Carl-Richard Lepsius

Carl-Richard Lepsius
Karl Richard Lepsius (1810-1884)

Karl Richard Lepsius (* 23. Dezember 1810 in Naumburg an der Saale; † 10. Juli 1884 in Berlin) war ein deutscher Ägyptologe, Sprachforscher und Bibliothekar.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Karl Richard Lepsius wurde 1810 als Sohn des Naumburger Landrats Carl Peter Lepsius (1775–1853) und seiner Frau Friederike (1778–1819), geb. Gläser, eine Tochter des Komponisten Carl Ludwig Traugott Glaeser, in Naumburg geboren. Er war das sechste von insgesamt neun Kindern seiner Eltern. Sein Großvater Johann August Lepsius (1745–1801) war Oberbürgermeister von Naumburg.

Karl Richard Lepsius heiratete am 5. Juli 1846 Elisabeth Klein (1828–1899), die Tochter des Komponisten Bernhard Klein. Sechs Kinder wurden dem Ehepaar geboren, darunter der Geologe und Rektor der Technischen Hochschule Darmstadt Prof. Dr. Richard Lepsius (1851–1915), der Chemiker und Direktor der Chemischen Fabrik Griesheim Prof. Dr. Bernhard Lepsius (1854–1934), der Portraitmaler und Mitglied der Akademie der Künste Prof. Reinhold Lepsius (1857–1922) sowie der evangelische Theologe, Orientalist und Humanist Johannes Lepsius (1858–1926).

Leben

Lepsius besuchte 1823 bis 1829 die Landesschule in Pforta und studierte anschließend in Leipzig, Göttingen und Berlin Philologie und vergleichende Sprachwissenschaft. 1833 promovierte er mit der Arbeit De tabulis Eugubinis. Er wandte sich in Paris der kurz zuvor von Jean-François Champollion mit seiner Übersetzung des Steins von Rosette etablierten Kunde der ägyptischen Sprache zu. Lepsius brachte bereits mit seiner ersten Schrift Lettre à M. Rosellini sur l'alphabet hiéroglyphiques Ordnung in das Schriftsystem und begründete die methodische Erforschung der Hieroglyphen und damit der ägyptischen Sprache.

Pyramide von Jllahûn und Steinbrüche von Tûra aus Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien

Einen Aufenthalt in Italien, wo er 1836 Sekretär am Archäologischen Institut in Rom wurde, nutzte er zur Beschäftigung mit der umbrischen und oskischen Sprache, deren Überreste er in seinem Buch Inscriptiones Umbricae et Oscae (1841) darstellte. Im Jahr darauf wurde Lepsius zum außerordentlichen Professor an die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin berufen. In dieser Eigenschaft übernahm er die Leitung der von König Friedrich Wilhelm IV. ausgesandten Expedition nach Ägypten (1842–1846), die bedeutsame historische und archäologische Fakten zusammentragen konnte. Die Resultate stellte Lepsius in seinem Hauptwerk Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien (1849–1859, 12 Tafelbände) zusammen. Die reichen Sammlungen, die Lepsius mitbrachte, wurden in dem nach seinen Plänen errichteten ägyptischen Museum in Berlin untergebracht.

1846 wurde Lepsius ordentlicher Professor und 1850 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Er entwickelte eine Umschrift für fremde Sprachen und Schriften (Standard alphabet for reducing unwritten languages and foreign graphic systems to a uniform orthography in European letters (1855, revidierte Ausgabe auf Englisch 1863 mit Angaben zu 117 Sprachen)).

Im Frühjahr 1866 unternahm Lepsius eine zweite Reise nach Ägypten, um insbesondere geographische Untersuchungen im Delta des Nil durchzuführen. Bei dieser Reise fand er in den Ruinen von Tanis eine dreisprachige Inschrift, die auf hieroglyphisch, demotisch und griechisch zu Ehren des Ptolemäus Euergetes (Ptolemäus III.) von den in Kanopus versammelten Priestern abgefasst worden war (Kanopus-Dekret). Auch anlässlich der Eröffnung des Sueskanals hielt sich Lepsius im Herbst 1869 in Ägypten auf.

1873 wurde Lepsius zum Oberbibliothekar (Direktor) der Königlichen Bibliothek in Berlin ernannt; das Amt behielt er bis zu seinem Tod am 10. Juli 1884. Sein Grabmal (Ehrengrab der Stadt Berlin) befindet sich auf dem Dom-Friedhof II in Berlin-Mitte, Müllerstr. 71-73, Feld linke Mauer, G2. Eine Straße im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf trägt seinen Namen.

Lepsius gilt für den deutschsprachigen Raum als Begründer der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den ägyptischen Altertümern und damit des Faches Ägyptologie.

Schriften

  • Zwei sprachvergleichende Abhandlungen. 1. Über die Anordnung und Verwandtschaft des Semitischen, Indischen, Äthiopischen, Alt-Persischen und Alt-Ägyptischen Alphabets. 2. Über den Ursprung und die Verwandtschaft der Zahlwörter in der Indogermanischen, Semitischen und der Koptischen Sprache. Berlin 1836
  • Das Totenbuch der Ägypter nach dem hieroglyphischen Papyrus in Turin, G. Wigand, Leipzig 1842
  • Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, Nicolaische Buchhandlung, Berlin, 1849, Ed. des Belles Lettres, Geneve, 1972-1973. (12 Bände), online zugänglich unter: http://edoc3.bibliothek.uni-halle.de/lepsius/start.html
  • Über einige Ergebnisse der ägyptischen Denkmäler für die Kenntniß der Ptolemäergeschichte, Akad. Wiss. Berlin, 1852.
  • Lepsius, R. et Bell, W., The XXII egyptian royal dynasty with some remarks on XXVI and others dynasties of the New kingdom, Trübner, London, 1858
  • Über die arabischen Sprachlaute und deren Umschrift nebst einigen Erläuterungen über den harten "i" vocal in den tatarischen, slavischen und der rumänischen Sprache. Berlin, Akademie der Wiss., 1861
  • Über chinesische und tibetische Lautverhältnisse und über die Umschrift jener Sprachen. Berlin, Akademie der Wiss., 1861
  • Über den ersten Aegyptischen Götterkreis und seine geschichtlich-mythologische Entstehung, Akad. Wiss. Berlin, 1851.
  • Das bilingue Dekret von Kanopus.

Literatur

  • Eduard Naville: Lepsius, Karl Richard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 659–670.
  • Deutsches Geschlechterbuch Artikel Lepsius in den Bänden 4 (1896), 5 (1897) und 10 (1903).
  • Annette Dorgerloh: Das Künstlerehepaar Lepsius. Zur Berliner Porträtmalerei um 1900. Akademie-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-05-003722-9.
  • M. Rainer Lepsius: Bildungsbürgertum und Wissenschaft: Richard Lepsius und seine Familie. In: Demokratie in Deutschland. Göttingen 1993, ISBN 3-525-35763-X.
  • Georg Ebers: Richard Lepsius. Ein Lebensbild. 1885; Neudruck Zeller, Osnabrück 1969.
  • Elke Freier, Walter F. Reineke (Hrsg.): Karl Richard Lepsius (1810–1884). Akten der Tagung anlässlich seines 100. Todestages, 10.–12.7.1984 in Halle. Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-05-000574-2 (Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients, 20).
  • Bernhard Lepsius: Das Haus Lepsius. Berlin 1933.
  • Wolfgang Schmitz: Das Gutachten von Richard Lepsius über die Reorganisation der Königlichen Bibliothek Berlin aus dem Jahre 1884. In: Bibliothek. Forschung und Praxis, Bd. 18 (1994), Heft 1, S. 77–88.

Weblinks

Siehe auch


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