digitalSTROM

digitalSTROM

digitalSTROM ist ein Bus-System zur Steuerung und Überwachung elektrischer Verbraucher über das vorhandene Stromnetz. Kernstück ist ein in den jeweiligen Verbraucher eingebauter integrierter Schaltkreis, der direkt an der Netzspannung betrieben wird, ein sogenannter „Hochvolt-Chip“. Die Markteinführung des Systems geschah nach zahlreichen Terminverschiebungen am 28. April 2011.[1] Mittlerweile sind die ersten digitalSTROM-Komponenten in Deutschland und der Schweiz erhältlich und können von geschulten Elektroinstallateuren verbaut werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Technik beruht auf einem von Wilfried Beck und Ludger Hovestadt 2005 zum Patent angemeldeten Übertragungsverfahren.[2] Im Jahre 2007 gründete sich an der ETH Zürich die digitalSTROM Alliance, eine Non-Profit-Organisation, die daran arbeitet, dieses Übertragungsverfahren zu einem weltweiten Standard zu entwickeln. Die von den Erfindern gegründete Firma Aizo AG entwickelt und vermarktet die Systemkomponenten basierend auf diesem Übertragungsverfahren.

Technik

Datenübertragung

digitalSTROM überträgt die Daten über die Stromleitung, ohne weitere Datenleitungen zu benötigen. Mit Stand Anfang 2010 wurde das zugrundeliegende Funktionsprinzip für die Erteilung des Patents bei der Europäischen Patentorganisation (EPA) noch nicht hinreichend beschrieben, wodurch die Darstellung des Übertragungsverfahrens spekulativen Charakter aufweist. [3] Daraus folgt nicht, dass dieses Verfahren nicht funktioniert. Das Verfahren hat schon die VDE-Prüfung bestanden [4]

Der digitalSTROM-Chip in dem Verbraucher hat die Rolle eines Slaves. Die zu übertragenden Informationen – also das Nutzsignal – moduliert dieser auf die Netzleitung auf, indem bei der sinusförmigen Netzspannung angeblich die Wirkleistung des angeschlossenen Verbrauchers für einige Mikrosekunden in der Nähe des Nulldurchgangs erhöht oder vermindert werden soll.

Der Busmaster (der digitalSTROM-Meter, siehe unten) moduliert sein Nutzsignal auf die Netzleitung, indem er eine Art von „Kurzschlüsse“ für wenige Mikrosekunden realisiert. Diese erfolgen angeblich jeweils in der Nähe des Nulldurchgangs der Netzspannung, der genaue Ablauf geht aus den zur Verfügung stehenden öffentlichen Publikationen nicht eindeutig hervor.

Andere Datenübertragungssysteme für die Stromleitung modulieren ein hochfrequentes Signal auf die Netzspannung auf, ähnlich einer Trägerfrequenzanlage.

Buszugriff

Jeder Busteilnehmer verfügt von Werk aus über eine weltweit eindeutige ID (dSID), die ähnlich einer MAC-Adresse eines Ethernetgeräts zu sehen ist. Er bekommt vom Master in einem DHCP-ähnlichen Anmeldeverfahren eine lokal gültige Adresse, mit der er dann kommuniziert.

Architektur

Architektur einer typischen Installation

digitalSTROM verwendet eine Master/Slave Architektur. Das System besteht aus folgenden Komponenten:

dSM digitalSTROM-Meter
Busmaster, im Prinzip ein genauer Strommesser. Ein Busmaster ist für jeden Stromkreis erforderlich. Der Busmaster hat eine Bauform zur Hutschienenmontage in der Elektroverteilung mit der Größe einer Teilungseinheit.
Der Busmaster dSM kommuniziert über das proprietäre digitalSTROM-Protokoll über die der Netzleitung mit den Slaves im Stromkreis und über dS485, eine Modifikation von EIA-485, mit anderen dSM sowie mit dem dSS.
Jeder dSM wird pro Phase in einen Stromkreis eingebaut und kommuniziert nur mit den Slaves, die in dieser Phase angeschlossen sind. L und N werden durchgeschleift.
dSID digitalSTROM-Identification-Device
Slave, jeder dSID enthält eine eindeutige 96 Bit lange Identifikationsnummer nach dem EPC Standard. In jedem Stromkreis können bis zu 1008 Slaves vorhanden sein. Der Slave ist als Hochvolt-Chip ausgelegt, der bei Netzspannung betrieben wird. Er hat eine Baugröße von ca. 6 x 4 mm.
Jeder dSID wird mit nur L und N des Stromkreises verbunden. Wird er mit einem Sensor verbunden, so werden keine weiteren Leitungen angeschlossen. In der Rolle als Aktor verfügt ein entsprechender dSID über einen L und N Ausgang, der ebenfalls durch den Chip geschaltet wird. Des Weiteren verfügt der dSID über einen seriellen Ausgang.
dSS digitalSTROM-Server
Server, der die einzelnen digitalSTROM-Meter vernetzt und die Verbindung zu anderen Applikationen bereitstellt. Der dSS hat eine Bauform zur Hutschienenmontage mit der Größe einer Teilungseinheit. Er kommuniziert über dS485 mit den angeschlossenen dSM(s) sowie über TCP/IP mit anderen Applikationen.
Der digitalSTROM-Server ist für ein funktionsfähiges digitalSTROM System nicht zwingend erforderlich; seine Rolle ist eher die eines Gateways bzw. Webserver für Visualisierungen. Der dSS speichert Zeitreihen (primär Energieverbrauch), welche über Netzwerk oder Speicherkarte abrufbar sind.
Die Software für den dSS ist zweifach lizenziert. Neben einer kommerziellen Variante für die Mitglieder von digitalSTROM gibt es auch eine Open Source, die unter der GPL Lizenz verfügbar ist.[5][6].

Kritik

2008 wurde an Yello Strom ein Big Brother Award[7] vergeben, der primär mit der feinen Auflösung der elektronischen Zählerdaten zu tun hat, aber auch Ängste bezüglich der geplanten digitalSTROM dSID Chips anspricht: Durch die eindeutige Identifizierung seien unnötig genaue Informationen über die angeschlossenen Verbraucher verfügbar.

digitalSTROM legt aus diesem Grund Wert darauf, dass der Kunde die Datenhoheit besitzt und entscheiden kann, welche Daten an den Energieversorger gelangen. Da der digitalSTROM Server auch als Datenspeicher dient, war dies nicht zuletzt auch ein Grund für die Entscheidung, die Software als Open Source zu veröffentlichen und damit mehr Transparenz zu schaffen.

Die Technologie wurde 2006 bis 2008 mit einer Preisankündigung von 1 bis 2 Euro je Chip bei eingeschränkter Bandbreite für jegliche Form von Stromverbrauchern als konkurrenzloses System zur Hausautomatisierung vorgestellt. Aktuelle Preisankündigungen des Unternehmens liegen bei rund 70 Euro je Chip zzgl. einer Vielzahl von Filtern, dsMs und einem dSS. Damit liegt Digitalstrom hinsichtlich der Komponentenpreise im Rahmen herkömmlicher Hausautomatisierung, jedoch bei deutlich eingeschränkter Datenübertragungskapazität.

Die Digitalstrom-Technologie wird von der Aizo AG exklusiv entwickelt und verkauft. Der Schweizer Verein "digitalSTROM Alliance" bezeichnet sich selbst als Non-Profit, seine zentrale Aufgabe besteht aber gerade in der Absatzförderung der Produkte der Aizo AG. Die AG bietet die Digitalstrom-Produkte jedoch weder als OpenSource noch als Non-Profit-Modell an und die handelnden Personen arbeiten gleichzeitig in beiden Organisationen. Insoweit werden die Begriffe Non-Profit und Open-Source irreführend verwendet.

Seit 15. Januar 2010 ist der Quellcode des digitalSTROM Servers über die Entwickler-Seite verfügbar [8].

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pressemittelung: Markteinführung der ersten digitalSTROM-Komponenten
  2. Patent EP1794895: DATA TRANSMISSION METHOD AND DEVICE FOR A/C SYSTEMS. Angemeldet am 29. September 2005, veröffentlicht am 6. April 2006, Anmelder: Wilfried Beck, Erfinder: Ralph Hofmann (Veröffentlichung der Anmeldung als WO2006034866(A1)).
  3. EPA Dokumentliste
  4. VDE-Zertifikat
  5. dSS released as OpenSource
  6. LinuxTag 2009, digitalSTROM: Mit Opensource ins Smart-Home
  7. Big Brother Award 2008, Technik
  8. http://developer.digitalstrom.org/

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