Benno von Heynitz

Benno von Heynitz
„Gelbes Elend“: Teil des Gebäudekomplexes der Strafvollzugseinrichtung Bautzen

Benno von Heynitz (* 22. Dezember 1924 in Dresden; † 29. Oktober 2010 in Weilburg) war Mitbegründer des Bautzen-Komitee e.V. und Initiator der Gründung der Gedenkstätte Bautzen. Nach der Friedlichen Revolution in der DDR 1989 initiierte Benno von Heynitz die Gründung des Bautzen-Komitees, des Vereins ehemaliger politischer Häftlinge der Bautzener Gefängnisse, zu denen er selbst gehörte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft

Benno von Heynitz wurde am 22. Dezember 1924 in Dresden geboren. Seine Eltern waren der Jurist Aurel von Heynitz und Ilse, geborene von Wuthenau. Er erhielt den in der Familie von Heynitz traditionellen Taufnamen Benno. Seine Kindheit verbrachte er zunächst auf dem Rittergut Weicha im Kreis Bautzen, das sein drei Jahre älterer Bruder Wichard 1927 von einer Seitenlinie der Familie geerbt hatte. Für die Bewirtschaftung des Gutes zeichnete der Vater verantwortlich.

1933–1945

Dem Nationalsozialismus stand die konservativ orientierte Familie von Heynitz sehr reserviert gegenüber. Benno von Heynitz war von Anfang an kein begeistertes Mitglied der Hitler-Jugend. Die anfängliche Abneigung gegen das Dritte Reich wuchs sich zur Gegnerschaft aus, als die Familie zunehmend mit dem Regime in Konflikt geriet. 1935 wurde das Rittergut unter dem massiven Druck der Sächsischen Bauernsiedlung GmbH[1] aufgelöst, der Besitz also enteignet. Bennos Bruder Wichard von Heynitz war geistig leicht behindert und wurde seit 1937 auf ärztlichen Rat hin in verschiedenen Pflegeheimen untergebracht. Am 8. Mai 1941 wurde der 19-jährige im Rahmen der sogenannten Aktion T4 in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt und dort, trotz eines Rettungsversuches der Familie, ermordet. Benno von Heynitz eignete sich als Jugendlicher in der Zeit des Nationalsozialismus eine politische Bildung im Sinne der Menschenrechte und der Demokratie an. Er hörte, was streng verboten war, ausländische Radiosender, sammelte und reichte Informationsschriften (Kettenbriefe mit regimefeindlichem Inhalt) vertraulich weiter. Um dem Reichsarbeitsdienst zu umgehen, meldete er sich im September 1942 freiwillig zur Wehrmacht, die ihm zu diesem Zeitpunkt weniger nationalsozialistisch erscheint. In der Ukraine erlitt er eine schwere Verwundung, auf die ein längerer Lazarettaufenthalt von September 1943 bis März 1944 in Berlin folgte. Als Lungenverletzter konnte er sich zu Genesungszwecken oft allein im Grunewald aufhalten, wo er Flugblätter, abgeworfen von der alliierten Luftwaffe, aufsammelte. Den Inhalt nutzte er nicht nur zur eigenen Information, sondern zur politischen Argumentation und Agitation gegen das NS-Regime. Nach seiner Heilung wurde von Heynitz als Soldat bei Ersatztruppen in Österreich und Ungarn eingesetzt.

1945–1956

Unmittelbar nach Kriegsende kehrte Benno von Heynitz im Mai 1945 nach Weicha bei Bautzen zurück und konnte nach einem achtmonatigen Junglehrer-Lehrgang am 1. September 1946 im Kreis Bautzen als Lehrer tätig werden. Den Lehrgang hatte er besuchen können, da bekannt war, wie sehr seine Familie unter dem NS-Regime gelitten hatte. 1945 hatte er sich der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands angeschlossen, um sich für den demokratischen Wiederaufbau zu engagieren. Er kritisierte die Verletzung von Menschenrechten und die Ausschaltung der SPD in der Sowjetischen Besatzungszone, bzw. der Zwangsvereinigung von SPD und KPD, und beteiligte sich am Aufbau eines Widerstandsnetzes. 1947 wurde er von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Haft verurteilt. Für sein freiheitliches Engagement büßte er zehn Jahre als politischer Häftling in den Lagern und Gefängnissen der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR, unter anderem im Gelben Elend in Bautzen. Hier gab es in den Jahren 1945 bis 1950 das Sonderlager mit dem härtesten Strafvollzug in der Sowjetischen Besatzungszone. Nach Bautzen kamen diejenigen, die zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden waren. Die zu 10 Jahren Verurteilten lieferte man in Sachsenhausen ein. Während es in Sachsenhausen einen Lagerbetrieb gab, herrschte in Bautzen Käfighaltung. Die Häftlinge wurden zu viert in die Ein-Mann-Zelle zusammengepfercht, in einen Saal kamen 400 Mann. 1956 konnte Benno von Heynitz als Heimkehrer in die BRD ausreisen. Seine Mutter lebte bereits seit 1954 in Marburg.

1956–2010

Benno von Heynitz besuchte zunächst ein Seminar für Spätestheimkehrer in Göttingen, das er im März 1957 mit dem Abitur beendete. Nach einem Jura-Studium in Göttingen, Heidelberg, Bonn und Marburg, das er 1963 mit der ersten Staatsprüfung abschloss, folgte der juristische Vorbereitungsdienst als Gerichtsreferendar. 1961 heiratete Benno von Heynitz. Aus der Ehe gingen 1963 ein Sohn und 1965 eine Tochter hervor. Nach der zweiten Staatsprüfung folgte die Ernennung zum Assessor im April 1967. Benno von Heynitz wurde Beamter in der Vertretung des Landes Hessen beim Bund. In Bonn arbeitete er bis zu seiner Pensionierung Ende 1986 als Ministerialbeamter und war als juristischer Fachbeamter an der Gesetzgebung des Bundes beteiligt. Benno von Heynitz war bis zu seinem Tode Mitglied der SPD, hatte aber nie ein Mandat angestrebt, „um niemandem nach dem Mund reden zu müssen“, wie er einmal sagte. Pensioniert lebte er im Weilburger Stadtteil Odersbach, wo er am 29. Oktober 2010 im Alter von nahezu 86 Jahren starb.

Eingangsbereich der Gedenkstätte Bautzen

Bautzen-Komitee und Gedenkstätte

1990 begründete Benno von Heynitz das Bautzen-Komitee, das sich für die Rechte und Interessen der politischen Haftopfer und für die Aufarbeitung des Unrechts einsetzt. Er erhielt die Mitgliedsnummer 001. Als langjähriger Vorsitzender des Komitees wirkte von Heynitz bei der Suche nach Massengräbern der politisch Inhaftierten auf dem Bautzener Karnickelberg mit. Auch die Anlage einer würdigen Gräberstätte, der Gedenkkapelle und die Errichtung der Gedenkstätte Bautzen trieb er voran.

Anerkennungen

Erst 1996 wurde er vom Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation vollständig rehabilitiert. Für seine hervorragenden Verdienste um Demokratie und Menschenrechte verliehen ihm das Land Hessen 2007 die Wilhelm-Leuschner-Medaille und Bundespräsident Horst Köhler 2009 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Bis zu seinem Tode war Benno von Heynitz Ehrenvorsitzender des Bautzen-Komitees e. V., für das er sich bis zuletzt engagierte.

Einzelnachweise

  1. Angela Verse-Herrmann, Die "Arisierungen" in der Land- und Forstwirtschaft 1938-1942, Franz Steiner Verlag Stuttgart 1997, besonders S. 76-78 (Digitalisat)

Literatur

Weblinks


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