentralbahnhofs. Der Bahnhof der 1862 eröffneten Warschau-Petersburger Eisenbahn (ab 1918 Dworzec Wileński bzw. Warszawa Wileńska genannt) lag ebenso wie der 1866 eröffnete Bahnhof der Strecke nach Terespol (heute Warszawa Wschodnia) jenseits der Weichsel. 1876 entstand eine Verbindungsbahn, Kolej Obwodowa, die im Bogen nördlich um die Innenstadt führte. Erste Pläne für einen zentralen Warschauer Hauptbahnhof gab es schon 1879.[1]

Erster Hauptbahnhof (Dworzec Główny)

Nach der polnischen Unabhängigkeit am Ende des Ersten Weltkrieges wurden alle Breitspurstrecken in Polen auf europäische Normalspur gebracht. In diesem Zusammenhang wurde das Thema wieder aufgegriffen und beschlossen, den Schienenfernverkehr in einem Tunnel unter dem Zentrum von Warschau hindurch zu leiten und an diesem Tunnel den neuen Dworzec Główny (Hauptbahnhof) an der Stelle des Wiener Bahnhofs anzulegen. Erste Arbeiten begannen 1919 mit dem Abriss des alten Bahnhofsgebäudes der Warschau-Wiener Eisenbahn. Im Zusammenhang mit dem Bau der innerstädtischen Verbindung Linia Średnicowa entstand im Westen der Stadt der neue Bahnhof Warszawa Zachodnia.

Die Verbindung mit einer Tunnelstrecke unter der Innenstadt[1] und einem vorläufigen Bahnhof[2] wurde 1933 in Betrieb genommen. 1936 wurde die Strecke elektrifiziert.

Der 1932 begonnene Bau des repräsentativen Empfangsgebäudes des Hauptbahnhofs[3] wurde bis zum Zweiten Weltkrieg nicht ganz fertig. Die Ost-West-Strecke durch die Stadt und der Hauptbahnhof (während der deutschen Besatzung offiziell als Warschau Hauptbahnhof bezeichnet) nahm den überwiegenden Teil des Bahnverkehrs durch Warschau auf.[4]

Provisorien nach 1944

Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes 1944 wurde, wie die ganze Stadt, auch der Hauptbahnhof von deutschen Truppen zerstört. Auch die Zentralstrecke durch den Tunnel wurde unpassierbar. 1946 legte das Büro für den Wiederaufbau der Hauptstadt fest, wo ein neuer Bahnhof gebaut werden sollte. 1948 planten Arseniusz Romanowicz und Piotr Szymaniak den neuen Zentralbahnhof. Schon ein Jahr später mussten die Planungen revidiert werden, weil der Bau des neuen Kulturpalastes Vorrang genoss. Erst 1970, nach dem Amtsantritt Edward Giereks als Staats- und Parteichef, konnten die beiden Architekten ihre Planungen wieder aufnehmen.[5]

In der Zwischenzeit behalf man sich mit einer Reihe von Provisorien. Der westlich des Hauptbahnhofs gelegene Güter-Kopfbahnhof der Warschau-Wiener Eisenbahn wurde zum Hauptpersonenbahnhof Warszawa Główna Osobowa hergerichtet. In Ost-West- bzw. West-Ost-Richtung durchfahrende Züge wurden über eine nördlich des Stadtzentrums gelegene Strecke geführt und überquerten über die Danziger Brücke (most Gdański) die Weichsel. Sie hielten westlich der Brücke im Bahnhof Warszawa Gdańska (Danziger Bahnhof). 1952–1954 entstand für den Vorortverkehr eine provisorische Anlage in der westlichen Tunnelzufahrt, mit Baracken als Abfertigungsgebäuden. 1963 wurde der Bahnhof Warszawa Śródmieście eröffnet und der Barackenbahnhof abgerissen. 1967 wurde der Ost-West-Tunnel wieder in Betrieb genommen. Auch einige Fernzüge benutzten ihn, mussten dabei aber abweichend von der Vorkriegssituation statt in Warszawa Główna in anderen Warschauer Bahnhöfen halten. Um einer dauerhaften Lösung näher zu kommen, wurde durch den Ost-West-Tunnel ein zweites Gleispaar verlegt.

Heutiger Zentralbahnhof

Unterirdische Bahnsteige

1972 begann der Bau des neuen Zentralbahnhofs. Eröffnet wurde der Bahnhof Warszawa Centralna am 8. Dezember 1975 aus Anlass des Besuchs von Leonid Breschnew auf einem Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei. Der Zeitdruck verursachte Mängel in der Bauausführung und erforderte so später zahlreiche Nachbesserungen.

Im Zuge der Vorbereitungen zur Fußball-Europameisterschaft 2012 wird der Bahnhof innerhalb der nächsten zwei Jahre renoviert. Nach der Meisterschaft soll er abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden.[6][7]

Anlagen und Nachbarschaft

Endbahnhof dieses Fernzuges ist Warszawa Wschodnia
Warszawa Centralna, -Główna, -Gdańska u.a.

Der Bahnhof ist unterirdisch angelegt. Das Empfangsgebäude befindet sich zu ebener Erde, ein System von unterirdischen Passagen verbindet sie mit den vier Bahnsteigen von jeweils 300 Metern Länge und mit zwei benachbarten Regionalbahnhöfen. Im Bahnhof Warszawa Śródmieście (Warschau Stadtmitte) halten Züge der Regionalbahn Koleje Mazowieckie (Masowische Bahnen) und der neugegründeten S-Bahn Szybka Kolej Miejska, im Bahnhof Warszawa Śródmieście WKD, die nach Südwesten fahrende Vorortbahn Warszawska Kolej Dojazdowa. Das heutige Empfangsgebäude wurde 1975 nach Plänen von Arseniusz Romanowicz erbaut. Daneben steht seit 2007 der Komplex Złote Tarasy (Goldene Terrassen), der unter anderem vier Straßenbahn- und 16 Bushaltestellen umfasst.

Bahnbetrieb

Der Bahnhof Warszawa Centralna dient praktisch ausschließlich dem Fernverkehr. Bis auf wenige Ausnahmen benutzen Regionalverkehrszüge den benachbarten Bahnhof Warszawa Śródmieście. Warszawa Centralna ist kein Zugbildungsbahnhof. In Warschau einsetzende und endende Züge beginnen oder enden in Warszawa Zachodnia oder Warszawa Wschodnia. Bei längeren Zugläufen dient teilweise ein ausgedehnter Halt in Warszawa Wschodnia als Zeitpuffer.

Auf dem Gelände des zeitweiligen Hauptbahnhofs Warszawa Główna befindet sich das Warschauer Eisenbahnmuseum. Da das Gelände kommerziell genutzt werden soll, ist eine Schließung oder Verlegung des Museums in Diskussion.[8]

Weblinks

 Commons: Warszawa Centralna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Krótka historia kolei w Warszawie. warszawa1939.pl, abgerufen am 2. September 2009 (polnisch).
  2. Tymczasowy dworzec nad wykopem linii średnicowej. warszawa1939.pl, abgerufen am 2. September 2009 (polnisch).
  3. Dworzec Główny. warszawa1939.pl, abgerufen am 2. September 2009 (polnisch).
  4. Deutsches Kursbuch 1944/45, Teil Generalgouvernement.
  5. Małgorzata Danecka, Thorsten Hoppe: Warschau: Rundgänge durch die polnische Hauptstadt. Trescher Verlag, 2008, ISBN 978-3-89794-116-8, S. 225.
  6. Warszawa Centralna. pkp.pl, abgerufen am 15. Juli 2010 (polnisch).
  7. Werner Huber: Gnadenfrist für «Warszawa Centralna». hochparterre-schweiz.ch, 21. Januar 2010, abgerufen am 15. Juli 2010.
  8. Warsaw Museum closure – PKP reply. polishrail.wordpress.com, abgerufen am 1. September 2009 (englisch).
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