Calcar avis

Calcar avis
Unterteilung des Großhirns in Hirnlappen (Lobi), Seitenansicht.

Der Occipitallappen (Lobus occipitalis, eingedeutschte Schreibweise Okzipitallappen, „Hinterhauptslappen“) ist der hinterste Anteil des Großhirns und der kleinste der vier Hirnlappen.

Inhaltsverzeichnis

Anatomie

Der Occipitallappen grenzt nach vorn an den Scheitellappen (Lobus parietalis), von dem er durch den Sulcus parietooccipitalis getrennt ist, sowie den Schläfenlappen (Lobus temporalis). Er grenzt nach unten an das Tentorium cerebelli, welches das Großhirn vom Kleinhirn trennt.

Der Occipitallappen wird unterteilt durch den Sulcus calcarinus, oberhalb dessen der Cuneus liegt und unterhalb der Gyrus lingualis. Der Occipitallappen enthält das primäre und das sekundäre Sehzentrum (visueller Cortex).

Funktionen

Area striata

Primäres Sehzentrum

An der medialen Seite des Occipitallappens befindet sich der sogenannte Sulcus calcarinus, der sich als Calcar avis in das Hinterhorn (Cornu posterius) des ersten und zweiten Hirnventrikels einsenkt. Dieser beherbergt das primäre Sehzentrum (auch Brodmann-Areal 17 genannt). Dieser Bereich besitzt einen für den Neocortex typischen sechsschichtigen Aufbau. Zusätzlich findet sich in der inneren Körnerschicht ein zusätzliches tangentiales Nervenfaser-Band, der Gennari- bzw. Vicq d'Azyr-Streifen. Dieser ist makroskopisch erkennbar und gab diesem Areal auch den Namen Area striata („gestreiftes Gebiet“).

In jedem Occipitallappen ist die kontralaterale (gegenüberliegende) Gesichtsfeldhälfte repräsentiert. Die Fovea centralis, also die Stelle des schärfsten Sehens, ist in beiden Hirnseiten repräsentiert und nimmt entsprechend ihrer Wichtigkeit gegenüber den anderen Bereichen der Netzhaut (Retina) einen relativ großen Bereich der Sehrinde ein. Jedem Punkt der Retina ist ein bestimmter Bereich der Sehrinde zugeordnet. Die Informationsverarbeitung erfolgt in kortikalen Säulen, also in übereinander gelagerten Zellverbänden. Es finden sich hier auch Zellverbände, die auf bestimmte Muster (z. B. Linien bestimmter Orientierung) ansprechen und diese Information quasi aus dem Gesamteindruck herausfiltern (sogenannte Eigenschaftsextraktion).

Die Informationen aus der Netzhaut gelangen über die Sehbahn zum Occipitallappen. Innerhalb des Gehirns verlaufen die Nervenfasern aus dem Corpus geniculatum laterale als Radiatio optica (dt. „Sehstrahlung“, auch Gratiolet-Sehstrahlung) an der Seitenwand der beiden Seitenventrikel zur primären Sehrinde.

Sekundäres Sehzentrum

Das sekundäre Sehzentrum gehört zu den Assoziationszentren des Gehirns. Hier werden die verarbeiteten Muster aus der primären Sehrinde bekannten Sinneseindrücken gegenübergestellt und damit quasi erkannt. Hier laufen auch Informationen aus anderen Hirnregionen zusammen, die mit der weiteren Informationsverarbeitung zu tun haben. Dieses Gebiet wird auch Area parastriata genannt, da es der Area striata benachbart liegt (auch Brodmann-Areale 18 und 19). Von hier laufen Informationen an die übergeordneten Assoziationszentren (tertiäre Zentren).

Blutversorgung des Occipitallappens

Der Occipitallappen wird überwiegend aus der Arteria cerebri posterior versorgt.

Pathologie

Ausfälle der Sehbahn können sich in allen beteiligten Strukturen ergeben, z. B. durch Blutungen, Infarkte, Traumata. Daraus können folgende Störungen resultieren:

  • primäres Sehzentrum:
    • Einseitige Schädigungen in diesem Bereich führen zu kontralateralen Gesichtsfeldausfällen.
    • Zerstörung beider primären Sehzentren (liegen anatomisch dicht beieinander und sind nur durch den Interhemisphärenspalt getrennt) führt zur Rindenblindheit. Die typischen Reflexe des Auges bleiben dabei erhalten. Die Informationen des Auges laufen quasi nur ins Leere.
  • sekundäres Sehzentrum:
    • Störungen in diesem Bereich betreffen das Erkennen und Verknüpfen des Gesehenen (optische Agnosie oder auch Seelenblindheit). Dinge werden dabei zwar wahrgenommen, können aber nicht benannt werden. Darunter fallen auch die Lesestörungen (Dyslexien) bzw. das Unvermögen zu Lesen (Alexie).

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • calcar avis — hipocampo menor, también llamado espolón de Morand Diccionario ilustrado de Términos Médicos.. Alvaro Galiano. 2010. calcar avis Proyección de la pared interna del asta posterior …   Diccionario médico

  • calcar avis — ā vəs, ä n, pl calcaria avi·um vē əm a curved ridge on the medial wall of the posterior horn of each lateral ventricle of the brain opposite the calcarine sulcus * * * [TA] calcarine spur: an eminence on the medial wall of the occipital horn of… …   Medical dictionary

  • Calcar avis — Pour les articles homonymes, voir Calcar. vue latérale la corne postérieure du ventricule latéral gauche Le terme latin calcar avis (en français littéraleme …   Wikipédia en Français

  • Calcar avis — Infobox Brain Name = PAGENAME Latin = GraySubject = 189 GrayPage = 831 Caption = Posterior and inferior cornua of left lateral ventricle exposed from the side. Caption2 = Coronal section through posterior cornua of lateral ventricle. IsPartOf =… …   Wikipedia

  • Calcar avis — Cạlcar a̱vis [lat. calcar = Sporn u. lat. avis = Vogel] s; , ...ca̱ria avis: „Vogelsporn“, Wulst an der medialen Wand des Hinterhorns des Seitenventrikels im Gehirn (Anat.) …   Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke

  • calcar avis — …   Useful english dictionary

  • Avis — may refer to:Acronyms* Associazione Volontari Italiani Sangue , or AVIS , the major Italian blood donation organisation *Andover Village Improvement Society, the oldest conservation society in the eastern United StatesBusiness*Auster Avis, a four …   Wikipedia

  • Calcar — Cal car, n.; L. pl. {Calcaria}. [L., a spur, as worn on the heel, also the spur of a cock, fr. calx, calcis, the heel.] 1. (Bot.) A hollow tube or spur at the base of a petal or corolla. [1913 Webster] 2. (Zo[ o]l.) A slender bony process from… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • Calcar [1] — Calcar (lat.), 1) Sporn, s.d.; 2) Calcar avis (Anat., Vogelklaue), der kleinere Seepferdfuß (Pes hippocampi minor), 3 Wülste in dem hintern Horn der Seitenventrikel des Gehirns, s.d.; 3) (Bot.), der Sporn, ein gewöhnlich hohler, walziger,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • avis — see CALCAR AVIS …   Medical dictionary

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”