Bäckerhandwerk

Bäckerhandwerk

Das Bäckerhandwerk ist eines der ältesten gewerblichen Handwerkstätigkeiten der Geschichte von kultivierten Nahrungsmitteln.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Brot ist eines der ältesten vom Menschen kultivierten Nahrungsmittel. Archäologische Funde belegen, dass in Nordafrika bereits vor etwa achttausend Jahren Getreide wie Hirse und Sorghum angebaut und verarbeitet wurde. Vermutlich gab es damals nur ungesäuertes Fladenbrot, das auf heißen Steinen geröstet wurde. Die alten Ägypter (2650-2000 v. Chr.) kannten bereits die Funktionsweise von Sauerteig und stellten mindestens 16 verschiedene Sorten Brot her. Reiche Haushalte beschäftigten Diener, deren Hauptaufgabe es war, Mehl zu mahlen und Brot zu backen. Hohe Beamte besaßen sogar eigene Bäckereibetriebe, in denen unter anderem die Verpflegung für Tempelbedienstete sowie Schau- und Opferbrote gebacken wurde.

In den Regionen, die heute zu Deutschland gehören, ist der Beruf des Bäckers mindestens seit der Zeit Karl des Großen (768-814) bekannt. Damals arbeiteten überwiegend Leibeigene an Fronöfen oder Klosterknechte an Klosteröfen. Durch das Wachstum der Städte bildet sich im 10. Jahrhundert der Bäckerberuf als „freier“ Berufsstand heraus. Verwendet wurde die Berufsbezeichnung „Beck“ (kurz für becker) oder „Pfister“ (vom lateinischen „pistor“). Anfangs verfügten die wenigsten Bäcker über einen eigenen Ofen. Ihre Waren buken sie daher in den stadteigenen Öfen, in denen sich die Bäcker abwechseln mussten.

Für die breite Bevölkerung spielte Brot als Grundnahrungsmittel erst seit dem späten Mittelalter eine Rolle, da Brot bis dahin zu teuer war. Statt dessen aß ein Großteil der Bevölkerung Brei. Etwa ab dem 12. Jahrhundert organisierten sich die Bäcker in Zünften, die ihre Interessen gegenüber der Politik vertraten und den Wettbewerb untereinander regelten. Zünfte beschafften für ihre Mitglieder unter anderem Arbeitsmaterial und Rohstoffe, legten Ausbildungsnormen fest, überprüften die Güte der Waren, legten Preise, Löhne und Arbeitszeiten fest und kümmerten sich auch um die Alters- und Krankenversicherung von Mitgliedern. Bäcker, die sich nicht an die Zunftordnung hielten, wurden empfindlich bestraft und erhielten schlimmstenfalls Berufsverbot. Mit zunehmender Verbreitung des Bäckerberufes begann eine Spezialisierung, die sich wiederum in neuen Zünften organisierte. So unterschied man zwischen dem Schwarzbäcker, der Roggen- und halbweiße Brote herstellt und dem Weißbäcker, der alle Sorten von Hefe- und Milchbrotwaren sowie Kuchen anfertigt. In Süddeutschland bildete sich die Zunft der „Lebküchner und Pfefferküchler“, während sich in den Hansestädten beispielsweise die Bäcker von Schiffszwieback als „Hartbäcker“ organisierten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren die Zünfte ihre Macht und wurden aufgelöst. Es herrschte Gewerbefreiheit, so dass jeder seinen Beruf frei wählen konnte. Die Produktionsmethoden der Bäcker waren über die Jahrhunderte hinweg einfach geblieben. Kräfteraubendes Handwerk bestimmte den Arbeitsalltag. Bedeutende Arbeitserleichterungen durch Maschinen erfolgten in Deutschland erst nach dem zweiten Weltkrieg. Handwerkliches Können ist nach wie vor Grundlage für das erfolgreiche Betreiben einer Handwerks-Bäckerei, doch durch den Einsatz von Maschinen ist der Beruf auch für Frauen attraktiv. Ein Viertel aller Bäckerlehrlinge sind heute weiblich.

Organe und Verbände

Während die Herstellung von Backwaren in vielen Ländern vorwiegend industriell erfolgt, gibt es im deutschsprachigen Raum ein organisiertes Bäckerhandwerk. Dachorganisation ist der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks mit Sitz in Berlin. Gemeinsam mit rund 390 Bäckerinnungen und 16 Landesinnungsverbänden vertritt der Zentralverband die Interessen des Deutschen Bäckerhandwerks. Diese 3-stufige Verbandsorganisation (Innung, Landesverband, Bundesverband) entspricht der üblichen Organisationsform aller Handwerksberufe.

Die Mitglieder des Zentralverbandes sind die Landesinnungsverbände oder deren gleichgestellte Innungen. Die Organe des Zentralverbandes sind: 1. Die Mitgliederversammlung, 2. Der Vorstand und 3. Das Präsidium. Die Mitgliedschaft im Vorstand, im Präsidium und in den Ausschüssen ist ein Ehrenamt.

Alle Landesinnungsverbände und der Zentralverband betreiben gemeinsam die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim (Bundesfachschule), die als gemeinnützige Organisation im Verbund mit den Fachschulen der Landesinnungsverbände die Ausbildung begleitet und fachliche Fortentwicklung der Backbranche fördert.

Marktsituation

Das Bäckerhandwerk zählt mit einem jährlichen Gesamtumsatz von rund 13 Milliarden Euro und 287.800 Beschäftigten zur Spitzengruppe der deutschen Handwerksberufe. Im Jahr 2008 konnten die Betriebe zum vierten Mal in Folge wieder eine Zunahme der Beschäftigtenzahlen bei steigendem Umsatz verbuchen. Das wirkt sich auch auf die Investitionsgüterbranche positiv aus. Jährlich investieren Deutschlands Bäcker rund 500 Millionen Euro in neue Maschinen, Fuhrpark, EDV und Ladeneinrichtungen.

Derzeit befinden sich ca. 37.000 junge Menschen in der Ausbildung zum/zur Bäcker/in und zum/zur Bäckereifachverkäufer/in. Insgesamt befinden sind 13 % der Beschäftigten im Bäckerhandwerk in der Ausbildung. Der Anteil der weiblichen Bäcker-Auszubildenden stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an. Aktuell befinden sich mehr als 2800 junge Frauen in der Ausbildung zur Bäckerin.

Der Konsum von Brot und Gebäck ist seit vielen Jahren konstant. Allein der Inner-Haus-Verzehr von Brot belief sich im Jahr 2007 auf ca. 47 kg pro Haushalt. Darüber hinaus gewinnt der Außer-Haus-Verzehr von Backwaren zunehmend an Bedeutung. Gefragt sind hier kleine Snacks für die schnelle Mahlzeit zwischendurch. Mit kleinen Brotmahlzeiten mit regional und saisonalem Belag hat das Bäckerhandwerk für jeden das Passende. Mehr dazu kann in der Rubrik Trends/Außer- Haus-Verzehr nachgelesen werden.

Trotz stabiler Nachfrage verzeichnet die Branche einen anhaltenden Konzentrationsprozess: seit den 1950er Jahren ist die Anzahl der Bäckereibetriebe von ca. 55.000 (im alten Bundesgebiet) auf rund 16.000 Betriebe in ganz Deutschland zurückgegangen. Damit einher geht ein nachhaltiger Strukturwandel, bedingt durch den Einsatz moderner Technologien in Produktion und Verkauf sowie durch veränderte Verzehrs- und Konsumgewohnheiten der Verbraucher.

Handwerksbäckereien waren früher überwiegend Familienbetriebe, mit direkt der Backstube angeschlossenem Verkaufsgeschäft. Heute betreiben immer mehr Bäckereien eine zentrale Produktionsstätte, mit lokalen oder regionalen Filialnetzen. Vielfach werden dabei Filialen von Kollegen übernommen, die in den Ruhestand gehen. Der größere Umsatz je Betrieb begünstigt die Einführung neuer Technologien: Mehlsiloanlagen, Teigstraßen, EDV-gesteuerte Vertriebssysteme, Öfen und Kühlanlagen sind in Handwerksbetrieben heute keine Seltenheit mehr. Sie ermöglichen eine effiziente, flexible Produktion und gleichzeitig die Herstellung einer größeren Produktvielfalt. So können z. B. die selbst hergestellten Teiglinge über Nacht gekühlt gelagert und am nächsten Tag in der Backstube oder im Verkaufsraum gebacken werden. Neben Produktvielfalt, Frische und Backwarenqualität unterscheidet der individuelle Kundenservice im Verkauf das deutsche Bäckerhandwerk von industriellen Anbietern.

Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) fordert dem Bäckerhandwerk eine fortwährende Neuorientierung in seinen Vertriebsstrukturen ab. So findet sich heute in vielen Supermärkten eine Verkaufsfiliale eines Handwerksbäckers. LEH-eigene Pre-Bake-Stationen und die Discountbäckereien haben zu einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbes geführt. Aufgrund der niedrigen Bezugspreise tiefgekühlter Teiglinge, des schmalen Sortimentes, der einfachen Ausstattung und des Selbstbedienungskonzeptes können beide Vertriebsschienen Backwaren zu Discountpreisen anbieten. Das Bäckerhandwerk reagiert darauf mit der Bedienung neuer Trends wie z. B. Frontbaking oder Bäcker-Gastronomie und das Geschäft mit Kaffee.

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