Verordnung EG Nr. 1924/2006 (Health Claims)

Verordnung EG Nr. 1924/2006 (Health Claims)

Mit Health-Claims-Verordnung (zu deutsch etwa "Gesundheitsbehauptungen-Verordnung") wird die Verordnung EG Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Es handelt sich hier um eine Verordnung, nicht um eine Richtlinie, d. h. die Regelung tritt unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Kraft und muss nicht erst durch die nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Sie wurde am 30. Dezember 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, allerdings zunächst in einer falschen Fassung. Dies wurde am 18. Januar 2007 durch die Veröffentlichung einer berichtigten Version korrigiert (Abl. L12, S. 3ff.). Sie gilt seit dem 1. Juli 2007.

Die unterschiedlichen nationalstaatlichen Regelungen und auch die zum Teil unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen deutschen Bundesländern werden dadurch vereinheitlicht und gelten nicht weiter.

Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben unterliegen jetzt detaillierten Anforderungen, die zum Teil schon abschließend geregelt, überwiegend, wie z. B. auch die Nährwertprofile, jedoch erst von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegt werden müssen.

Es ist davon auszugehen, dass bei vielen Lebensmitteln und bei den meisten Nahrungsergänzungsmitteln, die sich in der Europäischen Union im Verkehr befinden, Änderungen notwendig werden.

Zielsetzung der Verordnung

Zielsetzung der Health-Claims-Verordnung ist der am europäischen Verbraucherleitbild, mit der Berücksichtigung unterschiedlicher sprachlicher, kultureller und sozialer sowie ernährungsspezifischer Eigenheiten, orientierte Verbraucherschutz, der Verbraucher europaweit vor irreführenden, wissenschaftlich nicht belegten Angaben zu besonderen gesundheitsfördernden und krankheitsverhindernden Eigenschaften von Lebensmitteln schützen soll und somit binnenmarktorientierte, einheitliche Regelungen für den Verkehr von Lebensmittel auf diesem Sektor schaffen soll. Darüber hinaus soll mit diesem Ansatz die Innovationskraft der Unternehmen der Lebensmittelindustrie im Hinblick auf die Entwicklung von wirklich "gesunden Lebensmitteln" und die Vermeidung eines massenhaften Inverkehrbringens von "ungesunden Lebensmitteln" gestärkt werden.

Grundlage der Verordnung

Werbeaussagen für Lebensmittel sind nur betroffen, wenn sie nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben enthalten. Nährwert- und gesundheitsbezogene Aussagen über Lebensmittel müssen wahr und belegbar sein.

Erweiterung der bisherigen Rechtslage

In Zukunft dürfen auch sogenannte Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos (engl. „Risk Reduction Claims“) verwendet werden, sofern sie in eine Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben aufgenommen wurden. Diese Liste wird innerhalb von drei Jahren (spätestens am 31. Januar 2010) von der Europäischen Kommission verabschiedet. In der Bundesrepublik Deutschland sind bisher krankheitsbezogene Angaben gemäß §12 LFGB im Verkehr mit Lebensmitteln generell verboten.

Wesentlicher Inhalt der Verordnung

Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in der Werbung und Kennzeichnung von Lebensmitteln, einschließlich Nahrungsergänzungsmittel, sind nur noch zulässig, wenn sie durch die „Health-Claims-Verordnung“ ausdrücklich zugelassen sind und den von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch zu entwickelnden Nährwertprofilen entsprechen.

Ist eine Angabe (z. B. Werbeaussage) nicht zugelassen, darf sie nicht verwendet werden. Es gilt ein Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt: „Was nicht erlaubt ist, ist verboten.“

Es gilt zudem ein strenger Wissenschaftsvorbehalt: Zulässig ist nur, was durch anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse nachgewiesen ist.

Begriffsbestimmungen

Angaben

sind freiwillig gemachte Aussagen einschließlich Bilder, graphische Darstellungen und Symbole, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt.

In Zukunft unterliegen somit nicht nur Werbeaussagen, sondern auch Markennamen, Produktbezeichnungen, Bilder und graphische Darstellungen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen.

Nährwertbezogene Angaben

wie z. B. „zuckerfrei“, „fettreduziert“ oder „reich an Vitamin C“ werden durch die Verordnung schon jetzt eindeutig geregelt und sind nur noch zulässig, wenn die den rechtlichen Anforderungen der Verordnung entsprechen.

Gesundheitsbezogene Angaben

wie z. B. „stärkt die Abwehrkräfte“, „cholesterinsenkend“ oder „unterstützt die Gelenkfunktionen“ sind nur zulässig, wenn sie als „Claim“ in einer Liste (Gemeinschaftsregister) aufgeführt und damit für ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat zugelassen sind.

Zunächst werden nationale Claim-Listen erstellt, diese dann zu einer europäischen Gemeinschaftsliste zusammengefasst und diese wird schließlich in das Gemeinschaftsregister eingehen. Dafür zuständig ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos

wie z. B. „schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ unterliegen Sondervorschriften und müssen ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Die Antragsteller können hierbei Schutzrechte für die Vermarktung Ihrer Produkte erhalten.

Übergangsfristen

Es gelten vielfältige Übergangsregelungen für „Altprodukte“, die es Herstellern und Händlern erleichtern sollen, sich auf diese Verordnung einzustellen. Sachverständige führen Produktprüfungen durch und erstellen individuelle Prüfbescheinigungen, aus denen die noch mögliche Abverkaufszeit ersichtlich ist.

Ausnahmen

Von der Richtlinie ausgenommen bleiben vorerst traditionelle Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Eier, Milch und Brot. Hintergrund hierfür ist unter anderem der Widerstand, den die Bäcker in Deutschland gegen die Richtlinie geleistet hatten. Der Grund für diesen war, dass der durchschnittliche Salzgehalt im deutschen Brot höher ist als der von der EU veranschlagte Richtwert, über dem ein Produkt nicht mehr als gesund beworben werden darf. Der vorgeschlagene Richtwert liegt bei 1,2 bis 1,3g Salz pro 100g Mehlanteil. Demgegenüber enthält deutsches Brot im Durchschnitt 1,8 bis 2,2g. Bei konsequenter Anwendung der Richtlinie auf alle Lebensmittel dürfte deutsches Brot daher nicht mehr als gesund beworben werden.[1] 2010 teilte ein Kommissionssprecher jedoch mit, dass die Kennzeichnungspflicht vor allem großindustriell hergestellte Produkte betrifft und traditionelle Lebensmittel wie Brot davon ausgenommen seien.[2]

Einzelnachweise

  1. Faktencheck: Verbietet die EU das Salz im Brot? Presseportal Europa vor Ort, 10. Mai 2011.
  2. Brot und Salz.Berliner Zeitung 23. März 2010.

Literatur

  • Christina Rempe: Verbraucherschutz durch die Health-Claims-Verordnung, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2009, ISBN 978-3-8329-4284-7

Weblinks

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