Die Nacht von Lissabon

Die Nacht von Lissabon

Die Nacht von Lissabon ist ein Roman von Erich Maria Remarque, der ein deutsches Emigrantenschicksal während der Zeit des Nationalsozialismus und des 2. Weltkriegs in Frankreich und Portugal schildert. Die Nacht von Lissabon erschien 1962 und war Remarques vorletzter Roman.

Inhalt

Der Erzähler ist ein deutscher Emigrant, der im Jahr 1942 am Hafen von Lissabon entlangschlendert und ein Schiff betrachtet, das am nächsten Tag nach den USA ablegen wird. Soeben hat er sein letztes Geld im Kasino verspielt, in der Hoffnung, eine Schiffspassage für sich und seine Frau Ruth nach den USA zu erstehen, obwohl beide keine Visa haben. Der Erzähler trifft am Hafen einen zweiten Emigranten, der sich ihm als Josef Schwarz vorstellt und ihm anbietet, ihm zwei Pässe mit Visa für die USA sowie zwei Schiffsfahrkarten zu überlassen, sofern der Erzähler ihm, Schwarz, diese eine Nacht Gehör schenke, so dass er ihm seine Lebensgeschichte erzählen könne. Der Erzähler willigt ein und er und Schwarz ziehen in dieser Nacht von einer Lissaboner Bar zur nächsten, durch Bordelle und Cafés, während Schwarz ununterbrochen die letzten Jahre seines Lebens Revue passieren lässt.

Schwarz ist nicht sein richtiger Name, sondern der eines verstorbenen Emigranten, eines Österreichers, der im Paris der späten 1930er Jahre mit Gemälden gehandelt hatte und dem Emigranten Josef, dessen wahren Namen wir nicht erfahren, kurz vor seinem Tod seinen Pass und ein paar wertvolle Zeichnungen hinterlässt. Josef nimmt Pass und Identität des Verstorbenen an und heißt von nun an Josef Schwarz.

Er reist nach Deutschland zurück, sucht in Osnabrück seine Frau Helen auf, die er 1933 verlassen hat, die ihn immer noch liebt und dieses Mal mit ihm gemeinsam Deutschland verlassen will. Schwarz' Gegenspieler ist der Gestapobeamte Georg Jürgens, Helens Bruder.

Josef und Helen fliehen in die Schweiz, weiter nach Frankreich und verleben eine glückliche Zeit, bis der Krieg beginnt und sie als Staatsangehörige einer feindlichen Macht in getrennten Lagern interniert werden. Josef kommt in das Internierungslager Le Vernet, flieht, findet seine Frau wieder und entkommt mit ihr über Umwege nach Marseille, wo sich eine große Zahl von Flüchtlingen aufhält und wo die glückliche Bekanntschaft mit einem reichen Amerikaner dem Paar die Option auf ein US-Visum verschafft.

Doch Josef Schwarz wird vor dem US-Konsulat in Marseille von der Gestapo verhaftet und von seinem Schwager Georg gefoltert, bis er diesem vorgaukelt, er werde ihn zu Helen führen. Auf dem Weg zur Unterkunft des Paares gelingt es Josef, Georg zu töten. Der Pass des Gestapobeamten verschafft ihm eine machtvolle Identität, die ihm letztlich die Erlangung spanischer und portugiesischer Visa ermöglicht, mit denen Josef und Helen Frankreich verlassen können.

Über der Zukunft der beiden liegt allerdings ein Schatten, denn Helen ist seit langem unheilbar an Krebs erkrankt. Der Leser ahnt es schon lange und Schwarz erfährt es wenige Tage vor der Flucht aus Frankreich. Die beiden erreichen zwar Lissabon; dort erhält Schwarz auch die Visa für sich und Helen, doch am Tag vor der geplanten Abreise nach Amerika nimmt die Todkranke Gift und tötet sich.

Der verzweifelte Schwarz beschließt der Fremdenlegion beizutreten und gegen die Deutschen zu kämpfen. Durch seine Lebensbeichte einem Fremden gegenüber hofft er die Erinnerung an seine geliebte Helen in der Welt zu halten, deren Bild in seinem Gedächtnis bereits zu zerfließen beginnt.

Der Erzähler und seine Frau Ruth gelangen mit den Pässen und Tickets von Josef und Helen sicher in die USA, jedoch lässt Ruth sich bald von ihm scheiden und heiratet ausgerechnet jenen Amerikaner, der einst Josef und Helen in Marseille die Bürgschaft für deren Visa gegeben hatte. Der Erzähler kehrt nach dem Krieg nach Europa zurück, sucht in Osnabrück nach Schwarz, findet ihn aber nicht.

Das Buch enthält einige Schilderungen typischer Emigrantenerfahrungen mit den Konsulaten Südfrankreichs, mit den Kontrollen der Gestapo, aus den Internierungslagern in Vichy-Frankreich, jedoch ist es weniger ein politischer Emigrantenroman, wie etwa Das siebte Kreuz von Anna Seghers, denn ein historischer Liebesroman voller Glaube, Liebe, Hoffnung, Verzweiflung und Rettung.

Literatur

  • Erich M. Remarque: Die Nacht von Lissabon. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1962.



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