Dynamische Dokumentengenerierung

Dynamische Dokumentengenerierung
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Bundesgerichtshof
Aktenzeichen Xa ZB 20/08
Paragraphen § 1 Abs (3) Nr 3, Abs (4) PatG
§ 1 Abs (1) PatG
Stichworte Technizität
zitierte Entscheidungen BGH Seitenpuffer
BGH Chinesische Schriftzeichen (Beschluss)
BGH Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten
BGH Sprachanalyseeinrichtung
BGH Glasflaschenanalysesystem
BGH Suche fehlerhafter Zeichenketten
BGH Elektronischer Zahlungsverkehr
BGH Rentabilitätsermittlung
BGH Anbieten interaktiver Hilfe
EPA T_0258/03
BGH Dreinahtschlauchfolienbeutel
Bundespatentgericht
Aktenzeichen 17 W (pat) 71/04
Paragraphen § 1 Abs (1) PatG
zitierte Entscheidungen BGH Seitenpuffer
BGH Anbieten interaktiver Hilfe (Beschluss)
BGH Antiblockiersystem (Beschluss)
BGH Logikverifikation (Beschluss)
BGH Rentabilitätsermittlung (Beschluss)
BGH Suche fehlerhafter Zeichenketten (Beschluss)
BPatG Systemansprüche (Beschluss)
DPMA
Aktenzeichen DE 102 32 674.6-53
Paragraphen § 4 PatG


Der Beschluss Dynamische Dokumentengenerierung Xa ZB 20/08 des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. April 2010 bejaht die Patentierbarkeit eines Ablaufs eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung eines Problems eingesetzt wird, das durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (Leitsatz).

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt

Die deutsche Patentanmeldung DE 102 32 674 mit Prioritätstag 29. Mai 2002 betrifft ein Verfahren zur dynamischen Generierung strukturierter Dokumente. Mit dem beanspruchten Verfahren soll es in einer Client-Server-Umgebung ermöglicht werden, Java Serverseiten auch auf einem Rechner umzusetzen, auf dem keine Java Virtual Machine installiert ist, sondern eine angepasste Laufzeitumgebung, die weniger Rechenkapazität oder Speicherplatz benötigt.

Der Prüfer des DPMA wies die Anmeldung am 18. Mai 2004 zurück, mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber

  1. SESHADRI, G.: Understanding JavaServer Pages Model 2 Architecture. In: Java Word. Dezember 1999 (http://www.javaworld.com/javaworld/jw-12-1999/jw-12-ssj-jspmvc.html, abgerufen am 19. Mai 2010).

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde unter Bezug auf den BGH-Beschluss Seitenpuffer mangels technischem Charakter zurückgewiesen, weil keine technischen Modifikationen der zur Ausführung der Lehre verwendeten Mittel erkennbar sind. Auf die weitreichenden Folgen einer grundsätzlichen Anerkennung einer Optimierung der systemnahen Software als technische Erfindung wies das BPatG explizit hin.

Diese Anerkennung als technische Lehre, die als Erfindung grundsätzlich dem Patentschutz zugänglich ist, hat der BGH unter Bezug auf den Beschluss Seitenpuffer gefällt, obwohl der damaligen Seitenpufferanmeldung von 1975 (noch vor Inkrafttreten des EPÜ 1973 im Jahr 1977) das Patentgesetz von 1968 zu Grunde lag, das den Ausschluss von Computerprogrammen nicht kannte.

Bedeutung

Erste Reaktion auf den Beschluss waren sich einig, dass mit diesem Beschluss die Tür für die Patentierung von Software weit aufgestoßen wurde[1]. Florian Müller erklärte dazu: „Wenn Sie Ihren Job als Softwareentwickler korrekt erledigen, kreieren Sie ununterbrochen patentierbare Verfahren“[2]. Der BGH hat mit diesem Beschluss faktisch in Form eines obiter dictums für die Softwarepatentierung durchentschieden, was weltweit seit Jahren höchst umstritten diskutiert wird[3].

Der BGH liegt mit dem Urteil auf der Linie der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts [4]. Deren Rechtsprechung sieht eine geringe Schwelle für das Vorliegen von Technizität vor. Allerdings werden nur technische Merkmale bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit berücksichtigt. Nachdem der BGH in der Sache nicht entschieden hat, ist abzuwarten, ob das Bundespatentgericht die Beschwerde zurückweist und das wie das DPMA mit dem Fehlen erfinderischer Tätigkeit begründet.

erste Kommentierungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Thomas Hoeren: BGH: Tür weit auf für Softwarepatente. 25. Mai 2010 (http://blog.beck.de/2010/05/25/bgh-tuer-weit-auf-fuer-softwarepatente, abgerufen am 28. Mai 2010).
  2. Florian Müller: Bundesgerichtshof setzt Softwarepatenten in Deutschland keine Grenzen. 19. Mai 2010 (http://www.itespresso.de/praxis/2010/05/19/meinung__siemens_setzt_per_bgh_softwarepatente_durch/1, abgerufen am 21. Mai 2010).; German high court declares all software potentially patentable Jahr=2010. (http://fosspatents.blogspot.com/2010/05/german-high-court-declares-all-software.html, abgerufen am 9. Juni 2010).
  3. Dr. Damm & Partner: BGH: Ab sofort ist nahezu jedwede Software patentierbar / Dynamische Dokumentengenerierung. 26. Mai 2010 (http://www.damm-legal.de/bgh-ab-sofort-ist-nahezu-jedwede-software-patentierbar-dynamische-dokumentengenerierung, abgerufen am 28. Mai 2010).
  4. (http://documents.epo.org/projects/babylon/eponet.nsf/0/DC6171F182D8B65AC125772100426656/$File/G3_08_opinion_en.pdf).

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