Deutsch-Holländischer Actien-Bauverein

Deutsch-Holländischer Actien-Bauverein

Der Deutsch-Holländische Actien-Bauverein war eine Bau- und sogenannte Terraingesellschaft, die in Berlin im südlichen Teil des damaligen Bezirks Prenzlauer Berg zwischen Schönhauser und Prenzlauer Allee in den 1870er Jahren einerseits Ackerland zu Bauland umwandelte, andererseits eine größere Zahl von Mietshäusern in einem rationalisierten Prozess baute und dabei als erste Gesellschaft eine Art industrielle Produktion im Häuserbau anwandte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Der Actien-Bauverein wurde in der Phase des Gründerzeitbooms, als Berlin als Hauptstadt des neu gegründeten deutschen Reiches stimuliert durch Reparationsgelder aus dem gewonnenen Deutsch-Französischem Krieg ein stürmisches Wachstum erlebte, 1872 vom Rittergutsbesitzer Klau, Wertheim & Gompertz aus Amsterdam sowie 7 weiteren Personen gegründet. Mit dem über Aktien eingesammelten Kapital wurde das Gelände (Schwerpunkt das Gebiet um den heutigen Kollwitzplatz) aufgekauft, das anschließend bebaut werden sollte. Verkäufer war der Miteigentümer Rittergutsbesitzer Klau. Da mit diesem Ankauf das ursprüngliche Kapital schon weitgehend aufgebraucht worden war, kam es Otto Glagau, dem Chronisten der Berliner Bauspekulation, zufolge schon auf der ersten Hauptversammlung der Aktiengesellschaft zu turbulenten Auseinandersetzungen. Nach den Berichten von Glagau in der Gartenlaube sollen die Gründer durch die anfänglichen Geschäfte allein mehr als 3 ½ Millionen Taler verdient haben.[1]

Bautätigkeit

Während die Terraingesellschaften in der Regel allein das Gelände aufkauften, für den Bau in Zusammenarbeit mit der städtischen Aufsichts- und Planungsbehörde vorbereiteten, um es schließlich an einzelne Bauunternehmer und Bauherren zu verkaufen, so ging der Deutsch-Holländische Actien-Bauverein einen Schritt weiter. Er baute selbst und zwar in einer bis dahin in Berlin unbekannten durchrationalisierten Produktionsweise. So wurde auf dem Gelände zwischen Dunckerstraße und Prenzlauer Alle ein großes Fabrikgebäude, "die Spinne", errichtet, in dem alle Holz- und Eisenelemente für die Bauten vorgefertigt wurden (z.B. Parkettelemente). Auf dem Gelände des heutigen Helmholtzplatzes wurde eine eigene Ziegelei erbaut, die den vor Ort gewonnenen, aber mit auswärtigem Ton besserer Qualität verschnittenen Lehm verarbeitete. Nach Angaben einer zeitgenössischen Architektenexkursion soll die Kapazität der Ziegelei bei 60- bis 80.000 Ziegel pro Tag gelegen haben.

Durch das Zusammenfassen aller Gewerke in einem Produktionsprozess war der Deutsch-Holländische Actien-Bauverein der erste Versuch, den Häuserbau zu industrialisieren.

Die zwischen 1873 und 1876 in Angriff genommenen Bauprojekte umfassten das Gebiet der mittleren und nördlichen Weißenburger Straße (heute: Kollwitzstraße), Treskowstraße, Franseckystraße (Sredzkistraße) und Hochmeisterstraße (Husemannstraße). Um die Parzellen auf den Flächen des Actien-Bauvereins günstiger zu gestalten, wurde der ursprüngliche Bebauungsplan auf Intervention des Vereins abgeändert. Auf diese Weise entstand der Wörther Platz (heute: Kollwitzplatz). Über die genaue Zahl der fertig gestellten Häuser liegen z.Z. keine eindeutigen Angaben vor. Gesichert ist, dass rund um den heutigen Kollwitzplatz 34 Häuser fertig gebaut werden konnten. Der Wörther Platz selbst war nach dem Zusammenbruch der Gesellschaft 10 Jahre lang bis ca. 1885 „eine Sandwüste mit einer Oase von elenden Bäumen in der Mitte.“ (Berliner Heimatforscher Otto Behrendt und Karl Malbranc)

Zusammenbruch

Nachdem schon 1873 parallel zum Beginn der ersten Bautätigkeiten ein großer Börsenkrach die europäische Wirtschaft erschütterte, konnte die Gesellschaft zwar noch bis 1875 ihre Tätigkeit aufrechterhalten, musste dann aber 1875 im "großen Krach" (Behrendt/Malbranc) wie etliche andere Bauvereine Konkurs anmelden. Viele Menschen, die den Bauvereinen Geld für Aktien gegeben hatte, verloren dieses.

Quellen

Dieser Artikel basiert mit Ausnahme der mit Einzelnachweisen gekennzeichneten Passagen auf der Darstellung in: J. F. Geist, K. Kürvers: Das Berliner Mietshaus 1862–1945. München 1984, S. 318–321.

Einzelnachweise

  1. Otto Glagau, Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin: 7. Berliner Baugeschichten, in: Die Gartenlaube, Leipzig 1875, Zitiert nach Wikisource.

Weblinks


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